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Preisschießen in der Armee. Leit dem Jahr 1888 finden alljährlich Preisschießen in der Armee statt, nm den Eifer für gutes Schießen zn Heden. Für jedes Armeekorps bezw. die Jägerba- laillonc, Jnsanterieschulcn, Fußartillerie, Pionierbataillone und Eisenbahntrnppen sind je zwei Preise, einer iür den besten Schützen ans den Unteroffizieren bestimmt. Die Preise bestehen für die Offiziere in einem Degen (Säbel) mit bezüglicher Inschrift, für die Unteroffiziere in einer wertvollen Ankernhr, ebenfalls mit Inschrift. In sieben Schüssen, von denen drei stehend aufgelegt und vier stehend freihändig abgegeben werden müssen, wird auf 150 Meter Entfernung nach einer Ringscheibe mit 24 Ringen geschossen, so daß der beste Schütze insgesamt siebenmal 24 Ringe, also 168 Ringe erlangen kann. Dieses hohe Ergebnis ist wie in den ersten Jahren so auch diesmal nicht erreicht worden, der beste Schütze hatte die immerhin hohe Zahl von 164 Ringen erschossen. Wie die soeben erfolgte Zusammenstellung ergiebt, bewegen sich die Ergebnisse särnmtlicher Armeekorps zwischen 140 und 164 Ringen. Das Infanterie-Regiment von Gocben (8. Armeekorps) hat zum drittenmal beide Preise erschossen.
Wie in Braunschweig, so sind auch in Chemnitz die Sozialdemokraten bei den Stadlvcrordneten- wahlen unterlegen. Man sicht, daß ihr Angriff selbst in den Fabrikftädten zurückzuschlagen ist, wenn die übrigen Parteien nur ihre Pflicht thun.
Kaiser Wilhelm und Kaiser Franz Joseph würden, wie schlesische Blätter melden, noch im Lauf dieses Monats als Jagdgäste in Pleß eintreffen.
Der Kaiser hat das Rücktrittsgesuch des Herrn Stöwer von seinem Amte als Hof- und Domprediger unterzeichnet. Herr Stöcker tritt selbstverständlich mit voller Pension (etwa 6000 Mark) in den Ruhestand.
Beschlossene Sache ist der Rücktritt des preußischen Landwirtschaftsministers Frhrn. Lucius, die offizielle Verkündigung wird schon in naher Zeit erfolgen. Znm Zeichen seiner persönlichen Hochachtung wird der Kaiser dem Minister den Schwarzen Adlerorden verleihen.
Mit dem Rücktritt des Herrn Stöcker beschäftigt sich allgemein die deutsche Presse. Die Organe, welche nicht zn seinen persönlichen Freunden gehören, äußern sich fast übereinstimmend dahin, der Kaiser habe klar und deutlich gegen Stöcker's antisemitische Agitation Sl.llung nehmen wollen und darum das Nücktrittsgesnch herbeigeführt. Aus der andern Seite wird die Ernennung des ruhigen und versöhnlichen Konsistorialrcues Dryander zum Schloßpfarrer und persönlichen Seelsorger der kaiserlichen Familie als Beweis dafür angesehen, daß der Monarch der hochkirchlichen Richtung, der auch Herr Stöcker angehörte, ablehnend gegcnübersteht.
Der Herzog Adolph von Nassau hat Luxemburg nach der offiziellen Einsetzung seiner Regentschaft wieder verlassen. Sonnabend Mittag 1 Uhr verließ er die Hauptstadt des Großherzogtums unier den lebhaften Hochrufen einer großen Menschenmenge.
Der Gräfin Bismarck, Schwiegertochter des Fürsten, ist ans ihrer Reise nach England, während der Fahrt durch belgisches Gebiet ein kleiner Koffer mit Juwelen gestohlen; von dem Thätcr fehlt bisher jede Spur. Der Wert der Pretwse beträgt an 10 000 ^
In den Berliner sozialdemokratischen Versammlungen wird von den Anführern lebhafte Klage darüber gefübrt, daß sich ganze große Ärbeitergruppen den Vorschriften der sozialdemokratischen Lokalkommission in keiner Weije'sügen; der Zigarrenhändler Wiltschke, Vorsitzender des sozialdemokratischen Wahlvereins im 2. Wahlkreise, äußerte sich über diese Un- bvtmäßigkeit sehr erregt und meinte, daß alle Arbeiter, die sich nicht der Organisation der Partei fügen wollen, der Teufel holen möge.
Die Zahl der telephonischen Gespräche in Berlin beläuft sich täglich auf rund 670 000. Die Zahl der Teilnehmerdort hat bereits 14000 überschritten. Es sind das mehr Sprechstellen, als ganz Frankreich besitzt.
Berlin, 9. Nov. Die „Nationalzeicnng" meidet: Die Forschungen Kochs sind noch nicht abge- schlMen, aber bald für die Veröffentlichung reif. Geheimrat Koch hält trotz einer Reihe positiver Erfolge mit glücklicher Heilung den Zeitpunkt der Ver
öffentlichung für noch nicht gekommen. Die in der Charite und den Privatklinikcn an Kranken vorgenommenen Versuche werden nunmehr auch anderweit, namentlich in der Bcrgmann'schen Klinik, fortgesetzt; in letzterer wurden am vorigen Donnerstag fünfzehn an Tuberkulose der Knochengelenke erkrankte Personen der Koch'schen Behandlung un.erzogen. Tags darauf stellte Professor Bergmann einen der Behandelten in einem intimen Kreise von Aerztcn vor, um die binnen 24 Stunden eingetretene Veränderung des Krankheitsbildes zu demonstrieren. Ueber die Natur und die Bestandteile des Heilstoffcs herrscht noch tiefstes Dunkel. Koch gedenkt sein Geheimnis nicht vor der authentischen Veröffentlichung preiszugebcn. — Der „Börsenkourier" erklärt, rückhaltlos versichern zu können, daß die Wirksamkeit des Koch'schen Heilmittels gegen die Tuberkelbazillen nunmehr auf das bestimmkeste festgestellt sei. Einem unserer berühmtesten Chirurgen ist es gelungen, bei einer kupus genannten nekrotisch tuberkulösen Zerstörung der Gesichtshant durch Koch'iche Mittel die .Heilung in fünf Tagen herbeizuführen.
Die Heilung der Schwiipdsu cb t nach dem Verfahren des Geh. Rats Koch ist, wie. von angeblich unterrichteter Seite mitgcteilt wird, vorläufig noch mit außerordentlichen Kosten verknüpft. Offenbar hängt dies mit der einstweilen noch sehr teueren Beschaffung der Lymphe zusammen Wenn das Verfahren allen Kreisen des Volkes förderlich und heilbringend werden soll, so wird unter diesen Verhältnissen dem Staate und den Kommunen eine große und hohe Aufgabe erwachsen. Uebrigens soll die Kur keineswegs so leicht sein, wie mau anzu- nchmen scheint, sondern im Gegenteil recht augrcifend.
An den Koch'schen Untersuchungen und Kran- kenbcobachtnngen in Sachen der Heilung der Schwindsucht nehmen jetzt vier Acrzte Teil: Dr. Arnold Lib- bertz aus Frankfurt a. M., ein langjähriger vertranter Freund Koch's, der Berliner Spezialarzt für Chirurgie, Dr. William Levy, Dr. Georg Corner aus Reichenhall und der Stabsarzt Dr. Eduard Pfuhl, Koch'S Schwiegersohn. Die Kranken, welche bisher nach der neuen Methode behandelt wurden, waren verpflichtet, zu Niemanden über dieselbe zu sprechen. Thatsache ist indessen, daß das Koch'sche Mittel außerordentlich schnell wirkt, schon nach 24 Stunden waren Verbesserungen des Krankhcitsbildcs bemerkbar. Auch an einem komischen Intermezzo seistt cs bei dieser Frage njcht. Ein amerikanischer Arzt, Professor Dixon in Philadelphia, behauptet der Erfinder der Jmpfiüigsmethode zur Heilung der Lungenschwindsucht zu sein. Er behauptet, seine Erfindung veröffentlicht und ein Exemplar seiner Schrift an Dr. Koch gesandt zu haben, der dann seine Ideen dieser Veröffentlichung entlehnt habe.
Die zahlreiche Korrespondenz, welche bei Professor Dr. Koch lagert, wird demselben vorcnthalren und von den Assistenten geöffnet, iitn den Forscher nicht zu erschüttern and abzulenken. Die Korrespondenz enthält teilweise herzerschütternde Bitten um Rettung und Hilfe; auch der Großherzog von Mecklenburg soll abgewiesen worden sein.
Oektrr i - - 1l n e n r -
Wien, 8. Nov. Nach der „Neuen Fr. Presse" hat Johann Orth, nachdem er Rechte und Titel als Erzherzog abgelegt, eine Dame bürgerlicher Herkunft ans Wien, mit welcher ihn scheu lange unauflösliche Herzensneigung verknüvfte, in London geheiraiei. Die Dame unternahm im Sommer eine Reise nach La Plata, wo sic gemeinsam mit Orth sich einschiffte. Wie von anderer Seite vermutet, ist die Dame die zuletzt in Berlin engagiert gewesene Sängerin Jenny Stnbel. Der in Fiume weilende Kapitän Sodich, früherer Kommandant der „Santa Margaretha", der infolge seiner Erkrankung an den Blattern in Lä Plata Zurückbleiben mußte, hält Johann Orth nicht für verloren. Sodich nimmt als bestimmt an, daß die „Margaretha" von schlechtem Weiter erfaßt worden sei und Orth noch rechtzeitig in eine Bucht oder einen kleinen Nothafen sich geflüchtet habe. Sodich vermutet den Segler in Patagonien an der Magelhäusstraße oder an Stuten Islands Insel, an der Südspitze von Südamerika, durch die Straße Le Maire von Feuerland getrennt, welche nur spärliche Bevölkerung besitze. Bis von dort Nachrichten kommen, können weitere zwei Monate vergehen.
Wien, lieber das Schicksal Johann Orths,
des Erzherzogs Johann, liegen sichere Mitteilungen noch immer nicht vor. Am Hofe glaubt man kaum an eine Rettung des Erzherzogs ans den schweren Stürmen, die sein Schiff an der amerikanischen Küste überfielen, während Fachleute anderer Ansicht sind. Die Wahrheit kann jedenfalls nicht mehr lange auf sich warten lassen. — Im Wiener Handelsministerium finden jetzt Konferenzen mit den Industriellen wegen Abschlusses des neuen Handelsvertrages mit Deutschland statt.
Für jedermann beachtenswert! In Wien siiid,wie man jüngst las. über 40oo Schulkinder, welche hungern und frieren und derart arme Eltern haben, daß sie ihren Kindern nichts zum Mittagessen geben können. Im letzten Jahr hat man eine Sammlung für diese armen Kinder veranstaltet, einen Verein gegrünvet und er hat 2800 Kinder über Mittag versorgt, aber 1200 Kinder blieben hungrig und frierend aus der Siraße. Mau könnte wohl sagen: Wien sollte sich schämen! — Wien mit seinen Reichlümern, seinem Luxus und seinen Palästen, seinem Ade! und seinem Kaiscrhof! 4300 Kinder zu versorgen, jährlich 60 bis 80 o00 fl. anszubringen, das sollte in Wien leicht sein! Die Sache har noch eine andere Seite und die ist wichtiger als lleppigkeit aus der einen, Armut und bittere Not auf der andern Seile. Die Frage steht so: warum strömt Alles den Studien zu? Warum will Alles nur ckchr in den Städten wohnen können? Da schauet hm ihr Leute ans dem Land, wie weit sie's bringen in den großen Städten; 4300 Kinder ans der Gasse und wie muß cs du erst zu Hause aussehen in Schmutz und Elend? Wollt Ihr auch noch hinein in dieses Elend! Wollt Ihr auch in die Stadt? Dazu kommt noch etwas! Hei- rateli wollen, heiraten können heute Alle; ja wohl, aber ihre Kinder ernähren und erziehen, das können sie nicht mehr! Jeder Schwindler ist großartig genug, um ein gutmütiges Mädchen anzuführen, heim- zufnhrcu, wenn nicht gar zn verführen; sie glauben ihm Alles, diese einfältigen Dinger! Und jedes Mädel meint; es müsse „auch Einen haben" und es sei doch besser, zu zweit zn hungern, als einsam und allein glücklich zu sein. Zieht eine Lehre ans dem Beispiel von Wien! Lerne auf dem Lande gebt Acht auf Euere Kinder und haltet sie bei Euch!
Frankreich.
Cannes, 10. Nov. Der Kaiser Doin Pedro ist zum Wintcrauscnthall von P aris hier eingetroffen.
Paris. Die Deputiertenkammer hat alle Mili- tärforderungen, im Ganzen 5 Ul Millionen, in zwei Sitzungen ohne jedwede Aendcrung angenommen. Alles, was gefordert war, ist bewilligt.
Was die Amerikaner vorgemacht haben, wollen die Franzosen nachmachen: Die Annahme des neuen Zorltarises, welcher die meisten Zölle, auch die landwirtschaftlichen, sehr beträchtlich erhöht, ist durchaus gesichert, und im nächsten Jahre wird das Gesetz in Kraft treten. Frankreich umschließt sich dann, gerade wie Rußland, mit einer chinesischen Zoll-Mauer. Man wird auch in Paris die Erfahrungen machen, die in Nordamerika jetzt gemacht worden; allzu scharf macht schartig. Will Frankreich keine Waren aus dem Auslande mehr haben, wird sich das Ausland auch für französische l Produkte bedanken. In politischer Beziehung waltet in Paris die größte Stille.
In der sranzössischen Kammer ist der Antrag aus Besteuerung des Adels Angegangen. Der Staat soll von der Narrheit der Leute wenigstens auch seinen Nutzen haben. Für das einfache „von" sollen jährlich bezahlt werden 500 Fr., für den Titel „Ritter" 1000, „Baron" 5000, den „Vicomte" 10 000, den „Grasen" 20 000, den „Marquis" 30 000 Fr., den „Herzog" 50 000, den „Fürsten" 100 000 Fr., den Titel „Hoheit" dazu 200 000 Fr. u. s. w. Für seine Frau soll der Adelige, der den Titel beibehalten will, die Hälfte und für jedes minderjährige Kind 25 Proz. mehr zahlen. Ein etwas teurer Spaß! Aber es giebt Leute, denen kein Scherz zu teuer ist.
Düncmar k.
Kopenhagen, 10. Nov. Nach einer Meldung des Morgenbladet aus Malmö ist unter dem Schwei- nebcsranöe der Ortschaft Skurup bei Malmö eine Seuche ausgcvrochen, welche sich in einer rasch ein- tretenden Lähmung der einzelnen Gjiedir -sti.--.ee: und ein schnelles Verenden der Tiere heA'eftührr.