Der Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
ckis 132 .
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Donnerstag 13. November
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Amtliches.
Bekanntmachung des Vorstands der Württ. Jnvaliditäts- und Altersversicherungsanstalt, betreffend die Beitragsperioden und Fälligkeitstermine
für die Beiträge zur Jnvaliditäts- und Altersversicherung.
Auf Grund des § 46 Abs. 1 lüt. l>. der Verfügung des K. Ministeriums des Innern vom 24. Okt. 1890, betreffend den Vollzug des Reichsgesetzes vom 22. Juni 1889 über die Jnvaliditäts- und Altersversicherung, wird bezüglich des Einzugs der Beiträge zu der Jnvaliditäts- und Altersversicherung von denjenigen Personen, welche einer Orts- (Bezirks-), Betriebs- (Fabrik-), einer Bau- und Jnnungskrankenkasse, einer Gemeindekrankenversicherung, oder Kranken- pslcgeversichcrnng, oder einer Knappschaftskasse nicht angehören, bestimmt, daß der Einzug alle vier Wochen und zwar je am Samstag der abgelaufenen vierten Kalenderwoche zu erfolgen hat.
FäUigkeilslermiu für den erstmaligen Einzug im Jahre 1891 ist Samstag der 24. Januar, da die am 1. Januar bereits begonnene Woche sowohl bezüglich der Realen als der Beitrage als eine volle Woche zu berechnen iji.
Sämtlichen Krauleukasseu wird unter Bezugnahme auf die HZ 42 Ziff. l, 44 lüt. a. und 47 der angeführten Ministerialverfügung mit Rücksicht darauf, daß die Beiträge für die Jnvaliditäts- und Altersversicherung von den Mitgliedern der Krankenkassen durch die Organe der letzteren einzuziehen^sind, empfohlen, die Fälligkeitstermine und Bcitragsperioden für den Einzug der Krankeuvcrsicherungsbeiträge sofort in llebereinstimmung mit den oben bezeichnten Terminen und Perioden zu bringen.
Stuttgart, den 1. November 1890. Bockshammer.
Vorstehender Erlaß wird hiemit zur Kenntnis der Ortsbehörden gebracht behufs künftiger genauer Nachachtuna.
N agold, 8. Nov. > 890. K. Oberamt. Or Gugel.
Nagold. An die Ortsvorsteher des Bezirks, die Ausführung des Reichsgesetzes v. 82. Juni 1889 über Alters- u. Jnvaliditätsversicherung.
Nachdem sich Zweifei über die Art der Ausführung der im „Gesellschafter" Nro. 131 vom l. I. enthaltenen oberamtlicheu Erlasse vom 9. d. Mts., die Alters- und Jnvaliditätsversichcrung bctr., ergeben haben, wird am kommenden Sonntag den 16. d. Mts., nachm. 2 Uhr, eine Besprechung der bezüglichen Fragen im Gasthaus zum „Waldhorn" in EbHausen stattsinden, an welcher sich die Ortsvorsteher möglichst zahlreich beteiligen mögen.
Mit Rücksicht auf diese Besprechung werden die in den 3 oberamtlichen Erlassen vom 9. Nov. d. I., die Jnvaliditäts- und Altersversicherung betr., erteilten Termine bis zum 20. d. Mts. zurückgestcllt.
Den 1'. Nov. 1890.K. Oberamt. Or. Gug e l.
N a g v l d.
Bekanntmachung.
Unter den Viehbeständen der Witwe Fr. Lutz und des Bäckers Jakob Schober in Rohrdorf ist die Maul- und Klauenseuche ausgcbrochen.
Den 10. Nov. 1890.
K. Obcrmnt. Amtm. Marquart.
N a g o c d.
BekannLmach u n g.
Nach Mitteilung K. Oberamts Frcuveustadt ist unter dem Rindviehbestand des Schwanenwins Krauß in Pfalzgrafenmeiler die Maul- und Klauenseuche ausgebrochcu.
Deu 1l. Nvv. 1890.
K. Oberamt. Amlm. Marquart.
Von den Lehrern, welche sich durch ihren Fleiß und ihre Leistungen in den Winterabendschuten 1öd9 bis 1890 ausgezeichnet haben, wird u. a. mit einer Prämie bedacht: Schullehrer Hahn in Zwerenberg.
Sozialdemokratische Praktik.
Es ist schon öfters der Sozialdemokratie vorgehalten worden, daß sic auf ihrem Parteitag zu Halle so stillschweigend über die Art und Weise hinweggegangen sei, auf welche die erstrebte Verwandlung aller Arbeitsmittel im Gemeingut der Gesellschaft herbeigeführt werden soll. In den letzten Tagen scheint aber der Abg. Liebknecht hierüber etwas offener Farbe bekennen zu wollen; denn er hat am 27. Oktbr. zu Berlin in einer zahlreich besuchten Volksversammlung, in welcher er über jenen Parteitag referierte, nach seinem eigenen „Bert. Volksbl." erklärt : „So viel stehe fest, die Arbeiter einer Fabrik wüßten sich auch ohne die Unternehmer, ohne die Aktionäre und Conponabschneider sehr gut zu helfen; wenn die Arbeiter Englands einmal das Staatsruder in d.e Hand bekämen, so werde es ihnen ein leichtes sein, ein Dekret zu erlassen: Von morgen Mittag !2 Uhr ab sind alle Fabriken, Werkstätten, Bergwerke rc. Eigentum des Staates und die Arbeit wird von den in diesen Betrieben beschäftigten Arbeitern weitergesührt; — damit sei der sozialdemokratische Staat mit einem Schlag hergestellt; so wachse
der ivziallftische >Ltaal in die heutige Gelettschaft hinein". —
Das wäre freilich ein sehr einfaches und kurz- handiges Verjähren, und wenn Jemand so widerspenstig sein sollte, lieber! in seinem Hans und Hof verbleiben zu wollen, sv schlägt man ihm ailf den Kopf! Herr Liebknecht ist indessen trotz alledem bemüht, seine Menschlichkeit und Gewissenhaftigkeit in das gebührende Licht zu setzen, und er fährt daher fort: „Wir werden selbstverständlich nicht dulden, daß diejenigen, dr alle Werte schaffen, in ungesunden Keller- vder Dachwohnungen kampieren; da wir aber in erster Linie eine humane Partei sind, sv werden wir auch nicht diejenigen, die bisher die schönen Wohnungen eingenommen, in den Keller oder in die Dachkammer verweisen."
Das ist doch unter allen Umständen recht dankenswert, daß die Sozialdemokratie die Villenbesitzer nicht in den Keller sperren will! Jedenfalls muß es sich bei solcher Sicherheit des Eigentums und der Person im sozialdemokratischen Znkunftsstaat herrlich und in Freuden leben lassen. Wenigstens versichert dies oas „Berl. Volksbl." in einer über diesen Zu- kunftssiaat gegen die „Germania" gerichteten Polemik; denn „es herrsche in diesem Staate absolute Gleichberechtigung und es gebe keine Armen; denn jeder Arbeitsfähige sei in der Lage, durch seine Arbeit sich ein menschenwürdiges Dasein zu sichern und die Arbeitsunfähigen seien Pensionäre des Zukunftsstaats, der sie nicht mit den berühmten 33>/z Reichspfennigen abspeisen werde; es gebe keine Zeiten der Arbeitslosigkeit und auch keine Krisen, weil die Produktion und die Consumtion planmäßig geregelt seien".
Aber, alle unmöglichen Voraussetzungen zugegeben: Giebt es denn keine Arme durch Faulheit, Trunk und Lüderlichkeit, keine Strolche, die von der gebotenen Arbeitsgelegenheit keinen Gebrauch machen wollen? Die Führer jener Partei nehmen freilich die Miene an, als ob, sobald sie die Zügel der Herrschaft ergriffen, urplötzlich alle Laster und bösen Leidenschaften schwinden und das Reich Gottes auf Erden beginnen werde. Wenn nur die seitherigen Erfahrungen in Frankreich und Deutschland nicht so deutlich dagegen sprächen!
Tages-WeuigkeiLen.
Deutsches Reich.
Zum württ. Katholikentag. Aus Stuttgart, 6. Nov., wird uns geschrieben: Gestern wurde hier eine Katbolikenversammlung abgehalten, welche sich für eine möglichst zahlreiche Beteiligung bei dem Katholikentage in Ulm aussprach, den man mit Rücksicht auf die soziale Frage als eine „patriotische Kundgebung bezeichnete. Die Katholiken, heißt es, wollen zusammenkommen als Patrioten auf den Ruf des Kaisers, der auch an die Kirche ergangen ist, um zu zeigen, daß auch sie aus dem Plane ist, um das ihrige einzusetzen, dem Vaterlande den sozialen Frieden zu erhalten. — Wenn diese ultramontane Fürsorge für den sozialen Frieden nur nicht mit so viel Haß gegen Andersdenkende verknüpft wäre! (Fr.J.)
Heilbronn, 8. Nov. Wie der „S. M." aus zuverlässiger Quelle vernimmt, hat Oberbürgermeister Hegelmaier gegen deu Regierungspräsidenten Häber- len Privatklage wegen Beleidigung aus Anlaß der bekannten Disziplinaruntersuchung beim Amtsgericht Ludwigsburg gestellt.
Heilbronn, 8. Nov. Wie wir soeben erfahren, hat die Firma Wilhelm Wecker in Heilbronn a. N. für ihre Weinessige und vorzüglichen Wildessig auf der Allgemeinen, Ausstellung für Kriegskunst und Armeebedarf in Köln die höchste Auszeichnung d. h. das Ehrendiplom erhalten.
Pom Ncmsthal, 9. Nov. In den meisten Remsthalortcn geht mit dieser Woche das Kellergeschäft zu Ende. Leider mußten in manchen Orten schöne Reste eingekellert werden, die nicht abgcsetzt werden konnten, da es an Käufern fehlte. Einen solch schleppenden Verkauf mit so fortwährend sinkenden Preisen war man bisder in unserer Gegend nicht gewöhnt.
Die „Schwäb. Chronik" des „Schwab. Merkurs" vom letzten Samstag bringt eine Zusammenstellung der württ. Offiziere, die nach Preußen und der preußischen, die nach Württemberg kommandiert sind, welche das auffallende Ergebnis liefert, daß gerade sv viel württembergischc Offiziere, nämlich 23, in Preußen dienen, als preußische in Württemberg.