Der Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
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1890
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Amtliches.
Nagold.
An die Ortsvorsteher.
Die Forderungen der Gemeinden an den Mili- tärfiskns an Servis und für verabreichte Fourage anläßlich der in den Monaten August und September d. I. - stattgchabten Einquartierungen sind von den Landgenieinden unter Anschluß ' der Quartier- ^ rc. Bescheinigungen alsbald beim Oderamt zu liquidieren.
Den 3. Olt. 1890.
! K. Obcramt. Or. Gugel.
Nagold.
Die Ortsvorsteher,
welche mit der Wintervorlage der Liste über die fingirten Steucrkapitale noch im Rückstand sind, werden an deren unverzügliche Einsendung erinnert.
Den 5. Okt. 1890.
K. Oberamt. Or. Gugel.
Zu der am Freitag den 7 Nov. l. I. und den folgenden Tagen in Tübingen statifindeiide» ersten höheren F-inanz- dnnstprüfung sind u, a. folgende 2 Kandidaten, nämlich: Karl Braun deck von Hcr enberg, Gustav Griesinger von Reuthin, (Nagold), für znlassungsfähig erkannt worden.
Hages-MuigkeLLen.
Deutsches Reich.
* Nagold, 6. Okt. Wie uns soeben mitgc- teilt wird, brach vergangene Nacht in Unterjettingen im Andlcr'schen Hause, gleich am Eingänge der Straße von Nagold in den Ort gelegen, Feuer aus, das dieses und das danebenliegende Gebäude voll- ständia in Asche legte. ^
eberberg. Am Sonntag den 23: Sept. ms die l 7jährige Tochter eines hiesigen Bürgers unter einem nicht ihren Eltern gehörigen Baume Birnen auf. Der Eigentümer bemerkte sie und machte s ihrem Vater davon Mitteilung. Infolge dessen soll s sie von letzterem eine gründliche Zurechtweisung und j von ihrer Mutter eine empfindliche Strafe erhalten ! haben. Dies, sowie Scham und Reue mögen woh ! das Mädchen veranlaßt haben, das Elternhaus heim- , sich zu verlassen. Eine Spur von dem Verbleib
> desselben konnte bis jetzt niemand angeben. Ihre Angehörigen sind nun sehr in Sorge, geben sich alle Mühe, deren gegenwärtigen Aufenthaltsort zu erforschen, machen sich aber auch den Borwurf, daß sie doch vielleicht zu schroff gegen dieselbe vorgegangen sein mögen.
i Calw, 3. Okt. Die Offiziere, welche an der Generalstabs-Uebungsreise teilnehmen, trafen von Böblingen aus gestern vormittag hier ein. Dieselben bleiben noch einige Tage in unserer Gegend. Der Weitermarsch erfolgt über das Enzthal.
Tübingen, 3. Okt. Paul Mikeler von Rottenburg, lediger.Taglöhner, 19 Jahre alt, wurde heute zum Tode verurteilt wegen Raubmords, be- j Migen an pxx Händlerin Emilie Nußbaumer von
> Rheinfelden, Kanton Argau. Nachdem er bettelnd ! hon derselben 5 Ct. erhalten hatte, kehrte er mit j einem scharfkantigen Stein bewaffnet in den Laden ! Zurück, würgte mit beiden Händen die Nußbaumer
und versetzte ihr mit dem Stein 4—5 Schläge,
> worauf dieselbe leblos umsank. Hierauf leerte er me Ladenkasse mit 40 ^ und fuhr nach Rottenburg
j w seine Heimat. Ein weiterer Diebstahl und der
Steckbrief führte auf die Spur des Raubmörders, der schon in der Voruntersuchung, wie in der heutigen Verhandlung ein umfassendes Geständnis ablegte.
Stuttgart, 2. Okt. Prinz Wilhelm hat end- giltig abgelehnt, als Nachfolger v. Alvensleben das Generalkommando des württ. Armeekorps zu übernehmen.
Stuttgart, 3. Okt. Dem „Oberschwäb. Anz." zufolge treffen Prinz Wilhelm von Württemberg, der Reichskanzler v. Caprivi, der preußische Gesandte Graf Eulenburg und Kriegsminister v. Steinheil heute zum Besuche des Königspaares in Friedrichs- Hafen ein. Dieselben speisen heute beim Minister- rräsidenten Frhrn. v. Mittnacht und morgen im königlichen Schlosse.
Stuttgart, 4. Okt. Hosprediger Stöcker aus Berlin wird Donnerstag 9. Oktober, abends 7 Uhr, im Festsaal der Liederhalle einen Vortrag halten über Sozialdemokratie und Sozialmonarchie, zu welchem Eintrittskarten bei I. Conr. Reihlen, Marktstraße, abgegeben werden. Der Ertrag ist nach Abzug der notwendigen Ausgaben für die Stadtmiffion in Stuttgart und Berlin bestimmt.
Wie seinerzeit berichtet, haben die bürgerlichen Kollegien Stuttgarts beschlossen, ein Schriftchen über die Jnvaliditäts- und Altersversicherung unter Arbeiter und Arbeitgeber verbreiten zu lassen. Dasselbe ist von Verwalter Emmhardt zusammengestellt, wurde in einer Auflage von 15 000 Exemplaren gedruckt und wird gratis abgegeben; die Verteilung geschieht teils durch die Schutzmannschaft, teils durch die Meldeämter, auch die Vorstände der Krankenkassen haben Exemplare erhalten. Im Meldebureau auf dem Marktplatz ist die Brochüre jederzeit unentgeltlich zu haben.
(Zur württembergischen Verwaltungsreform.) In seiner am 29. v. M. in Cannstatt abgehaltenen Vollversammlung hat der Verein der württembergischen Gemeinde- und Korporationsbeamten zur Verwaltungsreform Stellung genommen. Nach eingehender Begründung und längerer Diskussion wurden bezüglich des wichtigen Gesetzentwurfes eine Anzahl Resolutionen gefaßt, die sich u. A. gegen die Bestellung eines staatlichen Amtsverwesers, aber für die Lebenslänglichkeit der Ortsvorsteher ausspricht.
Tuttlingen, 1. Okt. Die vor nahezu einem Jahr ins Leben getretene „Tuttlinger Zeitung" hört, lt. „Hb. B." mit dem heutigen Tage vorläufig stillschweigend auf zu erscheinen.
In ultramontanen Kreisen wird für das Zustandekommen einer großen Katholikenversammlung in Württemberg agitiert.
Brandfälle: Am 2. Oktober in Biberach die mit nahezu 2000 Garben gefüllte Scheune des Postmetzgers Scheffold.
München, 2. Okt. Das Gemeindekollegium ernannte einstimmig den Grafen Moltke zum Ehrenbürger Münchens.
Berlin, 3. Okt. Wie die „Post" meldet, hätten die kommandierenden Generäle von Alvensleben in Stuttgart und v. Heuduck in Straßburg ihre Abschiedsgesuche eingereicht. Die Genehmigung derselben » erde in diesen Tagen erwartet. Als Nachfolger Alvenslebens im Generalkommando des württembergischen Armeekorps soll Generallieutenant v. Sobbe, Kommandeur der 1. Garde-Jnfanterie- Division ausersehen sein.
Kaiser Wilhelm hat, wie mitgeteilt wird, seine ganz besondere Aufmerksamkeit den Vorarbeiten für
die Reform der Landgemeinde-Ordnung, der Volksschulgesetzgebung und der Reform der direkten Steuern gewidmet. Er hat sich über alle Grundzüge eingehend unterrichten lassen und den dringenden Wunsch ausgesprochen, daß die Gesetzentwürfe sobald wie nur irgend möglich dem Landtage zugehcn. Am meisten fortgeschritten ist der Entwurf der Landgemeinde-Ordnung, der bis auf einzelne, nicht nennenswerte Nachträge abgeschlossen ist.
Jnterimsuniformcn. Nach Bestimmung des Kaisers soll fortan der Ueberrock bei allen Manövern — einschließlich der Korpsmanöver gegen markierten Feind — für die Offiziere der höheren Stäbe der vorschriftsmäßige Anzug sein.
Ein Denkmal für die Kaiserin Augusta soll in Berlin errichtet werden.
Der Reichskanzler von Caprivi ist am Donnerstag Abend von Berlin nach Friedrichshofen in Württemberg abgereist, um sich dem Könige von Württemberg vorzustellen. Auf dem Rückwege gedenkt der Reichskanzler dem Großherzog von Baden seine Aufwartung zu machen. Der Besuch in München erfolgt, sobald der Prinz-Regent nach dort von der Jagd zurückgekehrt ist.
Die „Nordd. Allg. Ztg." bestätigt, daß Fürst Bismarck daran gedacht hat, den Hofprediger Stöcker auf Grund des Sozialistengesetzes aus Berlin ausweisen zu lassen. Es war das aber nicht zu Beginn der 80er Jahre, wie es bisher hieß, sondern später der Fall. Gewichtige Einsprache bewahrte Herrn Stöcker vor der Ausweisung.
Berlin, 2. Okt. Der Vertrag mit dem Sultan von Sansibar über die Abtretung der Küste ist vorgestern perfekt worden. Der Sultan erhält 4 Millionen Mark bar.
Die Sozialdemokraten haben am Mittwoch abend in Berlin und anderwärts in öffentlichen Versammlungen ihre Delegierten zum Kongreß in Halle gewählt. In den 3 Berliner Wahlkreisen, wo 9 Delegierte gewählt worden sind, ist es zumeist recht lebhaft hergegangen, schließlich aber sind, wenn auch nicht die Reichstagsabgeordneten selbst, so doch Anhänger derselben gewählt worden. All zu hitzig wird es also auf dem Kongreß in Halle nicht hergehen. Bei der Rückkehr der ausgewiesenen „Genossen" nach Berlin haben drei Persönlichkeiten gefehlt, die inzwischen von der Sozialdemokratie selbst in Acht und Bann gethan worden sind. Und doch waren gerade diese drei ausgewiesenen, Hasselmann, Most und Fritsche, vor dem Inkrafttreten des Sozialistengesetzes die eigentlichen Führer der Sozialdemokratie in Berlin. Wie wurden dieselben bejubelt und gefeiert, als sie nach Verhängung des Belagerungszustandes in Berlin sich verabschiedeten! Was aus denselben geworden ist, das mag man in der sozialdemokratischen Presse selbst Nachlesen. Alle drei leben in Amerika und sind mit ihren früheren Gesinnungsgenossen vollständig zerfallen.
Dem Bundes rate ging eine Novelle zum Krankenversicherungsgesetze zu. Die Erfüllung der Versicherungspflicht durch Teilnahme an einer freien Hilsskasse soll nur dann zugelassen sein, -wenn den Mitgliedern der letzteren die Gewähr für das Mindestmaß der im Gesetz vorgeschriebenen Unterstützung geboten wird.
Berlin, 4. Okt. Mit größerer Bestimmtheit verlautet, daß in dem handelspolitischen Verhältnis Deutschlands zu Oesterreich eine günstige Umwandlung eintreten soll.