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war vorherrschend mit Zugvieh befahren und ging der Handel sowohl in Zag- und Fettvieh etwas langsam. Bezahlt wurde per Paar bis zu 1000 ^ und für Fettvieh 323516 p. Ztr. lebend Gewicht. Melk- und Schmal­vieh war in großer Auswahl zugeführt. Der Handel ging im Allgemeinen gut und besonders in Fettvieh lebhaft. Preise sind zu verzeichnen bis zu 450 ,16 per Stück und 263016 pr. Ztr. lebend Gewicht. Auf dem Schweinemarkt, dem wenig fette Schweine, aber besonders viele Läufer­und Milchschweine zugeführt waren, ging der Handel weniger lebhaft. Bezahlt wurden: für fette Schweine 384216 p. Ztr. lebend Gewicht, für Läufer­schweine p. Paar 3080 -,16, für Milchschweine p. Paar 1628

Stuttgart, 16. Nov. Mit dem gestern in Berlin erfolgten Tode des württembergischen Gesandten und Bundesratsbevollmächtigten Fidel v- Baur-Breitenberg hat unser Land einen pflichttreuen Beamten, der König einen treu ergebenen Diener verloren. Der Verstorbene, welcher sich erst für den Justizdienst und sodann im Ministerium des Aeußern für den äußern Dienst vorbereitet hatte, vertrat längere Jahre Württemberg in Wien und galt in der Hofburg als persona ^ratissima. In feiner bevor­zugten Stellung bei dem Kaiser Franz Joseph zu einer Zeit, als die Bezieh­ungen des Reiches zu Oesterreich noch nicht so freundschaftliche waren, wie jetzt, war es Herrn v. Baur vergönnt, mehrfach das Reichsinteresse auf das Wirksamste zu fördern. Nrch dem Tode res Herrn v. Spitzemberg wurde Herrn v. Baur die Vertretung Württembergs bei Kaiser und Reich übertragen, eine Mission, deren er sich mit großer Gewandtheit erledigte. Leider wurde seine Thätigkeit schon seit Jahren durch rheumatische Leiden, sowie durch ein Augenleiden, das wohl das Sympton einer schweren inneren Krankheit war, beeinflußt. Während des ganzen Sommers war Herr v. Baur beurlaubt, ohne Heilung gefunden zu haben, so daß schon seit längerer Zeit von seinem Rücktritt die Rede ging und man auch, wie bekannt, in der Person des Frei­herrn Axel v. Varnbüler, des Sohnes des früheren Ministers, bereits seinen Nachfolger bezeichnet hatte. Ueberraschend schnell hat jetzt der Tod Herrn v. Baur im 50. Lebensjahre abgerufen. Ec war der Sohn des vor einigen Jahren verstorbenen württembergischen Generals und Kriegs Ministers a. D. v. Baur. Eine Schwester des Verstorbenen ist an den Generaladju- lanten des Königs, Frhrn. v. Molsbsrg, verheiratet. Auch die hochbetagte Mutter des Dahingeschiedenen lebt noch. Er hatte sich vor noch nicht langer Zeit Verheiratet und hinterläßt eine Witwe. Seine Beerdigung findet vor- ausfichtlich in Ludwigsburg statt. Von Orden besaß Herr v. Baur, welcher königlicher Kammerherr war, die Kommenthurkreuze der württembergischen Krone und des Friedrichsordens, ferner den österreichischen Orden der eisernen Krone 1. Klaffe u. s. w.

Tübingen, 16. Nov. Heute hat die Tübinger Messe begonnen und auf Straßen und Plätzen entwickelte sich das bunte, lärmende Treiben der Käufer und Verkäufer; freilich für das Auge des Passanten angenehmer als für sein Ohr, das außerdem durch die zudringlichen Einladungen einer Menge von Buvenbesttzern, durch die wenig sirenenhaften Stimmen von allerlei Riesenweibern" und durch das schmetternde Orchester einesHyppodroms" beleidigt wird, in dessen Hallenlammfromme" Pferde geübten und ungeübten Reitern zur Verfügung stehen.

Knittlingen, 15. Nov. Man schreibt der Heilbr. N.-Ztg.: Ein boshafter Streich, der leicht großes Unglück im Gefolge hätte haben können, wurden in der Nacht vom 13./14. ds. aus der Station Maul­bronn verübt. Die Postwagen von Knittlingen und Maulbronn fahren abends auf den letzten Zug nach 9 Uhr. Wie nun am genannten Abend einer der Postillone kurz vor Ankunft des letzten Zuges nach den Pferden sehen wollte, waren solche nicht mehr im Stall. Man fand sie auf dem Schienengeleise dem nahen Tunnel zuspringend. Eine ruchlose Bubenhand hatte die Tiere losgebunden und auf die Schienen getrieben; denn wenn sie nur losgebunden worden wären, so wären sie sicherlich wie gewöhnlich an den Postwagen gelaufen oder den entgegengesetzten Weg heimwärts geeilt. Eine

andere Büberei, die manchem Fußgänger hätte gefährlich werden können, wurde ^ der Nacht vom 6./7. November auf der alten Straße Knittlingen-MaulbroN" verübt, indem sämtliche an den Obstbäumen befindlichen Baumstützen quer über den Weg gelegt wurden, so daß natürlich jeder des Wegs Kommende stürzen mußte. Möchte es gelingen, die Urheber dieser Streiche zu erwischen und der verdienten Strafe zu überliefern!

Frankfurt a. M., 12. Nov. Seit drei Tagen spielte sich vor dem hiesigen Schwurgericht eine Verhandlung ab, welche lehrreiche Einblicke in den Schwindel eröffnet, der fürstlichen Personen gegenüber mit Bettel­briefen getrieben wird. Angeklagt ist ein 37 Jahre alter Handelsmann Daniel Philipp Röder, der von Frankfurt aus die Ausbeutung mensch­licher Mildthätigkeit in geradezu erstaunlichem Umfange betrieb. Röder stu­dierte den Gothaischen Hofkalender und suchte sich ältere fürstliche Damen aus, welchen er allerlei Elend unter fremdem Namen vorspiegelte. Den An­fang machte er mit der verwitweten Herzogin von Cambridge, einer Tochter des Landgrafen Friedrich von Hessen-Kassel. Nachdem er sich von ihr im Januar 1884 unter dem Namen Gärtner Opitz aus Kassel 20 erschwin­delt hatte, erhielt die Herzogin unter dem 20. März des gleichen Jahres einen Jammerbrief aus Mannheim, worin eine Frau Schmid in herzerweichen­der Weise ihre Not klagte. Die Herzogin sandte Brief und Zeugnis an ihren Vermögensverwalter nach Rumpenheim und wies ihn an, schleunigst und reichlich zu helfen, worauf dieser 10016 postlagernd nach Mannheim schickte. Mittlerweile war eine Postkarte an das Postamt zu Mannheim von Alfred Schmidt gekommen, mit der Bitte, Postsendungen für ihn nach Frankfurt weiter zu befördern. In Frankfurt erschien dann Röder am Postschalter, wies durch Vorzeigung einer vom Bürgermeister zu Colmar ausgestellten amtlichen Be­scheinigung nach, daß er der Alfred Schmidt sei, und nahm den Geldbrief in Empfang. Diesen Schwindel setzte Röder unter verschiedenen Namen und Vorwänden fort; wobei er auch die Fürstin zu Schwarzburg-Sondershausen, die verwitwete Prinzessin Friedrich von Anhalt, die Fürstin von Schaumburg- Lippe, die Gräfin von Flandern, geborene Prinzessin von Hohenzollern, die Fürstin Witwe Elisabeth zur Lippe und die Königin der Niederlande nicht verschonte. Gefaßt wurde der Gauner endlich, als er zum achten Mal sich an die Herzogin von Cambridge wandte. Der Vermögensverwalter der Herzogin von Cambridge in Rumpenheim zog Erkundigungen über einen beigelegten Kranken­schein des Frankfurter Heiliggeist-Hospitals ein und stellte dabei fest, daß das Zeugnis nebst einem Militärpaß gefälscht war. Er benachrichtigte die Polizei und diese faßte in Rödelheim den Röder, der als Maler Helferich eine Post­sendung dort abholen wollte. Bei einer Haussuchung fand man zahlreiche gefälschte Zeugnisse und Ausweise, und die Aufzeichnungen seines Notizbuches stimmten Punkt für Punkt mit den Schwindeleien, welche die mühsame Unter­suchung nach und nach ans Tageslicht förderte. Es lagen dem Schwurgerichte nicht weniger als 194 Fragen zur Beantwortung vor. In 17 Fällen wurde Röder der Urkundenfälschung, in 6 des Betrugs und Betrugsversuchs schuldig befunden. Das Strafurteil lautet auf 4 Jahre Zuchthaus und 5 Jahre Ehrverlust.

Kgk. Standesamt Kak«.

Vom 13. bis 16. November 1886.

Geborene:

13. November. Friedrich Wilhelm, Sohn dcö Wilhelm Köhler, Kaufmanns hier.

11. Hermann Friedrich, Sohn des Karl Wagner, Maschinenstrickers hier.

Getränte:

16. November. Adolf Karl Theodor Schmid, Tierarzt in Ebingen, mit Ottilie Wetzei von bier. _

Gottesdienste am Sonntag, den 21. November.

Vom Turme: Nro. 177. Vormittags-Predigt: Hr. Helfer Braun. Christenlehre mit den Töchtern. Bibelstunde um 5 Uhr im Vereinsbaus: Hr. Dekan Berg.

Gottesckieaft« in ä-r Metkoäisteakapekke am Sonntag, den 21. November.

Morgens q,1t> Uhr, abends 8 Uhr.

Wort hinzuzusetzen, aus Furcht, ihm ihr quälendes Innere mehr, als gut war, zu enthüllen. Jnstinktmäßig traf sie den Weg, der ihr am ehesten Verzeihung sicherte.

Ich habe da nicht viel reflektiert, Julius, oder Grund und Gegengrund ab­gewogen, aber es wäre so schön, wenn ich Dich in jeder Stunde sähe und gar nichts Außerordentliches vorher noch geschehen könnte."

Jetzt lachte er, sie gab den Verstand gefangen unter das Fühlen wo lebt der Mann, welcher dabei zu zürnen vermöchte?

Ich muß reisen, Liebe!" antwortete er freundlich.Du darfst mich an der Erfüllung einer notwendigen Pflicht nicht verhindern wollen. Der Tante habe ich gesagt, daß mir diese Kur einen immensen Nutzen verschaffen würde Dir sage ich: pe liegt nur als Triumph der Wissenschaft und aus Menschlichkeit dem erschütternden Unglück gegenüber sehr am Herzen. Sehr, Lisa, glaub' es mir. Soll ich nun bei der Frau, die bestimmt ist, jeden Gedanken mit mir zu teilen, das Einverständnis ver­gebens gesucht haben?"

Elisabeth lächelte traurig.

Ich wollte ja nicht reflektieren, Julius. Aber geh', wenn es nicht anders sein kann. Du hast Recht, die Pflicht steht höher als alles Uebrige."

GM", rief er sichtlich erleichtert.Also übermorgen! Aber wie nervös Du bist!" sagte er halb seufzend.Kann ich von hier abkommen, so müssen wir eine Hochzeitsreise unternehmen Gebirgsluft, Strapazen für Dich"

Bleib' doch bei Deiner Kranken!" ermahnte sie ihn.

Das arme Ding!" sagte er mitleidig.Seit Monaten liegt sie schwer, dar­nieder, so schwer, daß es ihr noch jetzt unmöglich ist, zu sprechen. Aber ich hoffe dennoch das Beste."

Elisabeths Herz hatte im Augenblick seine Schläge nahezu ausgesetzt.

»Wie kam denn ein so junges Mädchen zu der schweren Verwundung, Julius?"

Das habe ich wirklich noch nicht erfahren", versetzte er.Du wirst indessen die Arme demnächst persönlich kennen lernen, Lisa. So kommt hierher, und wenn Du einwilligst, sogar in unser Haus. Der Fall erregt mein lebhaftes Interesse."

Elisabeth blieb scheinbar ruhig.

Die Bedauernswerte ist gewiß recht arm, denke ich mir!"

Da irrst Du!" versetzte er.Sie besitzt im Gegenteil Vermögen."

Elisabeth athmete plötzlich leicht auf, wie von einem Bann erlöst.

Bringe sie mir, Julius ich will ja Tag und Nacht vor ihrem Bette wachen laß mich Teil haben an Deinem schönen, erlösenden Wirken!"

Ihre Arme legten sich matt und schutzsuchend um seinen Hals, sie weinte bit­terlich, sodaß er jetzt in allem Ernst erschrak.

Hat Dich die Tante beleidigt, Liebe?" fragte er.

Sie schüttelte den Kopf.

Laß mich doch weinen, Julius. Ich Du mußt nicht mehr ohne mich ver­reisen ich ertrage es nicht."

Und wieder war das, was er empfand, Rührung. Wie sehr sie ihn liebte!

Eine kleine Hochzeitsreise müssen wir also haben", sagte er,und wenn es nur acht Tage dauert. Etwa über K. nach dem Rhein."

Nicht nach K.!" rief sie plötzlich, fast in heftiger Furcht.Weshalb wolltest Du dorthin, Julius -- sag' es mir!"

Er lächelte, während heimlich eine unbestimmte Unmhe sein Inneres ergriff. Diese Reizbarkeit war nicht natürlich.

Dorthin oder nach einem anderen Orte, Liebe, ganz wie Du wünschest", ver­setzte er.Ich möchte nur gern mit Dir in den jungen Frühling hineinwandern und einmal Alles, was Bemf und Arbeit heißt, nur eine Woche etwa dahinten lassen, so gleichsam der Wirklichkeit ein Schnippchen schlagen und ein Märchen faktisch durch­leben. Findest Du nicht auch den Gedanken sehr verlockend?"

Ihr Kopf lehnte an seiner Brust, sie sah wie träumend vor sich hin.

Ja, es müßte schön sein, unsäglich schön, immer weiter zu ziehen, immer weiter bis in die fremden Welten, wo uns Niemand kennt und Niemand Ansprüche erhebt wo Du ganz allein für mich leben würdest, Julius! Aber dergleichen pflegt die arme Erde ihren Kindem nicht zu gewähren."

(Fortsetzung folgt.)