überfließen, wird ihnen nunmehr in einer Reihe der angesehensten gutgesinnten Blätter der große Sch-vin- vel nachgewiesen, den sie mit dem urteilslosen Teil der Bevölkerung treiben; der Neue Albbote konnte nicht umhin, die Ignoranz der demokratischen Agitation einzugestehen. Die Organe der Volkspartei — die Haußmänner, Payer, Göbel und Consorten — sind entlarvt; sie haben den Gesetzentwurf, den sie bekämpften, teils nicht gelesen, teils nicht verstanden, sie werben Unterschriften des Publikums zu Adressen an die Abgeordnetenkammer gegen Bestimmungen, welche der Entwurf gar nicht enthält. Diese geringe Zuverlässigkeit, welche die Signatur blinden, überlegungslosen Parteihasfes an sich trägt, kennzeichnet den „Adressensturm" der Volkspartei als Galli- mathias, den zu unterschreiben jeder sich hüten wird, dem es darum zu thun ist, nicht der Lächerlichkeit zu verfallen. Wer lacht nicht, wenn der „große" Haußmann und Göbel in ihren „großen Volks-" Versammlungsreden von Biberach, Mengen, Schus- senried, Zwiefalten und Winnenthal die frühere Le- benslänglichkeit der Gemeinderäte mit der der Ortsvorsteher vergleichen, ohne sich bewußt zu werden, wie himmelweit der Unterschied in dem Geichäftskreis beider von jeher ist! Kaxionti 8at! So weiß nun jedermann, welch' geringe Bedeutung diese Versammlungen und Adressen haben; es ist nur Schade um das Porto ihrer Einsendung an die Abgeordnetenkammer. Da aber Stadtmäuse auf dem Lande niemals schaden, sondern nur erfreuen können, so laden wir sie recht freundlich auch für die Zukunft dahin ein.
Stuttgart, 14. Sept. Der geistige Zustand des Großfürsten Konstantin Nikolajewitsch, Vaters der Herzogin Wera und der Königin Olga von Griechenland, ist laut „A. Abendzeitung" hoffnungslos. Der Prinz ist in vollständigen Idiotismus verfallen.
Stuttgart, 16. Sept. Des 100jährigen Geburtstages des Staatsrats Ludwig, des Stifters des Ludwigsspitals „Charlottenhilfe", wurde am Sonntag in der Johanneskirche gedacht. Im Ludwigsspital selbst erhielten die Kranken ein Festtagsessen.
Nürtingen, 14. Sept. In den nächsten Tagen, am 16. und 17. Sept., wird hier eine Versammlung badischer und württembergischer Taubstummenlehrer stattfinden, wie eine solche schon seit gegen 30 Jahren zwischen Baden und Württemberg wechselnd von 1*/s zu 1'/» Jahren gehalten wird. Es sind über 40 auswärtige Gäste hiezu angemeldet und die Vorbereitungen für ihren Empfang getroffen. Neben den Lehrprobcn, die mit den Schülern der hiesigen Taubstummenanstalt gehalten werden sollen, sind verschiedene Punkte und Fragen der Taubstummenbildung zur Besprechung vorgemerkt, und wir dürfen wohl hoffen, daß die Tage d§r Versammlung den Teilnehmern mannigfache Anregung bringen werden.
Brandfälle: Den 16. Sept. in Derendingen das Haus des Johannes Dieter sen.
München, 15. Sept. Das Ministerium erklärte, den altkatholischen Bischof fortan lediglich als eine Privatperson zu betrachten.
Köln, 15. Sept. Gelegentlich des Altkatho- liken-Kongresses fand gestern vormittag ein zahlreich besuchter festlicher Gottesdienst statt. Erzbischof Haydkamp (Utrecht) celebrierte das Hochamt; Bischof Reinkens hielt die Festpredigt. In der öffentlichen Sitzung sprachen Fürsprach Weibel (Schweiz) über den internationalen allgemeinen katholischen Karakter der christlichen Kirche, Reinkens über die Charitas, Schulte schloß mit einem höchst interessanten Rückblick auf die altkatholische Bewegung seit dem Erlaß des Syllabus und der Verkündigung i>er Unfehlbarkeit. Hieran schloß sich ein gesellschaftliches Zusammensein.
Der deutsche Altkatholikenkongrcß in Köln hat ein Huldigungstelegramm an den Kaiser gesandt. In den Verhandlungen des Kongresses beschäftigte man sich uur mit den inneren Angelegenheiten der allkatholischen Richtung.
Nach einer Meldung aus Köln fand in St. Wendel auf der Grube Maybach ein großes Unglück statt. Von 400 aufgefahrenen Grubenarbeitern werden 150 vermißt.
Einige bemerkenswerte Aeußerungen des Kaisers am Schlüsse des Manövers in Schleswig-Holstein entnehmen wir dortigen Zeitungen: „Bei der Schluß
kritik am Düppeldenkmal führte der Kaiser in ein- stündiger und alle Phasen auf das Genaueste würdigender Rede die Entwicklung der Manöverkämpfe vor, wobei er mit Lob, wie mit Tadel nicht zurückhielt. Hierbei bewies der Kaiser ein geradezu erstaunliches Gedächtnis, welche auch das kleinste Moment behält und das um so bemerkenswerter erscheint, als der Monarch nichts aufnotieren läßt. Er ermahnte noch die Offiziere, ankuüpfend an den Sieg von 1864, nicht abzulassen von energischem Flei; und strenger Pflichterfüllung. Man solle trotz des neuen Reglements, welches die Ausbildung der Soldaten für den Krieg derjenigen für die Parade entschieden voranstellt, dennoch den Drill nicht vernachlässigen.
Uebermorgen trifft Kaiser Franz Josef von Oesterreich als Gast des deutschen Kaisers am Schloß Rohnstock bei Liegnitz ein, um den Feldmanövern des V. und VI. Armeekorps beizuwohnen. In der Begleitung der beiden Monarchen werden sich die leitenden Minister Deutschlands und Oesterreichs befinden. Das genügt, um die russische und die französische Presse zu veranlassen, der Begegnung eine besondere Beachtung zu schenken.
Frhr. von Huene sagte in einer Rede aus der Generalversammlung der schlesischen Katholiken zu Glatz, deren Vorsitzender er war: „Ich will es hier aussprechen, daß jeder Katholik, der sich noch einbildet, daß er katholisch ist, und der einem Sozialdemokraten seine Stimme giebt, eine pflichtwidrige Handlung unternimmt. Wenn er aus irgend einem Mißmut über die Verhältnisse, in denen er lebt, einem Bebel oder wie die Leute heißen, die Stimme giebt, so thut er etwas, was er vor Gott nicht verantworten kann (Bravo! Sehr war!), denn er giebt einem Manne die Stimme, der da, wo er das freie Wort hat, mit Hohn und Spott unseren Glauben behandelt." Der Zentrumssührer verurteilte es also mit scharfen Worten, wenn ein Katholik privatim, aus eigenem Antrieb einen Sozialdemokraten wählt.
Der Besuch des Königs Leopold von Belgien in Berlin, welcher Ende Oktober stattfindet, ist ein reiner Höflichkeitsbesuch und eine Erwiderung der Visite, welche der deutsche Kaiser neulich in Ostende gemacht hat.
Major v. Wißmann gedenkt, wie es heißt, am 15. Oktober nach Afrika abzureisen. Er arbeitet in Berlin noch an seinem neuesten Werke.
Berlin, 15. Sept. Aus bester Quelle verlautet, daß Finanzminister Miquel wichtige Re- ormen auf dem Gebiete der Zollpolitik plant.
Der sozialdemokratische Abg. Bebel hat soeben eine Broschüre unter dem Titel „Zur Lage der Arbeiter in den Bäckereien" erscheinen lassen. Um sie verfassen zu können, hatte er vor etwa Jahresfrist aufgefordert, Fragebogen zu beantworten. Es sind dann auch 5000 Fragebogen zur Fragestellung der Arbeitsverhältnisse in den einzelnen Bäckereien verteilt worden. Die Zahl der Bäckereien in Deutschland beträgt 88,477. Von 5000 ausgegebenen Fragebogen sind indessen nur 745 zurückgekommen. Aus 669 dieser Fragebogen teilt die Broschüre kurze Auszüge, uud zwar aus jedem Fragebogen, welcher 22 Fragen enthält, 6—10 Zeilen mit. Bebel selbst hat seinen Extrakten nur eine Einleitung und ein Schlußwort hinzugesügt. Er kommt dabei zu dem Ergebnis: die Bäckereien wirken im höchsten Grad „korrumpierend und degenerierend" auf ihre Arbeiterein, das Bäckereigewerbe sei eins der menschenverwüstend- sten, die überhaupt existieren. Dabei muß Bebel zugeben, daß der Zugang junger Kräfte zur Bäckerei so groß ist, daß beständig das Angebot von Arbeitskräften größer ist als die Nachfrage.
Schweiz.
Bern. Die „N. Z. Z." tadelt scharf den Rechtsbruch, den die Liberalen begangen haben. „Es ist beschämend, daß derartige Dinge heute noch in der Schweiz möglich sind; man glaubte die Zeit der Putsche vorüber. Die Ehre und das Ansehen der Eidgenossenschaft, die wichtiger sind als alle Tessiner Parteiinteressen, erfordern es, daß rasch Ordnung geschaffen werde. Mit den alten verbrauchten Mitteln des Putsches suchen die Liberalen wieder empor zu kommen, statt durch Selbstzucht sich die allgemeine Achtung des Volkes wieder zu erwerben. Sie stellen dem Kanton Tessin das Zeugnis aus, daß er noch nicht weiter vorgeschritten ist, als die südamerikanischen Republiken."
Man meldet aus Bellinzona: Die Auflösung der provisorischen Regierung hat in vollständiger Ruhe stattgefunden. Die Volksabstimmung über die Verfassungsrevisionsfrage soll am 28. September stattfinden.
Bern, 15. Sept. Laut den neuesten Nachrichten aus Tessin ist die Lage aufs neue verwickelt und ernst. Die Konservativen nehmen eine drohende Haltung gegen die eidgenössischen Truppen an. Man fragt, wohin es führen würde, wenn nun auch liberale Führer aus anderen Kantonen sich in die Tessiner Wirren mischten.
Oesterreich-Ungar«.
Die ungarischen Kaisermanöver, bei welchen zum erstenmale das rauchlose Pulver im großen Maßstabe zur Anwendung kommt, verlaufen in sehr befriedigender Weise. Kaiser Franz Joseph hat seine volle Anerkennung mit den Leistungen von Offizieren und Mannschaften ausgesprochen.
Frankreich.
Bei der Wiedereröffnung der Kammer wollen die gemäßigten Republikaner gegen den Ministerpräsidenten Freycinet Vorgehen. Dieser wird dem Plan wohl dadurch die Spitze abbrechen, daß er freiwillig die Premierministerschaft niederlegt und nur den Posten des Kriegsministers behält. Die radikalen Abgeordneten wollen die Begnadiguug des zusammen mit Boulanger verurteilten Henri Rochefort beantragen. — Boulanger will sich für die über ihn veröffentlichten Skandalenthüllungen dadurch rächen, daß er Enthüllungen über seine Gegner vom Stapel läßt. Mit vielen derselben war er ja während seiner Kriegsministerschaft gut Freund.
Italien.
Rom, 13. Sept. Kaiser Wilhelm wird mit dem Reichskanzler Caprivi am 15. Oktober zum Besuche des Königs Humbert in Monza erwartet.
Kleinere Mitteilungen.
Cannstatt, 15. Sept. Einem 14 Wochen alten Kinde war schon am 6. ds. von seinem jährigen Geschwisterchen eine eiserne Schraube in den Hals gesteckt worden, und alle Bemühungen des Arztes, dieselbe zu entfernen, waren vergebens, da sie sich inzwischen weiter und weiter in den Schlund hinabgearbeitet hatte. Mehrere Tage fürchtete man für das Leben des Kindes, das nur noch durch Zufuhr flüssiger Speisen künstlich ernährt werden konnte. Am letzten Freitag aber ist es doch endlich gelungen, die Schraube zu entfernen, und das Kind ist nun wieder hergestellt. Die Schraube war 4 om lang, der Kopf 14 min stark.
Oberstenfeld, 12. Sept. Der 79jährige schon zum 6. Male verheiratete Schuster Geßwein von hier verließ zu anfang dieser Woche heimlich seine Familie, um über dem Ozean sich eine neue Existenz zu gründen. Dessen Stiefsohn aus letzter Ehe verfolgte ihn bis Marbach. Nachdem er daselbst von dem mitgenommenen Gelde eine schöne Summe seinem Sohne eingehändigt hatte, ließ ihn dieser im Frieden seine Straße weiter ziehen.
Aus einer Gerichtsverhandlung, welche gegen einen Volksschullehrer in Nürnberg wegen Körperverletzung im Amt (Ueberschreitung des Züchtigungsrechts) statthatte, ist ein Gutachten des kgl. Bezirksarztes Medizinalrats Dr. Merkel bemerkenswert, in welchem ausgeführt wird, daß Schläge auf das Gesäß bezw. den Rücken, wenn sie Schmerz erregen, also ihren Zweck erfüllen sollen, Spuren zurücklassen müssen. Der angeklagte Lehrer wurde freigesprochen.
Oldenburg-, 15. Sept. (Insubordination.) Hier sind 16 Reservisten des 78. Infanterie-Regiments, die den Gehorsam verweigerten, indem sie nicht zum Appell erschienen, zu mehrjährigen Fe- tungsstrafM verurteilt worden.
Mörs. 11. Sept. Als am Morgen das Pferd eines Oekonomen in Wallach gefüttert wurde, fand man in seinem Troge eine abgebissene Zunge. Eine Visitation ergab, daß der Gaul die seinige noch be- aß. Man besichtigte hierauf die bereits auf die Wiese getriebene Kuh, welche die Nacht neben dem Pferde gestanden, und entdeckte hier das Manko. Die Kuh hatte aus dem Troge des Pferdes zu naschen versucht, letzteres sich dem aber energisch widersetzt und beim Zubeißen die Zunge erfaßt und ab gebissen.
Auf furchtbare Art hat iu Loewen eine plötzlich wahnsinnig gewordene Arbeiterin sich getötet. Sie
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