Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

W 104

Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donners­tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier . (ohne Trägerlohn) 80 4, in dem Bezirk 1

außerhalb deS Bezirks 1 20 4, MonatS-

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Dienstag 9. September

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wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückmig 9 4, bei mehrmaliger je 6 4. Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei auf- gegeben sein.

MV

Amtliches.

Nagold.

An die gemeinschaftlichen Aemter, Sammlung sür die Hagelbeschädigten betreffend.

Unmittelbar vor der den schönsten Ertrag versprechenden Ernte wurden in letzterer Zeit verschiedene Gegenden des Landes durch Hagelschläge schwer heimgesucht.

Die Not, die hiedurch verursacht worden ist, ist um so größer, als viele von den Betroffenen wegen des geringen Ertrags der ferndigen Ernte schon seit Monaten auf Rechnung der bevorstehenden Ernte leben mußten und da nur in vereinzelten Fällen eine Versicherung gegen Hagelschaden vorliegt.

Da der Bezirk Nagold Heuer von Hagelschlägen ganz verschont geblieben ist, ersuchen wir die gern. Aemter darauf hinwirken zu wollen, daß in den einzelnen Gemeinden sür die" Hagelbeschädigten des Landes gesammelt wird.

Die ersammelten Gaben können für einzelne Gemeinden oder allgemein für die Hagelbeschädigten des Landes bestimmt werden.

Die Barbeträge wollen bis zum

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an die Unterzeichneten cingesendet und wolle in dem Uebergabeschreiben zugleich bemerkt werden, ob resp. von welcher Art und in welchem Quantum Natural­gaben ersammelt worden sind; bezüglich der letzteren wird dann weitere Verfügung Nachfolgen.

Ein Gabenverzeichnis wird s. Z. veröffentlicht und wird zugleich über die erfolgte Ablieferung der gesammelten Gaben an die Zentralleitung des Wohlthätigkeitsverems Nachweis gegeben werden:

Indem wir uns der Hoffnung hingeben, daß wir auch Heuer nicht vergeblich an den Wohlthätigkeitssinn der Bezirksangehörigen appellieren, danken wir zum Voraus für die Unterstützung der guten Sache.

Den 30. August 1890. K. gem. Oberamt.

Dl Gugel. Schott.

Nagold.

De« Ortsvorsteher»

sind mit der Post °die Listen über die fingierten Steuerkapitale zugegangen, um dieselben gemäß § 18 der Minist.-Verfügnng vom 13. März 1888, be­treffend den Vollzug des landwirtschaftlichen Unfall­versicherungsgesetzes vom 5. Mai 1886 und des Ausführungsgesetzcs vom 4. März 1888 (Reg.-Bl.

S. 111 fg.), der jährlichen Ergänzung und Berichti­gung auf Grund des neuesten Stands zu unterziehen.

Die in Z 1l der Minist.-Vcrfügung bezeichnete» Betriebe, Betriebsteile und Nebenbetriebe, welche zu fingierten Stenerkapitalien einzuschätzen sind, sind sofort zu erheben, worauf im Laufe des Monats September die Listen zu ergänzen und zu berichtigen und die Einschätzungen vorzunebmen sind.

Die ergänzten und berichtigten Listen bezw. Fehlanzeigen haben unfehlbar auf den

1. Oktob. d. I. zuverlässig

beim Oberamt einzukommen.

Den 7. Sept. 1890.

K. Qberamt. vr. Gugel.

Nagold.

Bekanntmachung,

die Verpflichtung zur Anzeige von Tierseuchensällen betr.

Jeder Besitzer von Haustieren ist verpflichtet, von dem Ausbruch einer der nachstehend angeführ­ten Seuchen unter stillem Viehstande und von allen verdächtigen Erscheinungen bei demselben» welche den Ausbruch einer solchen Krankheit befürchten lassen, sofort der Ortspolizeibehörde (Ortsvorsteher) Anzeige zu machen, auch das Tier von Orten, an welchen die Gefahr der Ansteckung fremder Tiere besteht, fern zu halten.

Die gleichen Pflichten liegen demjenigen ob, wel­cher in Vertretung des Besitzers der Wirtschaft vor­steht, ferner bezüglich der auf dem Transport befind­lichen Tiere dem Begleiter derselben und bezüglich der in fremdem Gewahrsam befindlichen Tiere dem Besitzer der betreffenden Gehöfte, Stallungen, Kop­pen oder Weiden.

Die Seuchen, auf welche sich die Anzeigepflicht erstreckt, sixp folgende:

1. Der Milzbrand.

2. Die Tollwut.

3. Der Rotz (Wurm) der Pferde. Esel, Maul­tiere und Maulesel.

4. Die Maul- und Klauenseuche des Rindviehs, der Schafe, Ziegen und Schweine.

5. Die Lungenseuche des Rindviehs.

6. Die Pockenseuche der Schafe.

7. Die Beschälseuche der Pferde und der Bläs­chenausschlag der Pferde und des Rindviehs.

8. Die Räude der Pferde, Esel, Maultiere, Maulesel und der Schafe.

Verfehlungen gegen diese Anzeigepflicht müßten auf Grund des Z 65 Abs. 2 des Reichs-Viehseuchen- Gesetzes mit Geldstrafe von 10 bis 150 oder mit Haft nicht unter 1 Woche, sofern nicht nach den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen eine höhere Strafe verwirrt ist, bestraft werden.

Sache der Ortspolizeibehörden ist es, sobald dieselben von einem Seuchenausbruch Kenntnis er­halten, unverzüglich dem Oberamt und dem beamteten Tierarzt (Oberamtstierarzt) Anzeige zu erstatten, auch das Wegbringen von Tieren aus dem betreffen­den Stalle oder Standorte oder aus der Herde, in­sofern dies nicht zur Absonderung des kranken oder verdächtigen Tieres notwendig ist, vorsorglich zu verbieten.

Den 6. Sept. 1890.

K. Oberamt. Amtm. Marquart.

Gestorben: Den 5. September in Tübingen: Julius Lammfromm, Oberjustizprokurator.

Tages-Hleuigkeiten.

Deutsches Reich.

!X! Nagold, 5. Sept. Die Zöglinge des Se­minars erfreuten heute die auch von auswärts zahl­reich erschienenen Zuhörer im Festsaale des Seminars durch ein wohl gelungenes Konzert. Mächtig er­tönten mit Orchesterbegleitung die ChöreAllein Gott in der Höh' sei Ehr" von Seb. Bach zu An­fang, und zum Schluß der Chor aus dem 98. Psalm von Mendelssohn. Wir möchten nur wünschen, daß noch mehr weibliche Singkräste unserer Stadt sich in den schönen Dienst dieser edlen Kunstbestrebungen stellen möchten. Was durch Fleiß und Ausdauer auch unter schwierigen Verhältnissen im Orchester

geleistet werden kann, zeigte ein pünktlich gusgeführ- ter Violinchor mit Orgel von Rob. Meister und der Brautchor aus Lohengrin. Wahrlich, wenn dieZu­kunftsmusik" solche, in ihrer einschmeichelnden Lieb­lichkeit fest an das Volkslied erinnernde Melodien bietet, dann ist es mit derZukunft" der Musik denn doch nicht schlimm bestellt. EinStändchen von Pache" ließ uns Herr Seminarlehrer Wurster als sicheren und gewandten Violinspieler kennen lernen. Unter den Männerchören, die durch Prä­zision und Feinheit der Dynamik sich hier die An­erkennung und Bewunderung noch aller Kenner er­worben haben, erwähnen wir das elegischeHeimat von F. Fischer" und das originelle kräftige Dank­gebet aus den niederländischen Volksliedern von Kremser. Am eindrucksvollsten war wohl der Chor Thuiska" von dem Dresdener Kapellmeister Otto. Das war ein Rauschen aus dem altgermanischen Wald, ein hohes Lied von deutscher Kaiserherrlich, keit. Alle Mitwirkenden, insbesondere aber der fein­sinnige Veranstalter und Dirigent dieses Konzerts, Musikoberlehrer Hegele, haben sich den aufrichtigen Dank aller derer verdient, denen ein solcher Kunst­genuß jedesmal eine reine Freude und eine wirkliche Erhebung ist.

* Nagold, 3. Sept. Der Vortrag des sozial­demokratischen Agitators Karl Kloß aus Stutt­gart über fachgewerbliche Organisation und ihre Be­deutung imgoldenen Adler fand eine sehr zahl­reiche Zuhörerschaft, wohl die Hälfte mochten Aus­wärtige sein. Ob derTischler-Verband", dessen Existenz wir übrigens erst aus dem Einladungsschrei­ben in letzter Nummer dieses Blattes erfuhren, aut daran gethan, in unser friedliches Städtchen die so­zialistischen Ideen hereinzutragen und Unzufriedenheit und Aufregung unter den Arbeitern zu verbreiten, wird von der größeren Zahl der Bürgerschaft wohl stark angezweifelt werden. Uebrigens sollen die Schreinergesellen hier, wie uns von Meistern mitge­teilt wird, am wenigsten Grund haben, über zu ge- ringk Arbeitslöhne zu klagen. Den Bortrag selbst anlangend, so war solcher in seiner Sprache mäßig gehalten, besagte aber im ganzen nichts Neues. Der gewandte Redner verglich zuerst die Stellung der Ar­beiter vor 50 Jahren und jetzt und meint, daß die Löhne gegenwärtig wenigstens um 40 Prozent zu