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mit Hamburg trank. Unter kanten Ovationen er­folgte die Rückreise nach Friedrichsruhe.

Kaiser Wilhelm antwortete den Vertretern des deutschen Jnnungstages auf die Ueberrcichung der Immediateingabe, nachdem er die Herren huld­voll begrüßt, Folgendes:Ich und meine Regierung haben wiederholt unsere Sympathie für den Hand­werkerstand knndgegeben und können dies heute nur wiederholen. Mit Interesse verfolge ich die Bewe­gung des Handwerkerstandes, und es ist mein in­nigster Wunsch, daß das Handwerk wieder auf den Boden gelange, welchen es früher inne hatte."

DieNordd. Allg. Ztg." erklärt die Nachrich­ten KSnigsberger Blätter, der Kaiser habe dort eine Begegnung mit dem Zaren angekündigt, für erfunden.

Berlin, 2. Juni. Die meisten Abendblätter besprechen den Rücktritt des Ministers v. Lutz und anerkennen die hervorragenden Verdienste des Mi­nisters. DieNorddeutsche Allgemeine Zeitung" sagt: Minister v. Lutz leistete auch dem weiteren Vatcrlande in oft schwierigen Zeiten und Verhält­nissen nach allen Seiten hin so hervorragende Dienste, daß ihm nicht nur der Dank des Heimatlandes, sondern aller patriotisch empfindenden Kreise des deutschen Volkes sicher ist.

Berlin, 4. Juni. Das Zustandekommen der Sperrgelder-Vorlage in dieser Session gilt für ziem­lich ausgeschlossen.

BerIin, 4. Juni. Die Arbciterschutzkommission beschloß: Die den Arbeitern zu gewährende Ruhe beträgt für jeden Sonntag oder Festtag mindestens 30, für Weihnachten, Ostern oder Pfingsten 60, in sonstigen Fällen für zwei aufeinanderfolgende Sonu- und Festlage 48 Stunden. Die Ruhezeit hat am vorhergehenden Werktage frühestens um 6, spätestens um 12 Uhr abends zu beginnen.

Berlin, 5. Juni. Der Katholikentag wird uunm-.hr bestimmt vom 24.-27. August in Coblenz nl'M halten.

Wegen eines gehässigen Artikels derKrzztg." Hai der Pcster Schützenverein, der einen Ge­samtausflug nach Berlin zum großen Bundcsschießen geplant hatte, davon Abstand genommen. DieN. Allg. Zig." bedauert in einer halbamtlichen Note diesen Beschluß lebhaft und betont, daß die unga­rischen Schützen aus den besten Empfang in Berlin würden rechnen können.

Ein Gesetz über die Konsumvereine steht in Aussicht! Die Besteuerung, Eintragungspflicht und Konzcssionspflicht dieser Vereine soll durch Spezialgesetz geregelt werden.

Versuchsweise werden jetzt bei einigen Schwad­ronen die Säbclkoppeln unter oem Waffenrock getragen, wobei die Uniform mehr geschont wird, und die weiße Koppel durch eine einfachere ersetzt werden kann. Vorläufig ist diese Aenderung bei den Garde-Dragonern und der Garde-Artillerie in Berlm erfolgt.

Schweiz.

Bern, 4. Ju.ff Der neue deutsch-schweize­rische Niederlassui'gsv r,>ag tritt am 20. Juli 1890 in Wirksamkeil und bkcb t Pis zum 31. Dezbr. 1900 in Kraft. Die Auswechselung der Ratifikationsur­kunde soll bis spätestens am 10. Juli in Bern stall­st'.,den. Artikel 2 lautet wörtlich: Um die in Artikel l bezeichnten Rechte beanspruchen zu können, müssen die Deutschen mit einem Zeugnis ihrer Gesandschaft vc sehen sein, welches besagt, daß der Inhaber die deutsche Reichsangehörigkeit besitzt und einen unbe­scholtenen Leumund genießt.

Frankreich.

Paris, 4. Juni. Carnot Unterzeichnete ge­stern die Begnadigung des Herzogs von Orleans. Derselbe wurde diese Nacht in größter Heimlichkeit nach Delle an der Schweizer Grenze gebracht. Er dürste sich zunächst nach England begeben.

Bulgarien.

Sofia, 3. Juni. Alle im Prozeß Panitza Freigesprochenen, ausgenommen Matthews, sind aus Bulgarien ausgewiesen und nachts polizeilich an die serbische Grenze gebracht worden.

Auf den Fürsten Ferdinand soll ein Attentat geplant gewesen sein. Der Wiener Korre­spondent derDaily News" meldet: Eine bewaffnete Bande, 25 Mann stark, lauerte außerhalb der Station Bellova dem am 27. v. M. von Jamboli «ach Bnrgas abgchenden Zuge, worin Prinz Fer­

dinand und die Minister sich befanden, auf: ihre Absicht war, den Prinzen Ferdinand gefangen zu nehmen und so lange als Geisel zu behalten, bis Major Panitza und seine Mitverschworenen in Frei­heit gesetzt sein würden. Ministerpräsident Stam- bulow, von dem Anschläge rechtzeitig unterrichtet, ließ den Zug um fünf Stunden später abgehen und die Station Bellova, ohne anzuhalten, passieren Rußland.

DieNowoje Wremja" führt aus, die Unsi­cherheit des Friedens beruhe auf der durch die Einigung Deutschlands hervorgerusenen Kriegslust der Deutschen (!!) Die Welt könne nur gewinnen, wenn Deutschland nach einer Niederlage wieder den Arbeitskittel anziehe und sich mit Philosophie be­schäftige. Das heißt wohl, der Friede ist nicht un­sicher, weil die Deutschenkriegslustig" sind, sondern weil es einige unserer Nachbarn nicht verbeißen können, daß Deutschland endlich seine Angelegenhei­ten in eigene Hand genommen hat, statt wie früher in einer ohnmächtigen Zerfahrenheit demütig und ergeben abzuwarten, was man in Paris und Pe­tersburg über sein Geschick beschließt. DenArbeits­kittel" hat Deutschland nie abgelegt. Es wäre nur zu wünschen, daß man im heiligen Rußland selbst mehr arbeite. Das hat man dort wahrlich nötig genug. Der Ruhm, das Volk der Philosophen und Denker" zu sein, ist uns teuer genug gekommen und hatte für uns einen etwas eigentümlichen und mitleidigen Beigeschmack, über den wir uns aller­dings erst seit 2 Jahrzehnten klar zu werden be­gonnen haben. Man lebt nicht von der Philoso­phie allein und dieNowoje Wremja" muß sich wohl oder übel darein finden, daß wir neben der Philo­sophie auch noch anderen Dingen unsere nachdrück­liche Aufmerksamkeit zuwenden. Mit der Philosophie, die uns dieNowoje Wremja" zngedacht hat, kämen wir bald wieder dahin, wo wir vor 40 Jahren gestanden.

Kleinere Mitteilungen.

Nordhausen, 3. Juni. Daß Uebermut selten gut thut, hat der Arbeiter Linke, Vater von 2 Kin­dern, aus Bielen erfahren müssen. Der Mann war an der Bahnstrecke niit Kiesausschachten beschäftigt. Im Uebermut machte er mit seinem Kameraden die leichtsinnige Wette, er wolle und könne auf den in voller Fahrt von Heringen kommenden Zug springen. Als er diese leichtsinnige That ausführte, glitt er ab, stürzte auf das Geleis und die Räder zermalm­ten ihm beide Beine, so daß sie ihm im hiesigen Krankenhaus haben abgenommen werden müssen.

Aus dem Fränkischen, 2. Juni. Aus dem Rücktransport von einer in Ravensburg stattgchabten Verhandlung überfielen 2 Zuchthaussträflinge des Zuchthauses Plassenburg die beiden sie begleitenden Gendarmen und bearbeiteten sic mit gefährlichen Instrumenten derart, daß beide ins Hospital ver­bracht werden mußten. Die Gefangenen wurden gleichfalls durch Säbelhiebe schwer verletzt, so daß der eine davon sterben wird. Es soll ein furchtba­rer Anblick gewesen sein, als beim Oeffuen des Cvupees, in welchem keine Notleine angebracht war, alle 4 in Blut gebadeten Personen zum Vorschein kamen.

Die früher angczweifelre Nachricht, daß der Prinz Heinrich von Hanau, ein Sohn des letzten Kurfürsten von Hessen, zur katholischen Kirche über­getreten sei, erhält demRheinischen Kourier" zufolge jetzt ihre Bestätigung.

« Eine politische Wette.) Ein Schiffer aus Dorf­porzelten hatte einen Traum, der ihn lebhaft be­schäftigte und an dessen Verwirklichung er glaubte. Er erzählte einem Metzgcrmeister, er habe geträumt, Ende 1891 werde Frankfurt wieder frei sein. Der Metzger widersprach. Der Schiffer setzte 3000 gegen eine; der Gegner hielt und wurde darüber ein vor Zeugen unterschriebenes Protokoll ausgenom­men. Das Geld soll den Armen zu gut kommen. Der Metzger verpflichtete sich auch, wenn die Pro­phezeiung des Schiffers wahr sei, aus eigener Tasche noch 1000 ^ zu geben.

Berlin. I. Juni. Vor mehreren Tagen er­regte hier der Selbstmord eines Knaben um so mehr das Aufsehen weiter Kreise, weil das Motiv zu dem­selbengekränktes Ehrengefühl" war. Der Knabe war nämlich zu Ostern versuchsweise aus der 4. in die 3. Klasse versetzt worden, später erfolgte jedoch

seine Zurücksetzung, da er für die 3. Klasse nicht reif war. DieDeutsche Lehrerzeitung" nimmt aus Anlaß dieses Vorkommnisses, die vielfach verbreitete Sitte der versuchsweisen Versetzung mn das ent- scheidenste zu verurteilen. Und mit Recht: der Lehrer, welcher das Kind ein ganzes Jahr oder länger unterrichtet hat, muß wissen, ob das Kind für eine höhere Klasse reif ist oder nicht: zum Ex­perimentieren sind die Kinder nicht da.

Das ist das Ende derbitteren Louise"! Sie war am I. Juni in Paris wegen neuer anar­chistischer Umtriebe verhaftet, ist jetzt aber außer Verfolgung gesetzt worden und soll in eine Anstalt für Geisteskranke gebracht werden, da die Aerzte sie für unzurechnungsfähig erklärt haben. Boulanger verbannt und Louise Michel im Irrenhaus, waS soll aus Paris werden?

London, 3. Juni. (Salzlager.) Auf der bei Barrow gelegenen Insel Waluey hat man ein Salzlager enidcckt, welches, nach den bisherigen von der Vivian Bohr-Gesellschaft unternommenen Boh­rungen zu schließen, 400 Fuß dick ist und sich über einen 6 Meilen breiten Landstrich verfolgen läßt.

Eduard Strauß, derWalzcrköuig", ist in Pittsburgh in Amerika um 700 Dollars bestohlen worden. Ein Kellner ist damit, wie in einem dorti­gen Blatt augenscheinlich ein Berliner schreibt,da­vongewalzt".

Eine verheerende Feuersbrunst suchte Midd- lcsborough in Kcntuky heim, wobei 4 Häuscr- gevierte gänzlich niedcrbrannten. 2000 Menschen sind durch das Brandunglück obdachlos geworden. Der angerichtete Schaden wird auf 300 000 Dollars geschätzt.

Eine zweite deutsche Schule ist zu Bone- bcla im Kamerun-Gebiet errichtet; ihr steht der Leh­rer Fl ad vor, ein Würltcmbergcr. Besucht ist sie von 25 Schülern. Herr Find rühmt sehr den Fleiß der Negerjungen, ihre Vorliebe für deutsche Lieder und ihre merkwürdige Begabung fürs Rechnen. Auch zwei schwarze Lehrer sind schon herangebildet. Am deutschen Sprachunterricht nehmen auch Erwach­sene Teil.

In vielen Blättern macht ein Inserat die Runde, welches die Spitzmarke führt:Eine Uhr umsonst!" Mit dieser Anzeige bietet eine Firma in Wien 9 verschiedene Gegenstände für 4 15 ff'

an und sichert dem Abnehmer obendreinnoch eine Uhr umsonst" zu. Die Bestellungen verstehen sich gegen Cassa oder Postnachnahme. Der Inhalt einer solchen Sendung, die noch 70 -ff Porto, 40 -ff Zoll­gebühren und 30 ff Bestellgeld kostet, ist ordinäre Schundware. Das Federmesser ist aus Blei, die Meerschaumspitze eine reine Carricatur im Wert von höchstens 5 ff) die Cravatte und Cravattennadel sind Dinger, welche kein Vagabund auf der Land­straße anzieht und in ähnlichemWert" stehen alle übrigenwertvollen Gegenstände". Hoffentlich ge­nügt dieser Wink, um Unerfahrene vor Geschäftsver­kehr mit der WienerFirma" zu warnen.

Handel K Verkehr.

Kirchheim u. T., 2. Juni. (Wollmarkt.) Nach­dem die Schafwäschc und Schafschur so ziemlich beendigt ist, beginnt die Zufuhr an Wolle zum hiesigen Wollmarkt in umfangreicher Weise. Bis heute lagern in der Wollhalle schon ca. 1560 Ztr. Wolle, dieselbe zeigt schöne Meiste Wäsche und ist durchgehend trocken. Auf den schlesischen Wollmarkten in Schlesien (Slrehlen) wurden bezahlt, 150180 pro Zcntcr, in Glogau Schurwolle (englisch) 115180 gute Tuchwolle 135150

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Lebensverficherttngs- und Ersparnisbank in Stuttgart. Gemast Beschlust der am 28. Mai stattgehab­ten Generalversammlung wurde die Baukleitung ermächtigt, auch im Falle der Selbstcntleilmug volle Zahlung zu leisten, wenn die Polize zur Zeit der Thal 5 Jahre in Kraft war, oder wenn die That innerhalb dieser Frist nachweisbar in Folge Geistesstörung oder schwerer Krankheit begangen wurde. Durch diese zeitgcmäste Bestimmung und durch die Uebcrnahme der Kriegsgefahr (für Wehrpflichtige unentgeltlich) bilden die Polizei! dieser Bank ein vollwertiges Dokument.

Hiezu das Unterhaltungsblatt 23.

Verantwortlicher Redakteur Steinwandel in -Nagst«. Truü nnd Verlag der H. W. Aaiser'schen vuchhandlnng in -Nagold.

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