Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag, Donners­tag nnd Samstag, nnd kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 80 4, in dem Bezirk 1 4,

außerhalb des Bezirks 1 20 4, Monats-

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Samstag 7. Juni

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wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 4, bei mehrmaliger je 6 4. Die Inserate 1 müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor -Ü-O v v der Herausgabe des Blattes der Druckerei auf- gegeben sein.

A rnLliches.

Nagold.

Die OrLsvorstehee

werden unter Bezugnahme auf die Ministerialverfü- gung vom 14. Mai d. I., betreffend die Dienstvor­schrift über Marschgebührnisfe bei Einberufungen zum Dienst und bei Entlassungen, (Reg.-Bl. S. 89) angewiesen, die den Gemeinden durch Verfügung des K. Ministeriums des Innern vom 15. März 1887 für den Handgebrauch der Gemeindepffeger beson­ders überwiesenen Exemplare der Nummer 8 des Regierungsblattes für !887 zu ergänzen und binnen 8 Tagen Vollzugsbericht zu erstatten.

Den 6. Juni 1890.

K. Obcramt. Ott, A.-V.

Der deutsche Kandwerkertag

ist in Berlin wieder zusammengetreten, um über die Lage des Handwerks zu beraten und Vorschläge zur Abhilfe zu machen, eine Vertretung der Ver­sammlung ist auch vom Kaiser geworden, welcher dem deutschen Handwerk seine warme Sympathie zugesichert hat. Das Handwerk von heute läßt sich ! bereits in zwei Teile zerlegen: dem einen fehlt zur Fabrik nur noch der Name, der andere ist das Klein­handwerk nnd vor allem das Letztere ist es, welches übel dran ist. Erfreulich ist cs, daß auch die erst­genannten Handwerksbetriebe sich mit den zuletzt genannten solidarisch erachten und an der alten Be­nennung sesthalten, die ein Ehrenname ist und oft viel mehr in sich schließt, als die BezeichnungFa­brik", die heute in gar zu vielen Fällen schon zur Anwendung gelangt, für die sie nicht im entfern­testen, oder doch nur wenig paßt. Womit das Ge- samthandwcrk heute zu kämpfen hat, das sind drei Punkte: Zuerst mit der Konkurrenz, welche die

Großbetriebe bereiten, durch welche für manche Ge­werbe die Neuanfertigung von Waren ganz unmög­lich wird, dann mit der Konkurrenz, welche von

Gewerbsgenossen bereitet wird, die um jeden Preis arbeiten, mag die Ware schließlich sein, wie sie will und endlich mit der zu geringen Teilnahme des

Publikums, das zu oft einen guten Verdienst dem

Handwerk entzieht und ihn dem Großbetriebe zuwendet, es bei der Barzahlung, die Großbetriebenge genüber ganz selbstverständlich ist, an manchem fehlen läßt und endlich sich mit gar zu großer Vorliebe am Preisdrücken beteiligt, eine Manie, die es Großbe­trieben gegenüber gar nicht anzuwenden wagt. Das sind alles Thatsachen, von denen sich nichts abstrei­ten läßt und allein eine Besserung in diesen Punk­ten kann auch nur einen Handwerksaufschwung her­beiführen. Was sonst vorgeschlagen wird, sind nur Trugmittel, die im Grunde genommen alles so las­sen, wie es war.

Die Konkurrenz der Fabriken und Großbetriebe läßt sich abwenden, freilich in den meisten Fällen nur auf Grund von Vereinigungen der Handwerks­meister, durch welche wenigstens für einzelne Fabri­kate billigere Produktion durch maschinellen Betrieb oder billigerer Bezug des Rohmaterials ermöglicht wird. Aber nötig wird hier stets eine verstärkte Teilnahme des Publikums sein, es muß entschieden mit dem gar nicht so selten auftauchenden Satze ge­brochen werden, daß man größere Aufträge auch einer größeren Firma übertragen muß. So wird der Großbetrieb immer und ewig das Fett abschö­

pfen und dem Handwerke bleibt trotz aller Anstren­gungen das Nachsehen. Und das Publikum hat doch in so außerordentlich vielen Fällen von dieser Handlungsweise absolut keinen anderen Vorteil, als den, sagen zu können, ich habe dort und dort ge­kauft. Diese Reklame hat wenig Wert, die Haupt­sache ist, daß die Ware gut und preiswert ist. Ge­rade die besser situierten Klassen der Gesellschaft müssen sich dem Handwerk wieder zuwenden, denn es giebt gar keine praktischere Sozialpolitik als die Kräftigung von Handwerker und Bauer. Das sind die breiten Schichten, welche den Wall gegen Um­wälzungen bilden und ihnen muß nicht mit schönen Worten, sondern mit klingendem Gelbe geholfen werden. Daraus ändert sich mit einem Schlage die ganze Stellung des Handwerks.

Es ist leider eine traurige Thatsache, daß das Handwerk die schwersten Wunden durch eigene Ge- werbsg^nossen erhalten hat. Alle Konkurrenz der Großbetriebe hat nicht so viel geschadet, wie die Pfuscherkonkurrenz, die Konkurrenz von Personen, denen es nur um einen augenblicklichen Ertrag zu thun war und die gar nicht berechneten, ob sie dauernd ihre Geschäftsprinzipien würden aufrecht er­halten können. Manchmal haben diese Elemente wohl geglaubt, in der That auf diese Weise ein Geschäft machen zu können, oft genug aber auch war die Triebfeder kleinlicher Neid und häßliche Sucht, dem Kollegen unter allen Umständen etwas abzujagen. Das ist dann wohl gelungen, aber der Schade für die eigene Person ist auch nicht ausge­blieben. Nicht immer, aber meist, waren diese Kon­kurrenten jüngere Leute, denen der richtige Ueber- blick fehlte und die da glaubten, mit hundert Tha- lern die Welt erobern zu können. Es darf und soll ja niemandem die Gelegenheit verwehrt werden, sich selbständig zu machen, aber auf einen regelrechten Betrieb sollte doch gehalten werden. Vor allem aber empfiehlt sich, daß nur der wirklich Meister ist, der wirklich sein Fach gelernt hat. Das Etab­lieren nach unterbrochener Lehrzeit und ein paar Jahren Gehilsenzeit müßte ein Ende nehmen. Gu­tes heraus kommt dabei fast niemals.

Hages-Aeuigkeiten.

Deutsches Reich.

Nagold. Verschönerungsvereins­sache. Dem Beschlüsse der letzten Plenar-Versamm- lung gemäß wurden Heuer 2 neue Anlagen herge­stellt: 1. Die AnlageLuginsland" mit 3 Ruhe­bänken auf der Höhe desSteinberg", 200 Schritte vom Stadtwald Ziegelberg entfernt, in einem For­chenwäldchen neben den dortigen Feldern. Man genießt hier die entzückendste Aussicht nicht bloß auf unsre Stadt, sondern auch in unsre Hauptthäler und über diese hinweg auf ferne Höhen bis in den badischen Schwarzwald. Wer nicht gerne den stei­lem neuhergestellten Fußweg durch den Ziegelberg- Wald hinaufsteigt, besucht diese Anlage in der Weise, daß er auf der Steige nach Vollmaringen auf halber Höhe rechts nach dem Feldweg,Rum­pelsteige" genannt, abschwenkt und hier solange aufsteigt, bis ihn der erste Wegweiser auf einen Fußweg zunächst zu einer Ruhebank und von dort weiter zur AnlageLuginsland" führt. Will man aber zugleich auf dieser Tour eine überraschende Fernsicht auf einen langen Streifen unsrer schwäbi­schen Alb genießen, so steigt man von diesem ersten

Wegweiser auf der Rumpelsteige noch 180 Schritte höher, wo dann ein zweiter Wegweiser uns auf einem zweiten Fußweg zunächst wieder auf eine schattige Ruhebank und von da gleichfalls zur AnlageLug­insland" führt. Von dieser aber führt uns ein neuer Fußweg durch den Stadtwald Ziegelberg an mehre­ren schattigen Ruhebänken vorüber gegenüber von Herrn Fabrikant Sannwald's Fabrik, hinab auf die Thalstraße NagoldJselshausen. 2. Statt des bisherigen schlechten sogenanntenasten Steigs" führr uns jetzt auf die Höhe des Stadtwalds Galgenberg unmittelbar vomPavillon" aus ein neu mit Holztreppchen hergestellter Fußweg mit einer Reihe von Ruhestationen für Leute mit Ätmungsbe- schwerden. Dieser Fußweg mündet dann in einen Ebene und Abhang scheidenden Holz-Abfuhrweg, auf dem man schließlich in einen alten grasigen Fußweg, sodann zu der ferndigen Anlage im Hang des hin­tern Kohlplattenberg, und von dieser über Holztrepp­chen hinab vorwärts zu dem Steg und der Ruhe­bank bei der, vom VolkeJakobsbrunnen" getauften, Waldquelle gelangt. Weiter wurden verschiedene neue Bänke im Galgenberg und Badwald angebracht, und der beliebte, aber bisher schwierig zu findende, Waldweg nach Rohrdorf und Walddsrf durch Wei­sertäfelchen innerhalb des Stadtwalds Buch kenntlich gemacht. Für eine Fortsetzung solcher ein- fachen Täfelchen durch Wald und Feld von Rohr­dorf und Walddorf sorgt vielleicht ein gemeinnützig gesinnter Einwohner von Rohrdorf oder Walddorf. Alle diese Neuschöpfungen des hiesigen Versch.-Ver- eins werden hiemit zahlreicher Benützung, aber auch gelegentlicher Beschützung empfohlen.

Freudenstadt. 3. Juni. Vom 8. bis 10. d. M. soll hier der württ. Brauertag gehalten werden. Zur Teilnahme an allen Festlichkeiten haben sich bis jetzt 80 auswärtige Mitglieder des Brauer­bundes angemeldet. Von seiten der Stadt wird eine Ehrenpforte errichtet.

Stuttgart, 4. Juni. Heute vormittag nahm der König die Parade der Stuttgarter und Lud­wigsburger Garnison (8 Bataillone Infanterie, 3 Cav.-Regimenter, 1 Abteilung Artillerie und Train) auf dem Cannftatter Wasen ab. Später fand auf dem Rosenstein ein militärisches Frühstück statt.

München, 3. Juni. Das Befinden v. Lutz ist besorgniserregend.

Coblenz. 2. Juni. Man schreibt derFr. Ztg.": Eine schlimme Nacht liegt hinter uns, eine Nacht, die mit einem Schlage fast alles in Berg uud Mur vernichtet hat. Kirschen, Nüsse, Bohnen, Gurken und Reben sind erfroren. Die Nachrichten, die heute Morgen hier, aus dem Nassauischen, dem Mosel-, Ahr- und Wiesthale, sowie vom Hunsrücken und der Eifel eingegangen sind, lauten übereinstim­mend sehr betrübend.

Fürst Bismarck auf Besuch. Der Fürst und die Fürstin Bismarck, die beiden Grafen und die Gräfin Wilhelm Bismarck, sowie Geheimrat Bücher und Dr. Chrysander sind Dienstag mittag mittels Extrazuges von Friedrichsruhe in Hamburg ange­kommen, wo sie vom Bürgermeister und Senatoren empfangen wurden. Der Fürst trug die Kürassier- uniform mit dem Stahlhelm. Die Fahrt ging in zehn Tagen durch die jubelnde Menge zum Frei­hafen, der eingehend besichtigt wurde. Darauf fand ein Mittagsmahl bei dem Bürgermeister Petersen statt, auf welchem der Fürst auf gute Nachbarschaft