Der Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
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Samstag 31. Mai
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A m t (i ch e s.
N a g v l d.
An die Ortsfchnlbehörden.
Behufs der Bcrwilligiiug von Staatsbciträgcn zur Unterhaltung von Arbeitsschulen in denjenigen Gemeinden, für welche nach ihrer ökonomischen Lage eine Staalsunterstützung notwendig erscheint, werden die betreffenden Orisschulbchörden aufgcfordert, ihre Jahresberichte unter Benützung der Formulare, welche ihnen im Laufe der nächsten Tage durch die Post zugehen werden,
bis 1. September d. I.
hicher cinznsenden.
Nagold. 27. Mai 1800.
K. gcm. Oberamt i. Sch. l)r. Gugel. Schott.
Schttüehrcrkonfercttz des vorderen Sprengels, irr Schörrbroun, Mittwoch 4. Juni,
Anfang lU /2 Uhr.
t. Gesänge: I. Choral für gemischte Stimmen. 2. Choräle für Männerstimmen, Bühler n. Doller S. 30 31, 3. Mannerchöre, Bühler u. Völker S. II2, l!7.
II. Turnlchrprobc.
III. Thesen: Vergleichung von Pädagogik und Gärtnerei.
IV. Falls Zeit vorhanden: unvorbereitete Lehr- probe (Nainrlehre).
Konf.-Dir. Fi ii ck h.
Die niedere Jnstizdienstprüinng haben u. a. bestanden: Gänszlc, Johannes Hermann, von Walddorf, Karpf, Karl, von Liebcvzcll, Schaible, Eduard, von Höfen, Schaible, Hermann Jakob Christian, von Wildbad.
Tages-NeuigTeiLen.
Deutsches Reich.
** Nagold, 29. Mai. Um manche Kinder, die durch ihre Umgebung der Verwahrlosung anheimfallen könnten, vom Verderben zu retten, sind in Württemberg teils eine Reihe von Rettungsanstalten (es sind derselben über 20), teils in manchen Bezirken Rettnngsvereine gegründet worden. Beide haben das gleiche Ziel, nämlich den genannten Kindern eine gute Erziehung zu verschaffen. In den Rettungsanstaiten werden jüngere und ältere Kinder sowohl ans den Bezirken, in welchen sich eine solche Anstalt befindet, als auch aus anderen Gegenden des Landes ausgenommen und bis zur Konfirmation versorgt. Ihre Einnahmen erhalten sie teils von Kostgeldern der Heimatgemeinden oder Privaten, teils durch freiwillige Natural- und Geldbeiträge. Die Bezirksvereine (auch unserer Bezirk besitzt einen solchen), bringen die zu erziehenden Kinder bis zu ihrer Konfirmation in geordnete Familien. Die Kasse dieser Vereine erhält ihre Einnahmen auch teils durch Kostgelder der Gemeinden, teils durch gütige
Beiträge der Amtskorporcuioncn; hie und da fließen in die Kasse auch Opfer und Privarbeiträgk. Am Pfingstmontag nachmittags von l V» bis 4 Uhr feierte die unserer Stadt am Nächstliegenden Rettungsanstalt Stammheim bei Calw, die schon 63 Jahre besieht und in welcher immer auch ein hiesiges Kind durch eine Stiftung des Dr. Zeller nntergebracht ist, ihr Jahresfest, an dem viele Freunde solcher Anstalten teilnahmen. Die 51 Anstaltskinder zogen fröhlichen Mutes festlich gekleidet der Kirche zu, in welcher die Feier statlsand. Sie wurde eingeleitet durch Pfarrer Bellon von Deckenpfronn, welcher aus seiner Wirksamkeit als Missionar in China und als Inspektor der Taubstummenanstalt in Winnenden interessante Mitteilungen machte. Der Vorstand des Lokalkomitees. Pfarrer Friz, erstattete den Jahresbericht. Im letzten Jahre beherbergte das Rettungshaus 55 Kinder, von denen 8 konfirmiert wurden. Die Einnahmen beliefen sich ans 8,523 die Ausgaben auf 8,405 Der neue Kassier ist Fabrikant Lamparter von Calw. Schulden find gottlob keine vorhanden. Stadtpsarrer Günzler von Neubulach hielt sodann mit den Pfleglingen eine ansprechende Katechese über den Begriff „Vertrauen." Stadtpfarrer Kop p von Stuttgart, ein CalwerKind, erzählte von seinen früheren Festbesuchen, ermahnte die Kinder zur Genügsamkeit und Zufriedenheit und die Erwachsenen zu fernerer Mitwirkung an der Rettnngsarbcit. Zwischen den Reden wurde teils von der Gemeinde, teils von den Kindern gesungen.
— Wenn auch leider die Arbeit an den in Familien oder in Anstalten nntergebrachten verwahrlosten Kindern nicht bei allen gute Früchte trügt — wie wir jüngst ein betrübendes Beispiel erlebt haben — so kann doch von weitaus den meisten dieser Kinder
— wie auch in Stammheim betont wurde — Erfreuliches ans ihrem späteren Leben berichtet werden.
Bösin gen—Bcihingen. (Corresp.) Unter allgemeiner Teilnahme der Gemeinden Bösingen und Bcihingen verließ uns heute H. Pfarrer Hahn, welcher als Inspektor der unter dem Namen „Karlshöhe" begriffenen Anstalten berufen wurde. Der Gemeinderat von Bösingen und Bcihingen gaben ihm das Geleite ans die Bahn, nachdem zuvor auf der „Post" die letzten Abschiedsworte gewechselt wurden. Der Scheidende hat sich in den 12 Jahren seines Wirkens die allseitige Liebe und Achtung nicht bloß durch seine Thätigkeit als Geistlicher, sondern auch durch sein selbstloses Wirken für das leibliche Wohl seiner Gemeinden erworben. In der Gemeinde Bösingen hat er sich durch die neue Kirche ein bleibendes Denkmal gesetzt und durch Gründung einer Darlehenskasse und einer Kleinkinderschule der Gemeinde Wohl gefördert. Aber auch Beihingen hat ihm in Ansehung der Kirche und ihrer Einrichtung vieles zu danken. Die besten Wünsche für das fernere Wohlergehen des H. Inspektors und seiner Familie folgen ihm von seinen Gemeinden nach.
Althengstett, 27. Mai. Gestern feierte der hiesige Liederkranz seine Fahnenweihe. Trotz der ungünstigen Witterung war doch eine große Zahl von Festgästen herbeigeströmt. Vereine waren anwesend aus Altburg, Calw, Dachtel, Deckenpfronn, Gechingen, Hirsau, Liebenzell, Möttlingen, Neuhausen, Ostelsheim (2), Simozheim, Stammheim. Der Ort war sehr hübsch geschmückt und insbesondere reichlich beflaggt. Schultheiß Flik begrüßte die Festgäste in einer Ansprache. Die Festrede hielt Schullehrer Appenzeller. Die neue Fahne wurde überall
als Meisterstück bewundert. Den Schluß des in allen Teilen gelungenen Festes bildete der Festball.
Althengstett, 27. Mai. Als gestern während der Fahnenweihe des hiesigen Liederkranzes die meisten Einwohner sich auf dem Festplatz befanden, wurde bei dem Kassier des hiesigen Darlehenskassenvereins S. eingebrochen und die Kasse mit einem Inhalt von über 500 gestohlen. Die Aufregung in der Gemeinde ist eine große.
Horb, 27. Mai. Im Gasthos zum Ritter dahier fand gestern nachmittag eine von etwa 200 Personen besuchte Versammlung der demokrati- scben Partei des VIII. Wahlkreises statt, in welcher Frhr. v. Münch über den gegen seine Wahl erhobenen Protest sprach und über die bisherige Thätigkeit des neuen Reichstags berichtete. Das von dem Abgeordneten aufgelegte Exemplar der volksparteilichen Massenpetition an den Reichstag behufs Herabsetzung der Militärdienstzeit auf 2 Jahre wurde mit ungefähr 50 Unterschriften bedeckt.
Stuttgart, 26. Mai. Der Pfingstverkehr auf dem hiesigen Bahnhof war geradezu ungeheuer; schon am Samstag wurden hier ca. 24,000 ^ für Personenbillete vereinnahmt, am Sonntag dagegen ca. 31,000 Während die Samstag-Einnahme > diejenige des Pfingstvorabends 1889 nicht erheblich überstieg, betrug die Mehreinnahine des Pfingstsonn- tages gegenüber dem Vorjahr ca. 5000 ^ Im ganzen Lände sind die Verhältnisse ähnlich gestiegen. Die weitaus größere Mehrzahl der Pfingstausflüg« ler gehört den mittleren und unteren Volksschichten an. Diese Zahlen stimmen mit der Behauptung von dem Zurückgang der Lebenshaltung des Volkes nicht überein, sie beweisen das Gegenteil.
Stuttgart, 27. Mai. Am 13., 14. und i5. Juni finden die Feierlichkeiten statt, welche die Studierenden der tierärztlichen Hochschule aus Anlaß der Erhebung der Anstalt zum Range der Hochschule veranstalten.
Stuttgart, 27. Mai. Heute begannen die Verhandlungen des 4. deutschen Neuphilologen-Ta- ges, zu welchem etwa 160 Teilnehmer — darunter Namen von hervorragendem Klang auf dem Gebiete des Unterrichtswesens — aus allen deutschen Gauen nach Stuttgort gekommen sind. Die Aula des K. Polhtechnikums ist der Ort dieser Verhandlungen, die Professor Koller-Stuttgart als Präses des Ortsausschusses mit einer zündenden Ansprache cröffnete. Minister Dr. v. Sarwey begrüßte sodannn die Versammlung namens Sr. Majestät des Königs und der württemb. Unterrichtsverwaltung, Oberbürgermeister Dr. von Hack namens der Stadt Stuttgart und Prof. Weyrauch seitens unserer technischen Hochschule u. s. w. — Allgemeine Beachtung verdient die aus Anlaß des Neuphilologentages vom württembekgischen Verein für neuere Sprachen veranstaltete Ausstellung von Handschriften, Briefen, Bildnissen, seltenen Ausgaben u. s. w. der Dichter Schwabens.
Eine große Panik entstand am Pfingstmontag auf einem mit 500 Personen besetzten Bergnügungs- dampfer, der bei Mainz unterzugchen drohte. In Folge eines Lecks wurden die Kajüten überschwemmt und es gab entsetzliche Angstszenen. Rechtzeitig kam noch Hilfe.
Berlin, 28. Mai. Das Befinden des Kaisers ist auch weiter durchaus zufriedenstellend. Nichts deutet auf eine Komplikation hin. Der Oberstabsarzt Dr. Ernesti, welcher den Kaiser behandelt, hofft, daß der Monarch in Bälde sich des verletzten