Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich 3mal: Dicnsta'g, Donners­tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägerlohn) 80 in dem Bezirk 1 außerhalb des Bezirks 1 20 Monats­

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Donnerstag 8. Mai

Jnsertionsgebülir sür die Ispaltige >jeile aus ge­

wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 bei mehrmaliger je 6 -rl. Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aus- gegeben sein.

18S«.

A mLliche s.

Nagold.

An die Ortsvorsteher,

betreffend Aufzeichnungen über Hagelwetter.

Den Octsvorstehern geht mit der heutigen Post je ein Formular sür die Aufzeichnung Vvu Hagelfällen zu.

Für den Fall, daß ein Hagelwetter auf der einzelnen Gemeindemarknng oorkommt, m dieses Formular in der angedcuteten Weise nnszufülle» und an die

K. meteorologische Centralstation in Stuttgart einzusenden.

Fehlanzeigen sind nicht zu erstatten.

' Den 6. Mai 1890.

K. Oberamt. vr. Gugel.

" Nagold.

An die Ortsvorsteher,

betreffend die Kosten des Schneebahnens.

Soweit im letztvergangenen Winter durch das Schnecbahncn auf den Staatsstraßen oder auf den Nachbarschaftsstraßen mit Postwagcnverkehr Kosten von Bedeutung cnlstanden sind und hiezu um einen Staatsbeitrag nachgciucht werden will, sind die vor- geschriebeneu Liquidationen hierüber längstens bis 20. Mai d. I. hiehcr vorznlcgcn.

Formularicn für die diesbezüglichen Liquida­tionen können vom Odcramt bezogen werden.

Wenn eine Liquidation Seitens der einzelnen Gemeinde bis zum genannten Termin nicht cinkommt, wird angenommen, daß Kosten der vorbezeichncten Art nicht erwachsen sind.

Den 6. Mai 1890.

K. Oberamt . Di. Gugel .

Nagold.

Bekanntmachung.

Nach Mitteilung K. Oberamts Horb ist in mehreren Gehöften in Baisingen die Maul- und. Klauenseuche ausgebrochen.

Den 5. Mai 1890.

K. Oberamt. Amkm. Marquart.

Bei der in Tübingen vorgenommenen mathematisch-natur­wissenschaftlichen Vorprüfung der Kandidaten des Forstdienstes istu.aifür befähigt erkannt worden: P. Me z g er vonWildberg.

Was der 1. Mai lehrt!

Alle Stimmen sagen gleichmäßig, daß die ge­plante Demonstration am 1. Mai für Deutschland wenigstens völlig mißglückt ist. Der radikale Teil der Arbeiter hat eingesehen, daß die Zahl seiner Gesinnungsgenossen verhältnismäßig gering ist, daß eine Aufforderung zu einem planlosen Uebermutsakt im deutschen Reiche auf einen bedeutsamen Erfolg nicht rechnen kann. Aber es würde sehr falsch ge­handelt sein, wenn man nun die ganze Arbeiterfrage mit dieser Schlappe der radikalen Richtung abgethan glaubte, diese Angelegenheit in Zukunft außer Acht ließe oder einseitig behandelte. Nicht Uebermut thut nach einem Siege gut, sondern doppelte Ruhe, zu­mal hier von einer Vernichtung des Gegners nicht die Rede sein kann. Die Berliner Direktion für die Maifeier teilt schon mit, daß das nächste Jahr eine neue Mai-Demonstration bringen wird, und diese kann anders ausfallen, als die jetzige, wenn eine verkehrte Sozialpolitik eingeschlagen wird, welche die Unzufriedenheit vermehrt. Der 1. Mai hat viel gelehrt! Deutschland war der einzige große Indu­

striestaat, in welchem keinerlei militärische Maßnah­men getroffen waren, auch in Berlin nicht; der Kaiser hielt es nicht einmal für nötig, an diesem kritischen Tage in der Rcichshauptstadt anwesend zu sein. Und trotz dieser Unterlassungen blieb die Ruhe im ganzen ungestört; wir sehen, die größten Krakeh- ler haben nicht immer die schlagfertigsten Hände, es besteht in Deutschland keine Neigung zu Gewalttha- ten und die ängstlichen Befürchtungen einer sozialen Revolution und anderer Schreckensgescbichten sind einfache Täuschungen. Ein hitziger Feind, wie die radikale Arbeiterpartei, gebraucht zu ihrer-Existenz stürmische Angriffe und selbst im Berliner Schlosse sagt man heute sehr offen, daß die beste Förderung dieser Strömung die gar zu große Beachtung ge­wesen sei, welche man ihr geschenkt habe. Kalt Blut, Entziehung alles Agitationsstoffes und die Sache wird auch fanatischen Anhängern dieser Richtung langweilig werden. Wir glauben, wir werden noch im Laufe dieses Jahres eine gründliche Klarstellung unserer wirtschaftlichen Verhältnisse erfahren und die ist nötig. In Folge der Arbeitsstockungen und Streiks ist auf verschiedenen gewerblichen Gebieten bald eine sehr starke Nachfrage, bald ein übergroßes Angebot hervorgetreten. Hinzukommt, daß das Geld teurer geworden ist, manche nötige Lebensmittel und

tiefer berührenden sozialen Tagesfrage leisten zu können. Ende April d. I. hat sich, infolge eines Arbeitergesuchs ln einer Zeitung, eine Partie hiesiger Holzmacher mit einer, die Hausmutterstelle in der ihr auf Os Jahr zugennesenen einsamen Waldwoh­nung vertretenden, älteren Witwe von hier zu einer Arbeitergesellschaft verbunden, um im Auftrag einer Holzhandlung und Papierstoff-Fabrik in Kehl a. R. einen Privatwald in Elsaß-Lothringen (Vogesen) abznholzen. Diese Gffellschaft hat sich nun gerade auch am Abend des 1. Mai im Gasthof zumLamm" hier versammelt, -um ihren Abschied von Haus und Hof, von Weib und Kind und von ihren bisherigen Arbeitgebern zu feiern, weshalb auch unser Herr Stadtpfleger, mehrere Gemeinderäte, das städtische Forstpersonal und die meisten übrigen Holzmacher sich dabei eingefunden haben und Zeugen sein durf­ten von dem guten Geiste, der diese Waldzugvögel am Vorabend ihrer Wanderschaft beseelte. Freilich mag sich manchem Mißtrauischen unter uns sofort die Frage auforängen: was treibt denn aber diese Leute überhaupt von hier fort, wo es doch auch zumal voraussichtlich Heuer an Arbeitsverdienst nicht fehlen wird? Ist es etwa die uns Schwaben vor andern Deutschen angeborene Wanderlust? Oder ist es Uebepmutnach dem alten Sprüchwort :Wenn

Gebrauchsartikel aber nicht billiger geworden sind^M'FWffe'Mktzn in gutem Futter steht, so scharrt

Das waren alles unnatürliche Verhältnisse und da­rum muß sich erst klarstellen, wie wirklich Nachfrage und Bedarf ist, wie heute vor allen Dingen die Kaufkraft des Publikums beschaffen ist; denn fehlt die letztere, so nimmt naturgemäß die gewerbliche Produktion ab, besonders da in den letzten Jahren verschiedentlich eine recht starke Ueberproduktion statt­gefunden hatte. Unter diesen Verhältnissen ist jetzt nach dem 1. Mai Unternehmern, wie Arbeitern erst recht Ruhe anzuraten. Es ist ja sehr leicht möglich, daß die Krisis überstanden ist, eine Verbilligung der Existeuzmittel Platz greift und dann wird sich in allem Frieden manches von selbst ordnen, über welches viele unnütze Worte verloren sind. Der 1. Mai war ein Warntag nach allen Seiten hin, die Arbeiter können sich aus dem Verlauf beherzigens­werte Lehren entnehmen, die Reichsregierung wird daraus erkennen, daß kaltblütige Ruhe und sichere Energie genügen, um alle rollen Geschichten zu ver­hindern, wenn nur berechtigten Wünschen des be­sonnenen Teils der Bevölkerung Gewähr gethan wird und endlich sehen die Arbeitgeber, daß denn doch manches lange nicht so schlimm ist, wie es in den Tagen des Kampfes aussah. Das Kriegsbeil ist nicht begraben, es ruht. Eine kluge Handlungs­weise wird recht gut den jetzigen Zustand verlängern können, bis wir einmal wirklich Frieden haben.

Tages'Neuigketten.

Deutsches Reich.

Nagold. Auch eine Arbeiterfeier vom 1. Mai. *) Einsender dieses war kürzlich Zeuge einer Arbeiterversammlung in Nagold. Mit einem öffentlichen Berichte darüber hofft er zugleich seiner­seits einen kleinen patriotischen Beitrag zur Erkennt­nis und Lösung der uns Alle immer näher und

*) Auf befondern Wunsch des Verfassers dieses Arti­kels gestatten wir solchem in seinem ganzen Umfange Auf­nahme, obwohl wir beispielsweise mit manchen Kirchcnbesuchern darin einig gehen, daß die langen Predigten nicht immer die erbaulichsten Und lehrreichsten sind. ' Red.

sie nach besserem?" Oder sind am Ende auch diese Holzmacher schon angesteckt von der bereits alle sogmanntengebildeten" Völker beherrschenden so­zialenInfluenza" deren Diagnose lautet: bei mög­lichst wenig Arbeit, nach Bedarf auch auf Kosten Anderer, in der kurzen Spanne dieses Erdenlebens möglichst viele sinnliche Genüsse zu erhaschen? Keine dieser Vermutungen dürfte bei diesen Leuten zutreffen. Von dem Uebermut, statt gut es noch besser haben zu wollen, kuriert sie die alljährliche Erfahrung, daß sie bisher vom Mai bis November (bis zum Beginn der Holzhiebe) wochenlang keinen genügenden Ver­dienst fanden. Auf die Frage aber: wie sie sich zu der (von den Bergwerks- und andern gesundheits­gefährlichen Arbeiten abgesehen) unvernüftigen, un­verschämten, unserem ganzen Nationalwohlstand und dem Arbeiterstand selbst am meisten verderblichen Forderung unserer sozialdemokratischen Narren, Fau­lenzer und Zechbrüder stellen: künftig blos noch 8 Stunden zu arbeiten, weitere 8 oder wohl meist 10 Stunden lang aber nicht etwa zu Hause bei Weib und Kind, sondern meist bei wüsten, die höher» Löhne wieder auszehrenden Zechgelagen, oder mit deni Lesen Aufruhr und Abfall von der Religion predigender geheimer Zeitungen und Bücher, sich zu erholen" und zuzerstreuen", auf diese Frage gaben diese Leute einstimmig und sichtlich aufrichtig die Antwort:Wir sind froh, wenn wir däs ganze Jahr, im Winter 10, im Sommer 12 Stunden Arbeit und Verdienst im Walde bekommen." So ist es denn in der That lediglich die sichere Aussicht, durch diese Akkordsarbeit im Elsaß voraussichtlich auf 3 Jahre, je im Sommer und Herbst, auf Grund des von ihrem bisherigen Arbeitsvorgesetzten für sie abge­schlossenen Lohnsvertrags ein für sie und ihre Fa­milien ausreichendes Einkommen zu erzielen, was diese Leute in die Fremde lockte. Weiter hielt es aber der Verfasser ihres Lohnsvertrags für nötig, mittelst eines von ihnen Unterzeichneten Gesellschafts- Vertrags diese den Augen ihrer Mitbürger entrückte Kolonie in bestimmte.Schranken einzuweisen. In diesem 'Vertrage versprechen sie, ihrer Heimath auch