Das Präsidium von Sachsens Militärvereins­bund hat an seine Vereine eine längere Ansprache erlassen. Es wird darin mit Entschiedenheit betont, wie jede direkte oder auch nur indirekte Unterstützung sozialdemokratischer Bestrebungen mit der Zugehörigkeit zn einem Militärverein schlechterdings unvereinbar sei. Für solche Männer gäbe es keinen Raum in dem Bunde. Den einzelnen Militärvereinen wird darum zur Pflicht gemacht, alle derartigen Elemente rücksichtslos aus ihrer Mitte zu entfernen.Wer nicht für uns ist, ist wider uns!" Das müsse stets das Losungswort der Bundesmitglieder sein. Wer damit nicht einverstanden sei, thäte am besten, aus dem betreffenden Verein freiwillig auszutreten, um nicht später ausgestoßen zu werden.

Straßburg, 24. April. Der Kaiser traf in der vergangenen Nacht 1 Uhr in Hagenau ein und wurde am Bahnhof vom Statthalter Fürsten Hohenlohe mit Gefolge empfangen. ;S. Majestät trat sogleich die Fahrt nach Forsthaus Eberbach an. Da das Wetter stürmisch und regnerisch war, war die Auerhahnjagd vollkommen aussichtslos. Die Rückkehr nach Hagenau erfolgte vor 6 Uhr. Der Kaiser durchfuhr die festlich geschmückte Stadt. Er frühstückte während der Fahrt nach Straßburg mit seinem Gefolge im kaiserlichen Salonwagen. Die Ankunft in Straßburg erfolgte eine halbe Stunde vor der festgesetzten Zeit. Da der offizielle Em­pfang ausdrücklich verbeten war, waren nur der Bürgermeister und der Polizeidirektor am Bahnhof anwesend. Der Kaiser begab sich im offenen Wagen durch die reich beflaggte Stadt in den Kaiserpalast, wo der Großherzog von Baden bereits eingetroffen war. Die Truppen marschieren zu einer größeren Gefechtsübung aus, die nachmittags wahrscheinlich nördlich von Straßburg zwilchen der hiesigen und der Hagenauer Garnison stattfindet. Auf 8 Uhr abends ist Diner beim Statthalter von 40 Gedecken angesagt, zu welchem die Spitzen der Behörden ge­laden sind. Um 9 Uhr findet ein Ständchen des Männcrgesangvereins statt.

Straßburg, 24. April. Der Kaiser be­grüßte morgens im Kaiserpalaste die dort versam­melten Generale. Nachmittags soll ein größeres Manöver stattfindcn. Die Garnisonen von Zabern, Pfalzburg und Saarburg sind in der Frühe mittels Bahn in der Nähe von Straßburg abgerückt. Wegen anhaltenden Regens wurde die Gefechts­übung abbestellt. Die ausgerücktcn Truppen marschierten in ihre Quartiere zurück. Dagegen fand nachmittags 4 Uhr. nachdem das Wetter sich anfgehellt hatte, Parade der gesamten Garnison von Straßburg und Kehl statt. Nach Beendigung derselben hielt der Kaiser seinen Einzug durch das Kronen­burger Thor an der Spitze der Fahnenkvmpagnie des 143. Regiments. Nur langsam konnte er die Straßen passieren wegen des dichten Gedränges der Menge, die den Monarchen mit endlosem Jubel be­grüßte. Vor dem Kaiserpalaste erwarteten Tausende die Ankunft des Kaisers, der mit brausenden Hoch­rufen begrüßt wurde. Um 8 Uhr findet Diner beim Statthalter 'statt. Bei der Festtafel beim kaiserlichen Statthalter wurden Trinksprüche nicht ausgebracht. Ter Kaiser, in strahlender Laune, unterhielt sich aufs angeregteste mit dem Großherzog, der Fürstin und dem kaiserlichen Statthalter. Gegen Ende des Mahles tönten die herrlichen Kläugc des Ständ­chens in den Saal, welches der Männcrgesangverein dem Kaiser darbrachte. Um Uhr wurde die

Tafel aufgehoben.

Der Kaiser hat noch vor feiner Abreise nach Bremen den Gesetzentwurf, betr. die Verwendung des preuß. Spcrrgeldcrfonds genehmigt und mit seiner Unterschritt versehen. Derselbe beruht auf der Vor­aussetzung, daß nicht das Kapital von annähernd 10 Mill. sreigegeben wird, sondern daß die Zinsen aus diesem Kapital, das in der Verwaltung des Staats bleibt, für katholische kirchliche Zwecke alljährlich u verwenden und dementsprechend in den Staatshaushalt einzustcllen ,siM. Die Verwendung für die einzelnen Diözesen wird seitens dek Negie­rung nach Maßgabe der auf die. einzelnen Diözesen fallenden gesperrten Fcwds im Einverständnis mit der Tiözcsanvcrwaltung erfolgen. Dieser Entwurf wird als Beweis angesehen dafür, daß die Regierung nicht gewillt -st, mit Windthorst gemeinsame Sache zu wachen. n. sich die etwaige Unterstützung des Zentrnmschhrers im Reichstage und im preuß. Larr-:e>gi im ick Zug-nändnisse an die weitgehenden

Forderungen der ultramontan welfischen Politik zu erkaufen.

Berlin, 23. April. Der Aufruf zur Errich­tung eines Bismarck-Denkmals findet begeisterten Widerhall. Beiträge bis zu 10 000 ^ sind schon eingelaufen; Hunderte von Lokalkomites bilden sich im In- und Auslande.

Die acht Feldgeschütze, welche der Kaiser für die ostafrikanische Kolonialtruppen aus eigenen Mitteln angekauft hat, sollen bei erster Gelegenheit verschifft werden. Der Kaiser benachrichtigte den Reichskommis­sar Wißmann hievon.

Im Berliner Baugewerbe, so schreibt ein dor­tiger Maurermeister, klagt man jetzt, also in derjenigen Zeit, in welcher sonst in der Regel die größte Nach­frage nach Arbeitskräften besteht, allgemein über Ar­beitsmangel; eine große Zahl von Bauarbeiter ist noch ohne Beschäftigung, das Angebot der Arbeits­kräfte übersteigt bedeutend die Nachfrage. Das ist für die Arbeiter eine schlimme Sache, aber es ist dies nur eine Folge derjenigen Schritte, welche die Bauarbeiter im Jahre 1889 und selbst bis jetzt ge- than haben. Sie haben durch ihre wachsenden For­derungen nach Herabsetzung der Arbeitszeit, Erhöh­ung der Löhne, Beseitigung der Akkordarbeit, gleiche Löhne für Fähige und Unfähige, Arbeitseinstellung während der besten Jahreszeit eine Unsicherheit ge­schaffen, die ein Gedeihen des nährenden Baues un­möglich machen.

Nach einem Erlaß des preußischen Eisenbahn­ministers von Maybach sollen alle am 1. Mai feiernden Arbeiter der Staatsbahnen und staatlichen Werkstätten sofort für immer entlassen werden. Auch in Aachen und Chemnitz haben, wie in so vie­len deutschen Großstädten die Großindustriellen ähn­liche Beschlüsse gefaßt.

Die Gehaltserhöhung für die unteren und mitt­leren Reichs-Post-Telegrapheubeamten, welche dem Reichstage in seiner nächsten Session vorgeschlagen werden wird, beträgt annähernd 12 Millionen Mark. Die Vorlage wird, ebenso, wie die neue Militärvor­lage, dem Reichstage sofort bei seinem Zusammen­tritt zugehen.

Anfang Mai wird in Potsdam ein kurzer Privatbesuch des österreichischen Kaisers erwartet. Besuche unseres Kaisers in Altenburg und Königs­berg sind jetzt für die erste Hälfte des Mai angesagt worden. Festlichkeiten werden dort vorbereitet.

Die sozialdemokratischen Parteiführer wollen, wenn das Sozialistengesetz wirklich erlöschen sollte, sofort auf deutschem Boden einen Kongreß abhalten, auf dem allgemeine Rechenschaft über die Thätigkeit im Reichstage während des Sozialistengesetzes ab­gelegt werden soll.

Wilhelmshaven, 23. April. Prinz Hein­rich ist zum Contreadmiral, Gcschwaderchef H o l- mann zum Biceadmiral ernannt.

Schweiz.

Schlechtes Rckrutcnmaterial scheint die Schweiz zu haben. Von 29 029 Rekruten, welche im Herbst !889 untersucht wurden, mußten, wie aus Bern ge­meldet wird, 13 857, d. i. 47,7 pCt., für untauglich erklärt oder zurückgcstellt werden. Am schlechtesten liegen die Verhältnisse in den Kantonen Basel, Nar- gau, Freiburg, Appenzell und Schwyz.

Q e ft e r r e i ch - U u ga r u.

Wien, 25. April. Unter den hiesigen ca. 3000 Gasarbeitern verbreitet sich eine Streikbewe­gung Dieselben fordern achtstündige Arbeitszeit und 5(<o v Lohnerhöhung, beschlossen jedoch, die Ar­beit noch nicht einznstellen. Auch die Geyilfcn der Fleifchselcher, Hufschmiede und Wagenschmicde beab­sichtigen zu streiken.

Fulnek, 25. April. Die Fabrikanten lehn­ten die Forderungen der Arbeiter betreffend achlüün- dige Arbeitszeit, siebzigprozentige Lohnerhöhung und Abschaffung der Frauenarbeit ab. Die Arbeiter müssen morgen erklären, ob sie unter den bisherigen Bedingungen Weiterarbeiten; wer künftigen Montag die Arbeit nicht anfnimmt, wird als entlassen betrachtet. Frankreich.

Die armen Boulang islen! Aus Paris wird uns geschrieben: Wie die Presse missen will, geben die bevorstehenden Gemcindewahlen den Bou- langisten-Führern so viel zu thun, daß sie nicht ein­mal die Zeit haben, ordentlich zu dinieren. Mer- meix berichtet über dieses Heldentum seiner Partei­genossen: Er begegnet Laguerre auf der Redaktion des Blattes und fragt ihn:Wo dinieren Sie, lie­

ber Freund?" - Antwort:Ich diniere nicht oder wenigstens so rasch, daß es nicht lohnt, davon zu sprechen. Ichmache" heute Abend vier Versamm­lungen. Dann begegnet Mermeix seinen! Kolle­gen Naqnet.Wo dinieren Sie?" Weiß nicht. Ichmache" drei Versammlungen. Auch Törou- lede, mit dem Mermeix auf der Redaktion des Drapeau" zusammenkommt, kann nicht dinieren: Vier Versammlungen. Auf seiner Suche packt Mer­meix den Abg. Jourde am Arm:Sie behalte ich; wir essen zusammen.Kann nicht. Ich muß nach Tülle fahren, um unseren wackeren invalidier­ten Freund Bacher zu unterstützen."

Italien.

Laut einer nach Rom gelangten Berliner Mel­dung wird Fürstbischof Kopp, welcher in diesen Tagen in Rom eintreffen wird, um dem Papst die Resultate der Berliner Conferenz zu unterbreiten, in nächster Zeit den Purpur erhalten, und zwar auf den ausgesprochenen Wunsch der preußischen Regierung.

Holland.

Arbeiteraufrufe in Holland. Mir Ge­nehmigung der Polizei werden im ganzen Lande große Plakate verbreitet, in denen die Arbeiter 8 Stunden Arbeit, 8 Stunden Ruhepause, 8 Stunden Schlaf täglich verlangen. (Sonst nichts mehr?)

Engl and.

London, 24. April. Sichere Anzeichen las­sen darauf schließen, daß die Arbeiterbewegnng für die Feier des 1. Mai von hier ans geleitet wird.

London, 26. April. Eine Timesmeldung aus Sansibar vom 25. April zufolge brach Emm mit fünf deutschen Offizieren, einer starken Abteilung nubischer Soldaten und etwa 600 Lastträgern von Bagamoyo nach dem Innern aus.

Das englische Parlament hat ein Gesetz ange­nommen, nach welchem fortan in Irland alle Wirts­häuser an Sonntagen geschlossen sein sollen. Sonn­abend abends hat die Schließung um 9 llhr zu erfolgen.

Serbien.

Exkönig Milan von Serbien, der zur Zeit in Paris weilt, gibt feiner Umgebung Anlaß zu lebhafter Besorgnis hinsichtlich seines geistigen Zustandes. Die Excentricitaten des Exkönigs wer­den geradezu zum Skandal. Am Dienstag Abend hat sich Milan in Gegenwart zweier Damen auf offener Straße derartig betragen, daß die Polizei hat einschreiten müssen. Nur seinem Range hatte er es zu verdanken, daß er wieder feeigelassen wurde.

Amerika.

Die provisorische Regierung von Brasilien hat in ihrem Gebiete den Adel und sämtliche Orden aufgehoben. Bestehen bleiben nur die unter dem Kaiserreiche verliehenen Ehrentitel und Ordensaus- zcichunngen.

Australien.

Melbourne, 22. April. Der 34. Jahrestag der Achtstunden-Bewegung wurde gestern hier durch eine große Arbeiterkundgebung gefeiert. 8000 Hand­werker hielten mit Bannern und klingendem Spiel einen Umzug durch die Stadt.

Kleinere Mitteilungen.

In Berlin warf bei einer Rauferei die Ar­beiterfrau Jezack ihre Schwiegermutter, die 62jährige Witwe Orpila, die Treppe hinunter, die alte Frau blieb auf der Stelle tot.

Dcutschkrone, 24. April. Von der Treue eines Hundes berichtet die hief. Zeitung: Am 2. Febr. d. I. verstarb Hierselbst der kgl. Konnnissions- rat Hr. Hirsekorn. Seitdem er beerdigt ist, geht sein Hund alle Tage auf den Friedhof, setzt sich an dem Grabe seines Herrn nieder, fortwährend mit ge­beugtem Kopfe auf das Grab sehend, und verläßt es erst, wenn ihn anscheinend der Hunger treibt.

D " I als das vorzüglichste und beliebteste

Hl Mittel zur Lösung des Schleimes gel­ten Fay's ächte Sodener Mineral-Pastillen, ge­wonnen ans den Salze» der znr Kur gebrauchten berühmten Elemciiidc-Sucllen Nro. III Mid XVIII. Die Pastillen, welche man einfach im Munde langsam zergehen lägt, lockern den Schleim nnd bewirken eine auherordciillich leichte Expcc- loration. In sehr veralteten Fällen pflegt man sie (3- 5 StO aufgelöst in Heister Milch zu nehmen, und kann des sichersten Erfolges gcwist sein. Erhältlich in Nagold bei H. Lang, Konditor nnd in allen Apotheke» und Droguen a 85 -v die Schachtel.

Verantwortlicher Redakteur Lteknrvandet in DagotV.

Druck und Verlag der W. Aakfer'schen Buchhandlung in Aagold.