Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Dienstag 22. April

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Amtliches.

Nagold.

An die Ortsvorsteher,

betreffend die Unterhaltung der Bezirksstraßen.

Da neuerdings Seitens verschiedener 'Llraßen- wärter aus Anlaß der Bestellung der Frühjahrssaat Urlaubsgesuche gestellt worden sind, werden die Ortsvorsteher beauftragt, die Straßenwärter in ihren Gemeinden darauf hinzvweisen, daß nur in ganz dringenden Fällen Urlaubsgesuche berücksichtigt wer­den und daß mit aller Sorgfalt darauf Bedacht zu nehmen ist, daß den Bczu ksstraßen jeweilig die volle Arbeitszeit der Straßenwärter zugewendet wird.

Borzunehmende Feldgeschäste können als Ur- laubsgrund in der Regel keine Berücksichtigung finden.

Derjenige Wärter, welcher sich, ohne Urlaub erhalte» zu haben, den Straßenarbeiten entzieht, hat event. alsbaldige Entlassung zu gewärtigen.

Den 2l. April 1890.

K. Oberamt. vr. Gugel.

Gestorben: Den 19. April: In Lültringhausen (Rheinprovinz) Lehrer Friedrich Bischofs ans Nagold, 55 Jahre alt.

Tages NerrLgketterr.

Deutsches Reich.

** Nagold, 21. April. Mit dem Erwachen der Pflanzennatur in gegenwärtiger schöner Früh­lingszeit regt sich auch die in langem Winterschlafs gelegene Tierwelt. Auch die ungiftigen und giftigen Schlangen kommen wieder zum Vorschein. Als Be­weis dafür dient, daß gestern von Schullehrer Den- kinger in Enzthal-Enzklösterle eine schwarze Otter, die ein Holzhacker im Wald erlegte, hiehergesandt wurde. Es ist diese Giftschlange das weibliche Ge­schlecht der bekannten Kreuzotter (Vixora Laras). Leider konnte das eingesandte Exemplar nicht im Weingeist aufbewahrt werden, weil es zu sehr be­schädigt war. Die Abbildung dieser Schlange findet sich unter den in allen Schulen angeschafften Bil­dertafeln:Die für die Landwirtschaft nützlichen und schädlichen Tiere."

Tübingen, 17. April. Wie derSt.-Anz." meldet, hat S. M. der König die Stelle eines Ge­neralsuperintendenten in Heilbronn und zumaligen Frühpredtgers daselbst Hrn. Dekan Sandberger hier übertragen.

Stuttgart, 15. April. Die vereinigten Schlos­sermeister Stuttgarts zeigen durch Inserate an, daß sie durch die Erhöhung des Lohnes der Arbeiter und die bedeutend gesteigerten Preise der Rohma­terialien gezwungen seien, vom 1. April d. I. ab ebenfalls eine Erhöhung in ihren Preisen eintreten zu lassen. Die Arbeitszeit ist in der Weise geregelt, oaß im Sommer von morgens halb 7 Uhr bis abends 6 Uhr, im Winter von morgens 7 Uhr bis abends halb 7 Uhr gearbeitet wird.

Stuttgart, 16. April. Eine besonders sympathische

Aufnahme ist dem den Ständen vorgelegten Gesetzentwurf betreffend Aenderungen des Gesetzes vom 19. September 1852 über die Steuer von Kapital-, Renten-, Dienst- und Reichseinkommen seitens des Publikums nicht zu Teil gewor­den. Die Regierung hat die Vorlage aber vom fiscalischen Standpunkt als eine Notwendigkeit erachtet, denn durch die vielbcrufene Entscheidung des Reichsgerichts in einer würt- tembergischen E bschaftssache, wobei es sich um Defraudatio­nen des Erblassers handelte und wonach der Art. 11 des Gesetzes von 1852 nicht als eine selbständige strafrechtliche Verantwortlichkeit der Erben ausgelegt, sondern ausgesprochen wurd , derselbe bezeichne denVerstorbenen" a s Schuldigen, denn die Strafe richte sich nur gegen diesen bezw. seinen Nachlaß, ist ein förmlicher Notstand für untere Steuerkassc entstanden. Die neue Vorlage will dieser Calamität nun abhelfen, .indem sie 1) die Erben verpflichtet, auf 3 Jahre zurück die Fassionen des Erblassers zu prüfen und zutreffen­denfalls das von dem Erblasser nicht oder zu wenig ange­gebene Einkommen nachträglich anzumelden; 2) sie, wcmx sie diese Vervflichtung nicht erfüllen, in eine empfindliche Geldstrafe nimmt und sie 3) noch außerdem verpflichtet, das Dreifache der vom Erblasser nicht entrichteten Stcuerbeträge zu bezahlen. Die Kammer trat heute in dje Generaldiscus- fion über diese Vorlage ein, die auch hier wie im Publikum manche Gegner hat. Insbesondere waren cs die Abgg. Gröber, Hauhmann, Ebner und Hang, welche die Schärfen der Vorlage, deren Verteidigung man sich am Re- gierungsttsch natürlich emsig angelegen sein ließ, einer herben Kriiik unterzogen. Bei der Spezialberatung wird jedenfalls noch manche Schärfe abgemildert werden und bis zu einem gewissen Grade zielen auch schon die Commissionsanträge dahin ab.

Stuttgart, 17. April. Die gestrige Generaldebatte über die Abänderung des Steuergesetzes von 1852 hat, wie bereits gemeldet, aus der Mitte des hohen Hauses gegentei­lige Meinungen gegenüber dem Regiernngsentwurf und auch den Commissionsanträgen hervorgerufen. Nicht, daß nicht angesichts der bekannten reichsgerichtlichen Entscheidung eine Aenderung unseres Stcuergesetzes als notwendig anerkannt wurde, denn auch diejenigen, welche sonst nickt gerade auf Seiten der Regie ung stehen, sind einig darin, daß es nach jener vielbesprochenen Entscheidung sich nicht allein um die Wahrung fiscalischer Interessen, sondern geradezu um die Aufrechterhaltung der Autorität des Staates gegenüber ge­wissenlosen Steuerdefraudantcn handelt. Nur über das Wie bestehen Meinungsverschiedenheiten. Dem Publikum und auch der Kammermajorität sind die Vorschläge, wie man Er­ben, die auch ihrerseits durch Nichtanzeige die Steuerdefrau­dationen eines Erblassers vertuschen wollen, zu scharf. Die­ser Empfindung ist ein heute von den Abgg. Untersee, Hauß- mann und Ebner Angebrachter Antrag entsprungen, welcher die rigorosen Maßnahmen, welche die Regierungsvorlage auch gegenüber den gewissenhaften Erben eines gewissenlosen Erblassers eingeschlagen wissen will, abstcllcn möchte. Im übrigen erhält der Antrag den mit Bewußtsein defraudieren- den Erben gegenüber eine hohe Strafe aufrecht, will aber be­stimmen, daß Pfleger für unrichtige Angaben der Hinterlas­senschaften nur in Controlstrafen genommen werden können rc. rc. Die Tragweite des Antrages erschien allgemein als zu bedeutend, als daß man sich entschließen konnte, ihn schon heute in Beratung zu ziehen. Man verwies ihn an die Commission zur Vorberatung und wir werden bei seiner Be­ratung im Plenum darauf zurückkommen.

Stuttgart, 18. April. Justizminister v. Fa­bel soll erklärt haben, er wolle in den Ruhestand treten. Oberlandesgerichts-Präsident Kohlhaas und Kammerpräsident Hohl werden schon als eventuelle Nachfolger v. Faber's genannt.

Äürttembergische Landes-Ausstellung. Infolge Anregung des Königs von Württemberg fand im Wilhelmspalais in Stuttgart am 18. ds. unter dem Vorsitz des Prinzen Wilhelm eine Bera­tung über die Frage der Wiederabhaltung einer Württembergischen Landes-Gewerbe-Ausstellung statt. Man beschloß, die Veranstaltung einer solchen Aus­stellung mit der Eröffnung des neuen Landes-Ge- werbemuseums, das im Bau begriffen ist, in Aus­sicht zu nehmen. Der Verhandlung wohnten der Minister des Innern, die Vorstände sämtlicher Han­dels- und Gewerbekammern des Landes und der Rcichstagsabgeordnete Siegle bei.

Stuttgart. Die Hundesteuererhöhung hat einen großen Einfluß auf die Zahl der versteuerten Hunde ausgeübt. Während am I. April 1889 es deren 4483 waren, ist die Gesamtzahl auf 3365 zurückge­gangen. Es wurden demnach 1118 Hunde abae- schafft.

DieFranks. Ztg." meldet aus Rom: Crispi erklärte Bonghi gegenüber, die Ausweisung gelte nicht den Journalisten im Allgemeinen, sondern den die Rechte der Gastfreundschaft verletzenden Fremden.

DieFrkf. Ztg." meldet aus Straßburg: Im Kaiserpal aste werden Vorbereitungen getroffen für die eventuelle Herkunft des Kaisers am 23. April.

Münster, 16. April. In der hiesigen jüdi­schen Gemeinde herrschen, laut derRh.-W. Ztg.", Bestrebungen, den Samstag als Feiertag in Zukunft auf den Sonntag zu verlegen. Gerade die einfluß­reichsten und gebildeten Kreise der Juden erstreben dieses Ziel, während der orthodoxe Teil die Feier am Samstag beibehalten wissen will.

Berlin, 18. April. Der Kaiser reist nach Bremen am 20. April Abends II Uhr ab. Bon Wilhelmshaven reist der Kaiser am 23. April nach dem Elsaß, von da nach Darmstadt, dann nack Eisenach Der Verkehr des Kaisers mit dem Gra­fen Waldersee war überaus herzlich. Waldersees italienische Reise war keine Vergnügungsreise.

Der Kaiser hat dem Generalobersten v. Pape am Donnerstag zu dessen 60jährigem Dienstjubi­läum sein von Max Koner gemaltes Brustbild, sowie Kette und Kreuz der Großkomthure des Hohenzol- lernschen Hausordes überreichen lassen. Um 9 Uhr mor­gens ist der Kaiser selbst in der Villa des Jubilars erschienen, um demselben mündlich seine Glückwünsche darzubringen.

Nach derPost" trifft die Königin von Eng­land am 24., der Kaiser am 25. April in Darmstadt ein, wohin er vom Elsaß aus reist. Größere Hof­feste finden nicht statt. Für Oktober meldet Prinz Heinrich den Besuch des Kaisers in Lissabon und Madrid an.

Berlin, 15. April. Ein charakteristisches Wort des Fürsten Bismarck wird englischen Blättern in einem Privatbriefe aus Hamburg mitgetcilt. Bei dem Fackelzuge bemerkte einer der Teilnehmer zum Fürsten:Die letzten Tage in Berlin müssen Ew. Durchlaucht ermüdet haben, aber es war doch schön"Ja, sehr schön", antwortete Bismarck, ein Begräbnis erster Klasse."

Berlin, 17. April. Wie dasDeutsche Tagebl." meldet, ist Fürst Bismarck mit der Aus­arbeitung seiner Lebenserinnerungen beschäftigt.

Fürst Bismarck lebt in Friedrichsruhe äußerst zurückgezogen und ganz seiner Gesundheit. Das einzige Lebenszeichen, welches er seit seinem Geburts­tage von sich gegeben, ist jetzt sein herzlicher Dank für die ihm aus Anlaß dieses Tages zugegangenen Glückwünsche. Der Kaiser hat das Protektorat über das Comite übernommen, welches aus öffentlichen Sammlungen dem ersten deutschen Reichskanzler in Berlin ein Standbild errichten, sowie eine neue Bis­marckstiftung zu gemeinnützigen Zwecken begründen will. Ein Aufruf ist in diesem Sinne bereits erlas­sen worden. Es hieß gerüchtweise, der bisherige Reichskanzler wolle schon in nächster Zeit wieder ein Abgeordnetenmandat übernehmen. Diese Andeu­tung ist aber unbegründet. Fürst Bismarck soll sich mit größeren Reiseplüncn tragen.