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Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

Erscheint wöchentlich 8mal: Dienstag. Donners­tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier (ohne Trägcrlohn) 80 in dem Bezirk 1 außerhalb des Bezirks 1 20 Monats­

abonnement nach Verhältnis.

Samstag 19. Aprit

Znjertionsgebühr für die IspalUge Zeile aus ge­wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 ^, bei mehrmaliger je 6 Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei auf- geaeben sein.

18S0.

EL ur LLLches.

Nagold.

An die Ortsvorsteher.

Rekrutierung 1890.

Den Orlsvorstchern sind mit der heutigen Post die LosungSfchcine derjenigen Militärpflichtigen zuge­gangen, welche sich Heuer vor der K. Ersatzkommission gestellt haben.

Die Lvsungsscheinc sind an die einzelnen Mili­tärpflichtigen, ans deren Namen sie lauten, gleichbald zu lWhändigen.

Den l^. April 1890.

"'Der-Civilvorsitzcnde der K. Ersatzkommission . Oberamtmann Or. Gugel.

Nagold.

Die Lrtövorst her

werden hiedurch ausgefordert, umgehend, längstens aber-chiunen 3 Tagen hiehcr anzuzeigen, ob in ih­ren Gemeinden Fischzucht und Fischhandel be­trieben wird.

Den 16. April !890.

K-Oberamt. Amtm. Marguart, g. S w.

Schttlkonfcreuz in Artensteig am Mittwoch, den 23. April,

Beginn 9^/s Uhr.

Tagesordnung: Chöre aus Buhler und Völker. I. t.7, Aus des Todes Banden. II. 19, Dein schwe­res bittres Leiden.

l> Lehrprvbe über die Tageszeiten und die llhr.

Schrill. Gall.

2) Sätze über Schulspazicrgänge, Schrill. Derrkingcr.

3) Referat über Römer VIII, 14 ff. Stadtpfarrcr

Hetterich.

Turnlehrprobc.

Mittagessen im Gasthausz. grünen Baum".

Konsercnzdirektvr:

__ Prof. Wetzel.

Die ncuerrichtete Reallchrstelle in Nagold wurde dem Reaitehramtskand daten dlütler, Vikar an der Real­anstalt in Hellbraun, übertragen.

Die erledigte zehnte Knabenstadtschutstclle in Hcil- bronn wurde dem Seminaruntcrlchrer diente in Nagold, die achte Volksschulstelle in Freudenstadt dem Unterlehrer Guckctberger in Stuttgart, die erste Schulstclle inDor ri­tz an dem Schullehrer Mohring in Grünthal, Bez. Freu­denstadt, übertragen.

Gestorben: 17. Apr. zu Tübingen Dr. Heinrich v. Weber, Professor an der staatswissenschaftl. Fakultät der Universität, Landtagsabgeordn. für,Tübingen Amt, nach Geß' Austritt, 71 I. alt.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

* Nagold, 18. April. Gestern abend gegen 8 Uhr leuchteten Blitze mit nachfolgendem Donner am westlichen Horizont, woran* ein tüchtiger Regen eintrat, der unseren Saaten ein frisches Grün brachte u. heute schauen läßt. Wenn wir von fernerem Frost verschont bleiben und der Himmel uns vor weiterer ! Unbill des Wetters schützt, so steht für den Land­wirt und Obstzüchter für jetzt ein gutes Jahr in i Aussicht.

Calw, 14. April. Eine Einrichtung, die auch anderswo Nachahmung verdient, hat sich hier sehr gut bewährt. Arme und bedürftige Schulkinder er- > halten Morgen und Nachmittag ein Stück Brot. Der tägliche Bedarf beläuft sich gegenwärtig bei 30 Kindern auf etwa 16 Pfund. Im letzten Etats­jahr wurden zu diesem Zweck 600 ^ für Brot ausgegeben; reisende Handwerksburschen werden eben­

falls mit Brot, teilweise auch mit Geld unterstützt. Die Mittel zur Bestreitung der Kosten werden nur durch freiwillige monatliche Beiträge aufgebracht. Das überaus belästigende und verwerfliche Betteln der Kinder in den Häusern hat aber vollständig auf­gehört und ist man daher allgemein mit dieser Ein­richtung zufrieden.

Herreuberg, l5. April. Auf eine Einladung von Seiten des gemeinschaftlichen Oberamts versam­melten sich vor 8 Tagen Geistliche und Octsvor- steher im hiesigen Rargaussaal. Es wurde die Er­richtung eines Bezirkswohlthätigkeitsvereins beraten und beschlossen. Die erste Thätigkeit des neuen Ver­eins war die Verteilung der von der hohen Zent- ralleitnng aus der Landeskollekte dem Bezirk zuge- wiesencn Gaben im Betrag von 14 500 ^ an die einzelnen durch Ueberschwemmung und Hagel so schwer beschädigten Gemeinden.

Salzstetten, 9. April. Heute sind es fünf Wochen zwei Tage, daß die 16jährige Tochter des hiesigen Bauers Dettling schläft. Seit eiii'gen Wochen schlägt der Puls etwas schnell und kräftig, während er vorher langsam und matt arbeitete. Vielleicht kommt dies von der nahrhaften Kost, welche man ibr bcibringt Es zeigt sich bei ihr im hohen Grade Verdauungsstörung. In letzteren Tagen bemerkten die Eltern, daß das Kind auf bestimmte Fragen zeit­weilig weinte, und meinten, es besäße wieder einiges Bewußtsein. Dies ist jedoch sicher irrig. Die ganze Haltung des Mädchens spricht dagegen. Der durch bekannte Fragen unbewußt erregte Vorstellungs­mechanismus asfiziert die Thräncndrüsen und preßt, dem Mädchen unbewußt, Thränen aus. Analoga hiezu bieten zahlreiche Erscheinungen auf dem Gebiete des Hypnotismus, Somnambulismus, je des ge­wöhnlichen Schlafes. Gegen ^mechanische Reize an den Fußsohlen, der Oberlippe und den Nasenwänden zeigt die Kranke mehr Empfindlichkeit; die Blutmale an Füßen, Hüfte und Armen treten nicht mehr auf.

Ebingen, 15. April. Der vorgestern hier ausgebrochene Gerbergesellenstreik gipfelte in der Forderung, die Arbeitszeit im Sommer auf 11 Stun­den statt auf 12 Stunden festzusetzen, eine Forderung, die gewiß berechtigt erscheint, wenn man die harte Arbeit, die die Lederbereitung mit sich bringt, nicht außer acht läßt. Die Forderung ist nun von sämt­lichen Meistern bewilligt worden und somit der Streik als beendigt zu betrachten.

Der Herzog von Edinburg ist mit dem Prinzen Georg von Großbritanien am Dienstag Nachmittag 1 Uhr von Coburg in Stuttgart einge­troffen und im königlichen Residenzschloß abgestiegen. Die Feierlichkeiten der Investitur des Königs mit dem Hosenbandorden ist um 4 Uhr vollzogen wor­den, worauf Galatafel und später eine Abendgesell­schaft beim Prinzen von Sachsen-Weimar stattge­funden hat.

Bei der Abstreichsverhandlung über die Bau­arbeiten am Landesgewerbemuseum zu Stuttgart überschreitet das niedrigste der 3 im ganzen einge­gangenen Angebote den Kostenvoranschlag der Bau­verwaltung um 60000 während das höchste diesen Anschlag sogar um 270000 übersteigt.

Stuttgart, IS. April. Die württembergischc Kam­mer der Abgeordneten ist heute zu einer Beratuugspe- riode wieder zusammengetreten, welche voraussichtlich nicht länger als drei Wochen in Anspruch nehmen wird, da außer den neuen Eisenbahnvorlagen nicht viel Wichtiges zur Erle­digung vorliegt. Präsident v. Hohl gedachte in seiner Be­grüßungsrede an die Mitglieder auch des im Herbst gesche­henen Anschlages auf das Leben des Prinzen Wilhelm sowie

des Hinscheideus der Kaiserin Augusta. Verstorben sind wäh­rend der Vertagung des Landtages die Mitglieder Kanzler vzRiimclin und der Abgeordnete Uhl. Die an Stelle derselben neueintretendcn Kanzler v Weizsäcker, und der Abgeordnete Beutel (Waldsce), sowie Frhr. H. v. O w, welcher in Folge Anstellung im Staatsdienst sich einer Neu­wahl unterziehen mußte, wurden eingeführt und beeidigt. Unter den Petitionen, welche-vorliegen, befindet sich auch wie­der eine Anzahl von Eiscnbahnwünschen aus verschiedenen Landcsteilen, ferner eine solche des deutschen Frauenvereins um Zulassung der Frauen zum ärztlichen Studium und wis­senschaftlichen Lehrberuf. Was die von d-r Regierung gc- ma Ne Eisen! .rhnvorlage anbelane;, so hat ich damit in der Hauptsache die Commission einverstanden erklärt.

Ein Fabrikbesitzer in Berg beantwortete, wie die Blätter berichten, eine Gesamtpetition seiner Ar­beiter wegen Freigebung des I. Mm zu einer De­monstration, wie folgt:Genehmigt, aber ich werde mir dann erlauben, auf 8 Tage die Fabrik zu schließen."

Ulm, 16. April. Nach nunmehr eingelaufener Nachricht wird S. M. der deutsche Kaiser nicht zum Münsterfest hieherkommen, da seine bereits getroffe­nen Reisedispositionen sein Erscheinen nicht zulassen. Der Kaiser hat aber zugesagt, daß er sich bei dem Feste vertreten lassen werde.

Abtsgmünd, 14. April. Der Besitzer des Loses Nr. 17,716, auf welches 'bei der Lotterie des Cannstatter Brunnenvereins der erste Gewinn mit 25,000 ^ gefallen ist, ist der im 75. Lebensjahr flehende Wegknecht Joh. Holl von hier,, ein fleißiger, sparsamer Mann, der seither in ärmlichen Verhält­nissen lebte.

Der bekannte Volksschriftsteller Friedrich Friedrich ist am Sonntag in Dresden im Alter von 62 Jahren gestorben.

Berlin. 15. April. Hiesigen Blättern wird aus Paris berichtet, der Kaiser habe Jules Simon ein Exemplar der Werke Friedrichs des Großen übersandt.

Berlin, 14. April. Die amerikanische Re­gierung beschloß, im Frühjahr 1892 im Newyorker Hasen eine große Flottenschau abzuhalten. Deutsch­land, Frankreich, England, Italien und andere Mächte sollen hiezu eingeladen werden.

Berlin, 16. April. DieVoss. Ztg." ver­neint auf das energischste die Möglichkeit irgend eines Zusammengehens in der Zukunft mit dem Zentrum. Gelegentlich der Wahlen habe sich die Parteileitung ohne jeden festen Willen bewiesen. Die Kluft zwi­schen beiden Parteien sei eine unüberbrückbare. Nach­dem erst gestern Windthorst als Vorkämpfer für die Getreidezölle aufgetreten, sei an ein Zusammengehen mit dem Zentrum seitens der Deutschfreisinnigen nicht mehr zu denken.

Der Reichskanzler von Caprivi erschien am Dienstag zum ersten Male im preußischen Ab­geordnetenhause. Mit militärischer Pünktlichkeit be­trat er gleich nach l2 Uhr den Saal, kam aber ent­täuscht zurück, weil derselbe gänzlich leer war. Alle Parteien berieten nämlich über ihre Redner für diese Sitzung. Um 12siz Uhr gab sodann Präsident von Köller das übliche Glockenzeichen, welchem die Ab­geordneten nach und nach folgten. Der Reichskanz­ler erschien nun mit dem Minister von Bötticher und ließ sich auf dem Platze der Ministerbank, wel­chen früher Fürst Bismarck inne gehabt, nieder. Zahlreiche Mitglieder des Hauses näherten sich so­fort, um den Reichskanzler zu begrüßen, als Erster der freisinnige Abg. Rickert. Herr von Caprivi drückte diesem und jedem folgenden Herrn freundlich die Hand. Die erste Rede, welche der Reichskanzler in