Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

Erscheint wöchentlich 3mal: Dienstag. Donners­tag nnd Samstag, und kostet vierteljährlich hier lohne Trägerlohn) 80 in dem Bezirk 1 ^

außerhalb des Bezirks 1 ^20 4, Monats- abonnemenl nach Verhältnis.

Donnerstag den 27. Mär)

Jnsertionsgebühr für die tspaltige Zeile aus ge-

wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 4, bei mehrmaliger je 6 4. Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei auf- gegeben sein.

1890

! Mit dem I. April beginnt ein neues vicr- j tctjöhrüches Abonnement nnd bitten wir alle, ^welche nicht halbjährlich abonniert haben, ihre ' ? Bestellung noch vor Ablauf diefcs Mo­nats zu erneuern, wenn sie eine ununterbrochene l s Zusendung des Blattes wünschen, j Neuer Eintritt ist uns stets willkommen, s In Betreff des Abonnementspreises siehe

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auf den

Amtliches.

Nagold.

Bekanntmachung.

, Nach Mitteilung K. Oberamts Horb ist wegen

j Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche in Baisin­gen nnd Eutingen je 1 Gehöft mit I bezw. 3 Tie­ren gesperrt. Die Seuche herrscht außerdem noch im Bezirk Horb in Mühlen in 1 Gehöft mit 5 kranken Tieren.

Den 24. März 1390.

^ K. Oberamt. A mtm . Marquart.

N a g o k d.

Bekanntmachung.

Die Maul- und Klancnseuche ist laut Mit­teilung K. Oberamts Herrenberg vom gestrigen Tage in Mötzingen in 2 Gehöften mit 11 Stück Vieh und in Unterjettingcn in 1 Gehöft mit 5 kranken

Den 25. März 1890.

_ K. Oberamt. Amtm. Marquart.

Forstbezirk Neuenbürg.

Die Schultheißenämter werden angewiesen, die Art. 3032 des Forstpolizei-Gesetzes vom 8. Sept. 1879 Reg.-Bl. S. 327, sowie unter Bezugnahme auf den Art. 29 und 47 des erwähnten Gesetzes den II. und III. Teil der Waldfeuerordnung vom 14. Juli 1807 Reg.-Bl. S. 345 in ihren Gemeinden innerhalb einer Rägigen Frist vom Erscheinen dieses Blattes an gerechnet bekannt zu machen.

K. Forstamt.

_ Uxkull.

Gestorben in Amerika: Georg Roos aus Haiterbach, lcd., 44 I., in Manchester, Mich.

Fürst Bismarcks Rücktritt

Der Reichskanzler Fürst Bismarck hat nun wirklich seine sämtlichen Ämter niedergelegt, er ist aus dem Reichs-, wie aus dem Staatsdienste gänz­lich ausgeschieden. Die Kunde trifft Deutschland nicht unvorbereitet: seit Beginn des Jahres tauchten immer wieder die Meldungen auf, der nun bald fünfundsiebzigjährige Staatsmann, der fast dreißig Jahre an der Spitze der Geschäfte in Berlin steht, sehne sich nach Ruhe, wolle sich von allen Mühsa- len seiner hohen Würde losmachen und in den Ruhe­stand treten. Diese Angaben fanden an maßgeben­der Stelle nicht den leisesten Widerspruch und schon

daraus ergab sich, daß sie nicht grundlos waren.

Aber das deutsche Volk, welcher Partei die einzel­nen Bürger auch angehören mochten, mochte sich doch nicht mit dem Gedanken vertraut machen, den Mann, der so unendlich viel zur Wiedererrichtung des deutschen Reiches beigetragen, der diesem Ziele sein ganzes Leben geweiht, gänzlich von der politi­schen Bühne abtreten zu sehen. Man glaubte doch allgemein, Fürst Bismarck, der unerreichte Meister unseres Jahrhunderts auf dem Gebiete der auswär­tigen Politik, werde wenigstens dies, sein eigenstes Feld weiter bearbeiten. Aber der Reichskanzler will nach seinem unendlich mühevollen, aufregenden Leben den Rest desselben in stiller, behaglicher Ruhe ge­nießen, und so geht er denn, begleitet von den Se­genswünschen des deutschen Volkes für seinen Lebens­abend. Bismarcks Name strahlt viel zu licht in den Büchern der Geschichte, er steht fest eingeschrieben in jedem deutschen Herzen, und wird nimmer ver­gessen werden. Der deutsche Reichskanzler wird alle­zeit nur Fürst Bismarck bleiben, mag ihm folgen, wer da will. Der Reichskanzler hat das seltene Glück des Staatsmannes gehabt, nicht nur großes zu erschaffen, sondern das Große auch groß zu er- halten. Und das ist das Schwerere. Zwei Meister­werke sind es vor allem, welche die Welt bewundert: Das erste ist die Schaffung des deutschen Reiches, das zweite die Begründung des Friedensbundes, der uns Ruhe und Gedeihen verbürgt. Fürst Bis­marck galt als der mächtigste Staatsmann der Welt; ein schönerer Ruhm ist, daß er der am wenigsten ehrgeizige und am wenigsten egoistische war. Was er that, mochte es gebilligt werden oder nicht, hatte nur den einzigen Zweck, Deutschland machtvoll und stark zu halten. Seine Person war Nebensache. Gerade jetzt, wo der Reichskanzler seiner Würde und Bürde entsagt hat, muß das Wort wieder in den Vordergrund gerückt werden, welches er im Be­ginne seiner Amtsthätigkeit als preußischer Minister­präsident sprach:Nicht allein auf dem Schlacht­felde kann man den Tod für das Vaterland sterben!" Was Fürst Bismarck geleistet, ist allbekannt, der Reichskanzler bedarf keiner langen Lobpreisungen. Denn auch sein erbittertster Gegner muß ihm das Zugeständnis machen:Er war ein großer Mann!"

Warum Fürst Bismarck zurückgetreten, nur des Ruhebedürfnisses wegen? Diese Frage taucht allgemein auf. Es ist klar, daß unser energischer und kräftiger Kaiser der Sohn einer neuen Zeit, manches mit anderen Augen ansieht, als der greise Staatsmann. Fürst Bismarck ist ein viel zu guter Menschenkenner, als daß er das nicht einsehen, ein viel zu gereifter Mann, als daß er es nicht für selbstverständlich halten sollte. Des Kanzlers Wort: Der Kaiser wird einst sein eigener Reichskanzler sein, beweist ja ganz genau, daß er den Charakter des Monarchen längst kannte. Und wie die Dinge lagen, war es nicht zu vermeiden, daß Fürst Bis­marck aus die Leitung der inneren Politik verzichtete. Damit hat er sich auch bereits vertraut gemacht gehabt, als das bekannte parlamentarische Diner unter Anwesenheit des Kaisers stattfand, seine da­maligen Aeußerungen beweisen dies. Die Ernen­nung eines stellvertretenden Reichskanzlers zur Ver­tretung der inneren Politik nach dem Willen des Kaisers war mithin notwendig. Aber diese Mei­nungsverschiedenheiten gaben nicht den geringsten Anlaß ab, nun ganz aus dem Reichsdienste zu schei­den. In vielen Punkten der inneren Politik, in der

ganzen äußeren Politik sind Kaiser und Kanzler ein Herz und eine Seele, und an der herzlichen Freund­schaft des Kaisers für den Fürsten ist nicht der lei­seste Zweifel erlaubt. Warüm geht also Fürst Bis­marck, da er doch recht gut noch bleiben kann. Dar­auf giebt es keine andere Antwort, als die, der Reichskanzler sieht ein, daß die Zeit so ist, daß er sich die wohlverdiente Ruhe gönnen kann. Fürst Bismarck ist ein überaus treuer Patriot, ein erge­bener Diener seines Kaisers und Herrn. Stände Deutschland vor einer schweren Gefahr, nie und mmmer würde der Kanzler auf sein Amt verzichtet haben. Es scheint im Gegenteil ihn der reinste Patriotismus veranlaßt zu haben, zurückzutreten. Denn das ist doch klar, viel schwieriger wäre die Lage, wenn Fürst Bismarcks bis zu seinem Tode Reichs­kanzler geblieben, und dann mit einem Male alle Welt sich in neue Verhältnisse finden sollte. Jetzt vollzieht sich ein ruhiger Uebergang. und dem deut­schen Kaiser und dem deutschen Volke bleibt der Reichskanzler unverändert nah mit Rat und That.

Dadurch schwinden auch trübe Zukunftssorgen! Mag man im Auslande hier über Fürst Bismarcks Rücktritt jubeln, ja besorgt die Köpfe schütteln, der deutsche Kaiser bleibt, das deutsche Reich bleibt und das deutsche Volk bleibt. Kaiser Wilhelm H besitzt Kraft und Energie, Klugheit nnd hohes politisches Verständnis, wir können ihm ganz unbesorgt ver­trauen, da ist keine Furcht nötig. Einen Mann, der den Fürsten Bismarck ganz aussüllen könnte, haben wir in Deutschland nicht, hinter jedem neuen Reichs­kanzler, hinter jeder neuen Reichsregierung muß und wird immer der Kaiser stehen. Auch im Reichstage wird und muß sich viel ändern; es kommt eine ganz neue Zeit, in der wesentliche Abänderungen gegen früher eintreten werden. Da hat auch die seitherige Parteiverbissenheit keinen Nutzen mehr und das deutsche Volk wird jetzt in erhöhtem Maße darauf achten, daß seine Vertreter in seinem Wohle thätig sind. Das politische Programm Kaiser Wilhelms H ist so unendlich einfach, es ist nur das: Keine Parteipolitik, sondern praktische Reichspolitik! Mei­nungsverschiedenheiten wird es im deutschen Reichs­tage zu all und jeder Zeit geben, aber der entsetz­liche Hader, der so manches Jahr verbitterte, der wird ein Ende nehmen, weil der Zankapfel fortfällt. Wenn des Reichskanzlers Rücktritt eine Ueberraschung war, so wird ihr noch eine größere folgen. Des Kaisers Bestreben ist ganz offenbar darauf gerichtet, alles zu beseitigen, was zu erbitterten Zwisten An­laß gab. Das zeigt seine Stellung zum Sozialisten­gesetz , welches bekanntlich in Fortfall kommen soll. So giebt es noch andere Punkte, um die sich Diffe­renzen drehten; sind sie fort, so wird für alle Par­teien gleichmäßig die Verpflichtung kommen, nur dem Vaterlande sich zu widmen. Kaiser Wilhelm II. hat in seiner letzten Rede bedeutsam geäußert, es sei gut, sich einmal das deutsche Reich von außen her an­zusehen, man sehe viel und lerne viel. Der Kaiser hat es gethan, er hat auch seine Entschlüsse und Pläne gefaßt, Entwürfe mit heimgebracht, die nun zur Ausführung gelangen sollen. Deutschland hat die schwere Krisis im Jahre 1888 mit Glück über­standen , auch die neuen Verhältnisse im Innern werden sich leichter einleben, als es heute scheint, und für den schlimmsten Punkt bleibt Fürst Bis- marck uns immer noch. Natürlich bleibt die aus­wärtige Politik total unverändert; Kaiser Wilhelm II. hat oft genug betont, was er vom Frieden hält,