61 . Jahrgang.

Aro. 128 .

Amts- unä IntekkigenMatt für äen Aezirkr.

Erscheint Sieustag, Z>»n«erstag L Samstag.

Die Einrückungsgebühr beträgt 9 H p, Zeile im Bezirk, sonst 12 H.

Dienstag, äen 2. November 1886.

! Abonnementspreis halbjährlich 1 ^ 80 durch die Post bezogen im Bezirk 2 30 H, sonst in

^ ganz Württemberg 2 70

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die Redaktion.

Amtliche WekcrnntmcrcHungen.

Calw.

Aufforderung, betreffenä äie Ergiinzungsrvabk zur Snnäeks- unä Oewerbebammcr.

Im Hinblick auf die im Januar k. I. stattfindende Ergänzungswahl zur hiesigen Handels- und Gewerbekammer ergeht hiemit an diejenigen ge­werbesteuerpflichtigen Handel- und Gewerbetreibenden, welche nicht in das Handelsregister eingetragen sind, und ihre Ausnahme in die Wählerliste be- anspruchen, die Aufforderung, ihren Anspruch auf die Aufnahme in diese Liste binnen 15 Tagen schriftlich oder mündlich bei dem Ortsvorsteher an­zumelden, wobei bemertt wird, daß nur Diejenigen zur Theilnahme an der Wahl berechtigt sind, welche in den Listen enthalten sind.

Zur Aufnahme in die Wählerliste ist erforderlich, daß der Betreffende innerhalb des Oberamtsbezirks seinen ordentlichen Wohnsitz hat, und sind Diejenigen, gegen welche das Gantverfahren gerichtlich eröffnet ist und solche, welche ihre Zahlungen eingestellt haben, über die Dauer der Zahlungsein­stellung weder wahlberechtigt noch wählbar, somit zur Aufnahme in die Lffte nicht geeignet.

Wo« de« Hrtsvorflesiern find die erfolgte« Anmeldungen mit einer Beurkundung darüber, ob die Angemeldeten die Erforderlichen Eigenschaften (Gesetz vom 4. Juki 1874, Art. 4 Ziffer 2 und Art. 9) besitzen und im Genuß der bürgerlichen Ehrenrechte (Strafgesetzbuch, Z. 34) flehen, sofort hierher vorznlegen.

Den 1. November 1886. K. Oberamt

F l a x l a n d.

Aekannlmachung

der Zentralstelle für die Landwirtschaft, betr. die Beschaffung von Jorelleneiern und von Aatbrut für inländische Mschüichter.

Die Zentralstelle wird auch in diesem Jahre wieder ausgebrütete Forelleneier (Bachforelle) von größeren Brutanstalten beziehen und an

inländische Fischzüchter gegen Ersatz der Selbstkosten, unter Umständen auch zu ermäßigtem Preis, direkt versenden lassen.

Unter denselben Bedingungen wird sie die Vermittlung der Aalbrut übernehmen.

Gesuche mit Angabe der gewünschten Quantität sind längstens bis 1. Dezember d. I. an das Sekretariat derZentratstelle für die Landwirtschaft in Stuttgart zu richten.

In den Gesuchen um Forelleneier ist auch noch anzugeben, welchen Brutapparat der Besteller besitze.

Sollte es der Zentralstelle nicht gelingen, die ganze bestellte Gesamt­quantität beschaffen zu können, so behält sie sich vor, eine verhältnismäßige Ermäßigung der Einzelbestellungen eintreten zu lassen.

Stuttgart, 12. Oktober 1886.

Werner.

^okitische Wcrchvichten.

Deutsches Reich.

Metz, 29. Okt. Zum heutigen Jahrestage der Einnahme von M e tz wird derKarlsr. Ztg.« von hier geschrieben: Die deutsche Verwal­tung kann anläßlich dieses Jahrestages mit besonderer Genugthuung auf die erzielten Erfolge zurückblicken. Während zur Zeit der Uebergabe Metz eine rein französische Bevölkerung besaß und auch im äußeren gesellschaftlichen Verkehr vollständig französisches Gepräge trug, ist das- heutige Metz eine vorherrschend deutsche Stadt geworden, eine Erscheinung, die auf die starke Auswanderung nach dem Kriege und die annähernd gleiche starke Einwanderung aus allen Ländern Deutschlands zurückzuführen ist. Das Uebergewicht des Deutschtums machte sich erstmals bei den letzten Sommer stattgehabten Gemeinderatswohlen in seinem vollen Umfange bemerklich, in­sofern damals der Mehrzahl nach Altdeutsche gewählt wurden. Letztere.sind also, zumal auch ein Eingewanderter als ordentlicher Bürgermeister an die Spitze der Gemeindeverwaltung gesetzt wurde, in städtischen Angelegenheiten ausschlaggebend. Bei der vor 14 Tagen stattgefundenen Bezirkstagswahl brachte es die Protestpartei nicht einmal zur Ausstellung einer Kandidatur. Sie scheint also selbst einsehen gelernt zu haben, daß das Deutschtum in hiesiger Stadt noch raschere Fortschrite aufweisen wird, als seither. Die Fortschritte der deutschen Sprache unter der Altmctzer Bevölkerung sind recht befriedigend. Selbstverständlich beziehen sich dieselben in erster Linie auf die Heran­wachsende Generationen, welche aus den nach deutschem System eingerichteten Schulen hervorgeht.

Jeuiccelon. Machdruck

Verlorene Ehre.

Roman von W. Koffer.

(Fortsetzung.)

Es ist schrecklich, das eigene Urteil zu fällen, das Geheimnis, das tötende, zu enthüllen, wo Niemand sein Dasein ahnt, wo es so leicht wäre, Alles zu verbergen und im gestohlenen Glücke zu schwelgen!

Aber doch trieb er sie, trieb und spornte immer stärker. Seinen Blick voll Verachtung hätte sie nicht ertragen -- es galt, das Letzte zu retten, sein Mitleid.

Und leise öffnete sich die Thür. Eine Art Instinkt sagte ihr, daß nur jetzt, unter dem Fieber des Augenblicks, das Geständnis möglich sein, daß morgen, in Heller, nüchterner Frühe, ihr Mut gebrochen vor dem Unerhörten zurückbeben müsse sie schlich wie in einer Art Taumel hinab bis zur ersten Etage, wo Julius wohnte.

Gerade jetzt war die Stunde günstig. Er wachte ohne Zweifel noch und konnte sie hören. Niemand erfuhr von dem, was in dieser Nacht gesprochen werden mußte.

Leise, leise da hinter den Thüren an der entgegengesetzten Seite klangen ja noch Glückwünsche und Trinksprüche man sang, daß es das alte Haus vom Dach bis zum Keller durchschallte:Freuet Euch des Lebens."

Und sie, sie sollte das eigene Todesurteil fällen.

Schnell, schnell ehe das Grauen die Zitternde von hinnen trieb!

Elisabeth klopfte an die Thür. Jenes Singen übertönte den leichten Schall, nur Julius würde ihn wahrnehmen.

Aber Alles still.

Schlief er vielleicht schon?

Sie klopfte stärker und legte dann die Hand an den Drücker.

Verschlossen!

Ob Julius doch noch, trotz der späten Stunde, fortgegangen war?

Elisabeth sah durch das Schlüsselloch.

Das -Mondlicht ließ sie drinnen in, Zimmer jeden Gegenstand erkennen der Schlüssel fehlte.

Ihre Arme sanken schlaff herab, vor ihren Ohren brauste es. Großer Gott! er war nicht da. Der Strohhalm, nach welchem sie verzweifelt gegriffen, die letzte Ret­tung zerbrach und verschwand. Das Schicksal schien seines gequälten Opfers zu spotten.

Noch einmal flüsterte sie und klopfte wieder und flüsterte, halb irrsinnig, flehend seinen Namen Alles blieb still.

Es waren die letzten schwindenden Kräfte, mit welchen die Unglückliche ihr Zimmer wieder erreichte; ohnmächtig fiel neben der Thür auf den Fußboden.

Draußen tanzten weiße Flocken vom Himmel herab und kalter Ost wehte durch die Straßen. Trotz dieses wenig einladenden Wetters ging Doktor Hartmann spa­zieren, als umschmeichelten ihn die lindesten Mailüfte. Er lächelte, wie ein zufrie­dener Mensch thut.

Ja, sie liebte ihn, die schöne, schlanke Fee mit den llaren Wunderaugen! Jetzt wußte er es: sie liebte ihn!

Seltsam! Wodurch hatte er das erfahren? Kein Wort, kein Blick von ihr konnte jemals als Entgegenkommen gedeutet werden. Elisabeth besaß den ganzen Stolz des feinfühlenden Weibes aber er wußte es doch!

Immer langsamer wurde sein Schritt, immer strahlender das stille Lächeln.

Und sein eigenes Herz, wie stand es mit dein? War dieses köstliche, beglückte Empfinden Liebe?

Geträumt hatte er es anders, geivaltiger, beherrschender, nicht wie eine Art rührende, stille Freude, sondern wie eine elementare, unwiderstehliche Macht, aber er kannte das ja aus eigener Erfahrung noch nicht. Seine ganze Jugend ging dahin unter dem lastenden Druck der Abhängigkeit, unter beständigem, harten Arbei­ten; der sechsundzwanzigjährige Mann hatte heute Abend zum ersten Male ein Weib geküßt. Seine Redlichkeit, dieser Grundzug seines Wesens, sagte ihm, daß er jetzt mehr als halb verlobt sei, und dieses Gefühl erschreckte ihn nicht, sondern war im Gegenteil sehr wohlthuend. In die seelische Einsamkeit, welche den ernsten, schwer