polizeilicher Hinsicht fühlbar machen wird. Vielfach wird auch die Befürchtung ansgesprochen, unsere laufenden Brunnen werden mit der Wasserleitung eingehen. Nach den von sachverständiger Seite ge­machten Erhebungen ist dies aber nicht der Fall und wird wohl jede derartige Behauptung eben auch dazu benützt, gegen die Wasserleitung überhaupt Agitation zu machen. Einsender und viele seiner Freunde hegen das Vertrauen zu den verehrlichen bürgerlichen Kollegien, sie werden sich nicht irre machen und die bereits beschlossene Wasserleitung zur Ausführung bringen lassen; sic werden sich ge­wiß hiedurch ein bleibendes, ehrendes Andenken verschaffen. Würde die Angelegenheit nochmals ins Stocken kommen, so hätten wir uns in kurzer Zeit doch wieder damit zu beschäftigen, denn nie wird es Ruhe werden, bis die Wasserleitung, die bei uns bei den günstigen Terrainverhältnissen besser als irgendwo anders eingeführt werden kann, zur Voll­endung gebracht ist. Den Hausbesitzern endlich ist zu raten, sich zahlreich an dem Unternehmen zu be­teiligen, denn jemehr Teilnehmer vorhanden sind, desto billiger wird für den Einzelnen der Beitrag und ferner ist nicht außer acht zu lassen, daß die­jenigen, welche sofort mitthun, die Leitung unentgelt­lich bis in die Hausflucht erhalten, während sie später den ganzen Aufwand vom Hauptstrang an zu leiden haben.

Rotten bürg, 8. Nov. In der letzten Si­tzung beider Kollegien kam die örtliche Hundesteuer zu Gunsten der Armenkasse zur Sprache. Es wurde hiebei der Beschluß gefaßt, von einer Steuererhö­hung abstehen zu wollen.

Rottenburg, 8. Nov. Herr Privatier Franz Hahn hier (früher Besitzer des Gasthauses zum Lamm in Mühlen) hat den Gasthof zum Greifen in Horb um die Summe von 20 000 käuflich erworben.

Stuttgart, 12. Nov. Gestern starb hier der be­kannte Genre- und Historienmaler Robert Heck im Alter von 58 Jahren.

In Neufra (Riedlingcn) brachte eine Kuh drei Kälber auf einmal zur Welt. Sämtliche Tiere sind recht wohl und munter und auch das Größen­verhältnis ist das anderer mittlerer Kälber.

In Gmünd wurde das polizeiliche Verbot erlassen, daß keine Hunde mehr in Wirtschaften mitgebracht werden. Eine Uebertretung zieht eine Strafe bis zu 12 nach sich. (Nachahmungswert!)

Staatssekretär Graf Bismarck ist über Pest und Wien aus Konstantinopel wieder in Berlin an­gekommen und begiebt sich nun zu seinem Vater nach Friedrichsruhe. Der deutsche Botschafter in Wien, Prinz Reuß, gab zu Ehren des Grafen ein Diner, an welchem auch der Minister Graf Kalnoky tcilnahm.

Berlin, 9. Nov. Der Reichstag macht nächste Woche eine Pause in seinen Plenarsitzungen, um den betreffenden Kommissionen Zeit zu lassen zur Be­ratung des Sozialistengesetzes und der Bankvorlage.

Deutscher Reichstag. Am Freitag wurde das neue Lankgesetz, welches eine Verlängerung des bishe­rigen Baukprivilcgiums oorschlägt, in erster Lesung beraten. Abg. Graf Stotlberg-Wcrnigerode (kons.) war gegen den Negierungs-Entwurf und sordcrle eine Verstaatlichung der Reichsbank. Redner bemängelte auch, daß die Rcichsvank zu wenig für die Befriedigung des KreditbcdnrfnisseS der Laudwirifchaft Ihne. Abg. Büsing (natlib.) bttiR die Vorlage unverändert auzunchmcn, die Reichsbank habe ihre Schuldigkeit in hervorragendem Maße gctyan. Eine Ver­staatlichung konnte dem Reiche in kritischen Momenten schwe­ren schaden bringen. Die Hauptaufgabe der ROchsbank sei auch Sicherung des Geldumlaufs, nicht Befriedigung des Äre- dilbedürsnisjcs. Allzuviel üircdil sei auch nicht gut. Abg. Gamp (sie.kons.) bleibt dabei, daß die Reichsbank zu wenig für Landw nschafl und Handwerk thue. Diese Fra^e müsse in der Kommission eingehend geprüft werden, denn die Reichs­bank solle eine Ballt des Reiches und nicht der Reichen sein. Neichsbanlpräsibcut von Dechcnd erklärt, daß er keinen Unterschied in der Gewährung von Lkrcdit gemacht, 'Niemand sei bevorzugt oder benachteiligt. Natürlich könne sich die Neichsbailk nicht auf unsichere Sachen cimass.ii. Das bis­herige Prinzip habe sich durchaus bewährt, von der Ver- staallichung sei kein Segen zu erwarten. Abg. Bamberger (freist- pflichte: dem völlig bei, ebenso Abg. Hultzsch (kons.), während Abg. Singer (Sozis für eine Lelstaarlichurlg sprach. Das Gleiche khat Abg. Böckcl (Anlisemilf, der behauptete, gcgcuwa tig sei die Reichsbank wlal in den Hän­den der internationalen Börse. Im Finanzan-schuß der Bank saßen alle die Herren, die vom rimse. von Rußland für ihre Finanzoperationen mit hvhen Orden dekoriert wor­den feien. Nach einem Anträge des Abg. von Franken- stein (Cenlr.s wurde tue Vorlage darin eurer »tvinmission von 14 Mitgliedern übe wiesen.

Berlin, li. Nov. Der Reichstag nahm heute in erster und zweiter Lesung nach kurzer De­batte fast einstimmig den Gesetzantrag Rickerls (d. freist),

wonach die verabschiedeten Offiziere der Militärge­richtsbarkeit nicht ferner unterworfen sein sollen, mit einem Zusatz Gräbers (Centr.) an, wonach auch die bezüglichen Bestimmungen der bayrischen Mili­tärstrafgerichtsordnung aufzuheben sein sollen.

Berlin, 10. Nov. (Es geht los!") Un­ter dieser Spitzmarke bringen verschiedene freisinnige Provinzblätter Hctzartikcl gegen die nationalen Par­teien. Vorzüglich die sachlich gehaltenen Artikel des Milit. Wochenblattes", desHamb. Corr." und anderer Blätter über den Wert des neuen sranzö- s fischen Wehrgesetzes erregen den Zorn der Herren von der Opposition. Sachlich können sie nichts ge­gen die Angaben über das französische Wehrgesetz anfuhren, deshalb schimpfen sie wieder weidlich auf dieAngstmeierei" dernationalen Kartellbrüder" und suchen die Wähler mit oppositionellemMannes­mut" zu beseelen. Das französische Wehrgesetz, die russischen Rüstungen und Truppenzusammenziehnngen das Alles ist leider kein leerer Wahn und nötig. Deutschland, das zwischen den beiden Mächten einge­teilt liegt, seine Gegenmaßregeln zu treffen. Wollten wir mit unseren Maßregeln warten, bis er augen­scheinlich bedroht wäre, so könnten wir es überhaupt sein lassen und uns der Gnade und Barmherzigkeit der überlegenen Gegner überlassen.

Von einzelnen Zeitungen sind Gerüchte, der Staatssekretär von Bötticher wolle sein Amt auf­geben, einer besonderen Beachtung für wert gehalten worden. An der ganzen Geschichte ist natürlich kein wahres Wort.

Köln, 11. Nov. Der Amsterdamer dänische Konsul, Brandt, hat sich gestern in einem hiesigen j Hotel an einer Thürklinge erhängt. Die Gründe des Selbstmords sind unbekannt.

In Ueberlingen entwickelte sich bei einem etwa 20sährigen Mädchen, welches sich seit einigen Monaten etwas unwohl fühlte, kürzlich in der rechten Hüfte ein Geschwulst, welche Herr Bezirksarzt Holz­hauer aufschnitt. Am andern Tag zeigte sich in der Wunde ein Fremdenkörper, welcher sofort herausge- ^ zogen, lautSecbote" sich als ein etwa 10 Centi- meter langer rostiger Lattnagel entpuppte. Nun erst erinnerte sich das Mädchen, daß es im Mai ^ einen Nagel verschluckt, ohne der Sache weiter Be­achtung zu schenken. Das Mädchen, das alles ohne besondere Beschwerden ertrug, war nach Entfernung des Nagels in wenigen Tagen wieder ganz hergestellt. ^

Nach derStraßb. Post" besteht an höchster Stelle die Absicht, den Kronprinzen und später auch dessen Bruder Eitel Fritz das Kaiser-Wilhelm-Gym- ! nasium zu Hannover besuchen zu lassen. (Wird wegen des jugendlichen Atters wohl noch Verzug haben.)

München, 9. Nov. In Folge des Ergeb­nisses der gestrigen Abstimmung in der Kammer über den Antrag des Zentrums, betr. das Plazet und den Altkatholizismus ist, wie man hört, die Auf­lösung der Kammer von der Regierung beschlossen worden, v. Lutz droht mit seinem Rücktritt.

München, 9. Nov. Die Erklärungen der Ceiitrumsfraction bilden hier das Tagesge präch und beherrschten die Discnsstonen in der Presse. Die M. R. N " unterziehen das Vorgehen der ultra- montanrn Deklaranten einer vermehrenden Kritik und nennen sieEid beschneid er," denen die unge­heure Mehrheit des Baycrnvolkes in angestammter Treue zur Krone entgcgenstehe Unsere Ultramon­tanen haben auch diesmal wieder bewiesen, daß ihnen Nom näher liegt als ihr Vaterland, a» dein sie schon öfter zu Verrätern geworden. Was übrigens die an- gedrvhte Verweigerung eines Teiles des Cultnsbud- gets betrifft, so würde dieselbe nicht dem Cultnsmi- nitter. sondern dem Lande Schaden bringen, da es hierbei um Nenfordertiiigen für Cultnsbanten, für Universitäten, iür die Kunst handelt.

Die bayrische Regierung wird, wie zuverlässig verlautet, die Erklärung der Zentrums- partci bezüglich des Berfassnngseidcs vorläufig nicht beantworten und gegen irgend einen Vorbehalt bei der Vereidigung eines neuen Abgeordneten ein Veto > einlegen. Dagegen sei es schwierig, gegen die schon: ciugeschworenen Abgeordneten vorzugehcn. Aber! auch die 79Deklaranten" sind unter sich nicht i einig gewesen, sondern viele haben nur der Mehr- s heit sich fügend unterzeichnet, ein Beweis, daß in i vielen doch die jesuitische Moral, einen Erd mit Vorbe- ^ halt zu schwören, bezw. einen schon geleisteten Eid z hinterher mit Einschränkungen zu umgeben, noch ^

nicht glattweg in Gebrauch gekommen ist. Das unqualtfizierbare Verhalten von Priestern, Staats­beamten u. s. w., die den Eid ans die Verfassung bedingungsweise für nicht geschworenhalten", findet selbstverständlich überall strengste Mißbilligung. Be­zeichnend ist dagegen, daß die wnrttembergische Zen- trumsprcsse noch kein Wort des Tadels gefunden j hat für das unerhörte Vorgehen der frommen bayr. l Zentrumsabgeordneten, das geradezu entsittlichend ^ wirken, muß. Im Gegenteil, dasDeutsche Volks- ' blatt" in Stuttgart findet alles ganz in Ordnung und stellt sich damit auf dieselbe Stufe mit den Eidbeschneidern", wie dieMünchener N. N." die Herren richtig benennen.

Oesterreich-Ungarn.

Budapest, 9. Nov. Anläßlich des hiesigen Besuches des Grafen Herbert Bismarck glaubt man die Umrisse der neuen Aktion der deutschen Politik etwas genauer erkennen zu können. In eingeweihten Kreisen glaubt man, daß diese Aktion Deutschlands sich weniger auf das international-politische, als Viel­mehr auf das volkswirtschaftliche und soziale Gebiet verlege.

Pest, 11. Nov. Der Kaiser reist Dienstag Abend nach Wien und begiebt sich nach kurzem Auf­enthalte daselbst nach Innsbruck, wv er am !4. No­vember mit dem deutschen Kaiser zusammentrifft. Am 15. Nov. kehrt der Kaiser von Oesterreich nach Gödöllö zurück.

Pest, It. Nov. Graf Kalnoky ist hier ein- getroffen. Seine Hierherkunst gilt der Berichterstat­tung über seinen Besuch in Friedrichsruh.

Im böhmischen Landtage hat es einen fürchterlichen Skandal gegeben. Die Anträge der Jungtschechcn, durch welche der Kaiser Franz Josef aufgefordert wird, sich zum Könige von Böhmen krönen zu lassen, wurden mit >13 gegen 37 Stim­men abgelehut. Als das Resultat verkündet wurde, machten tschechische Studenten einen solchen fürchter­lichen Skandal auf den Tribünen, daß der Präsident die Räumung derselben anordnen mußte. Darauf wurde die Verhandlung geschlossen.

Prag, 9. Nov. Im Landtage brach bei der Annahme des Antrags, über den Adreßentwurf der Jungtschechen in die Tagesordnung cinzntrcten, ein ungeheurer Tumult auf der Galerie ans. Es er­tönten Rufe: Schmach Rieger, Schmach dem Land­tag , das Staatsrecht muß trotz Rieger verwirklicht werden. Der Land marschall rief nach der Galerie zu: Es ist eine unerhörte Schande, wie Sie sich be­nehmen. Die Galerie wurde darauf unter fortgesetz­tem Lärmen geräumt. Eduard Gregr rief den Att- tschechen in großer Erregung zu: Ihr seid schuld, Verräter! Die aristokratischen Zuhörerinnen flüchte­ten aus dem Sitzungssaal.

Im Bureau der ungarischen Südbahn sind aus der Kasse 20000 Gulden gestohlen worden. Es besteht aber der Verdacht, daß der Kassierer die Diebstahlsgcschichte erfunden hat, um die von ihm gemachten Unterschleise zu verdecken.

Frankreich.

Paris, 11. Nov. Die Regierung läßt we­gen der für morgen angekündigten boulangistischen Kundgebung sämtliche Pariser Truppen in den Ka­sernen konsignieren. Der Polizeipräfekt wurde ange­wiesen , keinerlei Ansammlung aus der Straße zu dulden. Man hält die boulangistischen Ankündigun­gen übrigens für leere Prahlereien. Der Figaro meldet, daß die Jerseyer Boulanger im Falle wei­terer Wühlereien answeiscu werden.

Paris, 12. Nov. Boulanger erließ von Jersey aus einen Aufruf an die franzrsische Nation, in welchem er sagt: Die Revision hat keine Nieder­lage, nur einen Aufschub erlitten, ihr Sieg ist da­durch nur noch mehr gesichert. Die nationale Partei wird ohne Unterlaß den Kampf für die Befestigung einer volkstümlichen Republik sortsetzen, welche Frank­reich die seiner Würde angemessene Stellung geben, den Frieden sichern und dem Lande die absolute Untaugiichkeit des Parlamentarismus zeigen wird.

Als eine erschreckende Folge der Pari­ser Ausstellung ergiebt sich aus amtlichen Fest­stellungen , daß die durchschnittliche Zahl derjenigen, die täglich in Paris an Irrsinn erkranken, während der Ausstcllungsperiode von 14 aus 23 gestiegen ist. Alle Kranken litten an Größenwahn!

Italien.

Venedig, 12. Nov. König Humbcrt holt