leugnen wollen. Und zweitens wird die Stellung Italiens am Mittelmeer ernstlich von den Franzosen bedroht. Journalisten mögen es in Abrede stellen, aber alle europäischen Negierungen besitzen die Be­weise , daß das französische Ministerium vor zwei Jahren ernstlich einen Angriff auf Italien beabsich­tigte, ehe die Deutschen ihm zn Hilfe eilen konnten. Weshalb? Weil Italien zn einer Verbindung ge­hörte, welche Frankreich bedrohte. Daß nun Italien wirklich Frankreich bedrohen wolle, ist durchaus ans der Lllft gegriffen. Italien weiß wohl, daß jede Angriffsbewegung ihm die Symphatie Englands und der übrigen Friedcnsmächte kosten würde, und dann würde keine italienische Partei die Regierung bei einem Angriff auf Frankreich unterstützen. Die Drohung geht vielmehr von Frankreich und nebenbei von Rußland aus. Frankreich wünscht seine Rache für l870, und Rußland wünscht Konstantinopel. Beide aber sind damit noch lange nicht zufrieden. Selbst wenn man Frankreich die beiden Provinzen zurückerstattete, würde es seinen Ehrgeiz, der die Vernichtung Preußens erstrebt, nicht zügeln. Ich glaube, daß jeder Franzose, der. seine Ueberzeugung ausspricht, sagen wird: Wir werden nicht eher ruhen, bis Preußen gcdcmütigt und entwaffnet ist. Und anderseits wird Rußland nach Erlangung von Kon­stantinopel nicht eher ruhen, als bis es Oesterreich vom Balkan verdrängt und cs auf der ganzen Halb­insel bis nach Triest seinen Einfluß ausgedehnt hat. Die Leitha ist der einzig mögliche Rubicon, und dieser bildete für einen Cäsar kein Hindernis. Glaubt daher ein politischer Einsicht fähiger Mann noch, daß der Erfolg des russisch-französischen Bundes ein anderes Ergebnis haben könne als die Teilung Eu­ropas zwischen Frankreich und Rußland? Und wo bliebe Italien in diesem Falle!"

Gegenüber der Meldung der Hamburger Reform", nach welcher die deutsche Militärver­waltung das rauchfreie Pulver, welches von den Hamburg-Rottweiler Pulverfabriken fabriziert wor­den, deshalb nicht angenommen habe, weil dasselbe den Wütterungscinflüsscn nicht widerstehe, erhält die Frkf. Ztg." eine Mitteilung der Verwaltung des Unternehmens, welche diese Nachricht als vollstän­dig erfunden bezeichnet. Zugleich geht dem Blatt eine Stuttgarter Meldung zu, nach welcher bei der Generaldirektiou der württembergischcn Eisenbahnen ein Zug von mehr als 60 Waggons für den Trans­port von Pulver ans Rottwcil nach Spandau be­stellt worden ist.

Frankreich.

Aus Paris wird über französische Mi­litär» crh ältnisse geschrieben:In der franzö­sischen Armee hat es große Sensation gemacht, daß nicht nur die Manöver bei Spandau vor dem Kaiser Franz Joseph, sondern sogar die großen Herbstma­növer bei Hannover unter der Führung des deut­schen Kaisers unter Gebrauch des rauchlosen Pulvers stattgefunden haben, während in den französischen Manövern noch mit dem alten Rauchpulver geknallt worden ist. Dian glaubte die deutsche Armee noch weit im Rückstände mit der Einführung desselben, oder suchte es doch glauben zu machen; nun ist man aber über die Thatsache des Vorhandenseins jenes Pulvers, über die vernünftige Idee der Deutschen, die Vorzüge des rauchlosen Pulvers in wirklicher Verwendung zu versuchen, fast erschrocken, und macht der französischen Armee-Verwaltung jetzt die bittersten Vorwürfe, daß sie in unangebrachter Knick­rigkeit jetzt den deutschen Truppen wieder einen Vor­sprung gewährt habe. Denn, sagt man, die deutschen Führer habeu neue Erfahrungen gesammelt, die wir nicht machten und die wir deshalb wieder gezwun­gen sind, aus ihren Schriften zu entlehnen. Dort aber werden sie uns auch nicht die volle Wahrheit unter die Nase binden. Die Wahrheit aber ist, daß die immer krankhafter werdende Geheimnisthuerei und Spionenfurcht der Franzosen das Pariser Mi­nisterium davon abgehalten hat, das neue Pulver auszugcben. Und man wird dies wohl nicht eher thun, als bis die Nachbar-Armeen auch, aber hof­fentlich mit besserem Pulver versehen sein werden, als das französische sich erweisen soll. Ein an­derer Umstand, der in Paris überall Tadel hervorruft, ist, daß die französischen Truppen selbst zu den großen Manövern in ganz unvollkommenen Kadres ausmarschiert sind, während die volle Auf­stellung der Kadres für die Zukunft gesetzlich ge­währleistet ist. Endlich aber scheint der Versuch,

der beim 6. Korps gemacht wurde, kricgsgemäß her­gestellte Kadres zu verwenden und die Divisionen verschieden zusammeuzusetzen, zu den größten Jn- konvenienzen geführt und den Gang der Manöver oft in Frage gestellt zu haben. Man ist wenigstens mit den Resultaten derselben durchaus wenig zu­frieden."

Schweiz.

Am Sonntag abend ist das Hotel Bellevue auf dem Pilatus abgebrannt.

Griechenland

Athen, 28. Okt. Bei der Galatafel brachte der König Georgius das Hoch auf die Neuvermähl­ten aus. Kaiser Wilhelm toastierte auf Griechenland und schloß seinen Hochruf in griechischer Sprache, was mit stürmischem Jubel ausgenommen wurde. Die heilige Handlung dauerte etwa eine Stunde, danach küßte der König die Braut, der Kaiser reichte der Königin Olga, dem Kronprinzen und der Prin­zessin Sophie die Hand.

Die Vermählung des Kronprinzen Kon­stantin von Griechenland hat am Sonntag in der Kathedrale zu Athen im Beisein des deutschen Kai­serpaares und der fürstlichen Gäste unter großem Pomp stattgefunden. Der Kronprinz und die Kron­prinzessin wurden von der Menge mit endlosem Ju­bel begrüßt. Der Einsegnung nach griechisch-katho­lischem Ritus folgte die nach protestantischem in der Schloßkapclle. Alle Glocken läuteten, die Geschütze wurden gelöst. Der Empfang des deutschen Kaiser­paares in der griechischen Hauptstadt war ein eben­so großartiger, wie herzlicher. Vis zum Donnerstag bleiben die Kaiserlichen Majestäten in Griechenland und reisen dann nach Konstantinopel, wo die An­kunft am 2. November erfolgt. Die Rückreise ist noch nicht definitiv festgestellt, doch gedenken der Kaiser und die Kaiserin am 12. November wieder in Potsdam zu sein. Die Kaiserin Friedrich wird mit den Prinzessinnen Viktoria und Margarethe den Winter in Italien verleben. Alle Berliner Zei­tungen widmen dem hohen Brautpaar zu ihrer Ver­mählung die herzlichsten Glückwünsche. Die Nord­deutsche bringt sogar ein griechisches Gedicht.

lieber den Fackelzug, welcher dem Braut­paare und den fürstlichen Gästen zu Ehren am Sonnabend Abend in Athen veranstaltet wurde, wird noch folgendes telegraphiert: An der glänzen­den Huldigung nahmen die Gewerke, Korporationen und das Militär mit etwa 5000 Lampions Teil. Nachdem der Zug sich auf dem Schloßplatze ausge­stellt hatte, intonierten die Musikkorps unter unauf­hörlichem Jubel vieler tausender deutsche Lieder. Die Beleuchtung der Akropolis war prachtvoll. Der Fremdenzudrang nach Athen ist ein ganz außeror­dentlicher, der Verkehr auf den Straßen nur mit Mühe möglich.

Nach einem Telegramm desN.-A. Herald" aus Athen hat sich der Großfürst-Thronfolger mit der Prinzessin Marie von Griechenland verlobt.

Afrika.

Eine Hinrichtung in Marokko. Ein Marokkaner hatte vor einiger Zeit zwei Spanier in einem Anfalle religiösen Wahnsinns getötet und der spanische Vertreter forderte die Bestrafung. Der Sultan fertigte auch sofort ein Todesurteil aus, überließ aber dem Spanier das Weitere. Der Ge­sandte brachte die Ordre den marokkanischen Behör­den und diese erklärten nach einigen Tagen, daß kein Marokkaner die Exekution vollziehen wolle. Was thun? Ein Diener der spanischen Vertretung bot sich an, die Sache zu besorgen und schoß nun am Hellen Tage, auf offener Straße mit Zustimmung seines Herrn den Schuldigen nieder. Der arme Kerl lebte noch ein paar Stunden und starb dann in einem Winkel. Daß die Marokkaner von dieser Art christlicher Humanität nicht sehr erbaut sind, be­darf wohl keines Beweises.

Aus Sansibar ist wieder eine Siegesbot­schaft ciugetroffcn. Der stellvertretende Reichskom­missar, Lieutenant von Gravenreuth, hat ein Lager Buschiris, welcher mit Räuberbanden aus dem In­nern die Provinz Ufaramo verwüstete, überfallen und den Feind in die Flucht geworfen. Die Verfolgung , Buschiris wird fortgesetzt. Hoffentlich gelingt es i noch, den Unhold leibhaftig zu fassen. j

Die Macht des Arabcrführers B u s ch i r i § scheint jetzt den Todesstoß erhalten zu haben. Weit im Innern haben zwischen den Aufständischen und

^ dem Rcichskommissar Wißmann, der, was besonders bemerkenswert ist, von den Eingeborenen tapfer un­terstützt wurde, wiederholte Kämpfe stattgcfunden, in ! welchen Buschiri mit einem sehr starken Verlust, chine Meldung spricht von 700, eine andere von 800 Toten, total geschlagen würde. Die Deutschen hatten nur 7 Tote, darunter kein Europäer.

Amerika.

Aus Mexiko ist über New-Iork die Nach­richt eingelaufen, daß aus der Schatzkammer unfertige Bons der inneren Anleihe, im Nennwert von 400 000 Pfund, gestohlen und in London davon 184 000 Pfund bereits verkauft worden sind. Die mexikanische Regierung macht bekannt, daß sic die Bons anerkennen wolle. Mehrere Beamte sind ver­haftet_

Kleinere Mitteilungen.

Nach dem neuen Reichshaushalts-Etat beträgt der Matrik ularbeit rag Württembergs au das Reich 13610881 (mehr 290! 162 Der Militärctat für Württemberg verlangt Kasernen und Exerzierhausbauten der Wilhelmsburg zu Ulm, Erweiterung des dortigen Schießplatzes, ferner Er-- werbuug eines Garnisoncxerzierplatzes in Stuttgart 1500000 zum Bau eines Magazingebäudes und einer Artilleriekaserne in Ludwigsbnrg.

Was die Einzelstaaten an das Reich zu zahlen haben! Nach dem neuen Etat entfallen von den 269 685 831 Mark betragenden Beiträgen zur Reichskasse auf Preußen 155 754 017 auf Bayern 37 063 095 ^l, auf Sachsen 17 495 820 auf Württemberg 13 610 881 auf Baden 9 828 889

u. s. w. Insgesamt sind mehr zn zahlen 4l 553 140

Das bayerische Bier hat selbst in Kon­stantinopel in die Mauern der alten nationalen Kaffeehäuser Bresche gelegt. Ein unternehmender Grieche, Herr Jany, hat ein großes Restaurant nach deutschem Muster errichtet, in welchem echtes Mün­chener Bier verzapft wird und die deutsche Speise­karte eine Wahrheit geworden ist. Hier ist der Sam­melplatz der Deutschen Konstantinopels, denen sich aber ohne nationale Scheidung auch die übrigen Bewohner der europäischen Quartiere gern zngesellen.

Kein Diebstahl. Aus Mexiko war der Diebstahl von zwei Millionen Staatspapieren gemeldet. Wie es heißi, waren die Papiere verlegt.

Der übertrumpfte Eiffelturm. Aus Detroit in Michigan wird gemeldet:Charles Kellog, Superintendent der großen Eisenbahnröhren-Fabrik in Findlany (Ohio), welcher sich augenblicklich dort aufhält, hat erklärt, er sei von New-Aorker Kapita­listen mit der Ausarbeitung von Plänen für die Er­richtung eines riesigen Turmes auf dem New-Aorker Weltausstellungsplatze betraut worden. Der Turm soll weit großartiger werden, als der bekannte Eif­felturm in Paris, und zwar wird die Höhe dessel­ben 1200 Fuß betragen. Die Baukosten sind auf ca. 2000000 Dollars veranschlagt.

Als Kuriosum sei hier folgendes Inserat desCoburger Tageblattes" mitgeteilt:Freitag, den 9. Oktober, feiere ich meine silberne Hochzeit ohne meine Frau, sie will meinen Namen nicht mehr führen, sie will meine Frau nicht mehr sein. Ich bin froh, daß ich diese 25 Jahre überlebt habe, sie hat mir das Leben sauer gemacht. Georg Friedrich Volk in Coburg. _

lluLÜsrttrrusenäs von UlleLsoksL sind nicht in der angenehmen Lage, bei jedem kleineren oder größeren Unbehagen ihrem Körper gleich die sorgfältige Pflege und eingehende Behandlung zu Teil werden zu lassen, welche dem Reicheren stets zu Gebot stehen. Diese Hunderttauscnde sind daher nur zu oft darauf angewiesen, mit bewährten Haus­mitteln sich selbst zu helfen, soweit es geht. Da ist es denn freilich von der höchsten Wichtigkeit, daß sie nicht an wertlose Tränkchcn und Pülverchen geraten, mit denen ihnen das Geld schließlich doch nur aus der Tasche gestohlen wird. Auch bei Verdauungs­störungen (Verstopfung, Magen-, Leber-, Gallen- und Hämorrhoidalleiden, Atemnot, Schwindelanfälle re.) kommt es sehr wohl auf die Wahl des richtigen Hausmittels an, und die hervorragendsten Aerzte ha­ben anerkannt, daß in diesen Fällen Apotheker Ri­chard Brandt's Schweizerpillen ihre Heilkraft bereits glänzend erwiesen haben. Gebe man stets Acht keine wertlose Nachahm ung zu erhalten. _

Verantwortlicher Redakteur Stelnwandel Aagotd.

Druck und Derla- der H. M. Kaiser'schen Buchhandlung in Nagold.