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einer Persönlichkeit, welche über diese Frage genau unterrichtet ist, erkundigt und erfahren, daß die obenerwähnte „Schätzung" mindestens um das Vierfache zu hoch gegriffen habe. Die zu zahlenden Entschädigungen . sowie der entstandene Materialschaden werden zusammen die Summe von 250 000 ^ schwerlich erreichen. — Es scheint System darin zu liegen, das bedauerliche Eisenbahnunglück auf jede Weise auszubeuten, um selbst durch unwahre Angaben die öffentliche Meinung gegen die Regierung aufzuregen.
Reutlingen, 17. Okt. Die Firma Johann Gminder hat ihre Insolvenz erklärt. Die Passiven sollen ziemlich bedeutend sein. Die hiesige Handwerkerbank, welche erst dieser Tage zu einer Aktiengesellschaft umgewandelt wurde, hat an die fallite Firma 280,000 ^ zu fordern, doch ist dieselbe so weit gedeckt, daß man hofft, die Bank werde entweder ohne jeden oder doch mit sehr geringem Schaden davonkommen. Die Aufregung unter den Genossenschaftsmitgliedern ist begreiflicherweise sehr groß. Heute mittag findet eine Aufsichtsratssitzung der Bank in dieser Angelegenheit statt.
Ulm, 19. Okt. Das Münsterbaukomits hat heute beschlossen, das Münsterfest am 30. Juni 1890 abzuhalten.
Ulm, 17. Okt. Regierungsregistrator Heinrich erhielt von seiner Gattin statt eines Chininein Chloroformfläschchen und starb hieran; Untersuchung ist eingeleitet.
Aus dem Nachlasse des kürzlich rn Fried- richshafen verstorbenen Privatiers und Junggesellen Schafmayer ersteigerte ein Bürger eine Kommode. Während des Transports nach der Wohnung des Käufers rollten Zwanzigmarkstücke aus der Kommode und bei genauem Nachforschen fand man hinter einer Leiste an der Rückwand 7000 ^ in Gold in Rollen verpackt. Zu erwähnen ist noch, daß schon bei der Vermögensaufnahme des Verstorbenen sich ca. 25000 ^ bar in einer alten Tasche im Kasten vorfanden.
Münster, 18. Okt. Freiherr v. Schorlemer Alst hat sein Abgeordnetenmandat für den Landtag niedergelegt.
In Eisenach wird seit Sonntag Abend ein junges Mädchen vermißt. In einem hiuterlassenen Brief hat es seinen Angehörigen den Entschluß kund gegeben, ins Wasser zu gehen, um freiwillig den Tod zu finden. Es hat eine Stelle bezeichnet, an der bereits vor Jahren der Großvater des Mädchens durch Selbstmord den Tod gefunden hat.
Freiburg i. Schl., 17. Okt. Die hier streikenden Tischler haben nach Empfang von 5000 Mark sozialistischer Unterstützungsgelder die Wiederaufnahme der Arbeit unterlassen.
Berlin, 14. Okt., Im Publikum herrscht Verstimmung über die strenge Absperrung bei Anwesenheit des Zaren. Bei dem Besuch des Zaren in der Alexanderkaserne waren nicht nur die Straßen im weiteren Umfang abgesperrt, sondern die Aufstellung an den Hauslhoren, auf den Kellertreppen wie auf den Dächern verboten, auf den Dächern der Nachbarhäuser sollen Schutzmänner postirt gewesen sein.
Berlin, 14. Okt. Kaiser Alexander hat dem Reichskanzler und dem Grafen Herbert Bismarck sein Miniaturporträt in Form einer geschmackvoll gearbeiteten Dose durch seinen Hausminister Grafen von Woronzoff-Daschkoff überreichen lassen.
Berlin, 18. Okt. Der „Post" zufolge hat der Zar den Kaiser Wilhelm eingeladen, den großen russischen Manövern im nächsten Sommer beizuwohnen. Kaiser Wilhelm habe die freundschaftliche Einladung bereitwilligst angenommen.
Der Kaiser richtete an den Magistrat folgendes Handschreiben: Es ist Mir angenehm gewesen, wahrzunehmen, wie während der Anwesenheit Seiner Majestät des Kaisers von Rußland die Ordnung in den Straßen vermöge des Entgegenkommens der Bevölkerung bei Ausführung der polizeilichen Anordnungen überall eine musterhafte gewesen ist, so daß ungeachtet des großen Verkehrs und der notwendigen polizeilichen Einschränkungen desselben kein Unfall zu beklagen ist. Ich spreche dem Magistrat hierüber Meine besondere Befriedigung aus."
Wie die Pol. Corr. versichert, hat der Zar dem Kaiser Wilhelm gegenüber seine Bewunde-^ rung für das staatsmännische Genie des Fürsten! Bismarck ausgesprochen. Die Veröffentlichung des
Trinkspruches Alexanders sei aus dem Grunde erst 24 Stunden später erfolgt, weil man den Worilaut vom Zaren am nächsten Tage selbst aufzeichnen ließ, damit der Toast genau in der von ihm gewünschten Form publiziert werde.
Der Zar und die B o t s ch a ft e r. Französische Zeitungen lassen aus Berlin sich telegraphi- ren, Kaiser Alexander habe bei der Vorstellung in der Oper die sämtlichen Diplomaten durch einige höfliche Worte ausgezeichnet, und nur den italienischen Botschafter stumm begrüßt.
Berlin, 15. Okt. Die Einnahme an Wechselstempelsteuer hat nach dem amtlichen Ausweise im Deutschen Reiche innerhalb der Zeit vom 1. April 1889 bis zum Schluß des Monats September, also für die erste Hälfte des laufenden Etatsjahres, Mark 3 629 816,15 oder 285 780,15 mehr, als im gleichen Zeitraum des Vorjahres betragen.
Berlin, 17. Okt. Der Schauplatz eines schrecklichen Unglücks war am Freitag eine vor dem Schlesischen Thore belegene Villa. Die „Nordd. Allg. Ztg." berichtet darüber: An dem eisernen Gitter, welches den Vorgarten vom Straßenland abschließt, vergnügte sich eine Anzahl Knaben. Plötzlich stieß der 10jährige Alfred K. einen markerschütternden Schrei aus. Er war beim Klettern auf eine Spitze des Zaunes geraten und diese hatte sich tief in den After eingebohrt und den Knaben förmlich aufgespießt. Als die Spielgenossen ihren Kameraden in dieser entsetzlichen Lage sahen, liefen sie davon und überließen den Verunglückten seinem Schicksale. Der Führer eines des Wegs dahcrkom- menden Schlächterwagens bemerkte den K. und befreite ihn aus der schrecklichen Lage. Man brachte den Knaben, welcher das Bewußtsein verloren hatte, nach der am Görlitzer Bahnhof belegenen Sanitätswache, von wo aus die sofortige Ueberführung des tätlich verletzten K. auf Anordnung des Arztes nach dem Krankenhause Bethanien erfolgte. Außer der schweren innerlichen Verletzung hat der Knabe noch einen Bruch des linken Fußes davongetragen, der zwischen den Eisenstäben fest eingeklemmt war und den er bei seinen anfänglich selbst unternommenen verzweifelten Anstrengungen, sich selbst zu befreien, gebrochen hatte.
Berlin, 19. Okt. Die Gesammtausgabe des dem Reichstag vorzulegenden Etats stellt sich auf: 1 208 664 739 ,46 und übersteigt somit den vorjährigen Etat um 240 610 353 Die Ueber- weffungen an die Bundesstaaten aus den Reichssteuern betragen 298 510 000 ; die Erhöhung der
Matricularumlagen gegenüber dem laufenden Etat beträgt: 1 553 140
Berlin. Der „Kölnischen Ztg." zufolge schloß die bulgarische Regierung mit der Wiener Länderbank eine Anleihe von 25 000000 Frcs. ^ab. Wahrscheinlich sind auch deutsche Banken beteiligt. Die bulgarischen Eisenbahnen bilden das Pfandobjekt.
Die Eröffnung des Reichstages findet am Dienstag, den 22. Oktober, Mittags 12 Uhr, durch den Staatssekretär von Bötticher statt. Der Reichskanzler reist jetzt mit seiner Gemahlin nach Friedrichsruhe zurück.
Aus Anlaß der kaiserlichen Kundgebung gegen die „Kreuzzeitung" ist behauptet worden, Kaiser Wilhelm II. erhalte von dem Inhalt des hochkonservativen Blattes nur durch Ausschnitte Kenntnis, die man ihm vorlege, halte und lese sie aber ebenso wenig wie sein Großvater. Dem entgegen behauptet jetzt die „Aachener Zeitung", der Kaiser liest die „Kreuzzeitung" regelmäßig und abonniert auf sie; sie ist so zu sagen sein Leibblatt. Andere Blätter liest er nicht stetig und in Bezug auf sie wird er sich allerdings wohl meist auf „Ausschnitte" beschränken, die ihm vorgelegt werden. Ebenso hält die Kaiserin den „Reichsboten", der als ihr Spezialblatt zu betrachten ist. Der Kaiser hat sich in Bezug auf die „Kreuzzeitung" vor längerer Zeit folgendermaßen geäußert: „Ich halte als gebildeter Mann auch meine Zeitung, nämlich die „Kreuzzeitung", ich glaube aber noch lange nicht alles, was darin steht.
Nach dem „Aktionär" ist für die preußischen Bahnen die Neubeschaffung von 400 Lokomotiven fest beschlossene Sache.
Während die Berliner Unfall-Ausstellung mit einem Defizit abschließt, hat die hamburgische Gewerbe- und Industrie-Ausstellung den
von einer lokalen Ausstellung noch nicht erreichten Ueberschuß von reichlich 800000 ^ Der Schöpfer und Hauptleiter der Ausstellung, Dr. Brinkmann, erhielt als Ehrengeschenk 5000 ^ überreicht.
Schweiz.
Alle Ausländer, welche bei der Verteilung des letzten berüchtigten Anarchisten-Flugblattes ergriffen wurden, sind jetzt per Schub über die Grenze gebracht worden.
Belgien.
Brüssel, 15. Okt. Die Regierung be ansprucht einen neuen Militärkredit von 30 Millionen Franks.
Frankreich.
Paris, 17. Okt. Alexander von Battenberg ist mit Ferdinand von Koburg hier eingetroffen.
Paris, 18. Okt. Frankreich wird gegen den geplanten dauernden Aufenthalt Boulangers in Brüssel energisch protestieren.
Paris, 18. Okt. Prinz Ferdinand von Koburg unterhandelt hier wegen Abschlusses einer bulgarischen Anleihe.
Fürst Ferdinand von Bulgarien soll seine Geldangelegenheiten in Paris glücklich zum Abschluß gebracht haben und in den nächsten Tagen nach Bulgarien heimkehren. — Der Bergarbeiterstreik in Mons dauert immer noch fort. Die Leute haben jeden Vorschlag zur Güte schroff abgelehnt.
I talien.
Rom, 17. Okt. Crispi kam heute Nachmittag von Palermo hier an und reiste Abends nach Monza weiter, um dem Empfang des deutschen Kaiserpaares beizuwohnen.
Mailand, 17. Okt. In Genua ist der Getreidehändler G. B. Ferrairi mit Hinterlassung eines Defizits von 1^4 Mill. flüchtig geworden.
Portugal.
' Lissabon, 17. Okt. Der König hat das Bewußtsein verloren, und erhielt heute die Sterbesakramente. — (Ist bereits gestorben.)
England.
Boulanger kann das Klima in Jersey nicht vertragen und gedenkt nach Brüssel zurückzukehren. Er wird noch ein letztes Manifest erlassen und seine Leute auf später vertrösten.
Türkei.
Konstantinopel, 19. Okt. Der Fürst von Montenegro ersuchte die Pforte, 1200 montenegrinischen Familien, die wegen der Hungersnot in Montenegro nach Serbien auswandern wollen, den Durchzug durch die Türkei zu gestatten, worauf hin die Pforte, wie die „Agence de Konstantinople" erfährt, 2000 erwachsenen Montenegrinern den Durchzug gestattete.
Die Trauung des Kronprinzen von Griechenland wird im Dom zu Athen in Gegenwart aller Bischöfe und Erzbischöfe des Königreiches durch den Metropoliten von Athen stattfinden. Der König und die Prinzen besichtigen täglich die Festvorbereitungen in Athen, wo zahlreiche Fremde aus allen Teilen die Orients bereits ankommen.
Die deutsche Kolonie in Konstantinopel wird dem Kaiserpaare bis zu den Dardanellen entgegenfahren und dann später beim Einzuge Aufstellung nehmen. Außerdem wird dem Kaiserpaare eine Serenade dargebracht werden und soll ein Kommers stattfinden.
Die türkische Regierung hat bei der Ottomanischen Bank 6000 Pfund erhoben; die Summe ist zu Vorbereitungen für den Besuch des deutschen Kaiserpaares bestimmt. — Den Feierlichkeiten in Athen werden im Ganzen 29 Fürsten beiwohnen. Der Kronprinz von Griechenland wird zu der Feier das Großkreuz des englischen Bathordens erhalte». Die Ausschmückungen der Stadt gehen ihrer Vollendung entgegen. Besonders großartig wird ein im Piräus errichteter Triumphbogeu werden. Bulgarien.
Sofia, 17. Okt. Zankow, der Führer der russischen Partei in Bulgarien, hat dem Ministerpräsidenten Stambulow brieflich den Rat gegeben, er solle die Rückkehr des Prinzen Ferdinand von Coburg nach Bulgarien verhindern und auf diese Weise eine Aussöhnung mit Rußland möglich machen.
Australien.
Auf Samoa werden nun die Dinge spruchreif! Die Samoaner haben die Wahl eines neuen Königs vorgenommen, und da der frühere König.