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61. Jahrgang

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Erscheint Dienstag, Donnerstag L Samstag.

Die Einrückungsgebühr beträgt S H p. Zeile im Bezirk, sonst 12 H.

Dienstag, äen 12. Oktober 1886.

Abonnementspreis halbjährlich 1 «4 80 H, durch die Post bezogen im Bezirk 2 30 H, sonst in

ganz Württemberg 2 70 H.

Amtkiche WekcrrrrrLmcrchrrngerr.

Calw.

An die GrLsrmrsteher.

Da bestehender Vorschrift gemäß vor dem Eintritt der kälteren Jahres­zeit die feuerpolizeilichen Vorschriften zur öffentlichen Kennt- niß gebracht werden muffen, werden die Ortsvorsteher beauftragt, die Be­stimmungen der K. Verordnung vom 21. Dez. 1876 (Reg.-Bl. S. 513 ff.) betreffend die Feuerpolizei alsbald in ortsüblicher Weise zu verkündigen, deren strenge Einhalt zu überwachen und auch die Ortsfcucrschauer und Polizei- dienen zu getreuer Erfüllung der ihnen in dieser Richtung obliegenden Ver­pflichtungen anzuhalten.

Ueber die erfolgte Verkündigung ist im Schultheißenamtsprotokoll Ein­trag zu machen.

Den 10. Oktober 1886. K. Oberamt.

F l a x l a n d.

'AoLitifHe WcrcHvicHterr.

Deutsches Reich.

Zwischen der bulgarischen Regierung und Rußland ist es am Vorabende der Wahlen zu einem offenen Bruch gekommen; der russische Konsul hat ein Rundschreiben der Regierung, welches die Unterhalten fremder Staaten mit der Ausweisung bedroh-e, falls sich dieselben in die Wahlen einmischten, mit der Erklärung zurückgeschickt, daß er die diplomatischen Beziehungen abbreche. Aus der Wahrung ihres Hausrechts gegenüber einen wüsten und den Sturz der Regierung berechneten Agitation wird man der bulgarischen Regierung nicht den geringsten Vorwurf machen, dieselbe hat bisher vollkommen korrekt gehandelt und ist in ihrer Nachgiebigkeit bis an jene Grenzen gegangen, die sie nicht überschreiten zu dürfen glaubt, ohne dem gerechten Unwillen des bulgarischen Volkes zu verfallen. Ueber das weitere Verhalten Rußlands herrschen noch Zweifel, doch liegt auch jetzt noch kein genügender Anlaß vor, eine militärische Einmischung Rußlands in Aussicht zu stellen. Die schon ihrer polnischen Quelle wegen äußerst ver­dächtigen Meldungen über russische Truppenverschiebungen und die Mobilisie­rung von 4 Infanteriedivisionen in Bessarabien verdienen ebenso wenig Glauben, wie die Petersburger Nachrichten über die bevorstehende Wiederwahl des Fürsten Alexander und die zu diesem Zwecke angeblich seitens der bulgarischen Negierung betriebenen Agitationen. Ob Rußland seinen gesummten Agitations-

JeuitLetorr. «Nachdruck °«b°r°n,

Verlorene Ehre.

Roman von W. Köffer.

(Fortsetzung.)

Das wäre eine Spur!" nickte der Arzt.Erfuhrst du nicht, zu welchem Zweck der Fremde überhaupt gekommen war?"

Doch! Er fragte nach einer Dame Emilie BredowHlaube ich natür­lich ein fingierter Name und ich Unglückseliger durchblätterte noch für den Spitz­buben das ganze Adreßbuch!"

Er stützte verzweifelt den Kopf in die Hand.

Was hülfe es aber auch, wenn sich der Dieb ermitteln ließe?" setzte er nach einer Pause seufzend hinzu.Garnichts, denn sobald die Thatsache selbst entdeckt wird, ist es mit meiner Anstellung für immer vorbei. Und in weniger als drei Monaten hätte ich das Decret in der Tasche gehabt, hätte heiraten können!"

Eine längere Pause folgte diesem schmerzlichen Ausruf, ein Schweigen, das so deutlich spricht: Jede Tröstung wäre leeres Wortgeklingel.

Glaubst Du wirklich, daß durch das Bekanntwerden des Diebstahls Deine Carrisre ernstlich gefährdet sein könnte/ Walter?" fragte der junge Arzt.

Total ruiniert! Ich bekäme die Anstellung nie, mein Bester! Ich bin ein Springer", also den eingefleischten Bureaukraten allein schon aus diesem Grunde ein Dorn im Auge die Regierung hat den Lieutenannt, welcher Schulden halber seinen Abschied nehmen mußte, denHerrn Baron" noch dazu, ohne viele Vorreden dem Präsidenten unserer Provinz als zivilversorgungsberechtigt auf den Hals gepackt, und der Postdirektor erhielt die Anweisung, ihn so rasch als möglich zu placieren auf Kosten so und so vieler strebsamer Jünglinge natürlich, die seit ihrem sechzehnten Jahre gebüffelt und gehofft haben, um nun den Aristokraten, den gehaßtenLieute- tenant", sich vorangestellt zu sehen. Dergleichen macht böses Blut; schon um meiner

apparat und vor allem den General Kaulbars, wie es wohl folgerichtig wäre, zurückzuziehen und sich nur auf diplomatische Unterhandlungen mit den Mächten beschränken wird, muß sich schon in den nächsten Tagen entscheiden. Collie Rußland sich nicht entschließen, nunmehr das undankbare und wieder- spenstige Bulgarien sich selbst zu überlaffen, so wäre die Gefahr eines be­waffneten Einschreitens jetzt sehr nahe gerückt. Wir halten es indcß nicht für wahrscheinlich, daß Rußland angesichts der Haltung der übrigen Mächte einen so verhängnißvollen Schritt schon jetzt zu thun entschlossen ist. Fr Journ.

Wilhelmshaven, 5. Okt. Es finden zur Zeit von dem Forts Heppens aus Schießversuche mit einem der schwersten Geschütze der Marine- Artillerie statt, zu welchen der Kapitän zur See Thomsen, Dezernent in der kaiserlichen Admiralität hier eingetroffen ist. Die Erschütterung der aus diesem, 10 in langen Riesengeschütz von 28 cm Kaliber abgegebenen Schüsse ist so gewaltig, daß in dem nahegelegenen Marine-Observatorium und mehreren Privatgebäuden die Fenster zertrümmert wurden und Geschirr in den Schränken zerbrach. Der Luftdruck machte sich selbst in der mindestens 2 km entfernten Stadt noch so fühlbar, daß bei jedem Schüsse die Fenster klirrten.

München, 7. Okt. Ueber das Befinden König Otto's sollen jetzt regelmäßige amtliche Mitteilungen ausgegeben werden. Die heutige erste dieser Art lautet: Im Monat September litt Se. Majestät nicht unter größeren Aufregungszustünden; auch waren nur wenige schlaflose Nächte zu verzeichnen. In Folge dessen war das Befinden im Allgemeinen ein zufriedenstellendes.

O e st e r r e i ch.

DieWiener Deutsche Zeitung" schreibt:Es scheint, daß die weisen Thebaner, welche fortwährend an der Politik des Fürsten Bismarck mäkeln, endlich einzusehen beginnen, daß dieser Staatsmann etwas mehr von den Dingen versteht als sie. Die erstaunliche Schlappe der russischen Politik in Sofia, die feste Haltung Stambulows und das Scheitern der Sendung des armen Kaulbars müssen den Blindesten belehren, daß das Interesse Europas und Oesterreichs an Bulgarien nicht erst von den Kritikern des Fürsten Bis­marck gewahrt werden muß. Gegen Oesterreich sind die Organe des deutschen Reichskanzlers stets rücksichtsvoll, betonen immer wieder die Festigkeit des Bündnisses, aber sie werden nicht müde, die Thorheit zu geißeln, als ob Deutschland verpflichtet sei, Tag für Tag den Krieg gegen Rußland anzudrohen,, sobald es nur Graf Apporiy und die Vertreter derHusarenpolitik" verlangen. So wenig Deutschland verlangt, Oesterreich müsse im Falle des Losschlagens Frankreichs sofort 100,000 Mann an den Rhein senden, ebensowenig ist auch das deutsche Reich der Büttel Oesterreichs im Orient. Fast die gesamte

Tournüre, meines Namens willen hassen mich die meisten das alles wäre aber noch zu ertragen", fügte er bei,wenn nicht eben die Entdeckung des Diebstahls ganz unbedingt zur Untersuchung führen müßte. Und was wird alsdann die Folge sein, Julius? O, ich könnte wahnsinnig werden allein bei dem Gedanken daran! Ich habe Schulden, ich handelte leichtsinnig, meine Antecedentien scheinen nur allzu ge­eignet, um die Consequenz des Diebstahls herbeizuführen! Läßt sich das nicht etwa an den Fingern herzählen wie das Einmaleins? Der edle Herr lebte von jeher auf großem Fuße, pflegte noble Passionen, unterschrieb Wechsel und als die gewohnten kleinen Mittelchen nicht inehr verfingen, da geniert es ihn auch keineswegs, die Banknoten, wo er sie fand, mit gewohnter Eleganz in das Portefeuille zu verfügen."

Der Postbeamte war aufgesprungen, zitternd aschbleich; große Thränen liefen über sein zuckendes Gesicht herab.

Hörst Du das Geheul, Julius? Ich sage Dir, so kommt es, so muß es kommen, und dann "

Doktor Hartmann legte bemhigend die Hand auf den Arm des Erregten.

Still, Walter!" sagte er.Du übertreibst."

Aber trotz dieser Versicherung konnte er doch nicht umhin, die Logik des An­deren richtig zu nennen. Der Schein war gegen ihn, er fühlte es tief im erschütterten Herzen.

Aber wie in aller Welt wäre das Fehlende herbeizuschaffen?" fragte er nach längerer Pause.Ich habe es nicht das weißt Du."

Der Postbeamte schüttelte den Kopf.

Es gibt unter meinen sämtlichen Collegen nur einen, dem ich ohne Furcht vor Verrat das unselige Geheimnis anvertrauen dürfte", versetzte er mit unsicherer Sümme, noch ganz beherrscht von der furchtbaren Auflegung jenes Gedankens. Nur einen, und der versieht heute für mich den Dienst morgen Mittag muß ich einem Anderen die Kaffe überliefern morgen Mittag, Julius! Ist bis dahin das Geld nicht zur Stelle, so bin ich verloren."

Hartmann fixierte plötzlich seinen Blick.