der 6. Kompagnie des 2. naussauischen Infanterie- Regimentes Nr. 88 wurde wegen dieses Verbrechens zu einer Festungsstrafe von 5 Jahren verurteilt.

Eine beherzigenswerte Aeußerung hat der Abg. Miquel in einer nationalliberalen Versammlung zu Pfungstadt gethan. Er sagte:Ich habe nie das Wort .Reichsfeind" in den Mund genommen und ich halte dafür, daß wir nicht eine Partei in Deutschland haben, die nicht die Größe und die Macht des Vaterlandes will."

Berlin, 25. Nov. Die Stöckersche Deutsch- Evangelische Kirchenzeitung eifert gegen die Ernen­nung des Fürsten Bismarck zum Doktor der Theo­logie durch die Gießcner Fakultät, welche in kirchlichen Kreisen mit einigem Staunen und Verwunderung ausgenommen worden sei. Die Ernennung scheine der Preis für die Berufung des Professors Harnack zu sein. Man eifere dagegen, daß der Papst zur Entscheidung von Welthändeln angerufen und in die deutsche Politik hineingezogen worden sei, jetzt er­nenne man den Staatsmann, der diese Politik ver­trete, zum Doktor der evangelischen Theologie u. s. w.

Berlin, 25. Nov. Um dem Notstände der Kaufmannsgehilfen abzuhelfen, haben sich einige der angesehensten Berliner Kaufleute vereinigt, nachdem sich herausgestellt hat, daß dem Ansehen des ganzen Kaufmannstandes Gefahr droht, wenn nicht Wandel geschafft wird. Es hat sich nämlich ergeben, daß 67 "/ der angestellten ein Dasein führen, um das der ärmste Arbeiter sic nicht beneiden wird. Volle 67 "io aller Kaufmannsgehilsen Deutschlands beziehen ein monatliches Einkommen von weit unter bis höch­stens 100 Um diesem schweren Uebclstande ab­zuhelfen, soll zunächst der Versuch gemacht werden, mit Hilfe des Staates die kleineren Kaufleutc zu veranlassen, künftig weniger mit Lehrlingen als mit bezahlten Kräften zu arbeiten. Daß eine solche Maß­nahme allmählich der ungesunden Ueberftillung des Gehilsenstandes ein Ende machen und dadurch auch bessere Gehaltsverhültnisse herbeiführen würde, liegt auf der Hand. Um die nun einmal bestehende Not zu lindern, beabsichtigen die Herren, einen großen deutschen Kaufmannsverein mit Kranken-Unterstüz- zungs- und event, auch Pcnsionskassen ins Leben zu rufen.

Berlin, 26. Nov. Gestern hat sich hier ein Arbeiterverein unter dem NamenKönigstreu" kon­stituiert, welcher die Arbeiter in der Treue und Liebe zum Herrscherhause zu stärken und das Interesse der Arbeiter zu fördern bezweckt:

Berlin, 26. Nov. Der Herzog und die Her­zogin von Aosta traten heute Abend um 8 Uhr die Rückreise an. Der Kaiser gab denselben bis aus den Bahnhof das Geleit, wo er sich ans das herzlichste mit Umarmung und Kuß verabschiedete.

Die Nordd. AUg. Ztg. veröffentlicht an her­vorragender Stelle folgende Zeilen: Französische Zeitungen bringen eine Buchhändlcrnotiz, durch welche das nahe bevorstehende Erscheinen eines neuen Pam­phlets über den Reichskanzler angezeigt wird, das den verlockenden TitelDer entlarvte Bis­marck" führen soll. Das Buch ist dazu bestimmt, wie der Proipektus besagt,unwiderlegliche Beweise von der politischen Falschheit des Fürsten Bismarck zu bringen, die Authentizität der bekannten bulgari­schen Dokumente nachzuweisen und daran die Mit­teilung der vertraulichen Unterhandlungen anzukuü- pfen, welche die Veröffentlichung jener Dokumente in Frankreich, Rußland, Deutschland, Belgien und Bul­garien nach sich gezogen hat." Wir gratulieren den Franzosen zu dieser Bereicherung ihres politifch-littc- rarischen Schatzes, die sich ohne Zweifel ebenbürtig den ähnlichen Albernheiten zur Seite nellcn wird, die seit siebzehn Jahren aus französischen Federn geflossen sind. Vom Standpunkt der Psychologie oder richtiger der Psychiatrie ist der Vorgang inso­fern von Interesse, als er zeigt, bis zu welchem Grade von Verworfenheit der Haß gegen Deutschland große französische Kreise gebracht hat. Sie erschei­nen einfach unzurechnungsfähig; man darf von ihnen jeder, auch der unvernünftigsten Handlung gewärtig und muß daher auf seiner Hut sein."

TerReichsbote" schreibt von Berlin: Der Inhaber eines Möbelgeschäfts hat sich in einem Zir­kular, welches uns vorliegt, an die Geistlichen der Provinz gewendet und ihnen das unverschämte An­sinnen gestellt, ihm Mitteilung darüber zu machen, wenn Brautpaare in ihrer Gemeinde oder Umgebung vorhanden sind, welche sich ihre Ausstattung anschaf-

fen wollen, und der Firma die Adresse derselben an- > zugeben. Die Firma erbietet sich, von dem etwa auf diesem Wege zustande kommenden Geschäften den betreffenden Geistlichen 3 Prozent Provision gewäh-! ren zu wollen. (Wohl ein Hauptgfcheidle!) ^

Der Daily Telegraph bringt einen Auf- ! sehen erregenden Leitartikel, worin er im Hinblick auf die Thronrede d>e deutschen Verhältnisse mit den ^ französischen vergleicht und schließlich Frankreichs! Zustände für fricdensgefährlich erklärt.

Die Stadt Essen hat eine große Merkwür-^ digkeit aufzuweisen, durch die sie in ganz Preußen l einzig dasteht. Sie besitzt nämlich für die Kommu-! nalwahlen nur einen Wähler erster Klasse, nämlich den Geh. Kommerzienrat Krupp, der als solcher ein ' Drittel des Stadtverordnetenkollegiums zu wählen hat. Herr Krupp hat sich erst dieser Tage wieder, dieser Pflicht unterzogen und 5 Stadtverordnete er- ! nannt.

Im Handelsvertrag mit der Schweiz hat Deutschland für Baumwolle und Seidenartikel, auch für Uhren eine Zollermäßigung zugestandcn, die ^ Schweiz dagegen für Bier, Baumaterialien u. einige ^ andere Posten.

Oesrerrrich-Ungmr.

Ein neues Wiener W o chenb latt Schwarzgelb" hat von sich reden gemacht, weil es gegen Deutschland zackerierte und mit Rußland und Frankreich liebäugelte. Komischerweise ist der als' sehr deutschfreundlich bekannte Kronprinz Rudolph mit dem Blatte in Verbindung gebracht, wovon na­türlich kein Wort wahr ist. Da das Blatt seine Angriffe gegen das deutsch-österreichische Bündnis fortsetzte, ist es konfisziert.

Belgien.

Brüssel, 22. Nov. Alle Blätter signali- ^ sieren den bevorstehenden Ausbruch einer neuen Arbeiterbewegung in Südbelgien, wo gestern bereits ! Unruhen stattfanden. ^

Brüssel, 26. Nov. Die Regierung verlangt! zu Rüstungszwecken einen neuen Kredit von 125 Millionen Franken.

Frankreich.

Paris, 25. Nov. In Sachen der Eheschei­dung des Generals Boulanger hat am vergangenen Mittwoch ein letzter Versöhnungsversuch vor dem! Ziviltribunal stattgefunden. Derselbe ist aber ge-! scheitert. Me beiden Ehegatten sind nun von neuem! aus den 5. Dezbr. in das Kabinett des Tribunals­präsidenten berufen.

Paris, 25. Nov. DerLiberte" zufolge hätte Boulangers Gemahlin die Ehescheidung bean­tragt. Man munkelt aber, daß er es sei, der sie los sein wolle, und nicht umgekehrt. Vielleicht will er seine Hand für eine Prinzessin frei machen, wenn er dereinst noch Kaiser werden sollte. , !

Paris, 26. Nov. Kammer. Wilson wohnte^, erstmals nach seinem Prozeß der Sitzung bei.' Me- sureur beantragte deshalb, die Sitzung auf eine Stunde zu vertagen, aus Gründen, die jedermann begreifen werde; der Bonapartist Cuneo sagte, die Kammer würde gut thun, sich überhaupt auzzulösen. ^ Der Antrag Mesureur wurde mit 335 gegen 30 Stimmen angenommen. Nach Ausnahme der Sitzung verließ Wilson begleitet von Andrieux den Sitzungssaal.

Paris, 26. Nov. Bei dem gestrigen Bon-' langistenbankett hielt Boulanger eine Rede, worin ! er gegen die allgemein verbreiteten Ansichten prote- ! stierte, daß er agressive Hintergedanken habe. Er erinnerte an die Worte, welche er 1886 bei dem ! Feste in Hippodrom sprach: Jedes Volk, welches! leben wolle, müsse stark sein; in der gegenwärtigen! Lage Europas, angesichts der von allen Nationen ,! getroffenen Maßnahmen, würde Frankreich weniger in Sicherheit leben, wenn es weniger gerüstet, weniger vorbereitet wäre, als seine Nachbarn. Frankreich sei eifersüchtig auf seine Rechte, es trachte aber doch nach Frieden und nach dem Schutze der Arbeit. Er sei mehr Patriot als Soldat und wünsche sehnlichst die Aufrechterhaltung des Friedens. Es gebe zwei Arten des Friedens: einen Frieden, um welchen man bettelt, und einen Frieden, welchen man durch eine würdige und feste Haltung auferlegt. Letzterer allein gezieme den Franzosen. Boulanger fragt, ob jemand wagen würde, eine andere Sprache zu führen. Er verwünscht die gegenwärtige Politik, welche die Kräfte des Landes zersplittere und den trügerischen Anschein von Schwäche erwecke. Er sagetrügerischen", denn beim ersten Appell au das Vaterland würden die

inneren Zwistigkeiten sofort aufhören. Boulanger greift die Politiker an, welche, um sich den Flitter einer ephemeren Gewalt zu erhalten, säst dienstfertig das Mitleid des Auslandes anflehen; anspielend auf Ferry, behauptet Boulanger, das Volk habe den wirklich Schuldigen an den Pranger gestellt. Der­selbe verschleuderte, obwohl er die Gefahren, die Frankreich bedrohen, kannte, Soldaten, Schiffe und Geld in Tonkin. Schließlich betonte der Redner die Notwendigkeit, das Uebergewicht der materiellen Interessen zu bekämpfen, die nur zu häufig an die Stelle der edlen Triebfedern getreten seien. Er fordert seine Anhänger auf, der Patriotenliga ihren Beistand zu gewähren.

Nächsten Sonntag veranstaltet die Pariser Patriotenliga Boulanger zu Ehreu ein großes Gast- mahl. Der General will eine Friedensrede halten.

Italien.

Rom, 2l. Nov. Die hiesigeTribuua" er­fährt von cincmneuenitalienisch-französischenZwischen­fall aus Marseille, welcher sich nach der Darstellung dieses Blattes zu einem sehr schweren gestaltet hat. Der Kapitän des italienischen DampfersDavicv" wies bei Ausladung der Waren aus seinem Schiff die sich anbietendeu französischen Arbeiter zurück, worauf die Menge den Dampfer stürmen und die Offiziere, sowie den herbeigceiltcn Kanzler des ita­lienischen Konsulats massakrieren wollte. Die Poli­zei rettete die aufs Acußerstc Bedrohten, die bereits zu ihrer Verteidigung die Revolver gezogen hatten. Die italienische Botschaft zu Paris ist von dem Vor­fall indessen noch nicht informiert.

Rom, 24. Nov. In Coino haben 10000 Seidenweber die Arbeit eingestellt; der Streik breitet sich über die Umgebung aus und ist der größte, den cs je in Italien gegeben hat.

Rom, 24. Nov. Der König sprach gegenüber dem neuen französischen Botschafter die Hoffnung auf eine baldige Aussöhnung beider Länder aus. Italien werde sicher entgegenkommen, sobald Frank­reich die Hand biete.

England

London, 18. Nov. Renter's Office meldet aus Zanzibar: Der englische Generalkonsul erließ eine Proklamation, in welcher er den dort lebenden Engländern verbietet, Kontrakte mit den Sklaveube- sitzern zu schließen, um Sklaven znr Arbeit zu er­halten, noch Sklaven durch Vermittlung der Besitzer- öder in anderer Weise zu verwenden.

Kaiserin Eugcnie ist von England wieder herüber aufs Festland gekommen, um sich von Dr. Metzger in Amsterdam massieren zu lassen. In Brüssel versammelt sie ihre Getreuen um sich und fragt, ob der napoleonische Stern aufgeht. Sie geht am Stock, nicht wie früher, wcils elegant ist, sondern um sich zu stützen, ihr blondes Haar ist schneeweiß geworden und erinnert sie vielleicht daran, daß es viele Väter und Mütter giebt, die um ihres kleinen Krieges willen schon lange graue Haare bekommen haben. Das Massieren bekommt ihr übrigens gut, obgleich cs nicht vor Alter schützt.

Nach einer englischen Zusammenstellung wird die definitive Zusammensetzung der ostafrikani­schen Blokadeflotte die folgende sein: 7 eng­lische Schiffe mit 54 Kanonen und 1541 Mann, 7 deutsche mit 72 Kanonen und 1602 Mann, 2 ita­lienische, von denen jedoch bis jetzt nur derDogali" mit 6 Kanonen und 200 Mann bekannt ist, 9 por­tugiesische mit 48 Kanonen und 886 Mann. Außer­dem werden 2 französische Kriegsschiffe die unter fran­zösischer Flagge fahrenden Schiffe überwahen. Das einzige Panzerschiff in der Flotte ist der englische Agamemnon."

Rvkland.

Petersburg, 21. Nov. Sämtlichen Zeitungen tpurde jedwede Besprechung der Anlcihefrage verboten.

Petersburg, 24. Rov. Nach Meldungen aus Taganrog sind am'12. Nov. auf dem Meere unweit Taganrog ein Leuchtschiff und 12 Segelschiffe einge­froren. Es sanken im Lause der nächsten Tage 5 davon. 63 Seeleute, größtenteils Ausländer, retteten sich aufs Leuchtschiff. Am 18. Nov. erreichten vom Leuchtschiff 1 Offizier, 5 Matrosen und 48 Mann von den eingefrorenen Segelschiffen das Ufer. 15 Mann, deren Extremitäten abgefroren, blieben auf dem Leuchtschiff. Am 19. Nov. sanken noch 2 Se­gelschiffe. Am 22. Novbr. gelang es einem Krtegs- dampser an das Leuchtschiff heranznkommen und das­selbe in freies Wasser hinausznbugsiereu.