tung zu bringen wußte, verdient um so mehr Anerkennung, als er vielfache humanitäre Erwägungen zu bekämpfen hatte.
Berlin, 22. Nov. Der Reichstag wurde im Weißen Saale des königl. Schlosses mit großem äußeren Glanze eröffnet. Der Kaiser verlas persönlich die Thronrede, welche bei den Stellen, betreffend die friedliche Lage, den wirtschaftlichen Aufschwung und die soziale Gesetzgebung mit lautem Beifall ausgenommen wurde. Minister v. Bötticher erklärte nach der Verlesung den Reichstag für eröffnet. Beim Eintritt des Kaisers brachte dann der Vicepräsident Buhl und als der Kaiser den Saal verließ, der bayerische Bundesbevollmächtigte Graf Lerchenfeld ein stürmisch aufgenommenes Hoch auf den Kaiser aus. In der Hofloge wohnten die Kaiserin, der Herzog und die Herzogin von Aosta, der Erzherzog von Oestereich-Este und die Prinzessin Albrecht mit ihren Söhnen dem feierlichen Akte bei.
Berlin, 22. Nov. Bei dem gestrigen Empfang des russischen Thronfolgers waren am Bahnhof: Der Kaiser, die Prinzen Heinrich und Leopold, die Generale v. Pape, Waldersee, sowie der Gouverneur von Berlin, ferner die gesamte russische Botschaft. Beim Eintreffen des Zuges wurde die russische Nationalhymne gespielt. Der Empfang des Gastes durch den Kaiser war sehr herzlich.
Die Kaiserin Friedrich feiert heute im Schloß Windsor in England ihren 47. Geburtstag.
Die Nachricht von der Ernennung des Kriegs- ^ Ministers Bronsart von Schellendorf zum kom-^ mandierenden General des ersten Armeekorps und des Generallieutenants von j.Hahnke, unter welchem das Militär-Kabinet wieder mit dem Kriegsministerium vereinigt werden wird, beruht auf Wahrheit, wenn auch die amtliche Publikation wohl noch einige Zeit auf sich warten lassen wird. Generallieutenant von Hahnke steht dem Kaiser persönlich nahe. Der jetzige Kriegsminister hatte schon lange den Wunsch, ein Korpskommando zu übernehmen.
Wie verlautet, soll eine Marine-Telegraphenschule für die deutsche Marine eingerichtet werden. — Katholischen Blättern zufolge hat der Papst von der ursprünglich beabsichtigten Ernennung des Erzbischofs von Köln Abstand genommen.
Die Deutsche Bank macht bekannt, daß die bei dem großen Berliner Postdiebstahl abhanden gekommene 1 Million Lire ihr wieder vollzählig eingehändigt worden ist.
Die deutsche Kriegsflotte bekommt zu thun. „Schwalb" und „Pfeil" sind bekanntlich schon nach O stafrika ab gedampft, und nun ist auch noch die Indienststellung des Aviso „Blitz" hierfür verfügt. Das Kanonenboot „Eber" und die Korvette „Olga"
sind nach Samoa beordert worden, um dort zur Wiederherstellung der Ordnung beizutragen. Die Schiffe dürften dort angekommen sein.
Gutem Vernehmen nach beträgt die Summe, welche die Admiralität vom Reichstage für Schiffs- ueubauten fordern wird, nicht ganz 117 Mill. ^ Derselbe soll auf die nächsten 10 Jahre verteilt werden, würde also, je nachdem die Schiffsbauten für das Jahr einen größeren oder geringeren Betrag in Anspruch nehmen, jährlich zwischen 9 und 12 Millionen erfordern.
Oesterreich Ungarn.
Die Kaiserin Elisabeth von Oesterreich konnte der Trauerfeier für ihren Vater, den Herzog Maximilian, nicht beiwohnen. Sie weilt fern auf den griechischen Inseln nnd hat auf einer derselben etwas Merkwürdiges erlebt. In einer größeren Ortschaft war sie so freundlich empfangen worden, daß sie den Bürgermeister fragte, ob sie etwas für die Armen thun könne. „Nein, Majestät", antwortete dieser, „wir haben keine Armee!"
Prag, 20. Nov. Auch ein Zeichen der Zeit. Einige zwanzig Schülerinnen traten aus den czechi- schen Schulen in die deutschen Mädchenschulen über. Infolge dieses für die Czechen so sehr betrübenden Ereignisses berief der Stadtrat eine Kommission betreffs Einführung des deutschen Sprachunterrichts in den czechischen Schulen, um den weiteren Uebertritten vorzubeugen.
Frankreich.
Paris, 20. Nov. „Autoritö", „Pays," „Petit Marseillais" und „Petit Journal" kündigen heute als neueste Sensationsnachricht ihren Lesern entrüstet an, auch ihr Berliner Berichterstatter sei, wie der der „France" aus Preußen ausgewiesen worden.
Der Graf von Paris, der älteste Enkel Louis Philipps, läuft Boulanger nach und glaubt ihn schließlich zu überlisten und die französische Krone einzufangcn. Der Graf hat einen so gescheidten Vater gehabt, den Herzog von Orleans, der bei einer Spazierfahrt ums Leben kam, und eine so tapfere Mutter, die deutsche Prinzessin Helene von Mecklenburg , den „einzigen Mann" unter den Söhnen Louis Philipps, wie man bei dessen Sturz sagte, und doch hat er weder große Intelligenz, noch Schneid. Hinten herum will er auf den Thron kommen.
Italien.
Rom, 19. Nov. Einer Meldung der „Ag. Stefani" aus Sansibar zufolge, ist die Genugthuung, l welche Italien vom Sultan von Sansibar wegen der z Verzögerung der Annahme des Handschreibens des! Königs Humbert verlangte, nunmehr erfolgt. Die italienische Flagge wurde wieder aufgehißt, während
! alle Schiffe des Sultans große Flaggengala anlegten ' und einen Salut von 21 Kanonenschüssen abgaben. ! Der Sultan hat außerdem sein lebhaftestes Bedauern ausdrücken lassen und ein Entschuldigungsschreiben ! an König Humbert gerichtet.
England.
London, 20. Nov. Im Unterhaus teilte ! Lord Stanhope mit, es seien mehrere tüchtige deutsche ^ Arbeiter aus Solingen herangezogen worden, um die englischen Arbeiter in der Schmiedung von Hiebund Stoßwaffen zu unterrichten. Die Kenntnis dieses Faches sei in England fast ganz ausgestorben gewesen. Die deutschen Arbeiter werden wieder in ihre Heimat zurückkehren.
London, 21. Nov. Heute wurde abermals ein Frauenzimmer in Whitechapel ermordet.
Stuttgart, 23. Nov. (Privatst d. Gesellsch.) Brüssel. Bei Scheveningen scheiterte das Franzosenschiff Angon, 20 Personen ertrunken.
. London. Auf einem im Hafen Bristol ankernden Schiffe explodierten 310 Naphta- fäffer. Das Schiff wurde in tausend Stücke zerrissen. Die Schiffstrümmer flogen bis in Tonderstreet, wobei eine Anzahl Personen schwer verwundet wurde. Die ganze Schiffsmannschaft ist tot.
New-I)ork. Bei Harrison (Ohio) entgleiste der Personenzug, 15 Personen tot, über 50 schwer verwundet.
Berlin, 22. Nov. Die Thronrede, mit welcher heute Mittag der Kaiser persönlich den Reichstag eröffnete, gedenkt der Reisen in den verschiedenen Teilen des Reiches, welche dem Kaiser die Ueberzeu- gung gewährt, daß der Einheitsgedanke im ganzen Volke tiefe Wurzeln geschlagen habe. Die Finanzlage des Reiches sei befriedigend. Die Rede kündigt sodann die verschiedenen bekannten Vorlagen an und gedenkt kurz des Abkommens mit England bezüglich Ostafrikas. Die Beziehungen zu allen Mächten seien friedliche. Die Bestrebungen des Kaisers seien unablässig auf den Frieden gerichtet. Einen Krieg ohne Not halte der Kaiser für mit dem christlichen Glauben und mit seinen Pflichten gegen das deutsche Volk unverträglich. Bei seinem Besuche an den befreundeten Höfen habe Ihm das allseitig Ihm nnd seiner Politik entgegengebrachte Vertrauen die berechtigte Hoffnung auf Erha ltung des Friedens eingeflößt.
(Hiezu das Unterhaltungsblatt ük 47.)
Verantwortlicher Redakteur Steinwandel in Nagold. — Druck nnd Verlag der G. W. Harke r'lckien Buchhandlung in Nagold.
K. Amtsgericht N«S»Ii>.
Durch Beschluß von heute wurde die gegen den
Jakob Geigle, Oekonomen und
früheren Müller von Schönbronn.
OA. Nagold, z. Zt. in Philadelphia, unterm 11. Januar 1882 verfügte Entmündigung Wege« Verschwendung wieder aufgehoben.
Den 20. November 1888.
_ Amtsrichter Lehnem a n n.
S i m m e r s f e l d.
Holz-Verkauf.
Am Samstag den 24. November, mittags 1 Uhr .kommt auf hiesigem Rathaus aus dem Gemeindewald Distrikt IV Buchschollen zum Verkauf:
41 Stück Buchen mit 33 Festmeter, 5—13 m lang,
27—44 om. mittlerer Durchmesser, 85 Rm. buchene Scheiter,
2l „ „ Prügel,
11 , „ Anbruchholz.
Ten 20. Nov. 1888.
A. A.
Waldmeister Kern.
Amtliche uns Arivar-Aekünntmachungeu.
Oberamt Nagold.
Lieferung von Unterhaltnngsrnaterial auf Staatsstraßen.
Die Lieferung des Unterhaltungsmaterials auf Staatsstraßen wird im Ab- strcich öffentlich verakkordiert und zwar:
I. Auf die Straße Nr. 103 von Calw nach Nagold von km 10,6—14,1 Markung Wildberg, Wärterdistrikt Nr. 4,
Dienstag den 27. November d. I.. vormittags 10 Uhr auf dem Rathaus in Wildberg.
II. Auf die Straße Nr 99 von Stuttgart nach Freudenstadt.
1. Von Lm 51,2 bis Xm 54,1 Markung Rohrdorf u. Ebhausen, W.-D. Nr. 25
2. „ „ 54,1 „ ., 57,0 „ Ebhausen „ „ 26
3. „ „ 57,0 „ „ 59,6 „ Ebhausen, Ebcrshard und
Mvhnhardt „ „ 27
am gleichen Tage, nachmittags 4 Uhr auf dem Rathaus in Ebhausen.
4. Von Xni 59,6 bis km 62,1 Markung Berncck und Altensteig W.-D. Nr. 28
5. „ 62.1 „ „ 66,6 „ Altensteig u. Spielberg ,. „ 29
6. „ „ 66,6 ,. „ 70,0 „ Spielberg „ „ 30
Mittwoch den 28. November d. I., vormittags 10 Uhr aus dem Rathaus in Altensteig.
Der Inspektion unbekannte Akkordliebhaber haben sich mit gemeinderätlich beglaubigten Vermögens- und Fähigkeits-Zeugnissen zu versehen.
Calw, den 21. November 1888.
K. Straßenbau-Inspektion.
S t u p p e l.
Sulz.
Mms-Mcksüf.
Die Erben des weiland Peter Deng- ler, Bauers hier, verkaufen am Montag den 26. November, von mittags 1 Uhr an in ihrer Wohnung:
1 6jährigen Schimmel, Wallach, schweren Schlags, 2 Milchkühe, 1 halbträchtige Kuh, 1 fettes Rind, 3 Läuferschweine, 1 großen und einen kleinen Leiterwagen, verschiedenes Fuhr- und Pferdgeschirr und dergleichen.
Liebhaber werden eingeladen.
Sulz, den 19. Nov. 1888.
Waisen gerichü
^ N a g o 1 st
Vorzügliche triebkräftige
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^ la. Qualität empfiehlt stets frisch
8. Drills, 6oiMor.
in Oktav, Quart L Folio fertigt
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Nagold.
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kann sofort eintreten — bei wem? sagt die Redaktion.