folgende persönliche Mitteilung von allgemeinerem Interesse gemacht: In der Presse sei seiner Zeit viel darüber verhandelt worden, weshalb er seine Stel­lung als Botschafter am Quirinal in Rom aufgege- bcn habe. Mehrfach seien Zerwürfnisse mit dem Reichskanzler angenommen worden. Seine Stellung als Botschafter habe er freiwillig niedergelegt, weil er seinen im späten Alter ihm erst geborenen Kin­dern eine deutsche Erziehung habe geben und sie nicht in dem weichlichen und entnervenden südlichen Klima habe ihr Deutschtum vergessen lassen wollen. Dies sei der einzige Grund und er habe keine Ver­anlassung, sich hierüber nicht frei zu erklären.

Berlin. Wie verlautet, wird die vor Kurzem wieder angeregte Frage der Einführung einer Reichs­zivilliste für den Kaiser fallen gelassen und im Reichs­tage zunächst kein bezüglicher Antrag eingebracht werden. Von Allerhöchster Stelle soll zu verstehen gegeben sein, daß keine Aenderung des jetzigen Zu­standes gewünscht werde.

Die freireligiöse Gemeinde zu Berlin hat einen Preis von 800 ^ für Abfassung eines Lehr­buches für Schulen freireligiöser Gemeinden aus­geschrieben.

Grobe Ruhestörungen sind bei der Einstellung der Rekruten im Reichslande vorgekommen. In Altkirch versuchte eine nach Hunderten zählende Volksmenge beim Abmarsch der Rekruten nach dem Bahnhof unter wüstem Geschrei sich unter die Mann­schaften zu mischen. Als das begleitende Militär dies nicht erlaubte, drängte das Volk gewaltsam vor und warf mit Steinen. Das Militär lud schließ­lich die Gewehre und ging so gegen die Menge vor, die sich dann zerstreute. Noch schlimmer ging es in Jllsurt zu, einer Eisenbahnstation zwischen Altkirch und Mühlhausen. Als dort der Rekrutenzug an­langte, geberdete sich die Menge rein wie toll und schrie: ,Vivo 1a Kranes.« Der befehligende Offi­zier, der in Güte die Ordnung wiederherstellen wollte, wurde ausgelacht und angegriffen. Zu seiner Eige­nen Verteidigung mußte der Offizier den Degen ziehen lind verletzte einen Angreifer am Kopfe. Der Bahnhof wurde dann gewaltsam geräumt.

Aus den Denkwürdigkeiten des vor kurzem verstorbenen amerikanischen Generals Philipp She­ridan, welche demnächst in London erscheinen wer­den, erzählt dieWeser-Ztg." über eine Unterredung, welche der General am Schlachttag von Gravelotte mit dem Grafen Bismarck gehabt hat. Sheridan hatte Bismarck die Anschauungen der Amerikaner­in Bezug aus den deutsch-französischen Krieg geschil­dert und besprach dann mit ihm die amerikanische Regicrungssorm, wobei Graf Bismarck erklärt haben soll , daß er in seiner Jugend der republikanischen Staatssorm nicht abgeneigt gewesen sei, -daß aber Familieneinslüsse ihn später andere Wege gewiesen hätten und daß er, nachdem er einmal die diploma­tische Karriere Ungeschlagen hatte, gefunden habe, daß Deutschland für die republikanische Regierimgs- svrm noch nicht reis sei. Am liebsten, soll Bismarck gesagt haben, wäre ich in meiner Jugend Soldat geworden, doch hat mich meine Familie dazu veran­laßt, die diplomatische Laufbahn einzuschlagen.

Oesterreich Ungarn.

Wien, 7. Nov. Folgende Aeußerung des Zaren wird kolportiert:Betrug, Diebstahl und Pslichtvergessenheit haben das Unglück veranlaßt. Bei Gott, es soll anders werden!" Der Sultan gratulierte dem Zaren zu seiner Rettung, worauf die­ser seinen Dank nussprach. Will er ein neuer Herkules werden und den Augiasstall reinigen? Das ist selbst dem eisernen Nikolaus nicht gelungen, der gesagt hat:Ich und mein Sohn sind die ein­zigen, die nicht stehlen."

Wien, 7. Nov. Auch die evangelische Kirche Oesterreichs rüstet sich, das 40jährige Regierungs- Jubiläum des Kaisers würdig zu feiern. Den In­tentionen des Kaisers entsprechend, soll aus diesem Anlasse, abgesehen von in einzelnen Diözesen irrs Leben gerufenen Stiftungen und Wohlthätigkeitsakten eine allgemeine evangelische Wohlthätigkeits-Stiftung errichtet werden, die der ganzen Kirche zu Gute kommen wird. Dieselbe soll in ihrer Benennung den kaiser­lichen 'Namen führen. Der Obcrkirchenrat wendet sich deshalb mittelst eines Aufrufesan alle evan­gelische Glaubensgenossen Augsb. und Hclv. Evnf. in Oesterreich" mit dem Ersuchen, die Errichtung dieser Stiftung durch Spende von Beiträgen, direkt an den Oberkirchenrat oder im Wege der Pfarrämter,

bis 2. Dezember d. I. möglichst zu unterstützen. In dem Aufrufe wird der besonderen Dankbarkeit ge­dacht, zu welcher die Evangelischen Oesterreichs dem Kaiser, ihremSchutz- und Schirmherrn" für immer­währende Zeiten verpflichtet sind, und wird hiebei auf die Stellung der evangelischen Kirche in Oester­reich vor der Thronbesteigung des Kaisers Franz Josef und auf die ihr seither gewährteGleichberech­tigung" hingewiesen. Wenn auch die Evangelischen zur Erhaltung ihrer kirchlichen Anstalten in sehr hohem Maße in Anspruch genommen sind, so ist doch zu erwarten, daß der ausnahmsweise Appell der obersten Kirchenbehörde an die Glaubensgenossen von Erfolg sein, das ebenso wohlthätige als patrio­tische Unternehmen entsprechende Förderung finden wird.

Belgien.

Brüssel, 9. Nov. Wie verlautet, reist Kö­nig Leopold demnächst nach Berlin zum Besuche des deutschen Kaiserhofs.

Frankreich.

Paris, 7. Nov. In zwei Stellen-Vermitt- lungs-Burcaux in der Rue Boucher francaisc fanden in der vergangenen Nacht Dynamit-Explosionen statt, wodurch beträchtlicher Schaden angerichtet wurde. Personen sind nicht verunglückt. Die Urheber sollen Anarchisten sein.

Paris, 9. Nov. Gestern abend wurde eine Versammlung von Mitgliedern der konservativen Partei durch Anarchisten gesprengt. Es entspann sich eine Schlägerei, bei der die Konservativen mit bleiausgegossenen Spazierstöcken auf die Eindring­linge einschlugen und sie zur Thür hinauswarfen. Nachdem die Anarchisten einen schwervcrwundcten Kameraden fortgebracht hatten, kamen sie zurück, und die Prügelei begann von neuem. Mittlerweile war der Vorsitzende der Versammlung benachrichtigt wor­den, daß ein weiterer Haufe von etwa 300 Anar­chisten zur Unterstützung ihrer Genossen herbeieile, er schloß daher unter dem Hinweis darauf, daß er für ein etwaiges Blutvergießen die Verantwortung nicht übernehmen könne, die Versammlung. Auf der Straße schritt die Polizei ein und zerstreute die Menge. Etwa 15 Personen wurden verwundet.

Paris. Immer deutlicher zeigt sich, daß bei den Verhandlungen der Kammcrkommission, die über die Abänderung der Verfassung beratschlagt, so gut wie gar nichts herauskommen wird. Die Kommission faßt lauter Beschlüsse, welche in den Kammern nie­mals auf Annahme zu rechnen haben. Es scheint beinahe so, als thue man nur etwas, um die Zeit bis zu den im nächsten Jahre stattsindenden Neu­wahlen irgendwie auszufüllen.

Havre, 10. Nov. In der Nacht von Diens­tag auf Mittwoch fand einige Meilen von Lizard ein Zusammenstoß zwischen dem deutschen Drei­master Theodor Rüger und dem englischen Dampfer Nantes statt. Elfterer sank eine halbe Stunde nach dem Zusammenstoß. Die Bemannung flüchtete in zwei Booten. Dem Nantes wurde bei der Maschine ^ der Schornstein eingestoßen. Sein Schicksal ist un­bekannt. Details fehlen.

Italien.

Rom, 8. Nov. Kriegsgerüchte. Das Mili­tärblattEsercito" stellt den Krieg mit Frankreich ' als unausbleiblich hin. Die offiziöseRiforma" schreibt, Italien habe von Westen her nichts Gutes ^ zu hoffen; die Pflicht gegen das Land gebiete der Regierung, die ganze Wahrheit zu sagen und die ' europäische Lage als gefahrvoll zu bezeichnen. Ita­lien sei der eigenen Sicherheit neue Opfer schuldig und die Kammer werde jedenfalls den Darlegungen des Kriegs- und Marincministers gewissenhaft Rech­nung tragen. DieGazetta d'Jtalia" veröffentlicht den angeblichen Brief eines russischen Diplomaten, der den Krieg für den kommenden Frühling als unvermeidlich hält. (?)

Rom. Für die Urteilsfähigkeit der italieni­schen Blätter ist es kennzeichnend, daß dieselben Or­gane, welche den Kaiserbesuch mit lautem Jubel begrüßten, jetzt ebenso heftig die Ansprache Kaiser Wilhelms an die Berliner städtischen Vertreter kriti­sieren, und aus ihren scharfen Angriffen gar kein Hehl machen. Dasselbe gilt übrigens auch von ei­nem großen Teil der Wiener und Pester Presse.

Griechenland.

Athen, 10. Nov. Die amtliche Zeitung ver­öffentlicht die Verlobung der Prinzessin Alexandra mit dem Großfürsten Paul.

England.

London, 9. Novbr. Soeben ist in der Titchfield-Street ein Haus eingcstürzt, wobei 7 Men­schen getötet wurden.

Rsßland.

Petersburg, 8. Nov. Die zur Unter­suchung des Unfalls bei Borki eingesetzte Kommission ist unter sich uneinig. , Der Prokurator Sakcewski behauptet, es liege ein Verbrechen vor, wogegen der - Untersuchungsrichter Mack die Ansicht vertritt, daß die Katastrophe durch einen Räderbruch erfolgt sei. Türkei.

Tripolis, 9. Novbr. Einer Meldung des Bureau Reuter aus Wadai zufolge fand östlich von Darfur ein Zusammenstoß zwischen den Mahdisten und der Bevölkerung statt. Elftere griffen, 70000 Mann stark, unter Führung Gianuhs die Stadt an, wurden jedoch mit einem Verlust von 3000 Mann zurückgeschlagen. Bei einem erneuerten Angriff wa­ren die Mahdrsten siegreich und nahmen die Stadt ein. Der Sultan flüchtete in das Ghirigebirge.

Amerika.

New York, 7. Nov. General Harrison ist zum Präsidenten und der frühere Gesandte der Ber­einigten Staaten in Frankreich, Levi P. Morton zum Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten gewählt worden.

New York, 10. Nov. In den Minen bei Pittsburg fand eine Explosion statt, bei der 160 Grubenarbeiter verschüttet wurden. Man fürchtet, daß alle verloren sind.

Die Persönlichkeit des neuen amerikanischen Präsidenten wird vomB. T." folgend geschil­dert:General Harrison ist ein hervorragender Advokat in Indianapolis, namentlich ein hervorra­gender Sachwalter für Eisenbahn- und andere Kor­porationen, wodurch er naturgemäß mehr oder we­niger den Interessen der Arbeiter feindlich gegen­übertritt. Er ist ein hochangcschener Bürger, ein guter Gatte und Vater, ein strikter Anhänger des Temperenzunsinns, wenn auch kein ausgesprochener Prohibitionist, ein frommer Christ und als solcher eine feste Stütze seiner, der presbyterianischen Kirche, in welcher er die Stelle einesDeacon" bekleidet. Auch als Lehrer an einer Sonntagsschule hat er sich hervorgethan. Er versäumt keinen Gottesdienst und gilt deshalb in den Augen des Amerikaners als ein exemplarisch guter Mensch. Seine politischen Gegner beschuldigen ihn aristokratischer Anwandlun­gen, der Feindschaft gegen organisierte Arbeit und einer gewissen Unnahbarkeit, letzteres ein großes Verbrechen in den Augen der meisten Nordamcrika- ncr. Erwähnen will ich hier noch, daß General Harrison einen besonders- schweren Stand den Ar­beitern gegenüber hat durch sein angeblich feindse­liges Auftreten gegen die streikenden Eisenbahnar­beiter im Jahre 1877." Die Beziehungen zwischen England und den Vereinigten Staaten werden je­denfalls durch die Wahl Harrisons nicht gebessert.

Laut amtlicher Nachricht aus Buenos-Ay- rcs langten dort im Laufe des Monats Oktober 20 147 Einwanderer verschiedener Nationalitäten an, d. h. über sechstausend mehr als im gleichen Mo­nate des vergangenen Jahres.

Asien.

Nach Londoner Telegrammen aus Kalkutta stieß der Personendampfer Mangola unweit des Ha­fens von Kalkutta mit einem Bugsierbvote zusammen und sank nach kurzer Zeit. Bei der Katastrophe haben sechzig Personen den Tod gefunden.

Madras ist von einem heftigen Cytlon heim­gesucht worden. Ein aus 19 Waggons bestehender Eisenbahnzug wurde umgeweht. Dem Dampfer Bhun- dara, welcher 627 Kulis an Bord hatte, wurden die Feuer von dem hereinströmenden Wasser aus­gelöscht. 5 Kulis wurden getötet und 14 ernstlich verletzt. Man hofft, daß aus den Sturm allgemei­ner Regen folgen wird. Mittlerweile werden Vor­bereitungen getroffen, um der drohenden Hungers­not entgcgeuzutrcten.

Kleinere Mitteilungen.

Stuttgart, 8. Novbr. Jedermann wird noch die Affaire im Gedächtnis sein, in der Herr Hertcr, s. Z. Wirt zum Steinbock in Stuttgart und nachmals in Straßbnrg durch die Schuld eines Apothekers vom Leoen zu Lode kam. Herter starb in Straßburg und der Apotheker wurde zu längerer Gefängnisstrafe verurteilt. Jetzt hat sich die Witwe Herters mit dem Apotheker arrangiert oder besser gesagt,