Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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-ußerlMbÄ^Bezüks Monats Donnerstag den 20. September > ^esteu^m-rgens^^hr looo.

Bezirks

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ZlmLliiZ^es.

Freitag 21. Sept , mittags 3 Uhr, wird auf dem hiesigen Rathaus eine Plenarversammlung

des Bezirkswohlthätigkeitsvereins

zum Zweck der Rechnungsablage und der Ergänzung des Ausschusses gehalten werden, wozu alle Freunde der Sache zu zahlreichem Erscheinen eingeladen werden.

Nagold, den 19. Sept. 1888.

Der interimistische Vorstand:

Dekan Schott.

Die erledigte evangelische Stadtpfarrei Bern eck wurde dem Pfarrvcrweser Erdmann Christaller in Laufen ü bertragen. _

Tages-Neirigkeiterr.

Deutsches Reich.

Freudenstadt, 15. Sept. Die hiesige Bierbrauerei zur Christophsau wird vom 1. Oktober ab in das Eigentum einer Aktiengesellschaft übergehen und von dieser in Verrieb gesetzt werden.

Leonberg, 15. Sept. Bis jetzt sollen 20 Bewerber um die hiesige Stadtschulrheißenstelle sich angemeldet haben.

Stuttgart, 16. Sept. Seit gestern liegt die amtliche Bestätigung der Nachricht vor, daß S. M. der Kaiser zum Besuche unseres Königspaares nach Stuttgart kommen wird und zwar am 28. Septbr. Unsere Bevölkerung ist begreiflicherweise sehr erfreut darüber, daß ihr Gelegenheit gegeben ist, den jungen Kaiser begrüßen zu können und es werden großar­tige Veranstaltungen zum Empfang des Reichsober­hauptes geplant. Der Kaiser wird hier am linken Schloßflügel, in den Oldenburgischen Zimmern ab- steigen, wo auch sein Großvater und Vater schon mehrfach gewohnt haben. Der ganze Flügel wird neu hergerichtet.

Stuttgart, 17. Septbr. Durch zu frühes Ziehen einer Weiche entgleiste auf dem hiesigen Bahn­hof heute Nachmittag der Personenzug nach Freuden­stadt. Der Bremser Schroll blieb dabei tot, der Wagenwärter Belke wurde sehr schwer verwundet.

Cannstatt, 15. Sept. Der Viehmarkt des Volksfestes wurde wegen der Maul- und Klauenseuche von der K. Regierung des Neckarkreises verboten; damit fällt natürlich auch die seitens der Stadt ge­plante Zuchtviehprämierung weg.

Bei den Verpachtungen zum diesjährigen Cann- statter Volksfest wurden erlöst für Wirtschaftsbuden 8542 (dreimal soviel als im Vorjahr), für Schau­buden 5400

Volksfestlotterie. Nach einer Bekanntmachung des Württ. Rcnnvereins kommen bei der heurigen Volksfestlotterie die in Vieh bestehenden Preise in Wegfall und treten ent­sprechende Geldpreise an deren Stelle.

Hofrat Dr. v. Burckhardt starb in Cannstatt und nicht in Wildbad.

G Am 11. Sept. feierte der evangel. Kirchen­gesang-Verein für Württemberg sein Kirchengesangfest in Waiblingen. Schon in der Frühe zogen die 11 mitwirkenden Chöre und zahlreiche Festgäste in die festlich geschmückte Stadt ein. Um '/,«) Uhr war Hauptversammlung auf dem Rathaus, wo Hr. Stadtschultheiß Etzel die Versammlung namens der Stadt bewillkommte. Der Vorstand Stadtpfarrer Abel von Gmünd gab kurz einen Rechenschaftsbericht über den Stand des Vereins, der in stetem Wachsen ist. 140 Chöre mit etwa 5000 Säugern sowie ca. 1100 passive Mitglieder stellen sich in den Dienst dieser gewiß edlen Sache. Um '/»II Uhr war Hauptprobe, um 12 Mittagessen, bei welchem der

Vorstand einen Toast auf unser erhabenes Königs­haus ausbrachte. Zwei Telegramme übermittelten die Huldigung nach Friedrichshafen und wurden huldvoll erwidert. Um 2 Uhr gingS in festlichem Zug zur prächtigen Kirche, wo der in allen Teilen gelungene und erhebende Gottesdienst bis '/-5 Uhr dauerte. Die Leistung der Chöre unter Musikdirektor Burk­harts (Nürtingen) Leitung war eine durchaus gute. Die herrlichen Bibelworte des Liturgen (Hr. Dekan Geß), die fein durchdachte Festpredigt über Ps. 84 (Hr. Stadtpfarrer Wunderlich von Cannstatt) ver­bunden und umrahmt von Chören und Gemeindege­sängen, machten auf die Festversammlung tiefen Ein­druck. Festorganist war Musikoberlehrer Hegele (Nagold). Bei der nachherigen geselligen Vereinigung in der Post wurde manches schöne Wort gesprochen, das wohl auch draußen wieder Frucht tragen wird, insbesondere wurden die herzlichen Segenswünsche unseres hochverehrten Hr. Prälaten v. Gerok mit Jubel ausgenommen. Er bezeichnet sich als den Großvater des Vereins, da sein Sohn, unser l. Ehren­präsident und Gründer Prof. H. A. Köstlin ja doch der Vater des Vereins sei. Aehnliche herzliche Worte kamen aus dem Munde der HH- Prälat v. Lang, Staatsrat v. Riecke, Hr. Dekan Geß u. a., die alle be­kundeten , daß es eine edle, herrliche Sache sei, dem der Verein diene, und daß der Verein der Un­terstützung aller derer wert sei, denen unsere teure evangelische Kirche am Herzen liege. Der auf dem Marktplatz gemeinsam gesungene ChoralLobe den Herren" bildete den Schluß des schönen Festtages, auf dem, so Gott will, wieder manches Samenkorn ausgestreut worden ist, das zu Nutz und Frommen unserer evangelischen Kirche einst aufgehen und Frucht tragen wird.

Ulm, 17. Sept. Wie man hört) beabsichtigt die GesellschaftHundskomödie" einen kupfernen ver- goldeten Spatzen auf das Münster zu stiften, so daß dieses alte Ulmer Wahrzeichen wieder auf dem Münsterdach vertreten wäre.

Brandfälle: In Freudenstadt am 15. d. Mts. der Dachstock des Wohnhauses des Tuch­machers Pfau. Das 15jährige Dienstmädchen des Pfau ist geständig, den Heuvorrat wegen Heimweh angezündet zu haben.

München, 17. Sept. Der Prinzregent reiste heute nach der Pfalz ab. In seiner Begleitung be­finden sich außer den Adjutanten u. s. w. die Mini­ster v. Lutz und v. Feilitzsch.

Frankfurt a. M., 16. Sept. Gestern abend war ein hiesiger Versicherungsbeamter gerade damit beschäftigt. Geld und zwar Papiergeld abzuzählen, um dasselbe an seine Gesellschaft abzuschicken, als die vor ihm auf dem Tisch stehende brennende Lampe explodierte und die umliegenden Gegenstände in Flammen setzte. Ehe es der Frau des selbst im Gesicht versengten Mannes gelang, die Flammen durch darauf geworfenes Bettwerk zu ersticken, waren 2800 ^ in Scheinen verbrannt.

Berlin, 15. Sept. Die Herbstmanöver des Gardekorps und des 3. Armeekorps nehmen, von dem prachtvollsten Sommerwetter begünstigt, einen ebenso glücklichen wie glänzenden Verlauf. Ganz besonders sind nach derKöln. Ztg." zugehenden Berichten die fremdherrlichen Militärs des Lobes voll über die Leistungen der Truppen, und auch der Kaiser soll wiederholt Anlaß genommen haben, seiner Befriedigung Ausdrnck zu geben. Die Abreise des Kaisers nach Süddeutschland u. s. w. ist auf den 24. d. M. festgesetzt.

! Wien, 15. Sept. Bon dem Nachlasse des ! Fürsten Schwarzenberg erhält der Finanzminister ! anderthalb Millionen Gulden Erbschaftsgebühr. Der Verstorbene war ein Sohn des österreichischen Bot­schafters Schwarzenberg in Paris, der 1810 zur Vermählung des Kaisers Napoleon mit der österrei­chischen Kaisertochter Marie Luise einen Ball gab; es brach Feuer in dem Palaste aus, wobei seine Ge­mahlin, die junge Fürstin Pauline, verbrannte. Der Bruder des setzt Verstorbenen war der österreichische Ministerpräsident Felix Schwarzenberg, der in den 1850er Jahren die Parole ausgab: Zuerst Pkeußen verächtlich machen und demütigen, dann es vernich­ten! Auch der vielgenannte Kardinal in Prag war ein Bruder. Alle drei Brüder, obwohl deutscher Abkunft, waren eifrige Tschechen.

Berlin, 17. Sept. Gestern wohnte Staats­minister Graf Bismarck dem Diner bei Sr. Majestät dem Kaiser bei, nachdem er kurz vorher aus Fried­richsruh eingetroffen war. Heute früh reiste derselbe nach Rußland zum Grafen Schuwaloff ab.

Um für 'die Zukunft eine authentische Aufzeich­nung und Wiedergabe der Reden des Kaisers zu ermöglichen, wird ein amtlicher Stenograph des preußischen Abgeordnetenhauses den Kaiser aus dessen Reisen begleiten.

Berlin. DieNational-Zeitung" veröffent­licht den umfangreichen Wahlaufruf der Natio­nalliberalen. Dieser fordert eine starke Königs­gewalt, eine fortschreitende praktische Gesetzgebung, gewissenhafte Verwaltung, unabhängige Gerichte, freie Forschung der Wissenschaft, Gleichheit der staatsbür­gerlichen Rechte aller Konfessionen, Verbesserung der Lage der arbeitenden Klaffen, Reform der direkten Steuern behufs Entlastung ärmerer Klassen, Reform derLex Huene", Reform der Verfassung und Ver­waltung der Landgemeinden. Das Programm tritt den hierarchischen Gelüsten der evangelischen Kirche entgegen und den Bestrebungen, der Schule den staat­lichen Charakter zu nehmen, und will für ein Schul­gesetz eintreten, welches solchen Bestrebungen den Boden entzieht. Alle Friedensbestrebungen gegen­über der katholischen Kirche will die Partei unter­stützen. Die erworbeuen Errungenschaften seien nur zu behaupten, wenn die Mehrheit der Landesvertre­tung radikale Tendenzen und j persönliche Gegensätze fernhält und nicht ihre Hauptaufgabe in der Ver­folgung einseitiger kirchlicher oder weltlicher Ziele sieht.

Einen höchst merkwürdigen Artikel entnimmt die Nordd. Allg. Ztg. wortgetreu der BrüsselerJn- dependance Belge". Die Hauptpunkte darin sind: In den dem deutschen Reichskanzler- befreundeten Kreisen befürchtet man in der That, daß, wenn er nichtselbst, wie der Feldmarschall von Moltke die patriotische Initiative ergreift, seinen Rücktritt vorzu­bereiten, es sich leicht ereignen könnte, daß er zum Rücktritt gezwungen würde, mehr vielleicht, als dieS beim Grafen Moltke der Fall war. Wilhelm II. bewundert wirklich den Kanzler als Kaiser ebenso, wie er ihn bewundert hat als Prinz von Preußen und Kronprinz. . Aber Wilhelm II. als Kaiser ist nicht' wie Wilhelm I. Durch ein unwiderrufliches Niemals" verpflichtet. Wilhelm II. ist 29 Jahre alt und Fürst Bismarck ist für einen so jungen Für­sten ein Ratgeber von unbequemem Alter. Er hat überdies den Nachteil, lange Zeit die Geschäfte un­ter einem sehr alten Monarchen geleistet zu haben. Ein Minister, besonders ein Minister von Charakter und dem hohen Werte des Herrn von Bismarck