Der Gesellschafter.
Amts- «nd Intelligenz-Blatt für -e« Oberamts-Bezirk Nagold.
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Dienstag den 11. September
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Tages-Neirigkeiten.
Deutsches Reich.
** Nagold, 9. Septbr. Das Bezirksmission sfest, welches heute nachmittag von 1^/r bis 4'/s Uhr unter großer Beteiligung der Missionsfreunde gefeiert wurde, eröffnete Pfarrer Bellon von Sulz mit Gebet, Rede und Jahresbericht. Er wendete Luk. 7, 1—4 auf die Heidenwelt an, welche es nicht nur sehr bedürftig sondern auch wirklich wert sei, daß man ihr das Evangelium bringe. Hiefür gab er aus eigener Erfahrung (er war früher Missionar in China) mancherlei Belege. Er erzählte von ihrer Lieblosigkeit (Kindermord, Teilnahmlosigkeit gegen Arme, Kranke und Hilfsbedürftige überhaupt), von ihren schlechten Obrigkeiten, die Geschenke nehmen und sich dadurch bestechen lassen, von der ungeschehen Ausübung von allen möglichen Greueln. Die Mission unter den Chinesen trage aber oft recht erfreuliche Früchte, so daß schon wunderbare Bekehrungen bei ihnen vorgekommen seien, wozu mehrere Belege gegeben wurden. Die Chinesen seien es deshalb nicht nur sehr bedürftig sondern auch wert, daß alles von uns gethan werde, ihnen zum wahren Glauben zu verhelfen. Dem Jahresbericht entnehmen wir, daß die Einnahmen der allgemeinen Kasse sich im letzten Jahre auf 1400 die des Kollektevereins auf über 2800 ^ beliefen. An Naturalien sind von mehreren Strick- und Spinnereien reiche Gaben für die Mission eingegangen. Die Summe der Geldgaben des Missionsvereins Altensteig beliefen sich (mit Ausnahme der KoLektegelder, die über 806 vik betrugen) auf 450 ^ Missionar Seeg er, der nach zweimaliger Missionsthätigkeit auf der Goldküste in Afrika sich in der Heimat (Zwerenberg) zur Erholung befindet, sprach über Joh. 10 und richtete § die Gedanken der Festversammlung auf den dunkeln! Weltteil, auf die Menschenopfer und Zaubereien, die dort Vorkommen, auf die Betrügereien der Priester »> und die schlechten Obrigkeiten, die sich dort befinden.
Es find aber trotz aller Hindernisse und Schwierig- * keiten nach und nach nur auf den Basler Stationen 7000 Heiden fürs Reich Gottes gewonnen worden ^ und 2000 Schüler erhalten Unterricht in der christlichen Religion. Mit der Bitte, die Christenheit möge auch ferner treulich mithelfen an dem schönen und segensreichen Werk der Mission, schließt der Red- . ner. Dr. Gundert von Calw, der sich von längerer Krankheit wieder erholt hat, sprach, an Matth. 81, 22 anknüpfend, vom großen Werk der Fürbitte und wünschte den heute zu ordinierenden Kameruner Missionaren Gottes reichen Segen. Einer derselben, Schölten, sprach noch über Joh. 15, 16 und erzählte in Kürze, wie er und sein Freund Arntz durch wunderbare Fügung dazu gekommen sei, sich dem Missionsdienst zu widmen. Nachdem denselben V" einem Chorgesang zur Ermunterung das Wort: Zieht fröhlich hinaus zum heiligen Krieg! zugerufen worden war. nahm Dekan Schott unter Assistenz von Pfarrer Bellon und Helfer Mfth die feierliche Einsegnung der beiden demnächst nach Kamerun ausziehenden Basler Missionszöglinge vor. Mögen sie sich des göttlichen Schutzes erfreuen und in der deutschen Kolonie in Afrika vielen Segen stiften.
Stuttgart, 7. Sept. Eine offizielle Hofnachricht konstatiert gegenüber widersprechenden Mel»
düngen über die Kaiserreise, daß bi- jetzt weder bei Hofe noch bei der Regierung Mitteilungen darüber eingelaufen sind, wann und wo der Besuch des Kaisers bei dem Königspaar stattfinden wird.
Stuttgart, 8. Sept. Wie der „StaatS-An- zeiger" mitteilt, ist die Massagekur, welcher sich der König unterzogen hatte, beendet worden. Die neuralgischen Schmerzen sind nicht völlig geschwunden, es ist aber eine Kräftigung der Muskulatur und die Gebrauchsfähigkeik der Beine erreicht worden und die früheren Störungen des Kreislaufes sind gehoben.
Stuttgart. Wie wir vernehmen, sind die gesamten Rct- tenmaher'schen Anwesen, Brauerei, Schwäbische Bierhallc, Residenz-Cafe re. um den Preis von 1250000 ^ in den Besitz einer Aktien-Gesellschaft übcrgcgangen.
Ludwigsburg. 3, Sept. Die fast unglaublichen Gerüchte über das plötzliche Verschwinden des Vorstandes der hiesigen A. H. Werner'schen Heil- und Wohlthätigkeits-Anstalten, des bekannten Pfarrers L. D. Greiner, scheinen sich zu bestätigen. Derselbe soll sich Uebertretungen über das 6. Gebot zu schulden kommen haben lassen, die ihn veranlaßten, das Weite zu suchen.
Schorndorf, 6. Sept. (Die Künkelin- Feier.) Für Schorndorf war heute ein Tag der Erinnerung, der Tag, an dem die mutigen Weiber ihre Stadt erretteten. Böllersalven waren das Zeichen zum Beginn des Festes. Eine festesfrohe Menge strömte durch die Straßen, die schön geschmückt waren. Um 9 Uhr morgens zogen die bürgerlichen Kollegien vom Rathaus nach der Kirche, wo Dekan Finckh die Festpredigt hielt. Er erinnerte an die Gnade Gottes, die vor 18 Jahren das Dentsche Reich einigte. An dieses Gedächtnis für das in den letzten Jahrzehnten Erlebte schließen wir den Dank an für die Errettung Schorndorfs vor 200 Jahren. Redner erinnert nochmals an die Siege und die Gottesfurcht Kaiser Wilhelms und zieht eine interessante Parallele zwischen dem deutsch-französischen Krieg vor 200 Jahren und dem, den wir miterlebten. — Nach dem Gottesdienst war es Zeit für den Festzug, der sich durch die ganze Stadt nach dem Festplatze bewegte. Der Festzug zerfiel in zwei Teile, von denen der erste kriegerischer und der zweite friedlicher Natur war. Vor allen Dingen imponierten die stylgerechten Kostüme, welche größtenteils aus dem Kgl. Hoftheater gekommen waren. Da sah man den Ob^vogt Hans von Gaisberg, den Stadtkommandanten Hirschberg, Junger und Frln. von Urbach. Ferner waren im Zuge Sebastian Schertlen mit einem Zug Landsknechte, eine Abteilung Schweden , vor allen Dingen aber der tapfere Kommandant Krummhaar, herzogliches Militär, alte Geschütze, StadtknechD und die vier Bürgermeister Walch, Seitz, Weihenmeyer und Künkelin. Der Glanzpunkt war natürlich der Wagen der Bürgermeisterin mit Schorn- dorfer Frauen, welche den Herzog von Berwick mit Trompetern eskortierten. Dann folgte das Bauern- Aufgebot. Den Schluß machte Melac, famos in Maske und Kostüm, mit Mordbrennern. Der zweite Teil des Zuges zeigte die friedliche Entwickelung von Handwerk imd Landwirtschaft. Auch dieser Teil war ebens» geschmackvoll wie gut arrangiert. So bewegte sich der Zug nach dem schönen Festplatze. Hier hiel^Prof. Dr. Th. Schott die Festrede, in welcher er die historische Bedeutung des Tages darlegte. Der Festplatz wie die Halle sind elektrisch beleuchtet, was natürlich der Bühne mit zu gute kam. Vor und nach dMMede sangen die vereinigten Gesangvereine passende Lieder.' Um halb 7 Uhr begann das Theater, dem ein Prolog, verfaßt von
Oberförster Knorr, gesprochen von Oberreallehrer Lauscher, voraufging. Unter, den Anwesenden sah man auch den Landtagsabgeordneten, Präsidenten v. Hofacker, ein geborener Schorndorfer, mit Familie. Zur Aufführung kam Wechßlers Schauspiel „Die Weiber von Schorndorf", ausgeführt von Einwohnern Schorndorfs.
Kaisersbach bei Welzheim, 5. Sept. Nachdem nun die amtliche Einschätzung beendigt ist und sich an Hand der Ergebnisse derselben ein Ueberschlag über den Schaden machen läßt, den wir durch das furchtbare Hagelwetter vom 15. August erlitten haben, stellt sich heraus, daß die ersten Schätzungen nicht zu hoch, sondern ziemlich zu nieder gegriffen waren. Die Gemeinde Kaisersbach hat einen Scha- ! den von etwa 150000 die Gemeinde Kirchen- ! kirnberg von gegen 100000 ^ Was das bedeuten will, weiß, wer die Verhältnisse unserer Waldgegend : kennt. Es sind da die Wirtschaftsverhältnisse schon vorher, d. h. in guten Jahren schon so gestellt, daß bei genauer Einteilung der Vorräte für Menschen und Vieh der Besitzstand der meisten sich knapp erhalten, die Familie mit Mühe sich durchbringen läßt. Ein derartiges Unglück aber, das uns alles, — durch den nachfolgenden Regen selbst die Reste des zerschlagenen, zur Fütterung so nötigen Strohs — genommen hat, droht viele in dauernde Not zu bringen, wenn nicht fortdauernde, ausgiebige Hilfe geschaffen wird.
Leutkirch, 5. Sept. Die hiesige Gemeinde hat den 4 studienrätlichen Lehrern in Anbetracht des fortwährenden günstigen Standes der Schulen aus freien Stücken je 100 jährliche persönliche Zulage verwilligt. Dabei soll nicht unerwähnt bleiben , daß die 8 Lehrer an den Volksschulen schon längst im Genuß einer gleich hohen persönlichen Zulage stehen.
Von der Katholiken-Bersammlung in Freiburg. Der Präsident Rechsanwalt Müller er- ^ hielt folgendes Telegramm des Kardinalstaatssekretärs Rampolla: „Der hl. Vater übersendet den dort versammelten Katholiken die besten Glückwünsche und erteilt ihnen auS vollem Herzen den apostolischen Segen." In der römischen Frage wurden folgende Beschlüsse acceptiert: „1) Die Generalversammlung spricht von neuem die Ueberzeugung aus, ^daß die Wiederherstellung der territorialen Souveränetät des hl. Stuh- , les für die Selbständigkeit desselben und für seine ! volle Freiheit und Unabhängigkeit in der Regierung der Kirche eine unabweisbare Notwendigkeit ist und daß jede von Gott gesetzte wirkliche Macht im wohlverstandenen eigenen Interesse und zur Wiederherstellung der erschütterten Gesellschaftsordnung handelt, wenn sie die vom hl. Vater desfalls erhobenen Rechtsansprüche erfolgreich unterstützt. 2) Die Generalversammlung beklagt insbesondere die neuesten Maßnahmen der italienischen Regierung gegen oen hl. Stuhl, vor allem die Bestimmungen des Entwurfs zu einem neuen italienischen Strafgesetzbuch. 3) Die Generalversammlung bringt den Ausdruck innigsten Dankes dar für den besonders gnädigen Empfang, den Papst Leo XIII. den deutschen Pilgern bei ihren beiden Fahrten nach Rom hat zuteil werden lassen."
Halle, 5. Sept. In der ersten öffentlichen Versammlung des Gustav-Adolf-Vereins, welcher ein j Festgottesdienst voranging, wurde dieselbe seitens j des Kirchenregiments durch den Vizepräsidenten des ^ evangelischen Öberkirchenrats, Generalsuperintendentcn ^ Brückner, begrüßt, seitens der Staatsregierung durcti ! den Oberpräsidenten v. Wolfs. Professor Beyschlag