Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für de» Oberamts-Bezirk Nagold.

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Aus dem Tagebuch des ersten deutsche« Kaisers.

DerReichsanzeiger" veröffentlicht folgenden Kaiserlichen Erlaß vom 31. August an den Minister des Königlichen Hauses:

Die letztwilligen Aufzeichnungen Sr. Majestät des Kaisers und Königs Wilhelm I., Meines in Gott ruhenden Herrn Großvaters, enthalten ein herrliches Zeugnis erhabener Seelengröße, edlen und frommen Sinnes, dessen Kenntnis Ich Meinem Volke nicht vor­enthalten will. Ich habe deshalb an dem heutigen, für Mein Haus so bedeutungsvollen Tage beschlossen, den beikommenden Auszug aus den Aufzeichnungen bekannt zu geben, als Denkmal zur Ehre des Ent­schlafenen, als Vorbild für Mein Haus und Mein Volk. Der Auszug lautet:

I.

Koblenz, 10. April 1857. Im Glauben ist die Hoffnung! Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe aus ihn, er wird es wohl machen! Herr dein Wille geschehe im Himmel wie auf Erden! Wenn diese Schrift in die Hände der Meinigen fällt, gehöre Ich zu den Abgeschiedenen. Möchte es mir vergönnt sein, in Meinen letzten Lebensstunden Meinen Geist in die Hände Meines Gottes zu empfehlen! Möchte es mir vergönnt sein, von Meinen teuren Mich Ueber- lebenden Abschied nehmen zu können! Sollte ein jäher Tod Mich ereilen, so möge Mein ganzes Leben eine Vorbereitung für's Jenseits gewesen sein. Möge Gott Mir ein barmherziger Richter sein! Ein viel beweg­tes Leben liegt hinter Mir. Nach Gottes unerforsch- licher Fügung haben Leid und'Freude im steten Wech­sel Mich begleitet. Die schweren Verhängnisse, die Ich in Meiner Kindheit über das Vaterland einbrechen sah, der so frühe Verlust Meiner unvergeßlichen teueren und geliebten Mutter erfüllte von früh an Mein Herz mit Ernst. Die Teilnahme an der Erhebung des Va­terlandes war der erste Lichtpunkt für Mein Leben. Nie kann Jchs Meinem heißgeliebten König und Va­ter genugsam danken, daß er Mich teilnehmen ließ an der Ehre und dem Ruhm des Heeres. Seiner Führung und Liebe und Gnade danke Ich ja alles, was Er Mir bis zu Seinem Tode vertrauensvoll er­wies. Die treueste Pflichterfüllung war Meine Auf­gabe in liebender Dankbarkeit. Sie war Mein Glück.

Dem König, Meinem Bruder, der Mir zugleich ein vertrauensvoller Freund ist. kann Ich nie hinrei­chend für diese Stellung zu Ihm dankbar sein. Wir haben schöne, aber auch schwere Zeiten zusammen durch­lebt, die Uns aber nur immer enger verbunden ha­ben, vor allem die jüngsten Jahre, wo Verrat und Irrungen das teuere Vaterland dem Abgrund nahe brachten. Seiner Gnade, Seinem Vertrauen danke Ich es, daß Ich in Deutschland aus Seinen Befehl Ord­nung und Zucht Herstellen konnte, nachdem Er im eige­nen Lande dies Beispiel gegeben. Alle, die mit Mir durch Freundschaft und Wohlwollen in Verbindung traten und ihre Zahl ist nach Gottes Weisheit nicht gering gewesen finden hier Meinen heißen Dank und zugleich Meinen letztest Dank für die Liebe, mit der Sie mir begegneten. Biele sind mir ins Jen­seits vorangegangen, wie wird unser Wiedersehen sein? Allmächtiger, Du kennst Meine Dankbarkeit für alles, was Mir hienieden Teueres und Schmerzliches begeg­nete. In Deine Hände befehle Ich meinen Geist. Amen.

Wilhelm.

II.

Berlin, 31. Dez. 1866. Seitdem Ich am 10. April 1857 Meinen Abschiedsgruß Meinen zu Hinter- laffenden niederschrieb, hat das Schicksal mächtig in

Mein Leben eingegriffen. Die Vorsehung bestimmte in einer ungeahnten Weise über die letzten Lebensjahre Meines teuren Bruders und berief Mich noch bei sei­nem Leben zu seinem Nachfolger.

Als Gott den vielgeprüften König und Bruder von seinem schweren Leiden gnädig erlöste, mußte Ich den Thron der Väter besteigen. Gegen Meine Nei­gung schritt Ich zur Krönung, in tiefster Demut, um Preußen mit seinen neuen Institutionen die irdische Macht zu vergegenwärtigen, die zu dessen Heil fest bestehen müsse.

Diese Meine gewissenhafte Ueberzeugung hat Mich geleitet und gestählt in den schweren Kämpfen, die Ich mit jenen Meinen Jnstituüonen jahrelang zu bestehen hatte. Diese Kämpfe haben Mich tief erschüt­tert, weil Ich Stand halten mußte gegen ein wirres Andrängen gegen jene irdische Macht, die Ich nicht aus den Händen geben durfte, wenn Preußens Ge­schichte nicht aufgegeben werden sollte.

Ich vergebe allen, die wissentlich und unwissent­lich sich Meinen auf Gewiffensüberzeugung begründe­ten Absichten zum Wohle des Vaterlandes entgegen­setzten, um die Macht der Krone zu schmälern und die Herzen der Preußen derselben zu entfremden. Ver­gessen mögen Meine Nachkommen es aber nicht, daß Zeiten möglich waren, wie von 1861 bis 1866!

In dem Jahre, welches heute schließt, hat sich Gottes Gnade in einer Art ' ' )

die für so viel Erduldetes reichlich entschädigt. In Demut erkenne Ich diese göttliche Gnade, die Mich ausersehen hat in Meinem vorgerückten Alter, eine Wendung der Verhältnisse herbeizuführen, die zum Heil des engeren und des weiteren Vaterlandes be­stimmt zu sein scheint.

Das Werkzeug, so Großes zu erreichen, die Armee, steht unübertroffen in diesem Augenblick vor der Welt. Der Geist, der sie beseelt, ist der Ausdruck der Gesittung, die eine sorgliche Hand Meiner erha­benen Vorfahren der Nation anerzogen hat. Die Ar­mee finde in allen ihren Teilen in dieser ernsten Scheide­stunde des Jahres Meinen Herzensdank für die Hin­gebung und Aufopferung, mit der sie Meinem Rufe folgte und vor Meinen Augen siegte, ein Erlebnis, für das Ich Gott meinen demütigen Dank stammle.

Aber ganz Preußen finde hier Meinen könig­lichen Dank für die Gesinnung, die es in diesem denk­würdigen Jahre an den Tag legte! Wo solche Vater­

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wurde

mal den Sedan tag, der vor einem Jahre des großen Brandes wegen ausgefallen war u. Heuer wegen weitver­breiteter Kinderkrankheit beinahe wieder nicht gehalten worden wäre. Der Vormittag war den Zurüstungen und den Schulfeiern, in denen die Bedeutung des Ta­ges erstmals zu ihrem Rechte kam, gewidmet. Nach­mittags 1 Uhr zog die blühende Jugend deren Fest ja mitgefeiert wurde im Festschmuck ans Rathaus, wo sich Beamte, Kollegien und Vereine (letztere mit ihren Flaggen) anschloßen, worauf sich um 1*/- Uhr unter Glöckengeläute und Musik der unabsehbare Zug in den Festgottesdienst begab. Nachdem dort der Se­minaristenchor das LiedLob und Ehre und Weisheit und Dank" angestimmt und die zahlreiche Gemeinde das DankliedLobe den Herren re." gesungen hatte, hielt Dekan Schott die Festpredigt, welcher Psalm 127 zugrunde lag. Redner bezeichnte den Sedantag als einen Dank- und Freudentag. Zum Dank be­wege uns heute besonders, daß vor 18 Jahren durch ^ Einnahme von Sedan, womit der Krieg eigentlich reden war, der Grund zu dem Gebäude gelegt ürde, dessen Grundstein im Januar darauf in Ver­sailles eingesetzt wurde, so daß wir nun in Wirklich­keit ein Vaterland haben, in dem nicht nur der Friede erhalten blieb, sondern das auch durch Gottes Gnade ein Hort des Friedens für ganz Europa geworden ist. Zur Freude stimme das, was wir über die großen über Preußen ergossen, ) Siege der deutschen Nation in den Jahren 1870 und

. "71 unfern Kindern erzählen; sie lernen daraus, wie

der Herr nicht nur in den Häusern und Herzen, son­dern auch unter den Völkern regiere. Wenn aber die großen Gaben und Güter uns erhalten bleiben sollen, so müsse es nach dem Wort gehen: Gerechtigkeit er­höhet ein Volk, aber die Sünde ist der Leute Ver­derben. Dies, gelte auch für unsre Kinder. Wenn sie in Zucht und.Vermahnung zum Herrn auferzogen wer­den, so werde'alles, was sie zu leisten haben im Le­ben (später'auch in Kämpfen), ersprießlich sein. Mit eindringlichen Mahnungen an die Jugend, welcher er Ehrerbietung gegen Aeltere, Bescheidenheit, Ausdauer und Demut empfahl, schloß der Redner. Nun gings in gleicher Ordnung auf den Festplatz. Nachdem sich die Jugend um die Rednertribüne gesammelt hatte,

! stimmte die ganze Versammlung das Lied an:Nun ! danket alle Gott!" Die Festrede hielt Professor Wetzel. Er faßte den Sinn und die Bedeutung des Festes kurz zusammen. Zuerst erinnerte er an ein Bild, der Lieb­

landsliebe sich zeigt, da ist der gesunde Sinn vor- lingsschmuck unsere Häuser: Napoleon überreicht dem

Händen, der Nationen groß macht, und darum segnet sie Gott sichtlich! Meinen heißesten Dank finden alle hier, die Mir halfen, durch schwere Zeiten zu dem Lichtpunkte dieses Jahres zu gelangen! Möge Got­tes Segen immer auf Preußen ruhen und Preußen sich dieses Segens würdig zeigen! Mögen Meine und seine Nachkommen solches Volk und solche Armee um sich sehen und durch besonnenes, zeitgemäßes Fort­schreiten das Wohl und Gedeihen beider sorglich för­dern und Preußen die Stellung sichern, die ihm von der Vorsehung sichtlich angewiesen ist! Das walte Gott in seiner Gnade!

Mitternacht 66/67. Wilhelm.

_(Schluß folgt.)_-

Tages Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

** N a g o ld, 4. Sept. Ein lieblicher Sommer­tag war gestern nach manchen regnerischen und un­freundlichen Tagen angebrochen. Musik, die durch die Straßen zog, weckte Klein und Groß vom Schlum­mer. Voller Jubel begrüßte die Einwohnerschaft dies-

König Wilhelm seinen Degen bei Sedan. Was in­folge dieses denkwürdigen Aktes geschah, war so be­deutsam, daß man von dort an von keinemdeutschen Michel" mehr zu reden Ursache hatte. Dies gilt nicht nur vom gallischen Hahn (den Franzosen), sondern auch vom russischen Bären und den Engländern. Erfreu­lich hiebei ist die intime Freundschaft des deutschen Reiches mit Oesterreich und Italien. Das deutsche Volk selbst ist ein einig Volk von Brüdern geworden. Davon zeugen so manche patriotische Vereine, nament­lich die Kriegervereine. So wird es bleiben und immer mehr werden, daß, wenn die Stunde der Gefahr kommt, es laut erschallen wird: Lieb' Vaterland, magst ruhig sein rc.! Wir sollen aber nicht nur ein kriegerisches Volk sein, wenn das Vaterland in Gefahr ist, sondern auch ein Volk, das den FriA>en liebt, zu dessen Er­haltung das Seine beiträgt und Friedenswerke treibt, nämlich Linderung des sozialen Elends, worin uns Kaiser Wilhelm I. ein leuchtendes Vorbild geworden ist. Schließlich wendet sich Redner zu den Kindern, da auch ihnen das Fest gilt Er wünscht, daß sie mit den Erwachsenen in das Wort einstimmen: Gott