Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für de« Oberamts-Bezirk Rüg old.

Erscheint wöchentlich 3 mal: Dienstag, Donners-» ^-M lag nnd Samstag, und kostet vierteljährlich hier '

/»- I >1^. (ohne Trägerlohn) 80 in dem Bezirk 1 ^ - «I, * außerhalb des Bezirks 1 20 4. Monats-

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Donnerstag den 30. August

JnsertionSgebühr für die Ispaltige Zeile aus ge­wöhnlicher Schrift bet einmaliger Einrückung S 4, bei mehrmaliger je 6 4. Die Inserate müssen spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegebeu sein.

1888 .

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mit dem Unterhaltungsblatt:

Das Plauderstübchen"

für den Monat September nimmt jedes Postamt resp. auch Postboten an.

Amtliches.

Bekanntmachung der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel, betreffend den Beginn von Unter- richtskursen in den Webschulen zu Reutlingen und Heidenheim.

Anfang Oktober d. I. beginnen in den unter Oberaufsicht der K. Zentralstelle stehenden Webschulen zu Reutlingen und Heidenheim wieder neue Lehrkurse.

Dieselben haben den Zweck, tüchtige Fabrikanten, Webmeister, Dessinateure :c. heranzubilden, sowie jungen Kauflcuten, welche sich mit dem Ein- und Verkauf von Erzeugnissen der Textilindustrie zu be­fassen haben, Gelegenheit zu Erwerbung der hiefür erforderlichen technischen Kenntnisse zu geben.

Der Unterricht erstreckt sich aus Theorie und Praxis aller Zweige der Schaft- und Jacquard- Weberei mit Hand- und Dampfbetrieb, sowie aus Freihand-, Muster- und Maschinen-Zsichnen.

An der Webschule in Reutlingen besteht ferner ^ eine eigene Abteilung für den Unterricht in der! Wirkerei auf Kettenstühlen, Culierstühlen, Rund- j stühlen rc. !

Aus der Webschulstiftung daselbst können un­bemittelten besonders befähigten Zöglingen der Web­schule Unterstützungen zu ihrer weiteren Ausbildung verwilligt werden.

Beide Anstalten sind mit Webstühlen und Hilfsmaschinen aller Systeme sowie mit Zeichen­werken, Fachzeitschriften u. dergl. aufs Beste aus­gestattet.

Anmeldungen sind zu richten: für Reutling en an Weberei-Inspektor Winkler daselbst, für Heiden- heim an den technischen Vorstand der Anstalt, Zei­chenlehrer Leopold, oder an den Vorsitzenden des Web­schulvereins , Herrn Fabrikant Louis Neunhöffer in Heidenheim.

Ebendieselben sind zur Erteilung weiterer Aus­künfte bereit.

Stuttgart, den 18. August 1888.

K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel.

G a u P p.

Seine Königliche Majestät haben vermöge Höchster

Entschließung vom 20. Aug. d. I. den Amtsgerichtsschreiber Brodbeck bei dem Amtsgericht Nagold seinem Ansuchen ent­sprechend aus dem Staatsdienst gnädigst zu entlassen geruht.

Gestorben den 27. August in Stuttgart: Johs. iLudwlg Völter, Pfarrer a. D., Redakteur des Süddeutschen Schuld sten rc., 79 I. alt.

Tages-Neuigkeiten.

^ ^ Deutsches Reick.

... Nagold, 28. Aug. Der letzte Sonntag war für die Gemeinde sin gen ein rechter Freu- dentag. Sie durfte die Einweihung ihrer neuen Kirche festlich begehen. Die Aufführung derselben nahm beinahe zwei volle Jahre in Anspruch, nachdem der Grundstein in feierlicher Weise am 21. Sept. 1886 gelegt worden war. Die Kirche ist nach dem Plan des Architekten Frey von Stuttgart in gothischem Strl aus buntem Sandstein erbaut. Die Orgel mit zwei Manualen und acht Registern ist ein wohlge­

lungenes Werk des Orgelbauers Goll aus Kirchheim u. T. Die Glocken, welche den ^.-äur-Dreiklang an­geben, stammen aus der Glockengießerei von G. Kurtz in Stuttgart. Die Mittel zum Bau kamen teils von der Gemeinde selbst, welche that, was sie konnte, um statt des 400 Jahre alten baufälligen, finstern und engräumigen Kirchleins an derselben Stätte ein wür­diges Gotteshaus erstehen zu sehen. Einen namhaf­ten Beitrag stiftete ein in Paris lebender Bösinger, der 1815 geborene Joh. Ad. Wagner, welcher als einfacher Schmied nach Frankreich ging und sich nach und nach ein schönes Vermögen erwarb. Derselbe stif­tete im ganzen 35 000 ^ zum Kirchenbau seiner Hei­matgemeinde. Mit Recht wurde ihm deshalb in der Kirche eine Gedenktafel errichtet. Bösingen war fest­lich geschmückt. Flaggen wehten von manchen Häu­sern, welche auch schön dekoriert waren; außerdem war die Straße, durch welche der Festzug führte, zu bei­den Seiten mit Tannenbäumchen geschmückt. Von allen Seiten strömten Teilnehmer herbei; besonders zahl­reich war die Oberamtsstadt vertreten, aus der zu all- - gemeiner Freude auch der Oberbeamte mit Gemahlin! erschienen war. Zuerst wurde im seitherigen gottes­dienstlichen Lokale, welches sich im Schulhause befin­det, ein Abschiedsgottesdienst gehalten. Dann ordnete sich der Festzug, in dem sich 9 Geistliche mit den neuen hl. Gcsässen und 10 Lehrer befanden, unter dem schö­nen, harmonischen Geläute der Glocken und dem Ge­sang der Schuljugend zum schönen Gotteshause. Bor dem Portale angekommen, erfolgte die feierliche Schlüs­selübergabe mit entsprechenden Glückwünschen. Leider faßte die prächtige Kirche nicht alle Festgäste, so sehr sich dieselben auch bemühten, hineinzukommen. Für Bösingen selbst reicht sie wohl immer vollständig aus. Nach dem Gemeindegesang (Lied Nr. 2), der ohne Orgelbegleitung stattfand, hielt Dekan Schott die Einweihungsrede, nachdem er einen alt- und neutesta- mentlichen Text verlesen hatte. Er ermahnte die Ge­meinde zu fleißigem Gebrauch des neuen Gotteshauses, wodurch diese schöne Gabe, welche der Einwohnerschaft von der Taufe an bis zur Beerdigung dienen wolle, am besten geehrt werde. Nachdem Redner die Ge­meinde zu innigem Dank gegen den göttlichen und die menschlichen Geber, denen sie dies Heiligtum verdan­ken, aufgefordert und Ermahnungen an Prediger und Zuhörer gerichtet hatte, sprach er ein umfassendes Weihe­gebet. Die erste Predigt in der neuen Kirche hielt der Ortsgeistliche, Pfarrer M. Hahn. Ihm hat es Bösingen ja vorzugsweise zu verdanken, daß ihm ein so würdiges Gotteshaus zuteil geworden ist; er ist es auch, der für die ökonomische Hebung der Gemeinde schon so vieles gethan hat. Der Predigt lag 1 Mose 28, 1719 zugrunde. In derselben wurde ausge­führt, was dies Haus von der Weihe an sein soll, nämlich 1) das Haus Gottes, die Wohnung des Aller­höchsten, weshalb zu fleißigem Besuch desselben auf­gefordert wurde; 2) es ist die Stätte der Offenbarung Gottes; 3) in diesem Hause finden sich Zeichen und Zeugen der Gnade Gottes; 4) es ist auch der sichere Ort des Trostes, dessen der Mensch so oft bedarf. Nach dem gemeinsam gesprochenen Vaterunser der christliche Glaube wurde vor dem Beginn der Predigt ebenso gesprochen erfolgte die Taufe eines neuge­borenen Töchterleins des Ortsgeistlichen, welche der Großvater des Kindes, der namens des Prälaten v. Georgii anwesende ehrwürdige Prälat v. Lechler aus Ulm, in feierlicher Weise vollzog. Zum Schluffe folgte noch eine kurze Ansprache des Prälaten, der herzliche Glückwünsche von der Oberkirchenbehörde brachte und die Einheit der ev. Kirche Württembergs

und Deutschlands betonte, wobei er bemerkte, daß ein Teil davon, ein Steinchen von dem großen Bau, auch die Gemeinde Bösingen sei. Nachdem der Segen vom Prälaten gesprochen war, endete der schöne Festgot­tesdienst. Die zahlreichen auswärtigen Gäste suchten in den Gasthäusern, wo sie gut bedient wurden, ihre Erholung. Um 2Y» Uhr fand ein liturgischer Got­tesdienst statt. Er begann mit einem schönen Solo­gesang des früheren Lehrers Bös:So ihr mich von ganzem Herzen suchet rc." aus Mendelssohn's Elias". Die Orgelbegleitung lag in der geübten Hand des Oberlehrer Hegele von Nagold, der am Einweihungstage als Organist fungierte. Dann tra­ten mehrere benachbarte Geistliche auf und hielten pas­sende Ansprachen. Pfarrer Walz von Spielberg wendete sich vorzugsweise an die Jugend, die vormit­tags keinen Raum mehr gefunden hatte, und rief ihr den 12jährigen Jesus im Tempel recht lebhaft in Er­innerung. Stadtpfarrer Hetterich von Altensteig legte den Erwachsenen nahe, daß sie bestimmt seien, lebendige Steine zu sein, die zu einem geistlichen Hause zusammengefügt werden sollen. Pfarrer Werner von Nothfelden suchte dG Blicke der Versammlung vom irdischen Gotteshause nach dem himmlischen Jerusalem zu richten, wo wir alle einmal einen fröhlichen und seligen Eingang haben möchten, und schloß mit herz­lichem Gebet. Zwischen den Reden der Geistlichen sang die Gemeinde passende Verse. Den Beschluß des Nach­mittags-Gottesdienstes bildete ein schöner Sologesang ausElias", von Schullehrer Ramfauer aus Thal­heim bei Tübingen gesungen:Höre, Israel, höre des Herrn Stimme!" Wie gönnte man den l. Bösin- gern, die sich auf diesen Festtag schon so lange gefreut hatten, namentlich auch das nach nnd nach immer gün­stiger sich gestaltende Wetter, wodurch die Teilnahme so vieler auswärtigen Gäste möglich war. Möge das schöne Gotteshaus Jahrhunderte lang reichen Segen stiften! Möge, wie Dekan Schott bemerkte, nie Men­schenweisheit auf die Kanzel desselben gebracht werden!

Stuttgart, 27. Aug. Nachdem unserer Po­lizei zu Ohren gekommen ist, daß die hiesigen So­zialdemokraten sich mit der Absicht trügen, den To­destag Ferdinand Lassalle's (31. August) durch eine Kundgebung zu feiern, hat sie sich veranlaßt gesehen, jede Art von Gedächtnisfeier für Lassalle zu ver­bieten.

Stuttgart, 27. Aug. Die Truppenvorstel­lung der beiden hiesigen Infanterie-Regimenter Nro. 119 und 125 unter Zuziehung einer Batterie aus Ludwigsburg begann heute Vormittag 8 Uhr auf dem Schmidener Felde. Das Gefecht, welches eine Unmasse Zuschauer anzog, endete mit der vollstän­digen Erstürmung von Schmiden, das der markierte Feind hartnäckig verteidigte. Die Besichtigung mit dem Parademarsch am Schluß ergab ein glänzendes Resultat. Soeben 11'/, Uhr ziehen die Regimenter in die Garnison ein, die gesamte Generalität mit Graf Blumenthal.

Stuttgart, 28. Aug. Heute früh besichtigte Feldmarschall Blumenthal die 52. Jnfaterie-Bri- gade auf dem Felde bei Kornwestheim und kehrte um 11 Uhr nach Stuttgart zurück. Se. Excellenz sprach sich nach brillant verlaufener Vorstellung außerordentlich günstig über die Ausdauer und Hal­tung der württ. Truppen aus. Die Abreise erfolgt Donnerstag Mittag 1 Uhr 20 Min. über Nürnberg nach Berlin.

Eßlingen, 26. August. (H. Württemberg. Landesfeuerwehrtag.) Am Nachmittag des 25. ds. Mts. fand im Festsaale des Realschulgebäudes unter