Der Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberantts-Bezirk Nagold.
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Dienstag den 21. August
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1888.
Eine neue Reklamation «ach Paris
bringt die Nordd. Allg. Ztg. an leitender Stelle. Sie schreibt: Die Mißhandlungen deutscher Studenten in Belfort haben ein Nachspiel gehabt, welches mehr noch als jene rohen Exzesse selbst geeignet ist, ein charakteristisches Licht auf die Zustände in Frankreich zu werfen.
Bekanntlich waren die deutschen Studenten von den sie verfolgenden Volkshaufen durch Steinwürfe schwer verletzt worden. Namentlich hatte der Eine derselben, Studiosus Mußmann aus Hannover, so schwere Verwundungen erlitten, daß er auf Anordnung des Arztes seine Studien auf längere Zeit unterbrechen und sich einer mehrwöchigen Badekur unterziehen mußte.
Die Mißhandelten entschlossen sich, unter diesen Umständen von der Gemeinde Belfort eine Ent-> schädigung zu beanspruchen, zu deren Leistung dieselbe nach dem Gesetz vom 10. Venäöwiairs des Jahres IV verpflichtet war. Dieses Gesetz, welches sich unbestritten noch in voller Geltung befindet, stellt in Titel I den allgemeinen Grundsatz auf, daß die Bewohner einer Gemeinde für alle Angriffe, welche in ihrem Bezirk gegen die Person oder das Eigentum verübt werden, zivilrechtlich verantwortlich sind. Außerdem ist daselbst in Titel IV Artikel 6 die ausdrückliche Bestimmung getroffen, daß derjenigen Person, welche bei einer Ansammlung von Menschen körperlich verletzt wird, von den Bewohnern der Gemeinde Schadenersatz geleistet werden muß.
Die Verurteilung der Gemeinde Belfort auf eine Entschädigungsklage der Studenten konnte hiernach nicht zweifelhaft erscheinen. Da die Mißhandelten aber nach den gemachten Erfahrungen füglich nicht selbst vor dem Gerichte in Belfort aufzutreten vermochten, handelte es sich darum, einen französischen Advokaten zur Führung des Prozesses zu gewinnen.
Der deutsche Anwalt der Studenten wandte sich zunächst an einen angesehenen Advokaten in Belfort. Derselbe erklärte indessen, er sei nicht in der Lage, das Mandat zu übernehmen, und ebenso hätten seine Kollegen in Belfort es abgelehnt, sich mit der Sache zu befassen.
Da sich in Frankreich die feste Gerichtspraxis gebildet hat, daß der Partei, welche keinen Vertreter zu finden vermag, Seitens der Gerichtspräsidenten ein Advokat bestimmt wird, wurde darauf der Versuch gemacht, die Beiordnung eines Advokoten von Amtswegen zu erlangen. Aber auch dieser Schritt blieb vergeblich. Der Präsident des Gerichtes in Belfort lehnte das bezügliche Gesuch der Studenten ab, indem er vorschützte, daß er nur in den Fällen, in welchen das Gesetz eine Verteidigung vorschreibe, zur amtlichen Bestellung eines Advokaten befugt sei.
Um kein Mittel unversucht zu lassen, wurde endlich bei einer Reihe von Pariser Anwälten angefragt, ob sie zur Uebernahme des Prozesses bereit seien. Aber auch die Pariser Advokaten fanden sämtlich einen Grund, aus dem sie den mißhandelten Deutschen ihren Beistand versagten.
Ihres klaren Rechtes ungeachtet, ist es sonach den deutsche« Studenten unmöglich gemacht, ihre Ansprüche in Frankreich zur Geltung zu bringen. Es ist hiermit konstatiert, daß der Deutsche in Frankreich kein Recht findet und daß für Vergehen gegen Deutsche in Frankreich keine Sühne zu erlangen ist. Neu ist diese Wahrnehmung allerdings nicht, wir brauchen nur an die Zeit nach dem Kriege zu erinnern , wo, bloß um einen Fall zu erwähnen, der
Franzose, welcher einen sächsischen Soldaten in der Nähe des Forts Rosny ermordet hatte, von dem Assisenhof des Seine-Departements unter dem Applaus des Auditoriums freigesprochen wurde.
Die Sage, daß die Franzosen an der Spitze der Zivilisation marschieren, findet in Frankreich natürlich noch Gläubige; dem Auslande beweisen aber Vorgänge. wie die heutigen, daß in Frankreich sogar die Justiz, die früher einen guten Ruf in Europa hatte, in Verfall begriffen ist, und daß die Zustände in unserem westlichen Nachbarreich der Verwilderung entgegeugehen.
Tages-Neuigkeiten.
Deutsches Reich.
^V Nagold. Berschönerungsvereins- sache. Die auf heute Sonntag abend in den Gasthof z. Post eingeladene Plenarversammlung war von 43 alten und neuen Mitgliedern, also so zahlreich wie wohl noch nie, besucht — ein sprechender Beweis dafür, daß der Verein" in dem heftigen und gefährlichen Wahlsturme, der kaum erst durch unsre Stadt brauste, keinen Schiffbruch erlitten hat. Als Bizevorstand leitete die Verhandlungen Stadtförster Weinland. Sein Erstes war der Antrag, dem zurückgetretenen Vorstand, Sem.-Oberlehrer Schwarzmayer, für seine hohen Verdienste um den Verein, den er mit Energie, Geschick und Erfolg bisher geleitet und vertreten hatte, die öffentliche Anerkennung auszusprechen, was auch durch Erheben der Versammlung von ihren Sitzen geschah. Hierauf schritt man zur Wahl eines neuen Vorstands. Die vom Bizevorstand im Einverständnis mit Ausschuß-Mitgliedern Vorgeschlagenen lehnten die Wahl ab, worauf die Plenarversammlung dem Antrag eines Ausschuß-Mitglieds entsprechend dem bisherigen Bizevorstand, Stadtförster Weinland, durch einstimmigen Zuruf die Vorstands-Stelle anbot, und derselbe sich zur Annahme bereit erklärte, aber bloß bis zum nächsten Frühjahr. Aufdenselben Zeitraum wurde von der Plenarversammlung Hr. Partikulier Knödel durch Akklamation zum Bizevorstand erwählt. Zur Ergänzung des Ausschusses berief die Versammlung sodann auf Antrag des neuen Vorstands gleichfalls durch einstimmigen Zuruf die Herren Partikulier Aug. Reichert son. und Maler Hespeler. Bekanntlich hatte eine frühere Versammlung von Patrioten dem Verschönerungsverein als nächste Aufgabe für diesen Herbst das Setzen einer Kaiser- Wilhelms-Eiche auf unsere Anlage auf-dem Weg zum Bahnhof sowie die Vorbereitung einer damit verbundenen Einweihungsfeier übertragen. Diese Sache wurde nun heute auch noch zur Debatte gestellt und auf Antrag von Hrn. Postmeister Ziegler beschlossen, diese Feier auf den 18. Oktober, als einen alten nationalen Gedenktag, zu verlegen. Die schon einmal durch Stiftung einer Aeolsharfe auf dem Schloßberg bewiesene Begeisterung unsres neuen Bizevorstands äußerte sich diesmal in dem Vorschlag der Errichtung eines Kaiser-Gedenksteins auf dem Kaiser-Eichen-Platze und wurde als wertvolle finanzielle Grundlage des Projekts öffentlich festgenagelt, die Ausführung des Projekts selbst aber aufs nächste Jahr verschoben. Mit einem Trinkspruch auf alle Freunde unsrer gemeinnützigen guten Sache wurde sodann vom Vorstand die durch keinen Mißton gestörte Versammlung geschlossen.
Am Sonntag d. 26. Aug. findet in Bösingen die Kircheneinweihung statt, wozu jedermann freundlich eingeladen ist. Beginn der Feier vormittags */,10 Uhr. Ein offizielles Essen findet nicht statt.
Pfarrer Hahn. Schultheiß Koch.
Horb, 14. Aug. Gestern verkaufte nach der „Schw. Bürgerztg." Herr Kaiserwirt Bartenbach seinen Gasthof um die Summe von 35000 an Herrn Schwemmte junior voll Calw.
Die Gemeinde Dornhan (Sulz) wird jetzt ein Wasserwerk um 50000 ^ errichten lassen.
Stuttgart, 17. Aug. Anfangs September kehrt das Königspaar aus Friedrichshafen hieher zurück. In der zweiten Septemberwoche erfolgt der Besuch des Kaisers an hiesigem Hofe.
Stuttgart, 17. Aug. Nach einer Meldung aus Friedrichshafen begibt sich der König in der zweiten Hälfte des Oktober zum Winteraufenthalt nach Nizza. Während der regnerisch kalten Wochen des letzten Monats haben Se. Maj. wieder von katarrhalischen Beschwerden zu leiden gehabt.
Stuttgart, 18. Aug. Nachdem „Schwäbischen Wochenblatt" wurde am vorigen Samstag die Arbeit von 51 Glasergesellen, worunter 9 Verheiratete, eingestellt. Abgereist sind bis jetzt 20, so daß die Mehrheit der Streikenden noch zu unterstützen ist. Die gestellten Mehrforderungen, wurden, außer den 5 am 30. Juli bewilligenden Meistern, am 11. August von 2 weiteren Meistern mit ca. 15 Gesellen bewilligt.
Am 23. August d. I. wird bei Döffingen bei Gelegenheit der 500jährigen Erinnernngsfeier an die dortselbst am 23. Aug. 1388 geschlagene Schlacht ein Gedenkstein enthüllt werden, welcher die Inschrift trägt: „Zum Andenken an den hier gefallenen Grafen Ulrich von Württemberg, gestorben 1388."
Das Unwetter am 15. hat auch den Bezirk Schorndorf, mehrere Gemeinden an der obern Murr und mehrere Gemeinden des Oberamts Mün- singen betroffen. Am 16. wurde auch der Bezirk Blaubeuren von einem Hagelwetter heimgesucht.
Brandfälle: Im Bargau (Gmünd) am 14. Aug. das große Wohn- und Oekonomiegebäude des Käsers Haag; in Wallenreute bei Schussen- ried am 15'. August die Scheuer des Gutsbesitzers Georg Sonntag samt der Stallung und die Scheuer des Nachbars Anton Ehe.
In München wurde in dieser Woche der 6. allgemeine deutsche und besondere bayerische Handwerkertag abgehalten. Derselbe empfahl dringend den Anschluß sämtlicher deutschen Handwerker an den Allgemeinen Handwerkertag und insbesondere allen Jnnungs- und Vereinsvorständen nach dieser Richtung hin ihren Einfluß geltend zu machen, denn nur durch den politisch freien Bund kann ein heilsamer Einfluß auf eine Besserung der Gesetzgebung ausgeübt und hierdurch ein wirksamer Damm gegen die sich immer mehr breit machenden Umsturzbestrebungen der Sozialdemokratie geschaffen werden. Der 6. Allgemeine deutsche Handwerkertag erblickte in der Einführung des obligatorischen Befähigungsnachweises die einzige Möglichkeit einer Aufbesserung des Handwerkerstandes und gleichzeitig die Grundlage des ganzen Jnnungswesens. Ohne diese Schutzwehr würden die Innungen ihre schweren Aufgaben zu lösen nicht in der Lage sein und sich mehr und mehr wieder zur Auflösung neigen.
München, 16. Aug. Den „Neuesten Nachr." zufolge sind gestern in Lindau drei schweizerische Schmuggler beim Ausladen mehrerer Zentner sozialistischer Schriften und der neuesten Auflage des „Sozialdemokrat" aus einem mit Mühlsteinen beladenen Segelschiffe betreten und festgenommen worden.
Berlin, 16. Aug. Heute gilt als sicher, daß Fürst Bismarck Heuer nicht nach Kissingen geht und