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den Protektor des Württ. Kriegerbundes, ausbrachte. Hr. Zilling toastete auf den Kaiser und das deutsche Reich, Hr. Stadtschultheiß Haffner auf den Veteranenverein, Dreher Weil auf die Ehrenmitglieder.
Der Festzug am Nachmittag war durch die allgemeine Teilnahme seitens der Vereine wieder ein stattlicher, imponierender. Die Festrede auf dem Brühl hielt in diesem Jahre Herr Rektor vr. Weizsäcker sti Worten die von edler patriotischer Begeisterung zeugten und geistig durchdacht in richtiger Auffassung die Bedeutung des Tages und Festes zum Ausdruck brachten. Hieran reihten sich deklamatorische Vorträge von Schülern, worauf sich Jung und Alt der heiteren Laune folgend nach Wunsch auf dem Festplatz oder in dem schattigen Thudiu m'schen Garten vergnügen konnte. Rühmend sind zu erwähnen sind die Vorträge des „Calwer Liederkranzes" und der „Concordia", welche wieder ganz wesentliches zur Verschönerung des Festes beitrugen. Die heiteren Spiele der Schüler und Schülerinnen unter Leitung ihrer Herren Lehrer schufen viel Freude, überhaupt entwickelte sich im Laufe des Nachmittags unter den Klängen der Stadtmusik eine heitere gesellige Unterhaltung. In wohlgeordnetem Zuge gings um ('z7 Uhr auf den Marktplatz zurück, woselbst Hr. Kollaborator Bäuchle noch eine kurze schöne Ansprache hielt, die in einem mit großem Beifall aufgenommenen Hoch auf Deutschland gipfelte. Mit der Absingung des Dankliedes „Nun danket Alle Gott" fand das Fest den feierlichsten und würdigsten Abschluß.
* Das Reallpceum hielt die Schulfeier der Sedanstages morgens 8 Uhr im Georgenäum ab. Eröffnet wurde das Fest durch die herrlichen Accorde des Liedes: „Kommt, kommt den Herrn zu preisen". Nun folgten Deklamationen der Schüler und dazwischen ertönten die frischen, präzis vorgetragenen Lieder des Singchors. Die Deklamationen von Schülern aller Klaffen brachten mancherlei Patriotisches, Aelteres und Neueres, und wurden zum Teil vorzüglich vorgetragen. In klarem, gewandtem und formvollendetem Vortrag zeigte sodann der Festredner, Hr. Rektor vr. Weizsäcker, wie unser Volk Recht und Pflicht habe, das Gedächtnis der herrlichen Gottes- thaten und glorreichen Erfolge der Jahre 1870/71 stets zu erneuern und auf die kommenden Geschlechter fortzupflanzen, nicht zu seiner Selbstverherrlichung, sondern indem es Gott die Ehre gebe. Man müsse sich erinnern, was Deutschland vor 1870 gewesen sei, um voll zu würdigen, welche Stellung Deutschland jetzt einnehme. In markigen Worten wurde die Geschichte Deutschlands von 1815 bis 1870 vorgesührt und zum Schluß wandte sich der Redner mit eindringlichen Mahnworten an die Jugend, wünschend, daß auch sie werde allezeit Mehrer des Reichs bezüglich der nationalen Freiheit und Wohlfahrt, dann werde es heißen: „Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt!" Der treffliche Choral: „Lobe den Herrn, o meine Seele!" schloß die erhebende, wohlgelungene Feier.
* Calw, 2. Sept. Am nächsten Sonntag, den 5. Sept., nachm. 1 Uhr, wird die Schutz Hütte eingeweiht, welche der Schwarzwaldverein des Bezirks Neuenbürg und die Sektion Pforzheim des badischen Schwarzwaldvereins auf der Teufelsmühle (bei Loffenau) errichtet haben. Zur Teilnahme an dieser Feier ist auch eine Einladung an die Mitglieder des hiesigen Schwarzwaldvereins ergangen und ist damit eine willkommene Gelegenheit geboten, die freundschaftlichen Beziehungen welche mit diesen beiden Vereinen im letzten Winter angeknüpft worden sind, foitzusetzen. Die Abfahrt der hiesigen Teilnehmer müßte mit dem Frühzuge erfolgen, um in Gesellschaft der Pforzheimer Herren um 6" von Pforzheim nach Rothenbach abfahren zu können, wo die Fußpartie beginnt. Die Teilnahme an diesem Ausfluge soll hiemit den Mitgliedern des hiesigen Schwarzwaldvereins angelegentlich empfohlen sein.
(!) Liebenzell, 3. Sept. Das Nationalfest wurde hier in solenner Weise gefeiert. Böllerschüsse, Tagwache, Choralblasen vom Turm, das Wehen der Nationalfahne auf der Burg, gaben schon in der Frühe dem- Tag das festliche Gepräge. Schulfeiern und Spaziergang der Schüler zeigten der Jugend die Bedeutung des Tags. Der Abend brachte Freudenfeuer und ein allgemeines prächtiges Gartenfest in einem Wirtschaflsgarten der Stadt mit Illumination und Feuerwerk, mit patriotischen Toasten und Musik. In ansprechender Weise kamen die Empfindungen zum Ausdruck, welche die
Herzen durchdrangen in Erinnerung an das große Jahr 1870—71 und seine Folgen. — Die letzten Tage brachten uns auch die Abschiedsfeiern für 2 tüchtige Männer unserer Stadt, die uns mit ihren ehrenwerten, liebenswürdigen Familien diese Woche verlassen und die wir gerne behalten hätten, Herr Oberförster Freiherr von Gaisberg und Herr vr. moä. Stadt- und Badearzt Kommerell.
* Heute, wurde wie alljährlich in dem herrlichen Schwarzwaldbad Teinach die Sedan-Feier in festlicher Weise begangen. Das opulente Mittagsmahl wurde unter rauschenden Klängen des im Nebensaale aufgestellten Orchesters unter zahlreichster Beteiligung, auch von auswärtigen Gästen eingenommen.
Herr Verwalter Stark brachte den ersten Toast auf S e. Majestät den deutschen Kaiser aus. wie folgt: Verehrte Fe st genossen! Der heutige Festtag ist der Tag in dessen blutigen Stunden sich die stärksten Thatensüllen des großen Krieges zusammengedrängt haben. Der Tag, aus dessen Sieg die Begeisterung erwachsen ist, der wir die Erstehung des neuen deutschen Kaiserreiches verdanken, er wird als herrlichster Gedenktag in der Geschichte unseres Volkes von allen Vaterlandsfreunden, sei es laut, sei es im Stillen, immer gefeiert werden. Wenn wir nun heute das Siegesfest zum 16. mal hier in unserem lieblichen idillischen Thals feiern, so laßt uns des Namens gedenken, den die Vorsehung an die Spitze der deutschen Nation beim wichtigsten Wendepunkt ihrer Geschichte gestellt hat, der in herrlichster Harmonie die Geistesgaben und sittlichen Kräfte in sich verkörpert, welche nothwendig waren zum Ausbau unseres einigen deutschen Reiches. Von Sieg zu Sieg hat Kaiser Wilhelm sein Volk in Waffen geführt. Noch unter dem Kanonendonner der Schlachten hat er die Worte ausgesprochen: er wolle sein ein Mehrer des Reiches nicht an kriegerischen Eroberungen, sondern an Gütern und Gaben des Friedens. Diese Worte hat Seine Majestät mit ächter deutscher Treue eingelöst. Durch Kaiser Wilhelms kraftvolle Persönlichkeit, durch seinen ehernen Willen, durch die Opferfreudigkeit der deutschen Nation, durch die Tapferkeit der deutschen Heere, durch die Kraft und Genialität ihrer Führers ist das große Werk gelungen, namentlich an jenem Schlachttag, welchen wir heute feiern, den glänzenden Sieg für uns errungen hat. Diesem unserem Heldenkaiser gelte heute unsere verehrende Huldigung, ich bitte die verehrten Anwesenden mit mir das Glas zu erheben und mit mir dreimal in den Ruf einzustimmen: Kaiser Wilhelm lebe hoch! Herr Professor Seeger aus Tübingen gedachte Seiner Majestät unseres vielgeliebten Königs, der sein Leben dem Wohlergehen seines Volkes widmet, das gleich ihm wetteifert in der historischen Treue des Schwabenvolkes zu Kaiser und Reich allezeit. Herr Alfred Müller aus Stuttgart feierte den Fürsten Bismarck, der an Jahren ein Greis und dennoch so warm erglüht für's teure Vaterland. Ihm war es Vorbehalten dem deutschen vaterländischen Handel neue Verkehrswege und Absatzgebiete auf Grund freundschaftlicher Verträge zu erschließen, Neu-Deutschland über'm Meer zu gründen, damit nicht fürderhin, wie bisher die deutsche Wahrheit, sein Volk im fremden Dienste sich zu verdingen braucht und deutsche Erzeugnisse unter fremder Flagge und unter fremdem Namen auf die Märkte des Welthandels gelangen. In Fürst Bismarck ehren wir den deutschen Geist, wie wir unsere Armee die deutsche Kraft und unsere Dichter das deutsche Herz nennen können. Hernach wurde das deutsche Heer geehrt durch den Vortrag eines ergreifenden Gedichtes aus den bewegten blutigen Kampfestagen. Stürmischer Applaus folgte jedem Toast und in ungezwungenster heiterster Weise verlief die schöne Feier des Sedanfestes, das allen Teilnehmern stets eine angenehme Erinnerung an das liebliche Schwarzwaldbad Teinach mit seiner herrlichen Patur chleiben wird.
Stamm heim. Wie anderwärts, so ist auch hier das Sedans- 'ffest in würdiger Weise begangen worden. Durch Trommelwirbel, Böllerschießen wurde das Fest eingeleitet. Um 7 Uhr war Kirchgang. Vor demselben nahmen die mit Blumen und Eichenlaub geschmückten Schüler der Oberklaffe Aufstellung vor dem Rathaus und sangen einige Verse des Liedes Nr. 529. An dem Zuge beteiligten sich die bürgerlichen Kollegien, der Kriegerund Militärverein. Abends 8 Uhr versammelten sich diese wieder im Gasthaus
stein kein Schwimmer zu machen war und so ließ er ihn sich an einer seichten Stelle des Teiches baden. Doch auch hier gönnten ihm die Neckereien seiner Kameraden kein ruhiges Stillleben und so hatten ihn eines Tages ein paar Uebermüthige rittlings auf einen schwimmenden Stamm gesetzt. Ein kräftiger Stoß beförderte den runden sich fortwährend drehenden Klotz, samt seinem seltsamen Reiter in die Mitte des Teiches, doch hier im tiefen Wasser verlor der Aengstliche das Gleichgewicht und verschwand mit einem gellenden Schrei in der Tiefe.
Schon im nächsten Augenblick war Scharffenstein zur Stelle und da Fleckenstein wie ein Bleigewicht auf den Grund gesunken war so sprang ihm der „trockene August" ohne sich einen Moment zu besinnen nach. Lange bange Augenblicke verstrichen, allein keiner der Beiden erschien wieder an der Oberfläche; von allen Seiten warm die Schwimmer herzugekommen und tauchten nach den Verschwundenen, denn inan befürchtete allgemein, daß Fleckenstein in seiner Todesangst seinen Retter umklammert und in der feuchten Tiefe festgehalten habe. Alle Taucher waren unverrichteter Sache wieder heraufgekommen und schon rief ein Unteroffizier nach den langen Stangen mit den Rettungshaken, da erschien am flachen Ufer des Teiches im weißen Drillanzug wie ein Geist der Tiefe die Gestalt des Lieutenants und zog den Verunglückten aufs Land, wo er bald wieder zur Besinnung kam, nachdem er das reichlich geschluckte Wasser wieder von sich gethan hatte.
Natürlich wurde der Vorfall dem Major gemeldet, der denn auch am nächsten Tage bei der Parole unseren „trockenen August", dem nach Vorschlag Freihofs jetzt der Titel der „patschnasse August" gebührte, in Gegenwatt sämtlicher Offiziere wegen seines opferfreudigen Mutes belobte.
„Na", meinte schließlich der Kommandeur, „es ist ja noch Alles glücklich abgegangen, aber ich freue mich, in Ihnen, Herr Lieutenant von Scharffenstein, einen ebenso entschlossenen wie gewandten Schwimmer kennen gelernt zu haben, dem die Rettungsmedaille sicher ist!"
„Kann gar nicht schwimmen, Herr Major!" bemerkte Scharffenstein trocken.
„Was? Sie können gar nicht schwimmen, Herr Lieutenant?" rief starr vor Staunen der Major. Warum, zum Teufel, haben Sie das denn nicht gleich gesagt, Herr, als ich Sie zur Schwimmschule kommandierte?"
„Bin gar nicht gefragt worden, Herr Major!"
„Ja, aber alle Donner noch 'mal, wie konnten Sie denn ein solches Kommando dann überhaupt annehmen? Wie haben Sie denn den ungeschickten Kerl, den Fleckenstein, überhaupt ans Land gebracht, wenn Sie gar nicht schwimmen können?"
„Ist ein großes Kunststück, Herr Major, in einer solchen Pfütze. Sobald ich den Dösbattel auf dem Grund gefunden, Hab' ich ihn rasch auf die Füße gestellt, habe sodann „Stillgestanden!" und „Laufschritt Diarsch Marsch!" kommandiert und da sind wir eben zusammen auf dem Grund bis an's Ufer gelaufen!"
Einen Augenblick schien der Major auffahren zu wollen, dann jedoch hielt selbst sein Zorn vor dem trockenen Humor Scharffenstein's nicht Stand und mit einem halblauten:
„Na das hätte eine schöne Geschichte geben können!" wandte er sich ab. Es ist wohl kaum nöthig zu erwähnen, daß auch von uns kein Einziger eine Ahnung davon gehabt, daß der „Trockene" nicht schwimmen konnte, ebensowenig wie die That- sache angeführt zu werden braucht, daß ihm seine Heldenthat die Rettungsmedaille wirklich eintrug. Zu seinem größten Leidwesen aber wurde er sofort von der Schwimmanstalt abkommandiett, denn:
„Der Kasernenhof eignet sich eigentlich doch besser zum Lausschritt-Ueben, als der Grund des großen Forellenteichs?" meinte der Major, erklärte sein Intimus, Lieutenannt von Brunow, unser Bataillons-Adjutant.