Der Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Blatt für de« Oberamts-Bezirk Nagold.
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Dienstag den 31. Juli
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1888.
Amtliches.
Nagold.
Bekanntmachung,
Namensänderung betreffend.
Die Witwe Friedrike Reichert in Rohrdorf hat um die Erlaubnis nachgesncht, ihrem.im Witwenstande geborenen Sohn Karl Friedrich Kübler den Familiennamen „Reichert" beilegen zu dürfen.
Dieses Gesuch wird mit dem Anfügen öffentlich bekannt gemacht, daß der beabsichtigten Namensänderung seitens der K. Krcisregierung Reutlingen wird stattgegeben werden, wenn nicht binnen 3 Monaten
begründete Einsprache dagegen bei der Unterzeichneten Stelle erhoben wird.
Den 28. Juli 1888.
K. Oberamt. Amtm. Marquart.
Tages-Neuigkeiterr.
Deutsches Reich.
Eine überaus wvhlthätige Einrichtung ist neuerdings durch den „Haller Frei-j bettenverein" geschaffen. Derselbe ist zunächst ^ gegründet, um dem Haller Dia ko nissen Haus, das noch kein einziges Freibett hat, die Möglichkeit zu ganz oder teilweise unentgeltlicher Verpflegung armer Kranker im Diakonissenhaus zu schaffen. Er will aber durchaus nicht einseitig nur dem Haller Diakonissenhaus zu Nutz sein, sondern auch sonst da eintreten, wo durch Vermittlung des Ortsgeistlichen eine besonderst» ringendeKran- kennot an ihn gebracht wird und ein armer Kranker anderwärts Verpflegung finden sollte. Etwaige jährliche Ueberschüsse werden auf dem ganzen Gebiet des christlichen Vereinslebens verwendet werden. So groß die Wohlthat der neuen Krankenversicherungskassen auch sein mag, das ist ja keine Frage, daß auch „versichert Kranke," wenn die 13. Pflegewoche überschritten und die Krankheit noch nicht gehoben ist, dann oft ohne alle Unterstützung und in doppelt bedauernswerter Lage sind. Da tritt solch ein freier Verein, das Krankengesetz heilsam ergänzend, ins Mittel, wie dies mit ähnlichen Unterstützungsvereinen auf andern Gebieten der Fall ist. Bedenkt man aber noch, wie viele Kranke gar keinen Anspruch an eine Krankenkasse haben und schon vor Bedrängnis und Armutssorge nicht gesund werden können, so ist jede organisierte Beihilfe christlicher Wohlthätigkeit gewiß vom allergrößten Wert. Man darf daher die Gründung des „Haller Freibettenvereins" (ähnliches besteht ja auch anderwärts) mit aufrichtiger Freude begrüßen. Es handelt sich ja nicht um Unterstützung der Unwürdigkeit und Trägheit, sondern um eine wohlerwogene Organisation und soziale Hilfe. Mit Recht kann man sagen: „Würde nur jedermaun 20 für diese Sache auszulegen bereit sein, welche Summe käme da zusammen," und sicher werden sich auch überall die Leute finden, um die Gaben zu sammeln. Wer sich öffentlich dafür bereit erklärt, erwirbt sich ein Verdienst um die Sache. Einzusenden wäre jede Gabe an Pfarrer Faulhaber in Schw.Hall.
Br,andfälle: In Willsbach (Weinsberg) am 26. ^uli durch Blitzschlag die den Bauern Fl einer und Ries gehörige Doppelscheuer neben dem Gasthaus z. Ochsen.
München, 27. Juli. Die deutsche Ausstellung von Kraft- und Arbeitsmaschinen für das Kleingewerbe wurde heute mittag 12 Uhr in Anwesenheit des Prinz-Regenten, der übrigen Prinzen, der
Staatsminister, des diplomatischen Corps und der Spitzen der Gemeindelehörden feierlich eröffnet.
Der Frankfurter Silberdieb, der schon seit Monden die gesamte Bürgerschaft beunruhigt und die Polzei genasführt hat, ist nun doch richtig verhaftet worden. Hoffentlich läßt man ihn nicht wiederum entkommen. Er hat angegeben, daß er Bergmann heiße, das ist jedoch nicht richtig. Die Polizei glaubt seinen richtigen Namen aber zu kennen. Mit ihm sitzt seine Braut und Genossin, ein Frauenzimmer Namens Stützelburg aus Schlawe in Pommern, fest. Bei der Haussuchung in der Wohnung des Verbrechers fand man ein größeres Verzeichnis von Billen und „feinem" Häusern, die er wahrscheinlich behufs nächtlichen Besuches „ausbaldovert" hatte. Als sich Bergmann noch der Freiheit erfreute, pflegte er, um bei seinem Hauswirte wegen seines öftern späten Heimkommens keinen Verdacht zu erregen, stets den schwer Betrunkenen zu simulieren, der eben von der Biertafel heimkehrt.
Postassistent Haag von Homburg v. d. H. ist laut F. Z. mit 10 000 verschwunden.
Auf der Elbe bei Hamburg versank am Dienstag abend ein Pulverfahrzeug. Von der Mannschaft sind drei ertrunken.
Berlin, 25. Juli. Im Königreich Sachsen fanden kürzlich Versuche mit einer neuen Geschützkonstruktion statt, denen auch der preußische Kriegsmini- ster beiwohnte. Wie jetzt aus militärischen Kreisen verlautet, sind diese Versuche sehr glücklich ausgefallen und hervorragende Sachverständige der Artilleriewaffe haben die hohe Bedeutung der neuen Konstruktion anerkannt.
Berlin, 25. Juli. Die Sozialdemokraten haben einen Petitionssturm gegen den Alters- und Jnvaliditätsversicherungs-Gesetzentwurf zu entfesseln gesucht und massenhaft die Petitionsbogen ausgegeben; aber es scheint, als wenn der Petitionssturm nur ein ganz laues Lüftchen bleiben soll; denn bis jetzt sind der Unterschriften so wenig vorhanden, daß die Agitation als in das Wasser gefallen betrachtet werden kann.
Der preußische Finanzminister hat ungeordnet, daß die Zimmervermieter in Badeorten zur Gewerbesteuer herangezogen werden sollen, wenn sie drei oder mehr möblierte Zimmer vermieten und ihren Mietern regelmäßig Mittagstisch oder volle Pension gewähren.
Durch kaiserliche Kabinetsordre ist bestimmt, daß nach Beendigung der Armee-Trauer ftir Kaiser Friedrich Epaulettes wieder angelegt werden sollen. Dieselben sind indessen von den Offizieren aller Grade fortan nur zu tragen zur Gala, zum Paradeanzuge und in der bisher üblichen Weise zum Ge- sellschastsanzuge. Die Offiziere der Ulanen-Regimenter legen zum Dienst stets Epaulettes an, sobald die Mannschaften mit solchen erscheinen. — Eine weitere Ordre giebt dem militärischen Hofstaat des Kaisers den Namen „Kaiserliches Hauptquartier". — Durch eine dritte Ordre übernimmt der Kaiser das Protektorat über den dritten internattonalen Binnenschifffahrts-Kongreß zu Frankfurt a. M.
Berlin. Botschafter Herbette reist aus Urlaub von Berlin nach Paris.
Berlin, 27. Juli. Die Nationalzeitung nimmt mit allem Vorbehalt von der Nachricht Kenntnis, daß die Antrittsbesuche, welche Kaiser Wilhelm den befreundeten Höfen abstattet, durch eine gemeinsame Monarchenzusammenkunft auf deutschem Boden erwidert werden sollen.
Anläßlich der gestern erfolgten Geburt des fünf
ten Sohnes Kaiser Wilhelms erinnert das Fr. I. daran, daß dies seit beinahe 80 Jahren das erstemal wieder ist, daß einem König von Preußen ein Sohn geboren wird. Das letztemal ereignete sich ein solcher Fall im Jahre 1809, als dje unvergeßliche Königin Luise ihren Gemahl, König Friedrich Wilhelm III., mit dem Prinzen Alb recht, dem Vater des jetzigen Regenten von Braunschweig, beschenkte. Friedrich Wilhelm IV. hatte bekanntlich keine Kinder und diejenigen des Königs Wilhelm sowohl wie die des Königs Friedrich III. wurden geboren, als die resp. Väter noch nicht zur Regierung gelangt waren. Auch die 4 ältesten Söhne des jetzigen Königs Wilhelm II. erblickten das Licht der Welt, als derselbe noch den bescheideneren Titel „Prinz Wilhelm" führte. Es sei hier auch die merkwürdige Thatsache erwähnt, daß keiner von sämtlichen preußischen Königen als Sohn des Königs geboren worden ist, da zur Zeit ihrer Geburt die Väter noch nicht den Thron bestiegen hatten und der erste König, Friedrich I., sich als Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg selbst die Krone aufs Haupt setzte.
Die Blätter bringen heute Artikel über die mutmaßlichen Ergebnisse der Reise des Kaisers nach Rußland. Die „Post" sagt u. a.: Der Empfang des deutschen Kaisers sei gastlich, großartig und freundschaftlich gewesen, herzlicher sogar, als der des Kaisers Wilhelm I. nach dem französischen Kriege. Auch sei der russische Hof unter Alexander III. nie so unmittelbar mit dem Volke in Berührung getreten, wie in diesen Tagen, trotz Nihilistengefahr. Allein in politischer Beziehung sei die Welt so klug wie zuvor. Die Beseitigung jeder Konfliktsgefahr sei nur denkbar, wenn Rußland für sein Vorgehen im Orient, dessen Ziele so gigantisch als möglich abgesteckt sein könnten, einen anderen Weg als bisher einschlage. Dazu aber biete die Entrevue schwerlich Aussicht. Rußland werde unter fortgesetzter Berufung auf die Verträge fortfahren, durch Hervorrufung lokaler Konflikte die Lösung zu seinem Vorteile herbeizuführen, während Oesterreich, England und Italien entschlossen seien, durch keinerlei Lokalereignisse eine Veränderung zu Gunsten des russischen Einflusses zuzulassen.
(Ein aufmerksamer Schwiegersohn.) Dem innigsten Wunsche seiner Gemahlin folgend, wird Kaiser Wilhelm II. seiner Schwiegermutter!, der Herzogin von Augustenburg, in der Umgebung von Berlin ein Palais zur Verfügung stellen und für dasselbe den nötigen Hofstaat anwerben. Da die Herzogin seit dem Tode ihres Gemahls schwermütig ist, so soll für ihren Wohnort ein möglichst abgeschiedener Ort erwählt werden. Kaiserin Viktoria, die mit inniger Liebe an ihrer Mutter hängt, ist ihrem Gemahl für diese Verfügung unaussprechlich dankbar. Für die Ankunft der Herzogin in Berlin wird man den Monat September abwarten.
Schweden und Norwegen.
Der Kaiser in Stockholm. Kaiser Wilhelm ist von Petersburg wohlbehalten in der Hauptstadt von Schweden und Norwegen eingetroffen und mit außerordentlicher Herzlichkeit begrüßt worden. Die Ankunft hatte sich infolge des nicht eben günstigen Wetters etwas verzögert. König Oskar war dem deutschen Geschwader an Bord der Jacht „Drott" entgegengefahren, begleitet von der Eskadre von 12 schwedischen Kriegsschiffen. Als die schwedischen Schiffe dem gewaltigen deutschen Geschwader gegenüberstanden, wurde der Begrüßungssalut abgegeben, der von deut