Man hofft in London, daß die Kaiserbegegnung die Grundlage für freundschaftlichere Beziehungen zwischen Oesterreich und Rußland geben werde. Auch die Nat.-Ztg." hebt dies gegenüber einem Petersburger Blatte, welches der Ansicht Raum gegeben, Deutsch­land müsse jetzt wählen zwischen Rußland und Oester­reich, mit Entschiedenheit hervor. Deutschland hat gewählt, sagt das Berliner Blatt, und ein Aufgeben Oesterreichs wäre gleichbedeutend mit einem Aufgeben der Friedenspolitik. Wohl aber kann Deutschland vermitteln und kann die Zufriedenstellung Rußlands innerhalb der Grenzen berechtigter Wünsche in Wien und Rom herbeiführen. Damit wäre die Vorbe­dingung für die Lösung der bulgarischen Frage gege­ben und die Sache des Friedens in Wahrheit gefördert.

Ueber den Besuch unsers Kaisers beim Kaiser Franz Josef wird bekannt, daß derselbe gelegent­lich der Herbstjagden in Steiermarck stattfinden wild. Daran schließt sich dann die Begegnung mit dem Könige von Italien. Da die Reisen keine besondere politische Bedeutung haben, wird Fürst Bismarck auch nicht an denselben teilnehmen.

Berlin, 4. Juli. Für v. Wedell-Piesdorff ist anläßlich seiner Ernennung zum Hausminister nach Artikel 21 der Verfassung eine Neuwahl zum Reichstag nicht erforderlich, da weder eine Reichs- noch eine Staatsdienstbeförderung vorliegt. (Der Hausminister ist kein Minister, nur der Name klingt so; die Stelle ist eine reine Hofstelle, kein Staats­dienst.)

Fürst Bismarck sagte einmal:Durch Sor­gen und Arbeiten für den Staat verzehre ich mich." Die Abgeordneten des preußischen Landtags haben dies in der Schlußsitzung bestätigt. Alle haben wahr­genommen, daß der Kanzler in den letzten Monaten sehr gealtert ist. Alle haben sich überzeugt, daß ihm nach den Strapazen und Aufregungen der letzten Monate eine Erholung dringend nötig ist.

Oesrcrrciä-Ungariu

Wien, 4. Juli. Anläßlich der Vornahme ei­ner Kehlkopf-Exstirpation infolge von Kehl­kopfkrebs erklärte heute Professor Billroth: Durch die Herausnahme des ganzen Kehlkopfes macht man die Patienten oft noch unglücklicher als sie vorher waren. Die Frage, ob früher eine Operation möglich war, sei a priori nicht entscheidbar; manche Carcinome greifen so rasch über, daß man eigentlich gar keinen geeigneten Moment zur Operation finden kann. Würde mir als Laien gesagt, meine Heiserkeit rühre von Krebs her, ich müsse mir den Kehlkopf heraus­nehmen lassen, ich würde nicht darauf eingehen. Die Frage ist also nicht so einfach, wie die Laien meinen, wenn sie sagen:Ja, man hätte operieren sollen."

Wien, 5. Juli. DerPesti Naplo" meldet, die Offiziere des österreichischen Regiments, das den Namen des deutschen Kronprinzen führt, die anläßlich der Thronbesteigung nach Berlin fuhren, suchten den Feldmarschall Graf von Moltke auf, der ihnen sagte: Wir werden an dem Bündnis mit Oesterreich-Ungarn unter allen Umständen festhalten.

England.

London, 3. Juli. Nach einer Mitteilung der St. James Gazette" aus Petersburg werden Kaiser Wilhelm Pläne im Betreff einer Abrüstung zugeschricben, welche vorgeschlagen sein soll, sobald gewisse Abmachungen getroffen und von den interes­sierten Mächten garantiert sind. (?)

Serbien.

Die Scheidung der Ehe zwischen König Milan von Serbien und der Königin Natalie ist jetzt Thatsache geworden. Das einzige Kind des Herrscherpaares, der Kronprinz, welches bisher stets dem mütterlichen Einflüsse unterstellt war, wird diesem fortan entzogen und in die Leitung des Vaters über­gehen. Daß dieses bei Regentenfamilicn selten vor­kommende Ereignis das größte Aufsehen erregt, ist selbstredend. Vom politischen Standpunkt aus be­trachtet, ist die Ehescheidung ein für Serbien glückli­ches Ereignis zu nennen, denn hiedurch verliert die Russenpartei des Landes eine mächtige Stütze, als welche, mit Recht oder Unrecht, die Königin Natalie stets gegolten hat.

Das Fangen und Töten der Eulen mit Ausnahme des Uhu ist nach dem am 1. Juli in Kraft getretenen Reichsgesetz verboten. Das Töten dieser nützlichen Tiere und ebenso das Eierausnehmen wird mit einer Geldbuße bis zu 150 ^ bestraft. -»--

Kleinere Mitteilungen.

In Kirchheim a. N. wollte auf dem letzten Vieh­markt ein Händler aus Freudcnthal einem Bauern den Kauf­preis für ein paar fette Ochsen ausbezahlen, als sich einer der Ochsen ins Mittel legte und einen Hundertmarkschein von der Hand des Bauern weg verschlang. Die Ueberraschung der Kontrahenten war groß.

Berlin, 3. Juli. Im Arbeitszimmer weiland Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm finden sich, in die Platten zweier neben dem Schreibtisch stehender runder Tischchen ein­geschnitten, folgende Verse:Es geht so leicht durchs Erden­leben, Es geht so selig himmelwärts, Wenn nur das Herz dem Herrn ergeben, Unwandelbar in Freud und Schmerz. Bist Du Ambos, trag geduldig, Bist Du Hammer, schlage zu. - Eins bist Du dem Leben schuldig: Handle oder duld in Ruh."

In dem nicht dünnen Berliner Adreßbuch hat ein durch Ucberfluß au Zeit bevorzugter Leser folgende Na­men aufgefunden undpoetisch" zusammengestellt:Holder. Engel. Liebcskiud. Gibb. Mir. Manchen. Kuß. Gesch. Wind. Siche. Schätze!. Bin. Dtcr. Guth. Kombst. Dahinter. Fasse. Mut. Halte. Fest. Binn. Ewig. Treu. Küsscl. Schmeck. Mir. > Immer. Neu."

Eine duftende Barrikade. Eine junge schöne Dame der Wiener Aristokratie, die vor Kurzem ihre Vermäh- ! lung gefeiert, fand vor einigen Tagen, als sie am Morgen in den Garten ihres Landhauses gehen wollte, die Thürcn des Gartenpavillons ans allen vier Seiten durch Pyramiden verrammelt. Diese Hindernisse waren abwechselnd aus gelben, roten, rosa, weißen Rosen gebildet, welchen ein betäubender Duft entstieg. Diese Ueberraschung rührte von dem jungen Gemahl her und zur Herstellung derselben wurden 4000 Rosen verwendet. Der in den Pavillon gedrungene Duft war so ; betäubend, daß die schöne Fürstin fast ohnmächtig wurde, und der Gemahl schwur, er wolle nie mehr auf diese Weise ! galant sein. !

lieber zwei Raub Mörderinnen sprachen dieser ! Tage die Geschworenen zu Paris ihr Urteil. Die Gerichts­verhandlung entrollte ein abschreckendes Bild weiblicher Grau­samkeit und Gefühllosigkeit. Zwei Frauen, Mutter und Toch­ter, erwürgten gemeinschaftlich ihren alten Nachbar Forrestier. Sie treffen ihn in seiner Küche und bitten ihn um Kartoffeln. Während der Alte sich bückte, um Kartoffeln aufznlesen, wirft die Mutter ihm eine Schlinge, die sie verborgen gehalten, um den Hals, und Mutter und Tochter ziehen gemeinschaftlich an dem Strick. Der Unglückliche sucht seine Hand in die ! Schlinge zu bringen, aber Virginie, die Tochter hält ihm ! den Arm fest, indeß sie mit einer Hand die Schlinge fester ' zuschnüren hilft; das dauert über 10 Minuten. Nach einer Viertelstunde ist Forrestier tot. Der Leichnam wird an einen Nagel gehenkt, was an Lebensmitteln, Kleidungsstücken, Wert­sachen und barem Geldc vorhanden ist, mitgenommen und letzteres von Virginie in kürzester Zeit umgesetzt. Im Laufe des Tages guckt Virginie neugierig durch das Fenster in des Nachbars Küche, wo die Leiche an dem Nagel hängt, und schneeballt sich darauf vergnügt mit den Jungen in ihrer Straße. Am Abend werden die beiden Mörderinnen festge­

nommen, die ihre That kaltblütig cingcstehen, der Hunger hat sie dazu getrieben. Denn die 4 Franks, die Virginie vor dem Morde noch besaß, brauchte sie für sich selbst zum An­kauf eines Fichu. Der Gerichtshof verurteilte die Mutter, Frau Hardel, zu lebenslänglicher und Virginie zu 20 Jahren Zwangsarbeit.

Der König von Italien erhielt vor einigen Tagen ein Gesuch zugestellt, welches de» Mörder Torquato Renzi zum Verfasser hat, der vor einigen Monaten zum Tode ver­urteilt worden war. Renzi bittet darin den König, ihn nur hängen zu lassen und nicht vielleicht noch zu begnadigen, das Geld aber, das er im Gefängnisse kosten würde, seiner mit­tellosen Familie zu übergeben. Der Mörder schreibt:Ich bin ein junger Mann, kann mindestens noch ein halbes Jahr­hundert leben; mit der Summe, die mein unnötiges Dasein Ew. Maj. kosten würde, ist meiner Familie geholfen."

Ein Mittel gegcn die Trunksucht. Der Grashdanin" bringt einen interessanten Beitrag zur oft ven­tilierten Frage von der Trunksucht. Daß dieses Laster so unglaublich schwer auf den Arbeiterklassen laste, sei unzwei­felhaft. Ein Mittel findet derGrashdanin" in einer Mit­teilung des bekannten Arztes und Publizisten Portugalow. Der genannte Arzt schreibt: Wir sind jetzt mehr als je davon überzeugt, daß das Trinken eine Krankheit ist. Wir behaupten i das auf Grund vieler eigener Beobachtungen und Uutersu- ; chungen anderer Aerzte. Man bringt z. B. zum Arzt einen ' Säufer; es wird ihm eine Einspritzung gemacht, am anderen Tage verlangt der Säufer keine Spirituosen, nach einigen Tagen kann er au den Branntwein ohne Abscheu nicht mehr denken. Gestern war der Mensch sinnlos betrunken, totkrank, völlig außer stände, aus eigenem Willen der schrecklichen Ge- ! wohnheit zu entsagen - heute ist er völlig gesund, erkennt sich kaum selbst. Nur eine Kur war nötig und er ist gesund. Das Mittel ist --Strychnin." Schon 1873 kurierte Dr. Luton das Trinken durch subkutane Einspritzungen von Strych­nin, damals blieb es aber unbemerkt. Endlich 1884 trat der berühmte französische Arzt Dujardin-Boimctz als eifriger Ver­teidiger dieses Heilmittels auf. Die Anwendung des Mittels ist sehr einfach. Ein Gran Strychnin wird in 200 Tropfen Wasser gelöst und täglich dem Kranken 5 Tropfen davon snbkantiu cingespritzt. Das wird täglich im Verlauf von 1 bis 1 ff? Wochen wiederholt. DaS Mittel wirkt überraschend; nach zwei, drei Einspritzungen bewmmt der Säufer Appetit und Schlaf. Wenn aber der Säufer nach Verlauf einiger Monate wieder zu trinken gedenkt, so erfolgen für ihn daraus solche Qualen (Herzklopfen, Ucbelkcit, Kopfweh Erbrechen), daß er nie wieder einen Tropfen zu sich nimmt. Am be­quemsten und heilsamsten ist eS, dem Säufer während des Schlafes die Einspritzung zu machen - er erwacht vollständig restauriert uud wird um eine zweite und dritte Einspritzung bitten. Darum ist es notwendig, daß in allen Polizei-Stadt- teilrn, wohin die Betrunkenen gebracht werden, beständig Aerzte vorhanden seien, die mit allen Mitteln zu einer Strynchiu- Einspritzung ausgerüstet seien.

Handel L Berkehr.

Obcrjettingenu, 3. Juli. Der heutige Vichmarki war nur gering befahren und fand wegen der Heuernte einen baldigen Abschluß. Der Handel war gut; Jungvieh und Kalbiuncn fanden besseren Absatz als seither, während fette Ware zurückgehalten wurde.

Stut tg art, 2. Juli. (Mehlbörsc.) An heutiger Börse sind von inländischen Mehlen 750 Sack als verkauft zur An­zeige gekommen zu folgenden Preisen: Mehl Nr. 0 30.50

bis 31.50., Nr. 1 29 -29.50., Nr. 2L 27- 27.50., Nr.

3 ^ 2526., Nr. 4 22 -23.

Heilbronu, 3. Juli. Wollmarkt. Erster ^.ag. (T. Ehr.) Händler und Fabrikanten sind viele am Platze, doch sind bis jetzt nennenswerte Verkäufe nicht abgeschlossen. Bloß einzelne Pöstchen Spinnwolle zu 110 Lammwolle zu 100 u. 110 wurden verkauft und einige kleine Pöstchen Schäferwolle zu 120132 Für Handelswollc tax. man 110120

Weiße Seidenstoffe von Mk. 125

bis 18.20 v. Met. sca. 150 versch. Qual.) Vers, roben- uud stückweise das Fabrik-DöpSt 0. Hsnnsbsrg sK. u. K. Hoflief.sLüriob. Muster umgehend. Briefe kost. 20 Pf. Porto.

(Hiezu das Unterhaltungsblatt.4L 27.)

Verantwortlicher Redakteur Steinwandel in Nagold. Druck und Verlag der G. W. Hais e r'schen Buchhandlung in Nagold.

Amtliche

1V

rwKt-BeßaunLmachmNM.

Der dahier wegen Fahnenflucht in Untersuchung befindliche, zu Wildberg geborene Musketier

Friedrich Reichert,

alias Friedrich Reichardt", vom 5. Badischen Infanterie-Regiment Nr. 113 wird ausgefordert, sich wieder bei seiner Truppe und spätestens in dem aus 15. Oktober 1888, morgens 11 Uhr, in das Gcschäftslokal des unterzeichne- j ten Gerichts anberanmten Termine ein- ^ zufindcn; im Falle seines uiientschutdig- > ten Fernbleibens wird die Untersuchung ^ geschlossen, er in oontninaoiain für ei­nen Desserteur erklärt und mit einer Geldstrafe von l50 bis 3000 be­straft werden.

Neudreisach, den 1. Jul. 1888. Kaiserliches Kommanbantengericht.

Revier Enzklösterle.

Klmmutz- L Brennhslz-Bmau?

Am Dienstag den 17. Juli, vorm. 9 Uhr, im Waldhorn zu Enzklösterle aus den Staatswaldungen: Wanne 3, 4, 10 u 11, Dietersberg Abt. 9, Lanac- hardt Abt. 3, Kälberwald Abt 3 u. 24 und Langkiardt Scheidholz: 610 St. Nadelh.-Reisstangen II. bis IV. El.

Rm.: 10 buchene Scheiter, 23 dto. Ausschuß, 16 birken Ausschuß, 25 Na­delholz-Scheiter, 64 dto. Prügel, 351 dto. Anbruch, 242 buchene und 861 Nadelholz-Reisprügcl.

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