Amts- nnd Intelligenz-Blatt für de« Oberantts-Bezirk Nagold.
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„Das Plauderstübchen" kür Las IH. tzuarlal
können bei allen Poststellen bezw. den betreffenden Postboten gemacht werden.
A^rn tliches.
Nagold.
An die Ortsvorsteher, betreffend die Unfallversicherung der bei den Straßen- bauarbeiten beschäftigten Personen.
Diejenigen Ortsvorsteher, welche mit der Erstattung des Berichts im vorbenannten Betreff (vergl. oberamtlichen Erlaß im Gesellschafter vom 10. Juni d. I.) noch im Rückstand sind, werden hiemit aufgefordert, Versäumtes ohne Verzug nachzuholen.
Den 2. Juli 1888.
K. Oberamt. Or. Gugel.
Eine nicht offizielle Rede des Reichskanzlers
bestätigt, daß sich Kaiser Wilhelm II. nicht zum König von Preußen in Königsberg krönen lassen wird, und daß ein neuer Amnestieerlaß nicht zu erwarten ist. Der Reichskanzler hat dies befreundeten Mitgliedern des preußischen Herrenhauses nach dem Schluß der letzten Sitzung desselben in einer längeren Unterhaltung mitgeteilt. Außerdem hat Fürst Bismarck bei dieser Gelegenheit sehr schätzenswerte Darlegungen über den jungen Kaiser und die allgemeine politische Lage gegeben. Die Unterhaltung währte fast eine Stunde.
Der Fürst sprach sich zunächst mit hoher Anerkennung über die Begabung und Tiefe der Auffassung des Kaisers in Betreff der ihm gewordenen Aufgabe und über den Eifer, die Bereitwilligkeit und Hingebung, sowie die Festigkeit des Willens , mit welcher der junge Kaiser sich der übernommenen Leitung der Regierungsgeschäfte widme, aus und wußte nicht genug die Ruhe und das Verständnis hervorzuheben, welche Kaiser Wilhelm in allen Punkten der mannigfachen Vorkommnisse in der inneren, wie in der äußeren Politik, wie auch in den vielfachsten Angelegenheiten der Verwaltung zu erkennen gebe, und die einem erfahrenen Berwaltungsbeamten alle Ehre machen würde.
Der Fürst hob sodayn ganz besonders hervor, daß Kaiser Wilhelm bei jeder Gelegenheit und zu wiederholten Malen seine Friedensliebe nach allen Seiten hin zu erkennen gegeben habe, daß der Kaiser ihm auf das Entschiedenste und Eingehendste versichert habe, wie er die Aufrechterhaltung des Friedens, soweit es sich irgend mit der Ehre, Würde und den Interessen des Reiches vertrage, als das wichtigste und schwerwiegendste Vermächtnis seines Großvaters und Vaters übernommen habe und zur Durchführung zu bringen bestrebt sein werde. Dies erachte er als seine erhabenste Mission nach Außen hin, wie er die Fortsetzung der sozialpolitischen Gesetzgebung, die Ausgleichung der religiösen Differenzen und die Hebung der Produktivität des Landes durch Förderung der Landwirtschaft und des Gewerbes, der Industrie und des Handels in gleichem Maße und nach gleicher und gerechter Verteilung der Kräfte als ein gleich wertvolles und erhabenes Vermächtnis seiner
beiden großen Vorfahren erachte und dasselbe allezeit
vor Augen haben und zur Ausführung bringen wolle.
Ihm in diesem Bestreben, wie bisher seinem Großvater und seinem Vater in gleicher Weise treu zur Seite zu stehen und ihn unterstützen zu wollen, darum habe Kaiser Wilhelm ihn recht aufrichtig und innig gebeten. Der Fürst sagte, er habe dem Kaiser die feste Versicherung gegeben, daß er, so lange ihm dies Leben und Gesundheit gestatteten, nicht von der Seite des Kaisers weichen werde. Und dieses Versprechen werde er bis zu seinem letzten Atemzuge halten.
Fürst Bismarck fügte sodann hinzu, daß er die feste Ueberzeugung habe, daß unter den jetzt bestehenden Verhältnissen der Weltfriede nicht gestört werde, wenn nicht in anderen Staaten die Veranlassung hierzu gegeben würde. Auf Befragen äußerte der Reichskanzler, daß er eine derartige Befürchtung für Rußland nicht hege, und die feste Ueberzeugung habe, daß die Differenzen, die früher zwischen Berlin und Petersburg schwebten, jetzt vollkommen beigelegt seien. Allerdings wünsche er wohl, daß er die gleiche Zuversicht in Betreff des westlichen Nachbars auch hegen könne; dies sei ja möglich, so lange es den jetzigen ! Machthabern in Frankreich gelinge, den verschiedenen ! dort bestehenden Parteien gegenüber die Hand oben l zu behalten. Allein bei dem reichen Zündstoff, welchen Frankreich biete, und bei der leichten Erregbarkeit seiner Bevölkerung sei es sehr schwer, eine Garantie zu übernehmen, daß dieser Zustand auf die Dauer anhalten werde. Der Tropfen, welcher ein volles Gefäß überlaufen mache, schwebe in Frankreich ständig in der Luft und könne zu einem Zeitpunkte und von einer Stelle aus herabfallen, wo man dies am allerwenigsten erwarte, und was dann geschehen werde, lasse sich schwerlich jetzt schon Voraussagen. Vorläufig aber glaube er, daß auch hier so bald keine anderen Zustände eintreten werden.
Auf weitere Anfragen erklärte Fürst Bismarck, daß er allerdings einen längeren Sommerurlaub nehmen werde, sobald die Lage der Geschäfte dies irgend zulasse, da die Ereignisse der letzten Monate ihn allerdings in hohem Maße angegriffen hätten und nicht nur seine Aerzte, sondern auch sein Körper selbst jetzt gebieterisch Schonung verlange. Dann verabschiedete sich der Fürst freundlich.
' . ^ Tages-Neuigkeiten.
Deutsches Reich.
Calw, 2. Juli. Am letzten Freitag (Peter- u. Pauli-Feiertag) beging Herr Stadtschultheiß He-rr- mann in Neubulach sein 25jähriges Dienst-Jubiläum. Am Vormittag fand ein Kirchgang statt, hierauf Festessen im Adler. Nachmittags versammelten sich die bürgerlichen Kollegien, Feuerwehr und Beteranenverein auf dem Marktplatz und marschierten mit Musik durch die Stadt in den Gasthof z. Adler, wo ein Bankett stattfand und wobei nach vorangegangenen mehreren Toasten von der Stadtgemeinde eine goldene Uhr, von der Feuerwehr eine Tabakspfeife und von dem Beteranenverein ein amerikanischer Sessel als Geschenk überreicht wurde, wofür der Jubilar mit bewegten Worten dankte. Ein Gratulationstelegramm vom früheren Oberamtmann, Hrn. Flaxland, wurde mit Beifall ebenfalls verlesen.
Stuttgart, 2. Juli. Die Brauerei- Ausstellung wurde gestern abend 7 Uhr geschlossen. Der gestrige Besuch betrug 9600 Personen, die Gesamtzahl 43 600 Karten ä 25 Pf. Zum Schluß spielte die Kapelle „Nun danket alle Gott",
Im
den Zapfenstreich und den König-Karl-Marsch.
Keller setzte sich das Leben leider in sehr wüster Weise fort, Zylinder wurden angetrieben, die Polizei mußte eiuschreiten. — Im ganzen sind in den 7 Tagen im Keller 32 000 Liter Bier getrunken worden.
Stuttgart, 2. Juli. Bei der Koncurrenz für das Schneckenburger-Denkmal in Tuttlingen erhielt der Bildhauer Adolf Jahn aus Berlin den ersten, Franz Bern au er aus München den zweiten Preis.
Der „O.-Anzeiger" meldet von Friedrichshafen den gestern erfolgten Tod des Generals o. Spitzemberg.
Am vorigen Sonntag fand auch in Württemberg ein Trauergottesdienst für Kaiser Friedrich statt. Wie die Frankfurter Ztg. mitteilt, benutzte ein evangelischer Pfarrer (wo?) diese Gelegenheit zu der Ausführung, „es sei als ein großes Glück für Deutschland zu betrachten, daß wir vom Einfluß der Kaiserin Viktoria durch den Tod Kaiser Friedrichs erlöst worden seien. Die Kaiserin hätte nicht nur versucht, englische Sitten und Gebräuche bei uns einzuführen, sie habe auch den Reichskanzler Fürsten Bismarck beseitigen wollen." (!!!) (Die Fr. Z. ist für diese Meldung verantwortlich.)
Die sächsischen Reichstagsabgeordneten haben eine Adresse an den König Albert gerichtet , in welcher sie demselben ihren Dank für seine Teilnahme an der Reistagseröffnung aussprechen.
Leipzig, 2. Juli. Der Landesverratsprozeß hat heute in öffentlicher Verhandlung begonnen. Die Angeklagten sind größtenteils geständig. Es sind nur wenige Zuhörer auf den Tribünen.
Ueber eine französische Grenzverletzung wird der Nordd. Mg. Ztg. aus Gravelotte berichtet: Am 15. Juni d. I., nachmittags zwischen 4 und 5 Uhr, kamen zwei französische Offiziere der Pariser Garnison bei Villers-aux-Bois über die deutsche Grenze und haben die in der Nähe auf dem Felde daselbst befindlichen Bewohner von Rezonville, 1) Joseph Rollet, 2) Karl Newen, 3) Augustine Drollet und 4) die Ehefrau Perrin herbeigerufen und dieselben nach den Namen der umliegenden Ortschaften, sowie nach hiesigen Verhältnissen befragt. Diese wollen angeblich keine Auskunft hierüber gegeben haben; dann sagten die Offiziere zu den Vorgenannten: „Ihr werdet seit 1871 sehr von der deutschen Regierung gedrückt, was aber nicht lange dauern wird, denn wir kommen bald, um Elsaß-Lothringen zurückzuerobern."
Berlin, 2. Jult. Die „Nordd. Allg. Ztg." bemerkt gegenüber den Blättern, welche die Paßmaßregeln an der elsaß-lothringischen Grenze abfällig kritisieren: Weitere Maßregeln werden folgen und dauern müssen, wenn die Loslösung Elsaß-Lothringens von Frankreich systematisch erstrebt werden soll. Das Reich läuft nicht den Elsaß-Lothringern nach; ! es richtet seine Politik zum Schutze der Grenze ohne ! Ansehung der daraus entstehenden Folgen ein.
Berlin, 2. Juli. Der bisherige Unterstaats- ; sekretär im Ministerium des Innern, Herrfurth, ist ! zum Minister des Innern ernannt worden.
Berlin, 1. Juli. Ob Kaiser Wilhelm II. Freimaurer sei, wie sein Vater, ist vielfach erörtert worden. Die letzte Nr. 26 der „Bauhütte" enthält die Notiz, daß der Kaiser „ein unbesiegbares Vorurteil" gegen die Loge habe. „Die Germania" und l der „Reichsbote" Stöckers verzeichnen diese Nachricht mit großer Genugthuung.
Berlin, 2. Juli. Es wird jetzt bestimmt versichert, daß der Kriegsminister von seiner Stel- > tung in allernächster Zeit.zurücktritt, um Kommandeur -des 1. Armeekorps zu werden.
Berlin, 2. Juli. Fürst Bismarck wird in den nächsten Tagen Berlin verlassen und sich nach