Bestimmung des 8 64 Ziff. 3 der Ersatz Ordnung, wonach jeder Versuch zur Täuschung gerichtlich bestraft wird und tz 70 Ziff. 6, vergl.-Mit KI71 Ziff. 2 der Ersatz-Ordnung, auststyrksam s zu-, Aachen, wonach die Entscheidungen- der Kt Obrrersatzkommifl sion endgiltig sind und jeder in 4»en GrundlistenckdeS Aushebungsbezirks enthaltene Militärpflichtige bsvech- tigt ist. im AushebMgstschnin ^uderschsiuen-And der Ober-Erjatzkommission etwaige Anliegen vorzutragen. Auf möglichste Reinlichkeit der Militärpflichtigen an Körper und Wäsche ist hinzuwirken. Wer an Epilepsie zu leiden behauptet, hat nach 8 64 Ziff. 5 der Ersatz-Ordnung auf eigene Kosten drei glaubhafte Zeugen hiefür zu stellen.
Es wird erwartet, daß die Ortsvorsteher ortskundige Fehler von Militärpflichtigen — geistige Beschränktheit, Epilepsie — so weit solche nicht schon bei der Musterung zur Sprache gebracht worden und falls dies je in einem Falle unterlassen worden wäre, vor der Aushebung bei dem Unterzeichneten nachholen.
Endlich wird darauf aufmerksam gemacht, daß zum Train mit Rücksicht auf Familien-Verhältnisse nicht designiert wird und derartige Gesuche nicht angenommen werdend
Die Eröffnungs-Urkunden der Vorladungen der Militärpflichtigen sind spätestens bis zum 30. d. Mts. hieher einzusenden.
Die Beiziehung der HH. Ortsvorsteher zum Aushebungs-Geschäft wird auch dieses Jahr nicht für erforderlich erachtet.
Schließlich sieht sich der Unterzeichnete wiederholt veranlaßt, darauf aufmerksam zu machen, daß Militärpflichtige, welche ihren nicht blos vorübergehenden Aufenthalt auswärts haben, z. B. in einem andern Aushebmigsbezirk in Dienst, in Arbeit stehen, auch dort gestellungspflichtig und dorthin zu überweisen sind. Wiederholt wird darauf hingewiesen, daß Anträge auf Zurückstellung oder Befreiung von der Aushebung spätestens im Aushebungstermin zu stelleri sind.
Die Ortsvorsteher werden beauftragt, die Stammrollen pro 1886, 1887, 1888 höherer Weisung gemäß bis zum 30. ds. Mts. unter Anschluß der Geburtslisten zuverlässig hieher vorzulegen.
Den 22. Juni 1888.
Civil-Vorsitzender der Ersatzkommijsion:
Oberamtmann vr. Gugel.
Nagold.
Die Ortsvorsteher
werden an den rechtzeitigen Abschluß der Sportelverzeichnisse pro ult. Juni d. I. erinnert und angewiesen, die von ihnen erhobenen Sporteln mit einer Reinschrift des Verzeichnisses längstens bis 6. k. Mts. hieher einzusenden.
Dabei wird auf den neuen, seit 1. Oktober 1887 gültigen Sporteltarif — Reg.-Bl. von 1887, Seite 199 ff. — wiederholt hingewiesen.
Etwaige Fehlurkunden sind zu fassen:
„Daß in dem Zeitraum vom 1. April 1888 bis ult. Juni 1888 keine der in 8 3 der Ministerial- verfügung vom 6. September 1887 — Reg.-Bl. Seite 387 — aufgeführten Sporteln angefallen und angesetzt worden sind, beurkundet u. s. w."
Den 28. Juni 1888.
K. Oberamt.
Amtm. Marquart.
Die Gerichtsvollzieher
werden an Einsendung des Hanptregisters und Kas- sentagbuchs erinnert.
Nagold, den 29. Juni.
__ O.-A.-R. Daser.
Die fünfte Schulstellc in.Calw wurde dem Schullehrer Kübler in Ottcnbronn, die zweite Schulstelle in Bitz dem Schulamtsverweser Mayer in Pfrondorf, die in Gündelbach, (Knittlingen) dem Schullehrer Lenze in Gültlingen, die in Ünterenzthal dem provisorischen Schullehrer Denkinger daselbst definitiv übertragen.
Gestorben in Amerika: Elisabeth Maria Niethammer aus Kayh, (Herrenberg), 66. I., in Reading, Pa.; Luise Widmayer, gcb. Stalin, aus Calw, 75 I., in Philadelphia, Pa.
Tages-Neuigkeiten.
Deutsches Reich.
Stuttgart, 27. Juni. König Karl, welcher aus Gesundheitsrücksichten an der Reichstags-Eröffnung persönlich nicht teilnchmen konnte, hat dem
Kaiser telegraphisch seine treuesten Grüße gesandt, worauf der Kaiser innig st dankend erwiderte.
': Stuttgart, 27. Juni. Gestern Vormittag um 10 Uhr wurde der 6. deutsche Kraüertag in der Liederhalle eröffnet, lieber 1000 Personen waren ltüwtstzndy der Konzertsaal und die anstoßrnden Räume warm VÄ ständig: beseht. Der Vorsitzende, des deut- schm Brauerbundes, Henrich von Frankfurt, -eröffnte die Verhandlungen. Die Versammlung wurde von Staatsminister; v. Schmid, von Oberbürgermeister Dr. v. Hack und vom Vorstand des Liederkranzes, R. Steidle, begrüßt. Der Vorsitzende gibt einen Rückblick auf die Ereignisse seit dem letzten Brauertag in Berlin; er gedenkt der Kaiser Wilhelm I. und Friedrich III. und bringt ein Hoch aus auf König Karl u. Kaiser Wilhelm II., dessen Botschaft so freudig gewirkt habe. Redner schlägt in Begeisterung Telegramme an den Kaiser Wilhelm und an den König Karl vor. Daran ; schließt sich ein Rückblick auf die abgelaufene Periode ! von 4 Jahren. Henrich wird zum Vorsitzenden ge- j wählt. Hierauf wird zur Tagesordnung übergegan- ! gen. Professor Dr. Aubry spricht über pneumatische Mälzerei.
Stuttgart, 27. Juni. Auf Einladung des Ausstellungs-Komites begaben sich gegen mittag die Mitglieder des deutschen Brauerbundes in die Kellerrestauration unter der Gewerbehalle, wo ihnen ein Frühstück angeboten wurde und wo sich bald bei einem Bierkonzert die höchste Fidelität entwickelte. In diesem Keller geht es überhaupt tagtäglich hoch her. Gestern wurden in dem Keller nicht weniger als 7000 Liter Bier verschenkt. — Was die Ausstellung für Brauwesen anbelangt, so ist nur eine Stimme darüber, daß dieselbe für das Brauereigewerbe von einer geradezu epochemachenden Bedeutung ist, und sie ist deshalb auch für alle . Fachleute .ein Gegenstand eingehendsten Studiums. Gestern war die Ausstellung von I. Maj. der Königin besucht.
Von der in Mannheim stattgehabten 10. oberrheinischen Regatta sind die Heilbrunner „Schwaben" wiederum als Sieger zurückgekehrt.
Berlin, 26. Juni. Die „Köln. Ztg." erfährt aus P e t er s b u r g, Großfürst Wladimir meldete bei seiner Rückkehr aus Berlin, Kaiser Wilhelm gedenke im Monat Juli den Zaren zu besuchen. i
Berlin, 26. Juni. (Reichstag.) Am ^ Bundesratstisch der Reichskanzler Fü r st Bis-: marck, die Minister v. L u tz, v. Mittnacht und zahlreiche andere Mitglieder des Bundesrats. Der Präsident teilt mit, die serbische Nationalversammlung habe dem Reichstags ein Beileidschreiben zngehen lassen; er habe dafür, wie für eine Reihe ähnlicher Kundgebungen, den Dank des Hauses ausgesprochen. Der Präsident verliest sodann den Entwurf der Adresse. Derselbe ^ giebt dem kittern Schmerz und der Trauer Aus- - druck und dankt für die vernommenen Worte des Kaisers, auf dem Wege seines Großvaters zu wan- , deln, die Reichsverfassung zu wahren, die Gesetzgebung insbesondere zum Schutze der Schwachen und Bedrängten auszubauen, Recht und Gesetz zu schir- : men. Der Reichstag ist bereit, Se. Majestät in der ^ Ausführung dieses Willens mit aller Kraft zu unter- : stützen. Der Reichstag zollt den erhabenen Kund- ! gedungen, gestützt auf die bewährten Bündnisse, die Beziehungen zu den Mächten und den Frieden I aufrechtzuerhalten, so lange der Krieg nicht § eine aufgedrungene Notwendigkeit sei, seinen vollen ^ Beifall und wird kein Opfer scheuen, welches für, die Sicherung des Vaterlandes nötig ist, wie er ein- ^
! mutig bewilligte, was der hochselige Kaiser Wilhelm forderte, um den Frieden Deutschlands zu bewahren. Der Reichstag vertraut mit dem Kaiser und den Regierungen des festgeeinten Volkes, daß der Friede! von Niemanden werde gestört werden. Die Adresse i wurde einstimmig angenommen und der Präsident ! zur Uebcrreichung derselben bevollmächtigt. Fürst j Bismarck verließ alsdann den Saal. Staatssekretär v. Bötticher verlas die Botschaft. welche den ,
! Reichstag schließt. Der Präsident gab dem Ver- j trauen in Deutschlands Zukunft,' das alles erfülle,
! Ausdruck durch den Ruf: Kaiser und König W i l- ihelm von Preußen lebe hoch! Ein dreifaches ! enthusiastisches Hoch erklang. — Das Reichstags- : Präsidium wird morgen 11^4 Uhr vom Kaiser ! zur Uebergabe der Adresse empfangen werden.
> Berlin, 26. Juni. Die „Nordd. Allg. Ztg."
bemerkt: Nicht nur unser Volk, sondern die ganze gesittete Welt wird Kaiser Wilhelm für die in der gestrigen Thronrede enthaltene Verheißung, daß das deutsche Reich ein Friede ns Hort fein solle, danken.
Die konservativen Parteien des Reichstags, sowie die nationalliberale haben sich bei den ! deutschen Fürsten während deren Anwesenheit in ! Berlin einschreiben lassen, um denselben so ihren ! Dank für deren Erscheinen zur Reichstagseröffnung darzubringen. — Die konservativen Parteien wollen eine Dankes- und Anerkennungs-Adresse an den Minister v. Puttkammer richten.
Berlin, 26. Juni. Die Vereidigung der : preußischen Minister vor dem König findet um 12 ! Uhr im königlichen Schlosse statt. — Die Eröffnung : des Landtags erfolgt genau in demselben Zeremo- ! niell wie die des Reichstages. Die Rcichsinsignien > werden von denselben Persönlichkeiten getragen. Die § Kaiserin Königin wohnt der Feier in der Loge rechts vom Throne bei.
Berlin, 26. Juni. Dem neuen Kronprinzen Wilhelm, dem sechsjährigen Söhucheu des ! Kaisers, war es, wie die „Post" schreibt, nicht leicht gewesen, klar zu machen, daß er nach dem Tode des hochseligen Großvaters nun Kronprinz des deutschen Reiches geworden sei. Sein kindlicher Sinn vermochte wohl zu fassen, daß sein hoher Vater Kaiser geworden. Seiner Erhebung zum Kronprinzen aber begegnete er mit der Frage : „Nun bin ich schon das, was mein Papa geworden ist, als er schon mein Papa gewesen ist?"
Die Kaiserin Mutter Viktoria hat die beiden englischen Aerzte ihres verstorbenen Gemahls, Morell Mackenzie und Max Hovell, vor deren Abreise in besonderer Audienz empfangen und denselben ! ihren Dank für die aufopfernde Pflichttreue ausge- I sprachen, welche dieselben am Krankenlager weiland Kaiser Friedrichs bewiesen hätten. Als Zeichen ihrer Huld und des Hochseligen Kaisers überreichte die Kaiserin jedem der Aerzte ein Angedenken an den Dahingegangenen, bestehend aus Gegenständen, welche der Kaiser bei Lebenszeiten benutzt hatte.
Mackenzie ist auf seiner Durchreise durch Holland von einem niederländischen Journalisten interviewt worden und hat demselben folgendes über die Krankheitsgeschichte Kaiser Friedrichs mitgeteilt: „Als ich abreiste, gaben einige Kollegen mir bis zum Bahnhofe das Geleit. Nachdem Professor v. Bergmann sich von der Behandlung des Kaisers zurückgezogen hatte, stand ich immer auf freundschaftlichem Fuße mit meinen deutschen Kollegen. Die Partei der „Kreuzzeitung" war stets über die Möglichkeit einer Thronbesteigung Kaiser Friedrichs ungehalten. Als der Kronprinz dennoch Kaiser geworden war, bestrebte die Partei sich, den Einfluß des Kaisers durch eine Regentschaft zu neutralisieren. Hätte ich zugestanden, sagt Mackenzie, daß der verstorbene Fürst vom Krebs ergriffen war, so wäre die Einsetzung einer Regentschaft nicht unmöglich gewesen." Die Frage, ob die Krankheit in Wahrheit Krebs war, beantwortete Dr. Mackenzie mit der Versicherung, daß er im Februar die Ueberzeugung davon erhalten habe. Einer Operation habe er sich widersetzt, weil diese fast immer den Tod zur Folge hat. Die Sektion des Kehlkopfes habe zweifellos bewiesen, daß Krebs die Todesursache war. Der verstorbene Kaiser, Kaiser Wilhelm II. und Kaiserin Viktoria hatten sich gegen eine Untersuchung nach dem Tode erklärt, man habe aber schließlich Erwägungen juristischer und geschichtlicher Natur nachgegeben. „Es ist unwahr", erklärte Mackenzie, „daß, als man zwischen 3 Aerz- ten für die Behandlung des Kaisers zu wählen hatte, Kaiserin Viktoria alles Mögliche für meine Ernennung gethan habe; der Kaiser selbst hat mich aus eigener Entschließung gewählt." Die Ansicht Mak- kenzie's, für den Kaiser hätte eine Regentschaft eingesetzt werden können, wenn früher schon das Vorhandensein von Krebs konstatiert worden wäre, ist übrigens irrig. Nur bei erwiesener Regierungsun- sähigkcit in geistiger Beziehung tritt in Preußen eine Regenschaft ein. Der Geist des Kaisers war so klar und scharf wie immer noch in den letzten Tagen seiner Krankheit.
(Hiezu das Unterhaltungsblatt 26.) Weitere politische Nachrichten folgen in einer Beilage-
Verantwortlicher Redakteur Steinwandel in Nagold.— Drud un> Verlag der G. W. Aals e r'schen Buchhandlung in Nagold.