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81. Jahrgang
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Dienstag, äen 31. August 1886.
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^AokitifcHe Wcrchrrichten.
Deutsches Reich.
— In der letzten Nacht (27.) ist der R e i ch s k a n z l e r in Berlin eingetroffen. Sein Aufenthalt in der Reichshauptstadt wird nicht nur den großen schwebenden Fragen der Auswärtigen Politik gewidmet sein, sondern man wird während dieser Zeit auch die Entscheidung über einige im Vordergrund stehende Fragen der inneren Neichspolitik erwarten dürfen. Insbesondere dürfte in den großen Zügen das Arbeitspensum für die bevorstehende Reichstagssession und wohl auch schon der ungefähre Termin der Berufung jetzt festgestellt werden. Man wird namentlich euvarten dürfen, daß jetzt die Richtung bestimmt wird, in welcher die Reform der Branntweinbesteuerung wieder ausgenommen werden soll; an die Vorarbeiten hierzu muß nachgerade Hand angelegt werden. Die Anwesenheit des Reichskanzlers in Berlin soll nur auf wenige Tage bemessen sein und alsdann ein längerer Aufenthalt in Varzin folgen.
Berlin, 28. Aug. Die Kaiserin kehrte gestern Abend 8 ^ Uhr, der Kaiser heute Mittag 12(4 Uhr von Berlin nach Babelsberg zurück. Der Kaiser, der Kronprinz und der König von Portugal wohnten heute früh den Manövern der Garden auf dem Tempelhoferfelde bei. Der portugiesische Gast besuchte alsdann die Ruhmeshalle und die Jubiläums-Kunstaus- stellung und folgte 3'/e Uhr einer Einladung der Majestäten zum Diener nach Babelsberg. Nach Aufhebung der Tafel folgte eine Umfahrt durch die königlichen Gärten. Abends kehrte der König von Portugal nach Berlin zurück und besuchte das Theater. — Nach dem Schluß der Uebungen auf dem Tempelhoferfelde kehrte der Kaiser zur StzaLt^M-Ück, nahm-im hiesigen Palais mehrere Vorträge entgegen und erteilte dem zur Zeit in Berlin weilenden türkischen Divisionsgeneral und General-Adjutant des Suldans, Kamp- hövner Pascha, die nachgesuchte Audienz. Mittags 12 Uhr begab sich der Kaffer mittelst Extrazuges nach Neu-Babelsberg und von dort zu Wagen wieder nach Schloß Babelsberg.
R u sz l a rr d.
Petersburg, 28. Aug. Die „Deutsche Petersburger Zeitung" rät dem Fürsten Alexander ab, die Regierung Bulgariens wieder aufzunehmen, da unter den gegenwärtigen verschlungenen Verhältnissen nur ein zweiter und nachhaltiger Sturz die Folge sein würde.
England.
London, 28. Aug. Die heutigen Morgenblätter sprechen sich wiederholt dafür aus, daß Fürst Alexander unverzüglich nach
Sofia zurückkehre; thue er es nicht, so würde er einen großen Fehler begehen. _
Bur Lage in Bulgarien.
Ein erster brieflicher Bericht des „Pester Lloyd" vom 23. d. M. gibt zuverlässige Auskunft über die Vorgänge vom Samstag abend. Der Bericht lautet wörtlich:
Das fürstliche Palais in Sofia (der renovierte ehemalige Konak) ist ein schmucker, einstöckiger Bau. Hinter demselben befinden sich große Gärten, vor demselben ein niedriges Gebäude für die Palastwache. Im ersten. Stock des Palais sind die Empfangssäle, das Arbeits- und das Schlafzimmer des Fürsten, im Parterre liegen die Zimmer der Suite des Fürsten und seines Bruders, des Prinzen Franz Josef. Ich selbst befand mich in der Nacht vom Freitag auf den Samstag iu Herrengesellschaft und es war zwei Uhr nach Mitternacht, als wir den Heimweg antraten, der uns am Palais des Fürsten vorbeiführen sollte. Vorbeiführen sollte — denn wie wir uns dem Palais näherten, hörten wir plötzlich den gleichmäßigen Schritt einer anmarschierenden Truppe. Bald darauf entstand ein dumpfes Gepolter aizf der Schloßwache und ein schrecklicher markerschütternder Angst- und Hilferuf durchzitterte die Stille des heraufoämmernden Morgens. Dann war Alles wieder still — totenstill, denn etliche Wachsoldaten, die Widerstand leisten wollten, waren ermordet worden, die übrigen ließen sich's gesagt sein und fügten sich lautlos.
Es waren ein Bataillon — wenn ich nicht irre, das Bataillon von Küstendil — und zwei KDMgnien, WMdet nus^ den. Zöglingen der Junkerschute,' weiche hier aufmärschierten und alle Zugänge zum Schlöffe besetzten. Das war zu dieser Zeit überhaupt die ganze Besatzung von Sofia, denn alle übrigen waren in den letzten Tagen nach Slivnica verlegt worden, teils um daselbst größere Uebungen vorzunehmen, teils aber auch vorsichtshalber und der „serbischen Rüstungen" wegen. Wie es sich nämlich herausstellt, sind schon seit Wochen systematisch falsche „vertrauliche" Berichte der bulgarischen Regierung zugemittelt worden, des Inhalts, Serbien rüste im Geheimen und „beabsichtige einen plötzlichen Ueberfall". Diese fortwährenden Verdächtigungen Serbiens führten zu dem ersehnten Ziele der Zankoffisten: die bulgarische Hauptstadt wurde von Truppen entblößt und nur das eine Bataillon, dessen Kommandant Grueff, ein junger, eifersüchtiger Streber, mit Zankoff und dem Metropoliten Klement im Einverständnisse war, blieb in Sofia zurück.
Während alle Eingänge und Stiegen des Schlosses besetzt wurden, er-
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(Widerrechtlicher Nadruck wird verfolgt)
Militärische Kmnoresken.
Von Fred. Vincent.
I. Dev öicke Schmer.
Mitten zwischen den Ausläufern eines bedeutenderen, waldreichen Gebirgszuges in einer der reizendsten Gegenden unseres deutschen Vaterlandes gelegen, ist Waldburg noch heute eines jener kleinen geinüthlichen, Garnisonstädtchen, die von Jahr zu Jahr aus gar manchen Gründen, hauptsächlich in Folge Concentration der Regimenter u. s. w. bei uns immer seltener werden. Unter solchen günstigen Verhältnissen, wie sie unserm Infanterie-Bataillon in dem freundlichen und wohlhabenden Städtchen zu Gute kamen, hat sich denn auch naturgemäß ein schönes Einvernehmen zwischen der Bevölkerung und den Offizieren und Mannschaften herausgebildet. Erleichtert und unterstützt wird dasselbe dadurch, daß Waldburg auch Sitz eines Landwehr-Be- zirks-Commando's ist und sowohl in den Kreisen der Bürgerschaft auch als unter den Gutsbesitzern und Fabrikanten der Umgegend eine Anzahl Reserve- und Landwehr- Offiziere zählt. Auf dem freundschaftlichen Fuße verkehren daher dort Militär- und Civilpersonen, die in größeren Garnisonen leider nur so häufig in einem gewissen abweisenden Gegensatz zu einander stehen. Wie die Offiziere bei allen Festlichkeiten in der Stadt und Umgegend gern gesehene Gäste sind, so wird auch das Ossiziers- casino bei gewissen Gelegenheiten eifrig von den Herren im bürgerlichen schwarzen Rock besucht, am häufigsten jedoch sicherlich der Frühschoppentisch des Offizierscorps im „Schwarzen Walisisch", der ersten Restauration Waldburgs. Am Marktplatz und der Hauptwache gegenüber gelegen, vereinigt dieselbe schon seit Jahren regelmäßig jeden Mittag kurz vor 12 Uhr in ihrem kleinen Extrazimmer fast sümmtliche Kameraden unseres Bataillons, sowie eine ganze Anzahl Herren von der Reserve und Landwehr bei einem guten Trunk und animirter Unterhaltung.
Der Gemütlichsten einer aber am fidelen runden Tisch war der Adjutant des Bezirks-Comandeurs, Premier-Lieutenant von Schmerwitz eine in jeder Hinsicht hervorragende und gewichtige Persönlichkeit. Von allen, die jemals mit ihm in Berührung gekommen, wegen seiner unverwüstlichen guten Laune und seiner harmlosen Witze geschätzt, galt er besonders bei den jüngeren Kameraden als unfehlbare Autorität in allen Fragen des Dienstes und des Exercier-Reglements. Dabei war er bereis ein etwas älterer Herr von so gewaltiger, ja ganz abnormer Körperfülle, das; er immer wieder die Zielscheibe gutmütiger Scherzworte abgeben mußte, die der gute „dicke Schmer" aber keineswegs übel nahm, sondern stets so treffend zu pariren verstand, daß er fast jedesmal die Lacher auf seiner Seite hatte. Die kleinen Witzblänkeleien mit dem Adjutanten bildeten daher fast täglich den nie versagenden Stoff zur. Heiterkeit im „Schwarzen Wallfisch" und manchmal geriet „der Dicke" arg ins Gedränge. Behauptete doch einmal der Hauptmann von Stettow, der früher längere Zeit Brigade-Adjutant gewesen, im letzten Jahre als Herr von Schmerwitz in der Front gestanden, habe beim Brigade-Exerzieren trotz unendlicher Mühe Richtung und Vordermann niemals stimmen wollen. Lange habe der General vergeblich versucht, herauszubringen, woran der Fehler gelegen, bis er schließlich entdeckt habe, daß er Premier-Lieutenannt von Schmerwitz auf der Zuglucke der vierten Kompagnie im Richtungsbataillon gestanden. Das sei das Rätsel gelöst gewesen, denn wie märe Richtung und Vordermann überhaupt denkbar bei einer Zucklucke von zwei Glieder Breite. Das sei auch der Grund, warum der „dicke Schmer" nach dem Manöver das ruhige Pöflchen in Waldburg erhalten, wo er in stiller Beschaulichkeit sein Avancement zum Hauptmann abwarten solle.
Allein selbst solche directen Attacken vermochten den braven „Dicken" nicht in den Hämisch zu bringen. Mit unendlicher Bierruhe faß er auf seinem schweren eigens für ihn erbauten Ledersessel und blinzelte seinen Angreifer gemütlich lächelnd mit schlauen Aeuglein unter der mächtigen Glatze hervor vergnügt an. Und dann wußte er von einem tragikomischen Reiterstücklein zu erzählen, das ein gewisser Brigade-Adjutant vor Zeiten auf dein seligen Brigade-Schimmel ausgeführt hatte und er konnte seine Revanche mit Recht eine glänzende nennen. Sie folgte beinahe tag-