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Frankreich.
Paris. Präsident Carnot ist von seiner Reise nach Südfrankreich recht zufrieden hier wieder angekommen; in Bordeaux und in Rochefort überreichte er verdienten Ordensschwestern das Kreuz der Ehrenlegion mit sehr anerkennenden Worten. Damit sind auch die monarchistischen Blätter einverstanden.
Paris. Das energische Auftreten der Regierung und die mannhaften Worte des Präsidenten in den verschiedenen Städten Süd-Frankreichs ließen der Hoffnung Raum geben, den Boulangismus, wenn auch nicht ausgerottet, so doch wenigstens eingedämmt zu sehen. Allem nach ist aber diese Hoffnung im Schwinden begriffen. Trotz der strengen Weisungen Floquets an die Polizei-Präfekten und an die Polizeibehörden der Provinz, den boulangistischen Hetzereien mit der nötigen Energie entgegenzutreten oder vielleicht gerade wegen derselben, bekommen die Bou- langisten wieder Oberwasser. Es ist dies auch ganz natürlich. Der Boulangismus ist eben etwas ganz anderes als die bloße Sympathie für den gemaßre- gelten General; er ist der Ausdruck der tiefen Mißstimmung gegen die gegenwärtige Regierungsform, gegen die „Republik der Advokaten", welche seit 17 Jahren dem Volke schöne Worte vormachen und sonst nichts zu stände bringen. So ist es denn sicher, daß sich der Boulangismus trotz des polizeilichen Gegendrucks immer mehr ausbreitet.
Paris, 1. Mai. Die Sprache, welche der Brüsseler „Nord" gegen Boulanger sührt, hat letzterem sehr wehe gethan, weil er sich immer als besonderen Günstling der Russen hinstellt. Der „Nord" hatte ihn einen Revolutionär geheißen, worauf Boulanger in einem Schreiben an Millevoye erwidert: Ich protestiere energisch gegen dieses Wort. Die Loyalität meiner Gesinnung wird vom „Nord" gänzlich verkannt, das sage ich laut im Angesicht von ganz Europa. Wenn der „Nord" meint, ich würde Frankreich in äußere Verwicklungen stürzen, so antworte ich: man verleumdet das demokratische Frankreich, wenn man ihm Angriffsgedanken andichtet, gegen welche wenigstens ich entschlossen Front mache." Das lautet ganz anders, als gewisse Redensarten, die der General als Kriegsminister nicht müde wurde, laut werden zu lassen, und die von seinen Leibjournalen „La France". „La Lanterne" und „La Cocarde" und von seinen Freunden Deroulede, Rochefort u. a. bis zum Uebermaß gepredigt worden sind.
Paris, I.Mai. Ein Korrespondent des „Matin". der Polen durchreist hat, behauptet, daß in den polnischen Garnisonen höchstens 130000 Mann ver
sammelt seien. Derselbe hatte auch eine Unterredung mit dem General Gurko, welcher diese Beobachtung bestätigte. Der General versicherte, Rußland wolle nicht den Krieg, da die angreifcnde Macht eine furchtbare Verantwortung tragen würde. Gurko sprach mit großer Geringschätzung von Italien, nannte aber den Eintritt Englands, des „dritten Räubers", in das antifranzösische Bündnis eine Gefahr. Er leugnete, daß Rußland neue Truppen in Polen konzentriere und versicherte, daß kein Zeitungsgeschrei den Zaren zum Angriff provozieren könne; würde aber Rußland angegriffen, so sei es reich genug, um sich den Luxus einiger Niederlagen zu gestatten, ohne daß seine Kraft geschwächt und die Moral der Soldaten untergraben würde.
In Nancy wurden die boulangistischen Schreier mit Gefängnisstrafen bis zu 3 Monaten angesehen. Einer der Verurteilten sagte: „Dieser Lump von Boulanger kommt mich teuer zu stehen."
Holland.
Haag, 2. Mai. Das Befinden des Königs hat sich in den letzten Tagen verschlimmert. Der König hütet fortgesetzt das Bett; man glaubt allgemein an eine nahe Katastrophe.
Italien.
Rom, 2. Mai. Bei einem heute im Fort „Ti- burtino" stattgehabten Versuchsschießen mit einem neuen Sprengstoff, welchem der Kronprinz beiwohnte, sprang eine Büchse. Durch die Eisensplitter wurden mehrere Offiziere verwundet, auch der Kronprinz erlitt leichte Verletzungen.
Rom, 2. Mai. Dem Vernehmen nach bereitet der Papst eine Encyklika an alle Bischöfe vor, welche gegen den Liberalismus in allen seinen Aeu- ßerungen und Anwendungen gerichtet ist.
England.
London, 2. Mai. Der Kriegsminister wird morgen im Unterhause eine Vorlage, betreffend die Vergrößerung der Wehrmacht Englands, einbringen.
Rußland.
Die Prahlereien des General Gurko, der Rußland für reich genug hält, sogar die Kosten einiger Niederlagen ertragen zu lassen, finden eine merkwürdige Illustration in einem Bericht des „Daily Telegraph", der sich bezüglich der wirtschaftlichen Lage Rußlands dahin ausspricht, daß das grenzenlose Elend und die fatalistische Ergebung der russischen Bauern in der Brust des hartherzigsten Steuereintreibers ein Gefühl des Erbarmens erwecken und die Hoffnungen selbst eines sanguinischen Gerichtsvollziehers vernichten
müsse. Wenn man sagen wollte, daß der Ackerbau in Rußland eine Beschäftigung darstellt, welche den vollkommenen Ruin bedeutet, und daß die Männer, welche hinter dem Pfluge gehen — und das heißt tatsächlich die ganze Bevölkerung Rußlands — gänzlich außerstande sind, jene gewaltigen Steuersummen zu zahlen, auf welche der Finanzminister Wyschne- gradski bei seinen Taschenspielerstückchen rechnet, so würde man die Sachlage mit einer irreführenden Milde schildern. Das Elend ist ebenso weit verbreitet als tief. Im Norden, Süden, Westen und Osten hört man dieselbe Sprache. Die Dorfgemeinden stecken bis über die Ohren in Schulden, Tausende von Menschen werden von der privaten Mildherzigkeit unterhalten, Tausende halten sich durch Betteln und Stehlen über Wasser, viele sind vor Hunger gestorben und sterben noch täglich, und jeden, der noch ein Obdach hat, unterwirft man der Knute in der eitlen Hoffnung, etwas für die Kunststücke des Finanzministers aus ihm herauszupressen.
Griechenland.
Athen, 30. April. Es bestätigt sich, daß die Opposition für den 6. Mai, den Namenstag König Georg's, große regierungsfeindliche Manifestationen plant. Die Regierung hat die umfassendsten militärischen Borsichts- und Sicherheitsmaßregeln ergriffen, um jeden Versuch, die Ordnung zu stören, im Keime zu ersticken. Es ist kein Geheimnis, daß der König und die königliche Familie nur deshalb nach Korfu gegangen, uin am 6. Mai nicht in Athen zu sein. _
Kleinere Mitteilungen.
W ald th ann. 29. April. (Sie will nicht.) Am vergangenen Dienstag war in unserem Orte eine nicht geringe Aufregung. Ein achtbarer Bürger hatte seine Hochzeit angekünbigt. Der Standesbeamte stand zur Trauung bereit, die Hochzeitspredigt war fertig, die Hochzeitsgäste erschienen, Ochsen und Mastvieh war geschlachtet — als aber der entscheidende Schritt geschehen sollte, sagte die Braut plötzlich: „Ich will nicht!" Alles war in der größten Bestürzung. Der Vater der Braut stellte seine andere Tochter zur Verfügung. Der Bräutigam aber wollte nichts davon wissen. Es blieb nichts anderes übrig, als die Braut ihren Eltern wieder zurückzuführen.
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Verantwortlicher Redakteur Steinwandel in Nagold. — Druck und Verlas der G. W. Aais e r'schen Buchhandlung in Nagold.
Amtliche und Frivat-ZLeLanntmachungen.
Nagold.
Liefernugs-
Attord.
Durch Beschluß der Amtsversammlung vom 1. ds. Mts. soll mit Wirkung vom 1. Okt. d. I ab eine neue Wegordnung (Unterhaltung der Vizinalstraßen durch die Amtskorporation) eingeführt werden und ist demzufolge die Anschaffung von a. 77 Stück Dienstmänteln, l>. „ „ Diensthüten mitNummeros,
o. „ „ Kontrolleringen
benötigt.
Es wird aä a zunächst die Lieferung des Tuches mit zus. ca. 200 m nach den näheren, bei der Oberamtspflege zur Einsicht aufgelegten Bedingungen und dem vorhandenen Mustertuch, aä d u. o die fertige Ablieferung der Diensthüte und Kontrolleringe nach den bei beschriebener Beamtung vorliegenden Mustern im Submissionsweg vergeben. Lusttragende Lieferanten (Tuchmacher, Hutmacher, Schmiede oder Schlosser) wollen chre Angebote schriftlich, versiegelt u. portofrei längstens bis
15. Mai V. I, nachmittags 1 Uhr, bei Oberamtswegmeister H. Schuster stellen.
Nagold, den 4. Mai 1888.
K. Oberamt.
I)r. Gugel.
Revier Wildberg.
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Kttnchch-Ntlkäuse.
I. Am Mittwoch den 9. Mai, Bettenberg u. Klosterwald 19 Fm. Nadelh.- Langholz, 5 dcsgl. Sägholz, 125 St. Nadelh.-Scheiter, Prügel n. Anbr.; 1920 St. geb. Nadelh.-Wellen, 350 St. dsgl. ungebd. Schlagraum. Zusammenkunft vorm. 9 Uhr bei der Tafel an der Oberjettinger Steige.
II. Am Freitag den 11. Mai, nachm.
2 Uhr aus Abtswald u. Gmeindsberg 10 Eichen IV. Cl. mit 4 Fm., 62 Rm. Nadelh.-Schtr., 45 desgl. Prügel und Anbr.; 9 Rm. eich. Anbr.; 1680 St. geb. und 200 St. ungeb. Nadelh.-Wellen. Zusammenkunft auf dem Rothfelden- Effringer Weg, bei schlecht. Witterung im Hirsch in Wringen. _
Revier Stammheim.
Aich- ä:
Sttilchch-UkMiifk.
Am Dienstag den 8. Mai, I vorm.
^ 10 Uhr, im Hirsch in Deckenpfronn aus ! Lerchenhäule 95 St. Derbstangen 7—13 I m lang, 27 Rm. Nadelh. unaufbereitet,
! 18 Rm. Nadelh.-Brennh., 160 buch.
! u. 550 Nadelh.-Wellen, ferner Scheid- I Holz aus Lindeurain, Markhau, Wasserbaum 34 Rm.;
II nachm. 1 Uhr im Rößle in Stammheim aus Schleifberg, Brülberg und Dickemerwald 9 Rm. Nadelh.-Spalth., 88 Rm. Nadelh.-Schtr., 250 desgl. Prügel u. Anbr., 880 St. stäbige Na- delh.-Wellen. Günstige Abs. nach Calw u. Wildberg. Zusammenkunft zum Vorzeigen um 11 Uhr beim Bahnwarthaus in der Rehgruudklinge.
Revier Pfalzgrafenweiler.
Kalk-Lieserung.
Am Dienstag den 8. Mai, abends 5 Uhr wird in der Nevieramtskanzlei die Lieferung von 160 Ztr. gebranntem Kalk für verschiedene Saatschulen des Reviers verakkordiert.
Oberschwandorf.
Auf Anordnung des K. Amtsgerichts Nagold vom 17. d. M. und Beschlusses des Gemeinderats Oberschwandorf als Vollstreckungsbchörde vom 24. d. M. wird das hienach beschriebene Gebäude des
Johann Marlin Keppler, ledig und volljährig in Bberschwandorf,
am
Freitag den 25. Mai d. I,, vormittags 11 Uhr
auf dem Rathaus zu Oberschwandorf im Iten Termin im öffentlichen Auf- stieich zum Verkauf gebracht.
Nlo. 9 °/zstel an 1 a 70 grn.
Anschlag
Einem 3stockigten Wohnhaus mit gewölbtem Keller mitten im Dorf, das sogenannte Kloster oder Hofhaus rc.
300
Jeder Bieter hat für den Kaufschil- sing einen tüchligen Bürgen und Selbstzähler zu stellen und haben Beide vor der Zulassung zum Aufstreich ihre Zahlungsfähigkeit durch gemeinderätlicheZeug- nisse nachzuweisen.
Als Verwalter ist bestellt Gemeinderat Schumacher.
Den 27. April 1888.
Gemeinderat
als
Vollstreckungsbehörde.
Oberamtsstadt Naqold.
Bekanntmachung.
Die Straße von Nagold nach Asels- Hausen wird vom 14.—IS. Mai d- I. beschottert und eingewalzt und ist deshalb während dieser Zeit für schwere Fuhrwerke nicht fahrbar, worauf jetzt schon aufmerksam gemacht wird.
Den 4. Mai 1888.
Stadtschultheißcnamt. _ Engel.__
k.ee1inllNK6n
fertigt G. W. Zai s e r.