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Amts- und Intelligenz-Blatt für de« Oberamts-Bezirk Nagold.

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Donnerstag den 26. April

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1888 .

A n» tlicheS.

Nagold.

An die Ortspolizeibehörden, betreffend Maßnahmen gegen das Stromertum.

Die Ortspolizeibehörden werden hiemit auf den im Amtsbl. Nr. 10 des laufenden Jahres enthalte­nen Erlaß des k. Ministeriums des Innern vom 21. März d. I, betreffend Maßnahmen gegen das Stro­mertum zur genauen Nachachtung hingewiesen.

Zwecklos und ohne Subsistenzmittel umher­ziehende Stromer sind vor allem zu veranlassen, daß sie sich über ihre Persönlichkeit ausweisen, eventuell sind dieselben zu sistieren und dem Oberamt vor­zuführen.

Das Oberamt erwartet, daß die einzelnen Orts­polizeibehörden mit aller Strenge den umherziehen­den Stromern entgegentreten, es erscheint dies umso­mehr gerechtfertigt, als sich mit dem Eintritt der besseren Jahreszeit jedem Arbeitsfähigen und Ar­beitslustigen leicht Gelegenheit zum Arbeiten bietet.

Den 22. April 1888.

_ K. Oberamt, vr. Gugel.

Nagold.

An die Ortspolizeibehörden, betreffend Maßregeln gegen herumziehende Zigeuner.

Nachdem neuerdings wieder Klagen wegen Be­lästigungen durch herumziehende Zigeuner vernommen worden sind, werden die Ortspolizeibehörden unter Hinweisung auf die Erlasse des k. Ministeriums des Innern vom 23. Aug. 1879, Amtsbl. S. 293, vom 8. Aug. 1885, Amtsbl. S. 221

und vom 4. Jan. 1887, Amtsbl. S. 42 hiemit angewiesen, mit allem Nachdruck die genann­ten Vorschriften zum Vollzug zu bringen.

Im Falle widerspenstigen und bedrohlichen Verhaltens der Zigeuner hat der einzelne Ortsvor­steher sofort und unnachsichtlich die entsprechenden Zwangs- und Sicherheitsmaßregeln zu ergreifen und soweit erforderlich, sich der Beihilfe der Landjäger zu versichern.

Anzeigen strafbarer Handlungen, insbesonders auch solche wegen Bettels, Landstreicherei sind der zur Verfolgung zuständigen Behörde, erforderlichenfalls unter vorläufiger Festnahme der Beschuldigten, un­verzüglich zu übergeben.

Das Oberamt erwartet von den einzelnen Orts­vorstehern, daß sie sich wiederholt mit den genannten Vorschriften aufs Genaueste bekannt macken und ihre Offizianten alsbald entsprechend instruieren, damit eventuell ohne Verzug eingeschritten werden kann.

Den 23. April 1888.

_ K. Oberamt. Pr. Gug e l.

TagesNeuigkeiten.

Deutsches Reich.

Im letzten Rechnungsjahr hat der Hilfs­bibelverein der Diöcese Nagold 260 Bibelnj und 540 Testamente, teils zum vollen, teils zu ermä­ßigten Preis, Vieles aber unentgeltlich abgegeben. Eingegangen sind für Erlös aus Bibeln ca. ^ 700, Opfer und freie Beiträge ca. ^ 600, dagegen wurden für Bibeln und Bibelblätter verausgabt ca.

1000, so daß der Bibelanstalt noch ein namhaf­ter Beitrag übergeben werden konnte, der ihr bei den an sie gestellten größeren Anforderungen wohl zu gönnen ist.

H Vom Lande. Zu Ehren des nach Goma­ringen beförderten Hrn. Schullehrer Büß versammel­ten sich am Mittwoch den 18. d. M. eine größere Anzahl Lehrer aus den Bezirken Altensteig und Pfalz­

grafenweiler im Gasthaus z. Rappen in sin gen. Schull. Schlack schilderte den Scheidenden als eif­riges Mitglied der Filialvereine, während Schull. Hermann hervorhob, wie Herr Böß sich in seiner fast 12jährigen Wirksamkeit in Bösingen nicht blos um die Schule, sondern auch um die Gemeinde selbst manche Verdienste erworben habe und wie er den Leh­rern allezeit ein l. Freund und aufrichtiger Kollege gewesen sei, der es verstanden habe, sich aller Herzen zu gewinnen. Möge ihm eine glückliche Zukunft be­schicken sein.

Am 7. Mai tritt in dem Landort Kayh (Hcrrenberg) an der Herrcnberg-Tübinger Poststraße, eine Posthilfstelle in Wirksamkeit.

Stuttgart, 20. April. DerSt.-A." ist in der Lage mitzuteilen, daß das K. Ministerium des Innern eine Bekanntmachung erlassen hat, wonachszu den auszuwählenden Prüfungsgegenständen aus dem Gebiet der gerichtlichen Medizin, öffentlichen Gesund­heitspflege und Medizinalgesetzgebung auch die Grund­sätze der Homöopathie gehören.

Stuttgart, 23. April. Von Seiner Maje­stät dem König Karl von Württemberg und Ihrer Majestät der Königin Olga sind für die Ueberschwemm- ten 5000 ^ gnädigst gespendet worden.

Stuttgart, 24. April. lWie wir erfahren, sind auch von den Offizieren, Aerzten und Beamten des Königl. Württ. Armeekorps Epauletten bis auf weiteres nicht anzulegen.

Aus den Weinbergen. Der Stand des Rebstocks ist im allgemeinen gut, ja vielversprechend. Prachtvoll stehen allerwärts die Obstbäume.

Brandfälle: Am 22. ds. in Tübingen der Dachstock des Hauses von Uhrmacher Müller in der Pfleghofstraße.

München, 23. April. Die Königin von England ist in Begleitung der Prinzessin Beatrice und deren Gemahl abends 6 Uhr hier eingetroffen. Der Prinzregent, die Königin-Mutter und sämtliche hier anwesenden Prinzen und Prinzessinnen, sowie das Personal der englischen Gesandtschaft und der päpst­liche Nuntius waren auf dem Bahnhofe erschienen. Um 6^/« Uhr erfolgte die Weiterreise.

München, 23. April. Zum Empfang der Kaiserin von Oesterreich hatte sich nur ihr Bruder, Herzog Ludwig eingefunden.

Frankfurt a. M., 24.April. Die Kaiserin richtete ein Schreiben an den Justizminister Fried­berg wegen eines Einschreitens gegen die schamlosen Angriffe der Presse auf die englischen Aerzte.

Berlin. Die Aerzte empfehlen dem Kaiser, nicht so viele Personen zu empfangen, wie dies vo­rige Woche der Fall gewesen. Auch finden sie, daß die seelische Erregung, die der Kaiser erfährt, wenn er sich am Fenster dem Volke zeigt, auf sein Befin­den nicht günstig einwirke. Berliner Blätter erzäh­len, daß an einem der letzten Tage der Kaiser bei solcher Gelegenheit einmal halb ohnmächtig vom Fen­ster zurücktrat. Auch die Borträge sind auf das Not­wendigste beschränkt; der Reichskanzler verweilte aber am Samstag abend über eine Stunde beim Kaiser. Die Mitglieder des kaiserlichen Hauses machen täg­lich Besuche, die aber nur kurz währen. Die Kaise­rin-Mutter Augusta pflegte zur Mittagszeit auf halb­stündigen Besuch einzutreffen.

Berlin, 21. April. Die zeitweise günstigeren Nachrichten aus Charlottenburg können laut der Köln. Volksztg." leider den Ernst der Situation nicht ändern. Se. Majestät war in der vergangenen

Nacht so schwach, daß er nicht schreiben konnte. Der Kräftezustand hat deshalb so stark gelitten, weil der Kaiser die Speisen wegen Appetitmangel meist zurück­weist. Die Anschwellung der Füße besteht doch.

Berlin, 21. April. Der Korrespondent der Fr. Ztg. berichtet: Wir wußten schon vor einiger Zeit, daß der Kaiser sich drei Tage lang geweigert hat, das Gesetz über die Verlängerung der Legisla­turperioden im Reich zu vollziehen, und daß jdies einer der Vorgänge war, die zur sogenannten Kanz­lerkrisis mitbeigetragen haben. Da diese Thatsache jetzt auch in parlamentarischen Kreisen erzählt wird, haben wir auch keinen Grund mehr, sie zu ver­schweigen.

Vom Fürsten Bismarck wird jetzt bekannt, daß er damals, als es sich darum handelte, zu ent­scheiden, ob beim Kronprinzen, dem jetzigen Kaiser, die Exstirpation (ganze oder teilweise Herausnahme) des Kehlkopfes vorgenommen werden solle oder nicht, dringend von der Operation abgeraten und hinzuge­fügt habe:Besser unter der Hand Gottes, als unter der der Menschen."

Dem Kronprinzen Wilhelm ist die Stell­vertretung des Kaisers jetzt in erweitertem Umfange übertragen worden. Bisher waren dem Kronprinzen hauptsächlich die Personal-Angelegenheiten überwiesen. Jetzt dürsten alle nicht prinzipiellen Angelegenheiten der Bearbeitung und Entscheidung des Kronprinzen zu unterbreiten sein.

Berlin, 22. April. Heute in aller Frühe betrat Prinzessin Margarethe, die eben ihren 16. Ge­burtstag begeht, das Krankenzimmer ihres kaiserlichen Vaters, nahm dessen leise mit den Lippen gehauch­ten Glückwünsche entgegen und küßte, mit Hellen Thrä- nen in den Augen, Hände und Sürn des hohen Kranken.

Berlin, 22. April. Se. Maj. der Kaiser haben durch Erlaß vom 14. d. M. zu bestimmen ge­ruht , daß die Fürbitte für Allerhöchstdenselben und das Kaiserliche und Königliche Haus in dem allge­meinen Kirchengebete mit folgendem Wortlaute ge­halten wird:Laß, o Herr, Deine Gnade groß werden über Deinen Knecht Friedrich, den Kaiser, unseren König und Herrn, die Kaiserin und Königin, die Kaiserin und Königin-Mutter, über den Kron­prinzen und die Kronprinzessin, seine Gemahlin, über sämtliche Königliche Prinzen und Prinzessinnen rc.

Berlin, 23. April. Die fieberhaften Zustände bei Seiner Majestät halten fortgesetzt an; in den Morgenstunden von 3 Uhr an tritt gewöhnlich eine Abnahme derselben ein, die von 5 Uhr abends an durch die Zunahme abgelöst wird. Die Entfernung der Zersetzungsprodukte hat zwar naturgemäß eine vorübergehende kleine Erleichterung verschafft. Das massenhafte Vorhandensein des Eiters zeugt jedoch von der Bösartigkeit der Zerstörung im Innern, von dem rastlos fortschreitenden Zerfall. Die Ver­engerung der Speiseröhre und die merklich zuneh­mende Appetitlosigkeit erklären den Schwächezustand, der mehr und mehr seine bedenklichen Folgen zu zeigen sich anschickt. Die Enkräftung wird daher von den Aerzten mit Anstrengung bekämpft. Seine Majestät ermattet öfters während des Unterschreivens, wobei ihm von beiden Seiten Hilfe geleistet werden muß. Im Schlosse ist die Auffassung über das Er­warten der nächsten Tage eine ungeteilte, entschiedene.

Berlin, 23. April. Ueber das Befinden des Kaisers verlautet: Das Fieber zeigt bei dem Kaiser die Neigung zu sinken; allem Anschein nach ist ein gewisser Stillstand in der Erkrankung des Kaisers