dem boulangistischen Radikalismus in die Armee werfen werden. Jedenfalls steht die Republik vor einer der gefährlichsten Krisen, die bis jetzt über sie heraufbeschworen wurden, und es wird großer Anstrengungen der jetzigen Machthaber bedürfen, der Bewegung Herr zu werden und die Republik in ihrem Bestand zu schützen. Ob und wie sie den Umtrieben Boulangers ein Ziel setzen können, wird sich zeigen.
Paris, 10. April. Ein Freund Boulangers enthüllte heute einem Redakteur des „Soir" die angeblichen Pläne des Exgenerals. Derselbe werde nach seinem Eintritt in die Kammer sofort die Revision der Verfassung beantragen; werde diese verworfen, so werde die Boulangistenpartei einePression zur Kammerauflösung verursachen. Boulanger, der bei den Neuwahlen in 30 bis 40 Departements mit Sicherheit gewählt werde, werde wieder Kriegsminister oder Präsident der Republik.
Die Aktien des Generals a. D. Boulanger steigen! In der Dordogne ist er mit 59 397 Stimmen gewählt worden, doch hat er in einem offenen Brief an die Wähler dieses Departements „im Namen Frankreichs für die große patriotische Demonstration" gedankt und erklärt, daß er nur das Departement du Nord vertreten könne, welches ihn am nächsten Sonntag wählen werde. Die Monarchisten freuen sich dieses Wahlresultats, welches beweise, daß das Land die Kammerauflösung und die Revision der Verfassung wolle, seit langer Zeit zwei Forderungen des monarchistischen Programms. Der „Figaro" dagegen erklärt den Erfolg Boulangers für eine öffentliche Gefahr.
Die Herstellung des neuen französischen Jnsanteriegewehres wird beschleunigt. Oberst Gras, der Erfinder des nach ihm genannten Gewehres, ist in Saint Etienne eingetroffen, um die Vergrößerung der dortigen Waffensabrik zu beschleunigen. Statt der 500 Stück Gewehre, die Saint Etienne jetzt täglich liefert, sollen täglich 1000 Stück geliefert werden. In Saint Etienne werden fünf Sechstel des neuen Gewehres gemacht, der Rest in Toul.
Die Rundreise des Präsidenten Carnot durch die französischen Provinzen wird ein Schauspiel für die dürstenden Franzosen werden, die mit alter Liebhaberei in patriotischen Huldigungen schwelgen. Als Musterbild dieses Dranges darf Agen gelten, dessen Festprogramm bereits veröffentlicht wird: Carnots Ankunft wird mit dem Läuten aller Glocken und 21 Kanonenschüssen gemeldet; venetianische Masten, Fahnen, Kränze, Illumination; zwölf Triumphbogen; abends alle öffentlichen Gebäude im Lichtglanze; am folgenden Tage bei der Abfahrt nach Bordeaux 101 Kanonenschüsse. Zum Andenken: Denkmünzen und Gedenkmarken für alle Gemeindevorstände, welche der Einladung des Präfekten gefolgt sind.
England.
London, 10. April. Man erwartet hier vielfach einen baldigen Wiederausbruch der Kanzlerkrisis und den definitiven Rücktritt des Fürsten Bismarck und zwar infolge tiefliegender Differenzen mit dem Kaiser; die projektierte Heirat sei blos ein Vorwand.
Die Presse tadelt Bismarcks Vorgehen, welches in Deutschland Zwiespalt, in London und Wien Verstimmung, in Petersburg und Paris aber Freude Hervorrufe.
London, 10. April. Ein beispiellos heftiger Orkan suchte Samstag nachts Dacca in Bengalen heim. Eine Menge Häuser wurde zerstört, 40 Personen getölet und über 500 verwundet.
London, 11. April. Die Königin wird sich nur 2 Tage in Berlin aufhalten. Die Ankunft soll aber erst am 24. April erfolgen, die Rückkehr nach London am 26. April. Diese Dispositionen sind nunmehr als feststehend zu betrachten.
London, 11. April. Der Marquis of Salisbury hielt gestern in Carnarvon eine Rede, worin er auf den großen Verlust der deutschen Nation durch das Ableben des Kaisers Wilhelm Hinweis, die Herrschertugenden des verblichenen Monarchen pries und denselben als treuen Freund Englands bezeichnete. Gleiche Teilnahme verdiene sein Nachfolger, welcher, obschon schwer erkrankt, seit seiner Thronbesteigung allen Hoffnungen und Erwartungen entsprochen habe. Es sei um die Erhaltung seines Lebens zu bitten, da es ein Unterpfand für den Fortschritt der Menschheit und die Aufrechterhaltung des Friedens sei. Uebri- gens wiederholte Salisbury die Ueberzeugung, alle Herrscher Europas bemühten sich eifrigst, etwaiges Unglück zu verhindern, welches aus den Konflikten entstehen könnte, worein die Umstände ihre Völker hineinziehen könnten. Gegenwärtig sei jeder Grund für die Hoffnung vorhanden, daß diese Bemühungen gelingen. Rußland.
Petersburg. Eine Nachricht, die, wenn sie sich bestätigen würde, die bulgarische Frage ein gut Stück ihrer Lösung nahe brächte, wird zur Zeit in englischen politischen Kreisen lebhaft besprochen. Wie es heißt, soll Rußland die Verpflichtung übernehmen wollen, keinen Zwang gegen Bulgarien in Anwendung zu bringen, keine Partei für die Vorgänge im Fürstentum verantwortlich zu machen, keine russ. Offiziere zur Ausbildung der bulgarischen Armee zu entsenden, noch einen General zum Kriegsminister zu ernennen, noch einen Kommissär nach Sofia zu senden. Den Bulgaren soll es sreistehen, einen Fürsten nach ihrer Wahl zu ernennen, nur dürfe derselbe nicht — Katholik sein. Der Rußland hiebei leitende Gedanken gehe dahin, dem Zarenbefreier eine moralische Genugthuung zu geben, zu welchem Behufe eine rein bulgarische Deputation in Vorschlag gebracht werde, die dem Zaren ihre Wünsche unterbreiten solle. Zur Verstärkung dieses Gerüchtes wird behauptet, die russische Regierung sei bereit, mit irgend einer Partei in Bulgarien, selbst mit Stambulow direkt oder durch Vermittlung der Pforte zu unterhandeln. Bestätigt sich dieses Gerücht, woran freilich zu zweifeln ist, so würden sich die bulgarischen Wirren ja in einer Weise lösen, die jede weitere Verwickelung von selbst ausschließen müßte.
Wie man der „Daily News" aus Odessa meldet, ist dort am Sonntag amtlich verkündet worden , daß alle fremden Juden, es sollen im ganzen 10000 Familien sein, hauptsächlich rumänischer und
österreichischer Staatsangehörigkeit, in Kürze aus der Stadt ausgewiesen werden sollen.
Afrika.
Aus Afrika kommen gute Nachrichten für die Italiener. Ras Alula, jener abessymsche General, welcher im vorigen Frühjahr eine kleine Kolonne vernichtet hatte, ist jetzt bei König Johannes in Ungnade gefallen. Der Letztere schiebt seinem General die Schuld dafür zu, daß er mit seiner erbärmlichen Slreitkraft nichts gegen die Italiener in diesem Jahre ausrichten konnte. _
Kleinere Mitteilungen-
Besigheim, 2. April. Am vergangenen Freitag, den 30. v. M. starb in Freudenthal (Besigheim) ein 21jähriges lediges Mädchen infolge zu viel eingenommenen „Wurmsamens." Da kurz vor Eintritt des Todes noch ein Abortus erfolgte, so war ein Verbrechen, bei welchem dritte Personen beteiligt sein konnten, angezeigt, weshalb gestern in Freudenthal die gerichtliche Leichenschau und Leichenöffnung statthatte.
Crailsheim, 5. April. Während des großen Schnees im vorigen Monat zernagten die Hasen einem Werkmeister in Gingen in einer Baumschule ungefähr 2400 O bstbäu mchen.
Handel K Verkehr.
44 Egenhausen, 10. April. Der heutige Biehmarkt war, wie vorauszusehen, nicht besonders stark befahren. Der Handel ging nur schwach und bei gedrückten Preisen. Zugeführt waren 75 Paar Ochsen und Stiere, 100 Kühe, 80 Stück Schmalvieh, 25 Paar Läufer- und 60 Paar Milchschweine. Die Verkaufspreise stellten sich Wie folgt: Ochse» und Stiere 850-800 Kühe 200-300 Schmalvieh 70—150 Läuferschweine 30—72 und Milchschweine 15—24 ^ pro Paar.
Heilbronn, 10. April. (Ledermarkt). Die Zufuhren sind ziemlich schwach ausgefallen; Sohlleder war etwas stärker vertreten. Viele Käufer sind ansgeblieben, der Verlauf des Geschäfts ist ein sehr ruhiger.
Konkurseröffnungen. Christiane Ruepprecht, Spezereihändlerin in Cannstatt. Karl Ebner, Kaufmann in Ebingen (Balingen). Christian Marschall, entwichener Kaufmann von Sulzbach a. K. (Gaildorf). Carl Fischer, Kaufmann, alleiniger Inhaber der Firma C. Fischer u. Cie., Fischhandlung in Stuttgart. Friedrich Hafner, Goldarbeiter nnd Inhaber einer Schreinerei und Glaserei in Heslach.
Gestreifte und karrierte Seidenstoffe von
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N e u e fte s.
Nagold, 13. April. (Privattelegr. des Gesellsch.) Berlin. Bei dem Kaiser ist infolge Verengerung des Atmungswegs ein Kanülenwechsel notwendig geworden. Eine neue Kanüle wurde gestern von Bergmann eingelegt. Das Allgemeinbefinden ist nicht gestört, doch blieb der Kaiser den Tagesrest über im Bette.
(Hiezu das Unterhaltungsblatt 15.)
Verantwortlicher Redakteur Steinwandel in Nagold. —Druck und Serlaa der G. W. Hai s r r'lchen Vuchbandlung in Nagold.
K. Aintsgtt'M Nagold.
In dem Konkursverfahren über das Vermögen des entwichenen
Friedrich Raufer, Gerbers von hier,
ist zur Abnahme der Schlußrechnung, zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlußverzeichuiß nnd zur Beschlußfassung der Gläubiger über die nicht verwertbaren Vermögensstücke der Schlußtermin auf
Freitag den 1l. Mai 1888, Vormittags 8>/s Uhr, bestimmt.
Den 11. April 1888.
Gerichtsschreiber Brodbeck.
Steckbrief.
Gegen die 2l Jahre alte ledige Dienstmagd Katharine Jenne von Rohrdorf ist in der gegen sie anhängigen Strafsache wegen Diebstahls auf Grund
ArrMicke uns FrilmL-ZLekarmtmachungeu.
des 8 229 Absi 2 der Str.-P.-O. Haftbefehl erlassen.
Es wird ersucht, dieselbe sestzuneh- men und in das Amtsgerichts-Gefängnis zu Nagold abzuliefern.
Nagold, den 12. April 1888.
Königliches Amtsgericht. Oberamtsrichter Daser. Nagold.
In dem
Konkurse
über das Vermögen des entwichenen Friedrich Rauser, Rotgeibers hier, ist die Vornahme der Schlußoeiteilung von dem K. Amtsgericht genehmigt. Die zu berücksichtigenden Forderungen betragen
a) bevorrechtete . 8 864 ^ 97
b) unbevorrechtete 14 003 80 H.
Der verfügbare Massebestand beträgt 4649 wovon die Kosten noch abgehen. Hiernach erhalten die unbevorrechteten Gläubiger keine Befriedigung. Sol
ches wird den Gläubigern hiedurch eröffnet.
Den 12. April 1888.
Konkursverwalter:
Gerichtsnotar Mayer.
Benachrichtigung an Erbschastsgläubiger.
. Der Nachlaß der in Pfrondorf gestorbenen Wittwe des Joh. Martin Lang, gew. Oberlehrers in Schwen- ^ ningen, Elisabeths geb. Wahl, ist überschuldet und die Erbschaft ausgeschlagen. Wenn nicht binnen 2 Wochen Antrag auf Konkurs-Eröffnung erfolgt, wird die Masse unter diejenigen Gläubiger verteilt, welche innerhalb der obigen Frist ihre Forderungen bei der Teilungsbehörde Pfrondorf angemeldet und nachgewiesen haben werden.
Nagold, den 11. April 1888.
K. Gerichtsnotariat.
Mayer.
W i l d b e r g.
9 Stück sehr schöne
MUchfchweiue
verkauft nächsten Montag mittag 1 Uhr _ Roth fuß z. Traube.
Trunksucht.
Daß durch die briefl. Behandlg. u-I nnschädl. Mittel der Heilanstalt für Trunksucht in Glarus Patienten mii u. ohneWissen geheilt wurden, bezeugen N. de Moos, Hirzel.
R. Volkart, Bülach »
F. Dom. Walther, Courchapois
G. Krähenbühl, Weid b. Schöncnwerd. Frd. Tschanz, Röthenbach, Kt. Bern F. Schneeberger, Biel.
Frau Furrer, Wasen.
Garantie. Halbe Kosten nach Heilung. Zeugnisse, Prospekte, Fragebogen grat.! Adresse: Heilanstalt für „Trunksucht)) in GlaruS (Schweiz).