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81. Jahrgang

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Erscheint Dienstag, Donnerstag L Samstag.

* Die EinrückungSgebühr beträgt 9 -H p. Zeile m Bezirk, sonst 12 H,.

Dienstag, äen 24. August 1886.

Abonnementspreis halbjährlich 1 -K 80 H, durch die Post bezogen im Bezirk 2 30 H, sonst in

ganz Württemberg 2 70 H.

Der neueste Staatsstreich in Bulgarien.

Am gestrigen Sonntag, .22. Aug. 12 Uhr mittags, meldete eine Depesche dem Frkf. Journ. eineVerschwörung in Sofia, Fürst Alexander soll verhaftet werden." Ein um 2 Uhr eingetroffenes Telegramm meldet die Richtigkeit in ihrem ganzen Umfang, wie folgt:

Konstantinopel, 22. Aug. (2 U. 10 M.) Aus Sofia wird gemeldet: Durch Karaweloff und Zankoff wurde in Abwesenheit des Fürsten Alexander eine proviso­rische Regierung gebildet, derFürst wurde bei der Truppenbesichtigung bei Widdin gefangen genommen, seineAbsetzungistproklamiert.

Weiter eingelaufene Nachrichten geben keinem Zweifel mehr Raum.

Das Frkf. Journal knüpft an diese sensationelle Nachricht folgende Schlüsse:

Fürst Alexander I. von Bulgarien ist nach mehr als siebenjähriger Regierung heute von einigen Verschwörern, die im Namen des bulgarischen Volkes zu handeln glauben, beseitigt worden. Die Kürze des Verfahrens entspricht dem Herkommen in jenen, von der europäischen Kultur nur erst oberflächlich berührten, noch in steter Umbildung begriffenen halbasiatischen Staatengebilden.

Fürst Alexander selbst hat im Herbste vorigen Jahres einen Staats­streich wenn nicht in Scene gesetzt, so doch vorbereiten und geschehen lassen, um von der folgenden Bewegung emporgetragen oder niedergeworfen 'zu werden. Bei aller Sympathie für den ritterlichen Sinn des Fürsten, bei aller persönlichen Teilnahme an dem Schicksal dieses stolzen Sohnes aus ' ''einem erlauchten deutschen Regentenhause, kam doch immet-wieder die Mei­nung zum Durchbruch, daß jenes Vorgehen doch vor hem ernsten Urteil der Klugheit, deren derPolitiker nie entraten kann, nur sehr schwer Stand Hilten wollte.

Der Siegeslauf des Fürsten nach Philippopel rollte die ganze Sachlage wieder auf und mußte die in Rußland sich damals kreuzenden politischen Strömungen mit einem Male vereinigen, und zwar gegen den jugendlichen Fürsten, dessenAlexanderzug" ein Großbulgarien zu stiften geeignet npar, das in der Zukunft den russischen Kolonnen auf dem Wege nach Konstanti­nopel sehr widrig zu werden drohte.

Derartige neue Staatenbildungen aber behaupten sich nicht so ohne Weiteres. Der Gedanke eines großbulgarischen Freistaates an der unteren Donau mag vor der Geschichte und angesichts der kulturellen Entwickelungs­zustände am Balkan, ein für die Zukunft noch so berechtigter gewesen sein; in der Gegenwart schien er doch noch unreif, und dies so lange, als der mächtige nordische Nachbar trotzig und eifersüchtig widerstrebte. So hat Fürst Alexander zu sehr der Gerechtigkeit eines in der Zukunft liegenden

Gedankens vertraut und zu wenig die realen Verhältnisse seiner eigenen gegen­über der russischen Macht berechnet und ist diesem politischen Irrtum nunmehr zum Opfer gefallen.

Heute heißt es: Karaweloff und Zankoff sind einig und verbürgen sich dafür, daß der Staatsstreich keine weiteren Unruhen und somit auch keine auswärtige Einmischung zuläßt. Es mag der guteWille beider Partei­führer vorhanden sei. Aber vor Jahresfrist verschwand in Ostrumelien Aleko Pascha, und Fürst Alexander von Sofia kam nach Philippopel, heute verschwand Fürst Alexander für Nord- und Südbulgarien. Wird morgen Zankoff und Karaweloff noch da sein?

Darüber müssen die nächsten Stunden schon Auskunft geben.

(Karaweloff gilt als ein leidlich gebildeter Südslave und genaß bisher das Vertrauen des Fürsten in einem, wie es scheinen will, sehr wenig verdienten Maße. Dagegen ist Zankoff nicht weiter als eine russische Drahtfigur und die von ihm beein­flußte Presse im Lande hat nachgerade an Urwüchsigkeit der Sprache in der Verhetzung des Volkes gegen den Fürsten, dessen Politik eine geradezu nihilistische genannt wurde, das Unglaubliche geleistet.

'UoMrfche WachrichLen.

Deutsches Reich.

Ueber den Besuch, den der Kaiser am 20. ds. in Berlin machte, berichtet die Straßb. Post folgendes Nähere: Obwohl die Zeit der Ankunft des Kaisers nicht bekannt war, hatte sich doch eine zahlreiche Menge vor dem Potsdamer Bahnhofe eingestellt, den Kaiser in der herzlichsten Weise zu begrüßen. Der Kaiser sah wohl aus und wurde nicht müde, allerseits für die gespendeten Grüße freundlichst -zu- danken. Während er sonst durch die Königgrätzstraße und das Brandenburger Thor fuhr, nahm er heute seinen Weg durch die Leipziger Straße, um gleich das von der New-Aorker Lebens­versicherungsgesellschaft an der Ecke der Wilhelmstraße errichtete Prachtgebäude, das mit seinen farbigen Glasmosaiken eine hervorragende Sehenswürdigkeit ist, in Augenschein zu nehmen. Dann begab er sich geradewegs in das Palais, wo er die baulichen Veränderungen besichtigte und verschiedene Vorträge ent­gegennahm. Eine große MenschenmengeHrwartete am Friedrichsdenkmal das Erscheinen des Kaisers am Eckfenster. Um 3 Uhr, als die Wachparade auf­zog, erschien der Kaiser am Fenster seines Arbeitszimmers, von den stürmischsten und begeistertsten Hochrufen begrüßt. Als eine Kompagnie des Kaiser-Franz- Garde-Grenadier-Regiments, um die Fahnen abzuholen, anrückte, zeigte sich der Kaiser wieder längere Zeit. Die Tausende, die sich auf dem Platz an­gesammelt hatten, brachten stürmische Huldigungen. Der Kaiser dankte in der leutseligsten Weise.

München, 19. Aug. Prinz Wilhelm von Preußen kam

(Nachdruck verboten.)

Die Falschmünzer.

Kriminal-Roman von Gustav Lössel.

(Fortsetzung.)

Die Mordwaffe?" fragte Duprat mit leichtem Staunen. Er wußte wohl, daß Riston den Kommerzienrat bedrohte, und daß Diesem seine Worte galten; er hatte aber nicht geglaubt, daß Riston sich mit ganz demselben Gedanken trage wie Etwold.

Ersterer nickte finster.

-Ja", sagte er,es scheint, daß ich den Kelch des Verbrechens durchkosten soll bis auf die Hefe. So klein begonnen, so wett abgeirrt vom Pfad des Rechten, und nun endlich ein Mörder."

Zu einem so schweren Verbrechen biete ich nimmer meine Hand", entgegnete Duprat.Ich schaudere bei dem bloßen Gedanken desselben." Und ein Schauder überrieselte wirklich seinen Körper, obwohl er selbst hieher gekommen war, um zu morden.

Ihre Hand, nein, das sollen Sie auch nicht, Duprat", sagte Riston.Ich morde, ich allein, und ich allein breche ein und stehle; wenn ich es auch für Sie thue, um Ihnen die Mittel zur raschen Flucht und der Neubegründung einer verbrechens­losen Existenz zu gewähren."

Was geht mich Ihre Blutthat an? Warum sollte ich fliehen?"

Well es Ihr Chef ist, den ich ermorden will; und ich will so wenig, dcß Sie mich bei diesem Werk hindern, wie ich andererseits nicht will, daß Sie darunterkeiden sollen, was gewiß der Fall wäre, wenn aber was ist Ihnen? Sie werden plötz­lich so blaß?" '

Ich weiß es nicht", entgegnete Duprat, des Anderen Worte und Vorhaben vergessend.Es beschleicht mich plötzlich wie mit einem Fieber. Es brennt und sticht im Herzen, wirkt mich am Halse, schüttelt mich mit Frost ich glaube-"

Was?"

Das ist der Tod."

Der Tod ha!"

Ja, ich fühl's und ich verstehe die furchtbare Vergeltung, die ihr geübt."

Ich? Vergeltung? Was?"

Gebt Euch dies Ansehen nicht, Riston, als wenn Ihr nicht wüßtet, daß Ihr die Becher vertauschtet-"

Vertauscht die Becher?" rief Riston bestürtzt.I a. Das habe i ch gethan."

Verdammt! Und ich fing mich in eigener Schlinge."

Aus einem kurzen, drastischen Zwiegespräch stammelte Riston die ihn entsetzende Wahrheit. Er hatte vergiftet werden sollen, und Duprat's Hand war es, welche ihm den Giftbecher gereicht.

Und Du willst nicht glauben", schrie er am Ende verzweifelt,daß nur em Zufall mir die Hand geführt, und ich unwissentlich zu Deinem Mörder wurde» Rudolf."

Ha, was ist Das?" rief Duprat, sich halb von dem Sessel, in dm er sich geworfen, erhebend.Dieser Name?"

Der Deine, Rudolf Wellnau."

Duprat blickte den Anderen mit einem wirren Ausdruck an.

Ich sehe, Ihr kennt mich wirklich", sagte er; .und wenn ich euch jetzt erblicke, will es mich bedünken, als wenn auch Ihr mir kein Fremder wäret. Aber gleichviel. Die Zell drängt für mich gibt's kein Rettungsmittel mehr. Ihr wißt so viel, und so mögt Ihr auch Alles wissen; und wenn Ihr noch einen Funken der Liebe für mich