Durch Teilnehmer an dem im Schlosse zu Charlottenburg abgehaltenen Gottesdienste ist bekannt geworden, daß auf Befehl des Kaisers in dem allgemeinen Kirchengebet bei der Fürbitte: „Laß, o Herr, Deine Gnade groß werden über den Kaiser, unfern König und Herrn", die Einschaltung „Deinen Knecht" zur Anwendung gekommen ist.
Ein unangenehmes Nachspiel werden die Berliner Gastwirte erleben, welche während der Beisetzungsfeierlichkeiten Kaiser Wilhelms ihre Preise erhöht, verdoppelt und verdreifacht haben. Gegen diese Wirte wird, wie die Post berichtet, wegen Verletzung des § 75 der Gewerbeordnung jetzt strafrechtlich vorgegangen werden.
Berlin, 24. März. Nach Ems ist, wie von dort der „Magdeburger Zcitg." berichtet wird, vom Hofmarschallamt die Anfrage gerichtet worden, ob in den „Vier Türmen," in denen bekanntlich Kaiser Wilhelm während seines dortigen Aufenthaltes stets gewohnt hat. alle Räume heizbar feien. Nachdem diese Frage bejaht worden ist, soll gestern die Weisung hier eingetroffen sein, alles für die kaiserliche Familie in Bereitschaft zu setzen.
Fürst Bismarck, der heute sein 50jähriges militärisches Dienstjubiläum feiert, erhielt heute morgen ein außerordentlich warm gefaßtes Beglück- wünschungsschreiben von Kaiser Friedrich. Die hier anwesenden königlichen Prinzen brachten persönlich ihre Glückwünsche dar. Eine Abordnung des Heeres, bestehend aus dem Generalfeldmarschall Grafen Moltke, dem Kriegsminister Bronsart v. Schellendorf, dem Chef des Militärkabinets v. Albedyll und der Kommandeur der Gardejäger Frhr. v. d. Horst als dem Vertreter des Truppenteils, bei dem der Fürst den ersten Fahneneid geleistet, wird heute abend gegen 6 Uhr zur Beglückwünschung erscheinen und beim Fürsten zu mittag bleibeu.
Der Vorstand des deutschen Kriegerbun- dcs hat den Gedanken angeregt, aus Mitteln der Kriegervereine ein Kaiser-Wilhclm-Denkmal auf dem Kyffhäuser zu errichten.
Berlin, 26. März. Recht günstig lauten die Meldungen über das Befinden des Kaisers. Der Kaiser vermag bereits wieder mit gleichem Behagen wie früher feste und flüssige Nahrung zu genießen, er schläft besser, die Lokalaffektionen im Kehlkopf haben in jüngster Zeit keine Fortschritte gemacht, der Hustenreiz hat nachgelassen, der Auswurf ist seltener geworden und zeigt nur noch ganz schwach eine bräunlichrote Färbung. Die Uebersiedelung nach Wiesbaden soll zunächst nicht mehr in Frage stehen.
Berlin, 26. März. Ucber das Testament Kaiser Wilhelms werden nunmehr folgende authentische Angaben gemacht: Das hinterlasseue Vermögen beträgt 48 Mill. Mark, von denen der größte Teil für den Krontresor, das von Friedrich Wilhelm III. angelegte Vermögen des Königshauses vermacht ist, während ungefähr zwei Fünftel des Vermögens für Kaiser Friedrich und die Kaiserin Augusta bestimmt sind. Das Palais „Unter den Linden", Schloß Babelsberg, der Liebliugsaufenthalt des verstorbenen Kaisers, und das Schloß in Koblenz verbleiben der Kaiserin Augusta. Sämtliche Diener des Kaisers sind mit entsprechenden Legaten bedacht.
Berlin, 27. März. Unter den offiziös angekündigten Militärreformen auf Initiative des Kaisers Friedrich erwartet man u. a. die Gleichstellung der Garde mit der Linie, Abschaffung der Osfiziersepauletten und sonstige Vereinfachungen der Ausrüstung und des Exerzierreglements.
Wie man aus Bundesratskreisen hört, hat der vom Reichstage beschlossene Gesetzentwurf über die Sonntagsarbeit wenig Aussicht, die Zustimmung der verbündeten Regierungen zu finden. Dagegen soll im Bundesrat die Geneigtheit herrschen, der ganzen Frage eines erweiterten Arbeiterschutzes aus Grund der Reichstagsbeschlüsse der beiden letzten Sessionen (Kinder- und Frauen-Arbeit) näher zu treten und dem Reichstage eigene Anträge auf diesem Gebiet zu unterbreiten.
lieber die gegenwärtige politische Lage bringen die „N. N." aus anscheinend gut unterrichteten Kreisen folgendes Stimmungsbild aus Berlin: Als durch den Hintritt Kaiser Wilhelms I. eine Ruhepause in der lebhaften politischen Bewegung der letzten Monate eingetreten war, teilten sich die hiesigen politischen Kreise in zwei ziemlich scharf gesonderte Gruppen. Auf der einen Seite glaubte man, Rußland werde nun zur Einsicht gelangen und seine Kriegsgelüste fallen lassen, auf der anderen Seite blieb man ungläubig und meinte, der alte Tanz würde bald von vornen beginnen. Daß indessen die letztgedachte Gruppe so bald recht behalten würde, hatte man selbst innerhalb derselben nicht gedacht. Nachdem sich nun herausstellt, daß die sympathische Sprache der russischen Presse für Deutschland nur den Zweck hatte, um so wirksamer gegen Oesterreich zu Hetzen und dies Unternehmen völlig wirkungslos bleiben mußte, beginnt sich allgemach der Spieß umzudrehen. Die Drohungen gegen Deutschland werden wieder heftiger und frecher und Hand in Hand damit gehen, wie bereits telegraphisch gemeldet, die Erweiterungen der russischen Militärvorkehrungen an den Grenzen. Daß man hier an leitender Stelle keinen Augenblick durch den scheinbaren Umschwung in der russischen Presse sich hat irre machen lassen, beweist der Umstand der eingehenden Konferenzen, welche Fürst Bismarck hier nach den Beisetzungsfeierlichkeiten mit dem Könige von Rumänien hatte, dessen augenblickliche Anwesenheit in Wien jedenfalls von besonderer politischer Bedeutung ist. Mau weiß und unterschätzt auch durchaus nicht, daß die kleinen Balkanstaaten in ihrer Sorge um Sicherheit und Erhaltung ihrer Selbständigkeit sich nicht nach Rußland wenden. sondern sich auf das deutsch-österreichische Bündnis bezw. die Tripelallianz stützen und zieht daraus die nötigen, recht belangreichen Konsequenzen. Oesterreich-Ungarn.
Prinzessin Clementine von Coburg, die Mutter des Fürsten von Bulgarien, ist aus Sofia wiener in Wien angekommen. Man sagt, sie habe das Balkanland verlassen, weil dort die Lage kritisch zu werden beginne.
Frankreich.
Paris, 26. März. Das Verhör, dem Boü- langer ausgesetzt wurde, war schon nach einer Viertelstunde beendet. Die Ratsmitglieder einigten sich leicht über ein dem Kriegsminister vorzulcgendes
Urteil. Der Kriegsministen trägt dasselbe heute noch dem Präsidenten der Republik vor. Es ist kaum zweifelhaft, daß es auf Entfernung aus der Armee lautet.
Paris, 24. März. In der Salle Favie fand gestern ein antiboulangistisches Meeting statt, das nach stürmischer Verhandlung beschloß, bei dem ersten Attentat auf die Republik den Diktator und seine blinden oder verbrecherischen Trabanten umzubringen.
Paris, 26. März. Trotzdem General B o u- langer auf Grund seiner militärischen Eigenschaft unwählbar sein soll, gierig er im Departement Aisne aus der Urne mit einer so starken Stimmenzahl hervor , daß er mit dem radikalen Kandidaten in die Stichwahl kommt. In Paris ist man über diesen Erfolg der boulangistischen Agitation einigermaßen außer Fassung geraten.
Paris, 26. März. In dem vom Appellhof im Prozesse Wilson gefällten Erkenntnis wird die Handlungsweise Wilsons und der anderen Mitbeschuldigen auf das schärfste getadelt, jedoch gleichzeitig hervorgehoben, daß Freisprechung erfolge, weil auf die betr. Vergehen keine Bestimmung des Strafgesetzbuches Anwendung finde. Mit diesem Freispruch, meint mit Recht ein Korrespondent der „Bad. L.", findet der hochgestellte Ordenshändler seine bürgerliche Ehre keineswegs wieder. Er ist und bleibt mit einem moralischen Defekte behaftet. Die öffentliche Meinung hat ihn verurteilt und von diesem Urteile spricht ihn kein Gerichtshof der ganzen Welt mehr frei.
Paris, 27. März. Der Präsident der Republik, Carnot, hat im heute vormittag abgehaltenen Ministerrat das Dekret unterzeichnet, welches den General Bo »langer mit schlichtem Abschied aus der französischen Armee entfernt.
Türkei.
Konstantinopel, 24. März. Der rumänische Botschafter, Herr v. Nelidow, drängt die Pforte zu Schritten in Sofia behufs endlicher Entfernung des Prinzen Ferdinand aus Bulgarien, doch verweigert die türkische Regierung jedes weitere Vorgehen ohne vorherige Zustimmung sämtlicher Mächte. — Der österr.-ungarische Botschafter, Baron Caliee, soll das passive Verhalten der Türkei durchaus billigen.
Handel «L Verkehr.
Tübingen, 24. März. Von dem gestrigen Wochen- markt notieren wir folgende Preise: 1 Pfd. Butter 84—88 2 Eier 12—14 4, 1 Ztr. Kartoffeln U 50 4, 1 Bund Kornstroh 70 4, 1 Ztr. Heu 4 .L 20 4. — Auf dem Schweinc- markt betrug die Zufuhr au Milchschweineu ca. 180 Paar, für welche Preise zu 16 -22 pr. Paar bezahlt wurden.
Stuttgart, 26. März. (Landesproduktenbörsc). Wir notieren Pr. 100 Kilo: Weizen baycr. 20.25, Gerste slowakisch 4L 18.50, Haber 4L 14.90-15.70.
Die nächste Ziehung der Wiener Rudolf-Stiftung 10 Fl. Lose findet am 1, April statt.
Allerlei.
— (Für unsere Frauen.) Um verzierte Eier mit Namen rc. Herstellen zu können, mache man
etwas Wachs am Feuer
zeichne von dem
selben mit einem Hölzchen den gewünschten Namen oder Figur auf das Ei und siede solches dann in der Farbe, die beliebt wird, wodurch dann der Name oder die Zeichnun g sich weiß darstellen wird. _ (Hiezu eine Beilage.) _
Deraarwortlicher Nedatreur Sternwanvet in Na-old. —Druü
Verla« der <S. SV. -a i s e r'llben Buchhandlung in Nagold.
Amtliche und Mivat-Nekarmtmachrmgen.
Altensteig Sta dt.
Zlanimhch, Llangkii- ü Klkmihch-Dkrksiif.
Am Mitt- woch den 4. " April d. I. kommen .nachmittags l Uhr auf hies. Rathaus aus dem Stadtwald Häfneiwald I. Hirschgraben zum Verkauf:
318 Stamm Lang- und Klotzholz mit 234,29 Fm.,
140 Stück Baustangen,
71 ., Hopfenstangen,
.108 Rm. tannene Prügel und Anbruchholz.
Den 26. März l888.
Stadtschultheißenamt.
Welker.
I s e l s h a u s e u.
Lang L
Sägholz-Verkauf.
Die hiesige Gemeinde verkauft am Donnerstag ^ ,d. 29. März (Gründonnerstag), von morgens 9 Uhr an,
103 St. Langholz V. Klasse in Losen, ungereppeltes mit 17,68 Fm., ferner gereppeltes Lang- und Sägholz 111 Stück mit 120,07 Fm. schöner Qualität, worunter schönes Küblerholz sowie eine Partie schöne Glaserforchen, wozu Liebhaber eingeladen werden. Zusammenkunft im Ort.
Jselshansen, den 24. März 1888.
Gemeinderat.
Nagold.
Um mein übersüittes Lager in
Korbwaren öe Kinderwagen
einigermaßen zu reduzieren, werden sämtliche Neuheiten zu Fabrikpreisen abgegeben.
Chr. Raaf.
Mein bestens sortiertes
Nagold.
S---» Ichuhwaren-Lager,
auch für Konfirmanden sehr empfehlenswert, bringe ich in gefl.
Erinnerung.