Ilr. G u g e l in «ar men Worten den begeistert aufgenommenen Trinksprmch auf unfern geliebten Landes Vater aus, i voraus von der Stadtkapelle das Lied: „Heil unserm König, Heil" gespielt und von der Versammlung stehend gesungen wurde. (Das übliche Glückwunschtelegramm an S. Majestät im Namen der Festversammlung wurde auch diesmal wieder abgesandt.) Oberamtsrichter Daser gedachte unserer geliebten rrnldthäckigen Landesmutter Olga, und Dekan Schott schloß einen allgemeineren Ueberblick über die seit 1870 zum Verdruß mancher Nachbarn veränderte Lage unseres engeren und weiteren Vaterlandes mit den Worten: „Es lebe Karl und Olga wom Neckar bis zur Wolga (Anspielung auf die Verwandtschaft unseres Königshauses mit dem russischen Kaiserhaus), des Kaisers Majestät vom Zollern bis Zum Eidsrbett."
' Nagold. (Eiliges.) Aus Veranlassung des Geburtsfestes unseres vielgeliebten Königs Karl gab unsere Stadtkapelle im Saale des Gasthoss zum Hirsch eine musikalische Unterhaltung. Wer derselben anwohnte, mußte offen bekunden, daß unser Kapellmeister, Hr. Müller, sich alle Mühe gegeben hat, seine Musika für unsere Bedürfnisse heranzubilden. Die alten und jungen Mitglieder wetteiferten, die zum Vortrag gebrachte« Stücke zur Befriedigung des Publikums auszuführen. Allgemein wurde der Dank der Eltern ausgesprochen, die den „Nag old er" Standpunkt überwunden haben, daß die Erlernung der Musik und das Auftreten bei öffentlichen Produktionen entehrend sei. Wer bei der Königsfeier im Hirsch die lieben Gesichter der jungen Zöglinge sah und deren Spiel hörte, der muß sich sagen, daß bei richtiger Behandlungsweise ,und Unterstützung der maßgebenden Faktoren etwas Tüchtiges geleistet werden kann. Wer durch irgend welche Veranlassung bei der Feier des Geburtssestes Sr. Majestät des Königs keine Veranlassung hatte,, der musikalischen Produktion unserer Stadtkapelle iim Hirsch anzuwohnen, der komme nächsten Sonntag nachmittag 4 Uhr in den Gasthof zum Hirsch.
o Wildderg, 6. März. Geburtstagsfeier Sr. M. des Königs. Unsere gesamte Kinderschar! steht heute abend 6—7 Uhr auf unfern Bergen und feiert begeistert — wie kaum je — unseres allverehr-j tcn Königs Maj. Geburtstag durch Fackeln und Feuern. Wenn auch stets unser Landesvater bei uns immer ^ der innigsten Liebe versichert sein konnte, so ist heute > demselben ein Sympathiejubel in die weite Ferne gesendet, der den alten Grundsatz „Furchtlos und treu" aufs neue durch diese „kleine Schar" bestätigt und die Alten in einer Weise mitreißt, daß der Wunsch um Genesung des Landesvaters allgemein und in jeder Volksschicht aufs innigste erfleht angesehen werden muß. Unser um unser engeres Vaterland so hoch verdientes Königshaus, insbesondere unser liebevoll uns! leitender König lebe „Hoch"! !
Tübingen, 6. März. Professor L i e b e r-j meister hat den an ihn ergangenen Ruf nach Leip-! zig abgelehnt. j
Stuttgart, 5. März. Anläßlich seines morgigen Geburtsfestes richtete der König ein Schreiben an den Ministerpräsidenten v. Mittnacht, worin er seinen gerührten Dank denen ausspricht, welche während seiner Krankheit Beweise ihrer treuen Anhänglichkeit gaben. Der König entbietet seiner teuren Heimat und seinem geliebten Volke seinen landesvä- terlichen Gruß und spricht die Hoffnung aus, bald wieder zurückkehren zu dürfen.
Brandfälle: In Cannstatt am 5. ds., das Hintergebäude des Wagner Zeltwanger'schen Hauses in der Marktstraße, die Bewohner mußten durch Leitern und Sprungsäcke gerettet werden.
In Benützung der günstigen Kaffeepreise hat die bayerische Militärverwaltung eine sehr erhebliche Quantität Kaffee, man spricht von 40000 Ztr., direkt in Hamburg einkaufen lassen.
In Frankfurt a. M. und Darmstadt sind mehrere Männer verhaftet worden, die in dringendem Verdacht stehen, der russischen Fürstin Gortschakoff Diamanten im Wert von einigen 100 000 i/kö gestohlen zu haben.
jD rutscher Reichstag.) Am Freitag wurde der Rest des Gesetzes betr. die unter Ausschluß der Oeffent- lichkeit stattfindendeii Gerichtsverhandlungen unverändert nach den üommissionsbeschlüssen angenommen. Eine Debatte entstand nur über die Bestimmungen des ß 175, daß, falls die Ocffenilichkeit wegen Gefährdung der Staatssicherheit bei einer Gerichtsverhandlunq ausgeschlossen ist, das Gericht den anwesenden Personen die Geheimhaltung von Thatsachen, die im
Laufe des Prozesses zur Kenntnis gelangen, zur Pflicht macht. Die Bestimmung wurde mit 159 gegen 126 Stimmen angenommen. Sonnabend 1 Uhr: Kolonialjustizgesetz, Sonntagsruhe, Identitätsnachweis. — sSonnabendsitzung). Die Gesetzentwürfe betr. die Löschung nicht mehr bestehender Firmen im Handelsregister und betr. die Abänderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse in den deutschen Schutzgebieten wurden unverändert in zweiter Lesung genehmigt. Sodann folgte zweite Beratung der Anträge über die Sonntagsruhe, die bei allen Parteien Zustimmung fanden. Es wurde die Hoffnung ausgesprochen, auch die verbündeten Regierungen würden dieselben genehmigen. Die Hauptbestimmungen sind: Kein Arbeiter darf zur Sonntagsarbeit gezwungen werden. Die Sonntagsarbeit ist verboten im Betriebe von Bergwerken, Salinen, Aufbereitungsanstalten, Brücken und Gruben, von Hüttenwerken, Fabriken und Werkstätten, von Werften und Bauten aller Art. Im Handelsgewerbe dürfen Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter an Sonn- und Festtagen nicht länger als 5 Stunden beschäftigt werden. Gestattet sind Arbeiten zur Instandhaltung und Reinigung, durch die der regelmäßige Fortgang eines fremden oder eigenen Betriebes bedingt ist, sowie Arbeiten zur Beseitigung eines gewerblichen Notstandes und solche, die naturgemäß erledigt werden müssen. Auch in diesen Fällen ist den Arbeitern mindestens jeden zweiten Sonntag die Zeit von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends freizugeben. Das Gast- und Schänkwirts-, sowie das Verkehrsgc- werbe fällt nicht unter das Gesetz. Dann wurde die zweite Beratung des Antrages betr. die Aufhebung des Identitätsnachweises bei der Getreideausfuhr begonnen. Abg. v. Hornstein sprach gegen den Antrag, von welchem Süddeutschland großen Schaden haben werde. Abg. v. Kardorff sfreikons.) trat dafür ein unter Hinweis darauf, daß die beantragte Maßregel eine allgemeine Steigerung des Getreideprcises zur Folge haben werde. Darauf wurde die Verhandlung auf Montag 11 Uhr vertagt.
Im Reichstage hat der Abg. Kulemann folgenden Antrag eingebracht: Der Reichstag wolle beschließen, die verbündeten Regierungen zu ersuchen, einen Gesetzentwurf vorzulegen, durck welchen eine durchgreifende Ermäßigung der Gerichtskosten herbeigeführt wird, und mit der Revision des Gerichtskostengesetzes zugleich die Gebührenordnung für Rechtsanwälte zu revidieren.
Berlin. Unser Kaiser ist am Sonntag an einer leichten Erkältung erkrankt, die zunächst aber nichts weiter auf sich hat.
Berlin, 4. März. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht folgendes Bulletin aus San Remo von heute (dasselbe ist von Bergmann unterzeichnet): „Der Zustand des Kronprinzen ist unverändert."
Berlin, 5. März. Die Kronprinzessin soll in einem Telegramm nach London gemeldet haben: Die Hoffnung kehrt wieder, Gott sei Dank! Der Besuch der Königin von England in Sau Remo wird am 28. März erwartet. Das Gerücht über die bevorstehende Rückreise des Kronprinzen kursiert fortwährend, findet aber wenig Glauben. Auch die wirkliche Besserung wird angesichts der Meldung, daß der Husten und der bräunlich gefärbte Auswurf sortdauert, bestritten; der vermehrte Aufenthalt in der freien Luft soll allerdings die Schlaflosigkeit beseitigt haben. Nach einem Beschluß der Aerzte soll das Resultat der Untersuchungen des Professors Waldeher nicht publiziert werden.
Berlin. Ueber die sogenannte Vertretung des Kaisers wird nun Folgendes bekannt gegeben: Als im vorigen Jahre festgestellt war, der Kronprinz werde lange Zeit von Berlin fernbleiben, erließ der Kaiser im Einvernehmen mit seinem Sohne eine Ordre, nach welcher Prinz Wilhelm bei plötzlicher Verhinderung des Kaisers dringende Regierungssachen im Auftrag des Monarchen unterzeichnen solle. Eine Vertretung , wie sie der Kronprinz zur Attentatszeit ausgeübt, ist indessen nicht vorgesehen.
Berlin, 5. März. Die Kabinetsordre über die eventuelle Vertretung des Kaisers datiert vom Ende November und ist dem Kronprinzen zur Kenntnisnahme vorgelegt worden.
Berlin, 6. März. Der Nationalztg. zufolge wäre General Wittich (Brandenburg) dem Prinzen Wilhelm für militärische Borträge beigeordnet. Die Initiative zu der Wahl Gneists für die staatsrechtlichen und politischen Vorträge beim Prinzen wäre vom Fürsten Bismarck ausgegangen. Der Vorschlag hätte sofort die Zustimmung des Kaisers, des Kronprinzen und des Prinzen Wilhelm gefunden. In Bezug auf die Besoldung hätte, wie verlautet, Gneist eine solche abgelehnt; den Regierungsrat v. Branden st ein hätte Prinz Wilhelm für die Stellung selbst ausgewählt.
Der Berichterstatter der „St. P." schreibt aus San Remo u. a.: Nicht genug kann hervorgehoben werden, daß der Kronprinz seine schweren Leiden als Märtyrer u. als Held erträgt. Alle jene angeblich beglaubigten Mitteilungen, wonach der hohe Herr seinen Unmut auch äußerlich an den Tag treten lasse, sind
unwahr. Es gibt keinen geduldigeren, folgsameren Kranken, als der Kronprinz es ist! Die Geduld, mit welcher er sich jeder ärztlichen Anordnung fügt, die Liebenswürdigkeit, mit welcher er in stets gleichblei- ! bender Höflichkeit seinen Aerzten entgegentritt, die ! männliche Fassung, mit welcher er gottergeben sein
> Schicksal trägt — alles das ist mit Worten kaum gebührend zu schildern! Wohl mögen die Gedanken, die das Herz des Helden bewegen, die Empfindungen, die das Gefühl des Kronprinzen und des Familienvaters durchzittern, manchmml recht schmerzlicher Natur sein an den Tag treten sie nicht. Aeußerlich zeigt der hohe Kranke stets die gleiche heldenhafte Selbstbeherrschung.
Berlin, 5. März Nach einem Telegramm ! der „Boss. Ztg." aus San Remo verabschiedete sich Prinz Wilhelm von seinem Vater, seinen Ge- ! schwistern und von der Kronprinzessin. Waldeyer ! habe sein Ehrenwort geben müssen, das Ergebnis i seiner Untersuchung Niemanden mitzuteilen. Uebri- ! gens berichtet der San Remocr Korrespondent des ! „New-Aork-Herald." Dr. Waldeyer sei der Ueber- zeugung, daß das Leiden des Kronprinzen Krebs, und zwar des schlimmsten Charakters sei. Die übrigen Aerzte, welchen die Behandlung des Kronprinzen anvertraut ist, auch Dr. Mackenzie, gäben heute, wenn auch teilweise widerwillig, die Richtigkeit dieser Annahme zu. Die Meinungen der Aerzte variierten nur noch über die wahrscheinliche Dauer des Leidens, das eine Heilung beinahe absolut ausschließe; die Mehrzahl der Aerzte rechne nur noch mir Wochen, abgesehen davon, daß eine plötzliche Komplikation die Katastrophe beschleunigen kann. Nach der Angabe des Berichterstatters, des „New-Aork-Herald" sind zur Stunde alle Mitglieder des Hohenzollernhauses davon unterrichtet, daß die Krankheit des Kronprinzen unheilbarer Krebs ist.
Berlin, 6. März. Nach cstiem San Remoer Telegramm der „Nat. Zrg." promenierte heute der Kronprinz zum ersten Male nach der Operation Vormittags mit Dr. Mackenzie im Garten. Er soll sich soweit wohl fühlen, daß er bald wird ausfah- ren könne.
Schweiz. *
Bern, 3. März. Aus vielen Gebirgsgegenden laufen Berichte über große Verschüttungen durch Lawinen ein. Im Calcanthal (Kanton Graubündten) ist das 80 Einwohner zählende Dörfchen Selma vollständig verschütttet, so daß nur der Kirchturm aus dem Schnee hervorragt. Im Visperthal (Kanton s Wallis) bei Randa sind 40 Gebäude unter dem ! Schnee begraben. An beiden Orten hat die Bevölke- ! rung sich rechtzeitig flüchten können. Die Zugänge ^ zu mehreren kleineren Thälern sind gesperrt.
^ Oesterreich-Ungarn.
Wien, 4. März. Graf Kalnoky ist heute j aus Pest zurückgekehrt. Seine dortige Anwesenheit ^ hatte nicht den von einigen Blättern gemeldeten Zweck, dem Kaiser über neue Vorschläge Rußlands zu berichten ; weder diese noch diese von Rußland verheißenen „Aufklärungen" sind bisher dem hiesigen Auswärtigen Amt zugegangen, deshalb beobachtet Oesterreich und mit ihm England und Italien gegenüber dem diplomatischen Vorgehen Rußlands in Konstantinopel eine neutrale Haltung. Die Botschafter der genannten drei Mächte wurden angewiesen, sich jeden Einflusses auf die Pforte betreffs deren Entschließung über Rußlands bekannte Forderung zu enthalten; deshalb werden auch die Aussichten für das neueste
> russische Vorgehen in Konstantinopel hier sehr gering ! angeschlagen. Die Pforte, so heißt es, habe alle ^ Ursache, für die Selbständigkeit Bulgariens einzutreten, daher werde, wenn überhaupt eine Erklärung nach Sofia seitens der Türkei erfolgt, dieselbe nur platonischer Natur sein, ein bewaffnetes Einschreiten der Pforte sei gänzlich ausgeschlossen. In Pest gab Kalnoky gestern Erklärungen ab, dahin lautend, daß die deutsche Unterstützung der russischen Vorschläge nicht den geringsten Druck auf Oesterreich-Ungarn hinsichtlich deren eigener Haltung in der bulgarischen Frage ausübt. — Nach einer Petersburger Meldung der „Extrapost" berichten dortige Blätter, der Cobur- ger wolle zum orthodoxen Glauben übertreten, um sich Rußland gefällig zu erweisen, Rußland werde jedoch selbst den orthodoxen Coburger nicht anerkennen.
Pest, 3. Mürz. Die Anwesenheit des Grafen Kalnoky gilt nicht allein der bulgarischen Frage, sondern der Forderung des Vatikans, daß die ungarischen