Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Blatt für de« Oberamts-Bezirk Nagold.
Erscheint wöchentlich 3 mal: Dienstag, Donners- tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier /Vo FTI (ohne Trägerlohn) 80 -1, in dem Bezirk 1 — -!,
außerhalb des Bezirks 1 °« 20 Monatsabonnement nach Verhältnis.
Donnrrstsg den 8. Mär)
A Mt! ichL S.
Nagold.
An die Gemeinderäte, betreffend die Feststellung des durchschnittliche» Zahres-Arbeitsverdienstes land- und forstwirtschaftlicher Arbeiter.
Die Gemeinderäte werden auf den im Amtsblatt des k. Ministeriums des Innern vom laufenden Jahr enthaltenen Erlaß im vorbezeichneten Betreff vom 16. Febr. 1888 mit der Weisung hiemit aufmerksam gemacht, die im Absatz 2 —5 dieses Erlasses näher be- zeichnete gcmeinderätliche Aeußerung nach vorgängiger genauer Information über die örtlichen Verhältnisse spätestens bis zum 10. März d. I. hieher vorzulcgcn.
Den 25. Febr. 1888.
_ K . Oberamt, vr. Gugel.
Nagold.
Bekanntmachung,
betreffend die Zurückstellung, beziehungsweise Befreiung vom Militärdienst in Berücksichtigung bürgerlicher Verhältnisse. !
Unter Bezugnahme auf die Bestimmungen der tztz. 19—22 u. 33 Abs. 2 des Reichsmilitärgesetzes, sowie der W. 30 und 31 der Ersatzordnung ergeht hiemit an diejenigen Militärpflichtigen, welche wegen bürgerlicher Verhältnisse Zurückstellung oder Befreiung voni Militärdienst beanspruchen, beziehungsweise an die zur Stellung solcher Anträge berechtigten Angehörigen derselben die Aufforderung, ihre diesbezüglichen Ansprüche, soweit es nicht schon geschehen ist, spätestens bis zum Mnsterungstermin geltend zu machen.
Hiebei wird ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß Gesuche um Entlassung im aktiven Dienst befindlicher Mannschaften auf Reklamation nur dann Berücksichtigung finden können, wenn die zur Begründung des Entlafiuugsgesuchs vorgetragenen Verhältnisse erst nach der Aushebung eiuaetreten sind.
Den 28. Febr. 1888.
K. Obcramt. vr. Gugel.
Seine Königliche Majestät haben vermöge Höchster Entschließung vom 3. März u.a. nachstehende Orden und Medaillen zu verleihen geruht: Das Ritterkreuz des Ordens der Württe in der gischen Krone dem Obcramtmann, tit. Regierungsrat, Böltz in Ochringen, (früher in Nagold); die goldene Zivilverdienst-Medaillc dem Güterabfertigungsbeamten Zaise r in Stuttgart, und dem Stadtacci- ser Ksoch in Kirchheim ii./T., (früher in Nagold); die silberne Zivilvcrdienst-Medaille dem Kameralamtsdie- i,cr Beck in Horb, dem Maschinenwärter Arnold in Fried- richsthal und dem Stadtacciser Städler in Freudenstadt. Dem Bahnhofverwalter I. Klasse Borel in Wildbad wurde der Titel eines Bahnhof-Inspektors, dem Forstmeister Graf von kull-Gyllenband in Neuenbürg der eines Forstrats, und dem Kaufmann Franz Kienle in Horb, Inhaber eines Landesprodukten.- und Kolonialwarengeschäfts, der eines Hoflieferanten gnädigst verliehen.
Karl Däuble, Gemeinderat und Gemeindepfleger von Entringen (Hcrrenberg), wurde zum Schultheißen dieser Gemeinde gewählt und bestätigt.
Tages-Neuigkeiten.
Deutsches Reich.
Nagold. Ein Nachruf. Das große Leichenbegängnis, das wir am 5. März in hiesiger / Stadt feierten, war ein beredtes Zeugnis davon, daß / wir damit in der That einem außergewöhnlichen Manne die letzte Ehre erwiesen haben. Ebenso geschieht es im Sinne Vieler aus Stadt und Bezirk, wenn wir auch im Bezirksblatte öffentlich noch einmal ein Lebensbild dieses Toten vor unfern Augen entrollen. Derselbe ist Carl Wilhelm Wurst, der schon als langjähriger Gemeinderat in Nagold, sodann als im
Notariatsfach mitbewanderter Verwaltungsaktuar für eine große Anzahl von Gemeinden, endlich als Vorstand der hiesigen Handwerkerbank nicht bloß in Stadt und Bezirk, sondern noch darüber hinaus eine höchst einflußreiche Rolle gespielt hat. Die Eigenschaften aber, denen er diese Geltung im öffentlichen u. Privatleben verdankte, waren: ein scharfer Verstand, ein klares und sicheres Urteil, eine umfassende Kunde in! der Gesetzgebung und in allen Zweigen der Gemeinde-! Verwaltung, seltene Menschenkenntnis. angeborene Beredtsamkeit, Selbständigkeit, Bernfstreue, eine eiserne Willenskraft und eine erstaunliche Arbeitskraft, ganz besonders aber auch ein seltener Mannesmut, vermöge dessen er stets ohne Ansehen der Person und daher oft mit der sicheren Aussicht auf Haß und Feindschaft seine Aemtcr verwaltete, eben darum aber auch das Vertrauen seiner Vorgesetzten, Kollegen und Wähler, namentlich aber aller richtigen Mitglieder der Handwerkerbank zu rechtfertigen verstand, und auch zu genießen hatte. Letzteres hat ja auch Stadtpfleger Kapp im Aufträge des Bank-Ausschusses in beredten und bewegten Worten mit einem aus sein Grab medergelegten Lorbeerkranze öffentlich bestätigt.! Im Sinne und Wunsche Vieler aber möchte man j hier auch noch über weitere rühmenswerte Eigen- ! schäften unseres entschlafenen Mitbürgers ein öffentliches Zeugnis ablegen. Wir haben nämlich mit dem Tode dieses Mannes zunächst auch den Verlust! eines begeisterten und andere begeisternden Patrioten zu beklagen. Weiter hat er schon durch sein eigenes einfaches und sparsames Leben und durch den redlichen Erwerb seines bedeutenden Vermögens ini Schweiß seines Angesichts, sowie gelegentlich in und außer Amt auch ausdrücklich Protest gegen den gemeinen Egoismus so vieler Zeitgenossen eingelegt, der bloß darnach trachtet mit möglichst wenig eigener Arbeit möglichst rasch — ja, wie Seitens der Wucherer, durch Benützung des Unverstands, Leichtsinns, und Notstands Anderer — möglichst viel irdischen Besitz, oder Lebens-Genuß oder auch Beides zu erhaschen. Sodann hat dieser Mann nicht bloß eine Reihe von Orts-Bor sichern u. Gemeindepfleger mit Erfolg zur Wahl vorgeschlagen, sondern solche auch in ihr Amt eingeleitet. Ja! wie manchem, der aus Gesetzes- Unkunde oder entschuldbarem sonstigen Versehen in eine amtliche Verlegenheit geraten war, ist er als letzter, aber zuverlässiger Nothelfer mit seinem wertvollen Rate beigestanden, so daß die Mitbürger eines > solchen Beamten dessen Blößen gar nicht entdeckten,! sondern sich einfach an das alte (freilich bloß für! diejenigen, welche gleich Salomo Gott um Weisheit ^ bitten, zutreffende) Sprichwort hielten: „Wem Gott! ein Amt giebt, dem giebt er jauch Verstand." End- j lich hat er auch unzählige Privatleute in allen mög-! lichen Anliegen und Nöten durch meist erfolgreiche Bittschriften, durch seinen Einfluß auf Testamente, Heirats-Verträge und dergleichen, sowie durch Wohl- j feile und doch wertvolle Belehrung in Rechts- und j Verwaltungssachen menschenfreundlich beraten. Kein! Wunder, wenn ein einfacher Landmann den Total- > Eindruck von dem Tode dieses gewaltigen Mannes in den naiven Ausruf zusammenfaßte: „Jetzt hat! der Bezirk Nagold seinen Bismarck verloren!" Ja!j gewiß werden viele Gemeindebeamten, Gemeindcbehör- ! den und Bürger in Stadt und Bezirk diesen Ratge-! ber in Gemeinde- und Privatsachen noch manchmal ^ vermissen. Möchte aber je der eine oder andere Le- ^ scr dieses Nachrufs scheel dazu sehen, wenn das Grab dieses Toten auch noch an diesem Orte mit einem Ehrcnkranze geschmückt wird, und fragen: „hatle denn
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aber dieser Mann gar keine Fehler?" so diene ihm zur Antwort: Wohl mag er auch Fehler gehabt haben, wie wir Alle. Aber, wenn schon alte Heiden den humanen Denkspruch ersannen und befolgten: „Ueber Tote, die sich nicht mehr verteidigen können, lästere nicht!" wäre es dann nicht doppelt verwerflich, wenn es Christen gelüsten würde, einem Toten Steine nachzuwerfen? Es bleibt also dabei: Die zahlreichen Denkmale seines erfolgreichen Wirkens werden diesem Toten noch auf lange Zeit ein ehrenvolles und dankbares Andenken in Sradt und Bezirk sichern. Auch wird sich der christlich gesinnte Leser dieses Nachrufs lieber die geschilderten Lichtseiten seines Charakters zum Vorbild nehmen, über etwaige Fehler aber wird er — im Hinblick auf seine eigenen moralischen Gebrechen — den Mantel christlicher Nächstenliebe decken , und-, da auch das gewissenhafteste menschliche Urteil falsch, zu nachsichtig oder zu streng sein kann, sich lieber eigenen Richtens enthalten, und, das allein gerechte und gottlob! auch allein ewig giltige Schluß- Urteil über jeden Menschen unserem höchsten Richter anheimstellen. —
ff Nagold,?. März. Unter dem Eindruck der günstigeren Nachrichten über das Befinden unsres in Florenz weilenden Königs wurde gestern Höchst- dessen Geburtsfest mit fröhlicherem Herzen gefeiert, als man noch vor 3 Wochen zu hoffen gewagt hätte. Nach altem Brauch ging um 90, Uhr der Festzug vom Rathaus zur Kirche, wo die Seminaristen den Männerchvr: „Herr Gott, dich loben wir" sangen und sodann Dekan Schott über das vom König gewählte Thema: „Des Herrn Rat ist wunderbar und führet es herrlich hinaus" eine tiefempfundene und eindringliche Ansprache hielt. — Nachher war Gelegenheit geboten, der Seminarfeier anzuwohnen, welche mit dem Chor: „Vater kröne Du mit Segen" eröffnet wurde, und bei welcher Oberl. Schwarzmayer die Festrede übernommen hatte. Derselbe wußte in einem anziehenden, lehrreichen Bortrag dem Altmeister Göthe eine neue Seite abzugewinnen, indem er denselben in dessen dem Publikum weniger bekannten Eigenschaft als Naturforscher, namentlich als Botaniker schilderte. Wir können an dieser Stelle den Bortrag nicht nach seinen Einzelheiten verfolgen, sondern begnügen uns, die Hauptzüge in kurzen Strichen herauszuheben. Der geniale Dichter, von dem ein ganzes Zeitalter seinen Namen trägt, erkannte in seinem 28. Jahr, daß ihm zu seiner vollständig harmonischen Bildung noch die Naturkenntnis fehlte, und warf sich von da an mit solcher Energie und mit solcher Zielbewußtheit aus das Naturstudium, namentlich auf die Botanik, daß er, ein Dilettant auf diesem Gebiet, in einem bis zu seinem Lebensende fortgesetzten Forschen und Ringen auf theoretischem wie aus praktischem Gebiet das Gesetz von der Metamorphose der Pflanzen (organische Veränderung, wornach das Blattorgan, welches zuerst als Samenblatt auftritt, als Laubblatt, Deckblatt, Kelchblatt, Blumenblatt, Staubblatt und Fruchtblatt erscheint), ferner dasjenige von der Spiraltendenz der Pflanzen (schraubenförmige Anordnung der Pflanzenorgane) entdeckte, so daß wir es neben andern großen Forschern vornehmlich Göthe mit zu verdanken haben, wenn die Naturwissenschaften heutzutage mit zu den Erfordernissen der allgemeinen Bildung gehören, ja in den höheren Bildungsanstalten mit den klassischen Sprachen um den Rang streiten. Ein ansprechendes Klavierduett und ein gemischter Chor schlossen die Seminarfeier. — Bei dem im Gasthof zur Post stattgehabten Festessen, das sehr zahlreich besucht war, brachte Oberamtmann