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vorzuheben, das; zwischen Hamburg und der Regierung in Schleswig ein Abkommen getroffen ist, wonach die Hauptfälle sozialistischer Uebertretungen und Vergehen hier verhandelt werden, wie denn überhaupt die in Hamburg auf Grund des Sozialistengesetzes erfolgenden Ausweisungen stets in Ueber- einstimmung mit der K. Regierung in Schleswig vollzogen werden. Die Untersuchung in Sachen von Verhafteten wird übrigens sehr ausgedehnt, und zwar auch in örtlicher Beziehung. Das Bestehen einer geheimen und organisierten Verbindung ist schon jetzt außer Zweifel gestellt. Durch die gefundenen Abrechnungsbeläge sollen mehrere im Freiburger Prozeß genannte Personen stark belastet werden. ^ .
— Dem Viehhändler Z. in B. bei Schmiedeberg wurde dieser Tage ein arger Schabernack gespielt. Er erhielt nämlich von der Schneekoppe eine Postkarte mit dem Aufträge, baldigst drei fette Schweine nach der Schneekoppe zu liefern. Z. war vertrauensselig genug, die Bestellung zur Ausführung zu bringen, und machte sich deshalb alsbald mit drei feisten Borstentieren auf den Weg. In Krummhübel wurde übernachtet und zuvor noch an den Schneekoppenwirt, Herrn Pohl, eine Postkarte abgesendet mit der lakonischen Notiz: „Die drei Schweine kommen." Herr Pohl war über den ihm unverständlichen Inhalt der Karte nicht wenig verwundert, legte derselben aber schließlich keine weitere Bedeutung bei, weil er sie für die Ausgeburt der Fidelität einiger sich avisierenden Touristen hielt. Sein Erstaunen war aber groß, als er nach mehreren Stunden den Inhalt der betreffenden Postkarte durch drei angekeucht kommende Vierfüßler erfüllt sah. Der Viehhändler war zeitig morgens von Krummhübel aufgebrochen und mit seiner lebenden Ware nach unsäglichen Mühen glücklich auf der Schneekoppe angelangt. Hier mußte er sehr bald erfahren, daß er das Opfer irgend eines Spaßvogels geworden war. Z. aber mußte, nachdem er seinen Aerger nach Möglichkeit heruntergespült hatte, mit seinem natürlich aufs äußerste erschöpften Vieh, da hier oben, 5000 Fuß über der Erde, kein weiteres Absatzfeld für seine Ware war, betrübt wieder den beschwerlichen Rückweg antreten und braucht jetzt für den Spott nicht zu sorgen.
Wernnschtes.
— Ein Jubiläum, das nicht mit Champagner, aber mit dem freu- 'digen Dank von vielen Millionen begangen werden wird, fällt in dieses Jahr. Es sind 300 Jahre, seit die Kartoffel in Deutschland Eingang gefunden hat. Gegenwärtig gibt es in Deutschland nahezu 10 Millionen Morgen bebautes Kartoffelland, welches einen Ertrag von 28 Millionen Tonnen Kartoffeln liefert. Von den eingeführten Kartoffeln gibt es zahlreiche Abarten; bei der Kartoffelausstellung in Altenburg im Jahr 1875 waren allein 2640 vertreten. Und Mie unzählige Kartoffelgerichte gibt es, ein ganzes dickes Kochbuch voll.
— Mit dem Prinzen Dido von Didotown aus Kamerun hat es doch eine andere Bewandtnis. Erstens ist er neulich sogar vom Kronprinzen empfangen worden und zweitens durfte er durch dessen Genehmigung am Donnerstag früh einer Truppenübung zwischen Großziethen und Bukow bei Berlin anwohnen.
— Die Schulz enkathrin, ein braves und tapferes Weib aus dem Volke, kannte in Saarbrücken Jedermann. Sie ist jetzt an ihrem Ehrentage, dem 6. August, dem 16 . Jahrestage der Schlacht bei Spichern, gestorben und auf dem Schlachtfeld im „Ehrenthal", da wo die gefallenen Krieger liegen, mit dem Verdienstkreuz und der Kriegsdenkmünze, die ihr der Kaiser verliehen feierlich beerdigt worden. Am 6. August 1870, als auf dem Schlachtfeld die Kämpfer und die Verwundeten vor Hitze zu verschmachten drohten, ging Katharina Weißgerber den Frauen als leuchtendes Beispiel voran; eine Wasserbütte auf dem Kopfe, erschien sie furchtlos in der Fechtlinie und labte die Kämpfenden und die am Boden liegenden Verwundeten, während der Tod um sie her reiche Ernte hielt. In diesem gefahrvollen Samaritergeschäft suchte sie ein höherer, auf sie zusprengender Offizier zu warnen: „Weib, sieht Sie denn nicht, wie gefahrvoll es hier ist; mache Sie
sich fort, hier wird ja geschaffen!" rief er ihr zu. Die brave Katharina aber» ein Hünenweib von Gestalt, antwortete ruhig: „Das sehe ich wohl, Herr Lieutenant, aber ich bin ja kein Soldat und schieße auch nicht!" Ungestört setzte sie ihr Werk fort, die Verwundeten labend und auf den starken Armen aus der Gesechtslinie tragend. Sie verschied 61 Jahre alt in ihrem Ruhesessel sitzend. „Ich lege mich in kein Bett, sagte sie, die Kathrin will sitzend sterben!" — Länger als ein Menschenalter war die Brave bei einer und derselben Familie als Dienstmagd und als über ihre Herrschaft Tage des Unglücks kamen und die treue Magd sogar ihren Lohn verlor, da nahm sie sich der Kinder liebevoll an und versah Mutterstelle an denselben. Sie mietete sich eine Kammer und ernährte sich und ihre Pflegebefohlenen als Taglöhnerin.
H. Dztg.
— Aus einem Steckbrief. Signalement. Haare: blond. Augen: blau. Nase: gewöhnlich. Besondere Kennzeichen: Sieht seinem Vater sehr ähnlich.
— In der Jnstruktionsstunde. Unteroffizier: Was versteht man unter Furcht? — Rekrut schweigt. — Unteroffizier: Was, Sie wissen nicht einmal, was Furcht ist? — Rekrut: Der Herr Unteroffizier haben doch gesagt, Furcht darf der Soldat nicht kennen.
Calw.
AanäwirMcüaMckee AezirAgoerein. Bekanntmachung,
öcrs Kaufest in Weuenbüvg betv.
Der Ausschuß des X. Gauverbands hat in seiner Sitzung vom 15. August die Preise, welche bei dem am 18. Sept. in Neuenbürg abzuhaltenden Gaufest zur Vertheilung kommen, in folgender Weise festgestellt.
1) für 2-6schaufelige Farren 8 Preise von 80,
60, 50, 50, 40, 40, 35, 35 zus. 390
2) für jüngere Farren im Alter von 1—2 Jayrert
7 Preise von 50, 40. 30, 25, 25, 15, 15 zus. 200 ^
3) für Kühe, entweoer hochträchtig oder mit dem Kalbe
6 Preise von 40, 35, 35, 30, 20, 20 „16 zus. 180
4) für fühlbar trächtige Kalbeln 10 Preise von
60, 50, 40, 35, 35, 30, 30, 30, 20, 20 zus. 350
5) für Eber 3 Preise von 30, 25, 20 vtL zus. 75 «fL
6) für Mutterschweine 5 Preise von 30, 25, 25,
25, 20 ^ zus. 125
7) für landwirthschaftliche Produkte zus. 200 ^
zus. 1520 ^
worunter 75 für Produkte der Bienenzucht in Aussicht genommen
sind. Die Bestimmung der Zahl und Höhe der Preise bleibt dem
betr. Preisgericht überlaffen.
Unter Bezugnahme auf die bereits veröffentlichten allgemeinen Bestimmungen für die Preisbewerbung bei diesem Gaufeste, werden die Vereinsmitglieder zu möglichst zahlreicher Konkurrenz um die ausgesetzten Preise sowie zum Festbesuch überhaupt freundlichst eingeladen. Hiezu wird bemerkt, daß die Frist zur Anmeldung der auszustellenden Tiere bis Samstag, den 21. August
verlängert wird, da die angemeldeten weiblichen Thiere noch eine allzu geringe ist und es für den hiesigen als den dem Festorte nächst gelegenen Bezirk doch als Ehrensache erscheint, das Fest möglichst zahlreich zu beschicken.
Mit dem Feste wird eine Lotterie von landw. Gegenständen aller Art im Gesammtwerth von 2000 verbunden. Wegen des Verschlusses der Loose ä 1 wird eine besondere Bekanntmachung erfolgen.
Den 16. August 1886. Der Vereinsvorstand:
E. Horlacher, Stellv.
falsche Adresse. Lassen Sie es sich vergehen, mich zu bedrohen. Ich rate Ihnen das in Ihrem eigenen Interesse."
„Wer bedroht Sie!" erwiderte Riston voll edler Entrüstung. „Ich bringe mich selbst in Gefahr, um Sie zu warnen, und Das ist mein Dank dafür. Bemerken Sie denn nicht, daß ich Sie eher von jedem Verbrechen rein wissen und erhalten möchte, als Sie mit einem solchen behaften? Wenn mein Zeugnis, das Zeugnis eines Münzfälschers, Sie rein waschen könnte, würde ich keinen Augenblick anstehen, die ganze Schuld auf mich zu nehmen. Ja, ich wäre im Stande, selbst ein Verbrechen zu begehen, um Sie vor den bösen Folgen eines solchen zu bewahren."
Duprat stutzte.
„Das klingt so aufrichtig und ist doch so unwahrscheinlich", sagte er, daß ich Ihnen darauf hin mein ganzes Vertrauen nicht schenken möchte. Reden wir von «twas Anderem und zwar von Dem, was für uns Beide ein gleich großes Interesse hat; denn jeden Augenblick kann mein Chef zurückkommen, und dann können Sie hier nicht mehr, ohne mich zu geführten, betroffen werden."
Riston hatte etwas einwenden wollen, aber bei diesen Worten nickte er zustimmend.
„Die Frage ist", fuhr Duprat fort, „was nun thun? Der Münzapperat ist uns genommen und die Falschmünzerei für uns überhaupt unmöglich geworden. Dryden hat Das vorausgesehen und ist entflohen. Ich habe durch ihn zwar mein Vermögen eingebüßt, aber ich möchte es durch so gewagte Mittel, wie eine neue Münzfälschung, nicht ergänzen."
„Ich würde auch unter keinen Umständen meine Hand dazu reichen."
„Und ich die mir dargebotene Hand auch unter keinen Umständen ergreifen. Mich trifft Das alles nicht, Ich habe meine gute Stellung, welche mir eine auskömmliche Existenz sichert. Aber Sie, Riston, was machen Sie?"
„Ich brauche wenig."
„Dennoch müssen Sie leben, und dazu gehören Mittel. Ich will Ihnen diese Mittel gewähren."
„Sie — mir?" fragte Riston bewegt. „Wie gut Sie sind."
„Mißverstehen Sie mich nicht", entgegnete Duprat kalt. Sie können in dem öden Hause in dem Sie jetzt stark gefährdet sind, nicht bleiben, und ich kann durch Ihre Gegenwart nicht immerfort bedroht werden. Ich will Ihnen nun mein Letztes opfern und Ihnen eine Summe zahlen, welche es Ihnen ermöglichen wird, im Auslande sich eine neue Existenz zu gründen, und zahle ich Ihnen dieses Geld nur unter der einzigen Bedingung, daß Sie nie mehr einen Fuß in dieses Land setzen, mich nie mehr belästigen. Wollen Sie mir Das versprechen?"
„Nein."
Duprat zuckte zusammen.
„Ich zahle Ihnen fünftausend Mark."
„Nein."
„Zehntausend!"
„Und nicht, wenn Sie mir selbst hunderttausend Mark zahlten."
„Warum nicht?"
Duprat sprach es grollend, drohend. Riston mochte sich vorsehen.
„Das — erwiderte dieser, werde ich Ihnen eines späteren Tages sagen. Zunächst habe ich ein Interesse daran, Ihren Entwickelungsgang aus der Nähe zu beobachten und Sie als — guten Kameraden vor Schaden zu hüten."
Davor hüte ich mich schon selbst. Auch können Sie die Gestaltung meiner Zukunft ruhig mir überlassen. Ich kann Ihres Rates und Ihrer Teilnahme entbehren."
„Sie sind noch jung. Vielleicht werden Sie eines Tages einen Freund brauchen."
„Ich danke, ich habe an dem einen falschen Freunde genug."
Riston ließ sich aber nicht abweisen und auch nicht ausweisen. Er wollte in der Nähe bleiben.
„Gut denn", sagte Duprat, als er sah, daß seine Unterredung Nichts fruchtete. „Wenn Sie durchaus mein Freund sein wollen, dann gefährden Sie mich monentan nicht wetter durch Ihre Gegenwart. Halten Sie eine Unterredung für notwendig, so genügen ein paar Zeilen unter Couvert, um mich in wenig Stunden zu Ihnen zu rufen. Benöthige ich Ihrer, so weiß ich Sie zu finden." (Forts, folgt.)