durch ein heute vomJournal offiziell" veröffentlich­tes Dekret seiner Funktionen als Untersuchungsrichter enthoben und vor den »bersten richterlichen Rat ge­stellt, weil er bei der Untersuchung gegen Wilson und die Ratazzi wider Gesetz und Amtsehre gehandelt hat.

Italien.

Rom, 11. Jan. Der Papst empfing gestern den Freiherrn v. Franckenstein.

Rom, 10. Jan. Der Papst empfing heute in Gegenwart von 6 englischen Bischöfen 450 englische Wallfahrer.

Rom, 10. Jan. Die Gesundheit des Papstes ist infolge der Aufregungen und Anstrengungen, mit welchen die Jubiläumsfeierlichkeiten verknüpft sind, empfindlich gestört. Die Aerzte rieten ihm dringend Schonung seiner Kraft an. Der Papst erklärte je­doch, daß er an dem Programme bis zu Ende fest- halten werde, welches auch immer die Folgen sein werden.

Der einzige Monarch Europas, welcher dem Papste zu seinem Jubiläum nicht gratulierte, noch weniger aber ein Geschenk einsandte, ist nach demHamb. Korr." der König von Schweden und Norwegen. Das Jubiläumskomitee hat einen schwedischen Diplo­maten ersucht, eine solche Ehrenbezeugung auszuwir­ken, die Regierung in Stockholm soll aber geantwor­tet haben, ihr König sei-der Monarch einer prote­stantischen Nation und fühle keine Veranlassung, dem Papste zu huldigen. Bekanntlich hat auch der katholische König von Italien ihm weder Geschenke gespendet noch Höflichkeiten erwiesen.

Gute und dankbare Patrioten sind die Italiener. Ihren König Viktor Emanuel, der das Vaterland einigte und Rom zur Hauptstadt des Rei­ches machte, haben sie nicht vergessen. Am 7. Ja­nuar, seinem 10. Todestag, zogen sämtliche Behör­den, der Präfekt, der Korpskommandant, die Bür­germeister der Provinz und zahlreiche Vereine zum Grab des Königs und schmückten es mit Kränzen; dann ging es unter dem Spiel der Nationalhymne zum Palaste des Königs Humbert, dieser aber ließ danken und sagen, heute könne er sich nicht auf dem Balkon zeigen und sprechen. Auf vielen Häusern wehten Trauerflaggen.

Mantua, 10. Jan. Zum Andenken an die 1796 gefallenen österreichisch-italienischen Soldaten wurde die auf dem Friedhofe Curtatone errichtete Erinnerungssäule gestern enthüllt. Der Feier wohn­ten der französische und österreichisch-ungarische Mi­litärattache, der französische Generalkonsul in Mai­land, sowie der italienische General Corsi bei.

Aus San Remo wird vom Dienstag tele­graphiert: Die regelmäßigen täglichen Ausflüge, be­sonders die längeren Spaziergänge bekommen dem Kronprinzen vortrefflich. Das Allgemeinbefinden läßt nichts zu wünschen übrig. Die Rückkehr des Kron­prinzen nach Deutschland wird kaum viel vor Pfing­sten erfolgen, da Ostern in diesem Jahre ziemlich früh (1. April) fällt. Der hohe Herr spricht mit besonderer Freude von dem Wiedersehen seiner Heimat.

England.

London. 10. Jan. Hier verlautet, der Zar werde sich im Laufe dieses Jahres nach Merw bege­ben und sich als Kaiser von Mittelasien krönen lassen.

London, 11. Jan. Ein Telegramm des Standard" aus Shanghai meldet, daß in der Pro­vinz Fuk-Den sich Fanatiker zusammengerottet haben und etwa zwanzig christliche Kirchen zerstört haben. Einige der christlichen Gotteshäuser wurden nieder- gebrannt und eine große Anzahl von Eingeborenen, welche zum Christentum bekehrt waren, wurden nieder- gemacht.

Am Montag, dem Jahrestage des Todes Napoleons III., erfolgte die Ueberführung der Leichen des Kaisers und seines Sohnes aus Chisel- hurst in das neue Mausoleum in Farnborough. Dort fand die Beisetzung in Gegenwart des Prinzen Lucien Bonaparte statt. Reitende englische Artillerie gab das Ehrengeleit.

Spanien.

Die Cortes in Madrid haben einen Antrag des früheren Ministerpräsidenten Cannovas del Ca- stillo auf Erhöhung der Getreidezölle mit 133 gegen 00 Stimmen abgclehnt.

Rußland.

Aus Petersburg wird gemeldet, daß die Sache der gefälschten Aktenstücke zu besonderen Vorschriften für die Vermittlung bei Zustellung diplo­matischer Schriftstücke geführt hat. Die Boss. Ztg. schreibt: Der Zar hat vom Minister Giers Aufklä­rungen darüber verlangt, in welcher Weise die Ein­sendung der diplomatischen Korrespondenten Seitens der russ. Gesandtschaft an das Ausw. Amt in Pe­tersburg erfolge. Er hat dabei in Erfahrung ge­bracht, daß das früher ausschließlich für die Ueber- sendung diplomatischer Noten bestandene Korps der Feldjäger (Kuriere) seit vielen Jahren zum Teil auf­gelassen wurde und daß die Depeschen von den aus­ländischen Gesandtschaften zum jTeil durch die Sekre­täre, zum Teil durch die Amtsdiener der betr. Ge­sandtschaften bis zur russischen Grenze gebracht und dort der russischen Post zur weiteren Beförderung übergeben werden. Der Kaiser soll über diese Auf­klärungen nicht sehr erbaut gewesen sein, zumal die zu so wichtigen Diensten verwendeten Amtsdiener der Gesandtschaften in der Regel Ausländer sind. Er ordnete daher wieder die sofortige Wiederherstellung des Feldjägerkorps an. Dasselbe wird nicht mehr wie bisher durch Ersatz on absolvierten Schülern der Militärakademien gebildet werden, sondern in Zukunft ausverläßlichen" Beamten des Ministe­riums des Aeußern bestehen, welche periodisch die ausländischen Hauptstädte besuchen und dort unmittel­bar Depeschen diplomatischer Natur in Empfang neh­men werden.

Die Krisis der letzten Wochen scheint man wird sich darüber keinem Zweifel hin geben dürfen noch immer nicht überwunden zu sein. DieNo- woje Wremja," die seither sehr optimistisch gesinnt war, schlägt heute wieder einen weniger zuversichtli­chen Ton an und präsiziert den russischen Stand­punkt dahin, daß sie sagt:Die eventuelle Beseiti­gung des Coburgers beweise nichts. Verhandlungen über Kollektivmaßnahmen sind Kur möglich, wenn Oesterreich offen bekennt, was es nach Vertreibung ! des Coburgers beabsichtigt. In eine temporäre

> Maßnahme kann Rußland nicht willigen , überhaupt sei eine Verständigung unmöglich, falls Rußland

> nicht garantiert wird, daß es keine unangenehmen

> Ueberraschungen in Bulgarien zu besorgen habe."

! Ob es gelingt, die russischen Ansprüche zu befrie- ^ nigen, ist noch sehr zweifelhaft. Vorderhand steht ! die diplomatische Aktion, wie diePol. Korr." we- ! mgstens mitteilt, erst soweit, daß alle Mächte die ! Möglichkeit und ihre Geneigtheit zu einer Verstän- ! digung zugegeben, daß aber wirkliche Verhandlungen ! noch nicht stattgefunden haben, eine Einigung also

noch absolut nicht erzielt ist. Und im Hinblick dar- ! auf rüstet Rußland ruhig weiter.

! Ein russischer Ingenieur soll ein neues j Schießpulver erfunden haben, das den Namen Sletower erhalten hat. Dasselbe soll ein Sprengstoff sein, welcher nur nach einer Richtung wirkt näm­lich nach vorn, während gewöhnliches Schießpulver und Schießbaumwolle sich entweder gleichzeitig nach allen Richtungen oder sogar nur nach unten entzün­den und wirken. Diese Eigenschaft macht alle soliden ! sorgfältigen Vorrichtungen entbehrlich . aus welchen j Geschosse geworfen werden sollen. Man soll Kugel- ! Patronen, welche mit S etower geladen waren, mit ! großem Erfolg aus Röhren von Pappe abgefeuert ! haben, ohne daß die Röhren litten. Der Transport j der Kanonen ist dadurch viel leichter, weil viel leich- ! tere Metalle als Gußstahl und Bronce zu Geschützen verwendet werden könnten. Die Herstellungskosten des neuen Pulvers sollen nur etwa ein Zehnteil des gewöhnlichen Schießpulvers betragen. Die Beschaf­fenheit und Zusammensetzung werden als ein tiefes ! Geheimnis gehütet. Ob es sich im Krieg bewähren ^ wird? Wer will's sagen? Es ist möglich, daß es aus irgend einem unvorhergesehenen Grund ganz wert- , los sein kann.Das Ausland", Wochenschrift für ^ Länder- und Völkerkunde, ist es, welches die Auf­merksamkeit auf die angebliche Erfindung lenkt.

Türkei.

Konstantinopel, 10. Jan. Aus Philippo­pel wird gemeldet, an verschiedenen Orten seien ver­kappte russische Offiziere festgenommen worden, die durch Geldverteilung ostrumelische Bauern auszusta­cheln suchten.

Bulgarien.

Der Anschlag des früheren russischen Kapitäns Nabokow auf die Stadt Burgas scheint ein über­

eilter Streich gewesen zu sein, denn in Konstantinopel sind 3000 Gewehre mit Munition aus Odessa ange­kommen, welche Kr den Aufstand bestimmt waren. Der hitzige Kapitän scheint die Zeit nicht haben ab- ; warten zu können, bis er einen größeren Haufen um 'sich versammelt hatte. Er ist jetzt übrigens in Kon- stantinvpel und trifft Vorbereitungen zu einem neuen Zuge. Die bulgarischen Behörden passen aber ge­waltig auf.

Sofia, 10. Jan. Nach einem Telegramm derKöln. Ztg." wurde die Leiche Nabokows sowie diejenige des bekanntenfreien Kosaken" Aschinow gestern in der Nähe der türkisch-bulgarischen Grenze aufgefunden.

Kleinere Mitteilungen.

Göttiugen, 10. Jan. In einem Nachbardorfc gab ein Dienstmädchen seiner erkrankten Herrin, einer Pfarrers­frau, irrtümlicherweise aus einer Karbolflasche anstatt ans der Medizinflasche zu trinken. Die Frau starb kurze Zeit nachher, das Dienstmädchen erhängte sich.

Prinz Wilhelm der Jüngere, der Urenkel des deutschen Kaisers, ist ein echter, deutscher Knabe und hat das jüngst in drastischer Weise bewiesen. Der Besuch eines Mit­gliedes des englischen Königshauses stand in Aussicht, und Kronprinzessin Viktoria sagte zu ihrem Enkel:Höre Wil­helm, wenn der Onkel aus England kommt, wird er sich freuen, wenn Du ihn auf englisch begrüßest." Der Besuch kam, aber der kleine Prinz hatte für denselben nur einen deutschen Gruß. Seine Großmutter fragte ihn, warum er denn ihren Wunsch nicht erfüllt habe.Ach was," gab der Prinz zurück,mein Papa hat mir gesagt, ich wäre ein Deutscher. Wenn die Engländer za uns kommen, müssen sie deutsch reden können." (Schorer's Familicnblatt.j

Ans Paris wird geschrieben: Im ThsLtre Beaumar­chais, welches seit 3 Monaten geschlossen ist, brachen am 3. d. mehrere Wasserleitungsrohre und setzten das Parkett dcS Bühnenhauses vollständig unter Wasser. Da niemand im Theater anwesend war, konnte man den Fluten nicht gleich Einhalt thun, und so stieg das Wasser bis zur Höhe der er­sten Galerie. Durch den Ausfluß des Wassers auf die Straße wurde man erst aufmerksam gemacht. Nur mit Kähnen konn­ten die schleunigst herbeigeholten Pompiers auf die Bühne gelangen, um das Wasser abzulassen.

Barcelona, 10. Jan. Ein großes Kornmagazin ist in Folge Ucberladung eingestürzt und liegt eine bisher noch nicht festgestcllte Anzahl von Arbeitern unter den Trümmern begraben. Zwei Tote und mehrere Schwerverletzte sind be­reits aus dem Schutte heransgegrabcn worden.

Handel öd Berkehr.

Leipzig, 8. Jan. (Tuchmesse). Im allgemeinen nahm die Nenjahrsmesse einen recht befriedigenden Verlauf. Zwar war der Besuch kein größerer als sonst, doch wurden durch die Kauflust der fast vollzählig erschienenen Großhändler belangreiche Umsätze erzielt, die Lager gangbarer Artikel so­gar fast vollständig geräumt. Von Norddeutschland fehlten nur wenige Käufer, ebenso war Süddcntschland sehr stark vertreten. Infolge der günstigeren politischen Aussichten und der Steigerung der Wollpreise kann die Stimmung im Tuch- gcschäfte als eine entschieden bessere bezeichnet werden.

Konkurseröffnungen. Franz Förg, Fuhrmann in Biberach. Franz Hofmeister, Schuhmacher in Rottenburg.

Stenographie. Die große Bedeutung, welche die deutsche Stenographie sich heutzutage er­rungen hat, zeigt sich am deutlichsten ausgeprägt in der vom K. stenographischen Institut in Dresden veröffentlichten Statistik, nach welcher in der Zeit vom 1. Juli 1886 j bis 30. Juni 1887 in der Ga- belsbergerjchen Stenographie 36 701 Personen neu unterrichtet wurden, 2086 mehr als im vorangegange­nen Jahre. An dieser Zahl ist jedoch unser engeres Vaterland Württemberg verhältnismäßig am schwäch­sten beteiligt, und um hierin eine Wendung zum Bes­sern herbeizuführen, traten am 8. Jan. d. I. die Ver­treter der Stenographenvereine zu Cannstatt, Eßlin­gen, Göppingen, Hall, Oehringen, Stuttgart, Tübin­gen und Ulm im Museum zu Stuttgart zu einer Be­ratung zusammen uud gründeten für sich und die einzelstehenden Stenographen Württembergs einen Verband württ. Stenographen System Gabelsberger. Zum Verbandsorgan wurde die in M.-Gladbach er­scheinende Deutsche Stenographen-Zeitung bestimmt, Berbandsvorort ist Stuttgart, Schriftführer Herr Paul Belz, Herzogstr. 13. Der neue Verband hat sich unter anderm die Aufgabe gestellt, durch brieflichen Unterricht nach Orten, in denen sich kein Stenographie­lehrer befindet, die für viele Berufskreise so außer­ordentlich nützliche Fertigkeit der Stenographie zu verbreiten, und es ist der Wunsch gerechtfertigt, daß alle in Württemberg lebenden Gabelsberger Steno­graphen durch Anschluß an den Verband dessen ge­meinnützige Bestrebungen unterstützen werden.

(Hiezu das Unterhaltungsblatt 2.

Verantwortlicher R-dalteur St-inwand-I in Nagold. Druck und Verla, der G. W. Zais er'scheu Buchhandlung in Nagold.