Der Gesellschafter
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Amts- und Intelligenz-Blatt für -e« Overamts-Bezirk Nagold.
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Dienstag den 10. Januar
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1888 .
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mit dem Unterhaltungsblatt:
„das Plauderstübchen"
für das erste Halbjahr oder auch Quartal 1888. können bei allen Postboten bezw. den betreffenden Poststellen gemacht werden. ^
Der Postmeister Krehl in Buchau wurde auf die erledigte Postmeistersstelle in Freudenstadt ans sein Ansuchen gnädigst versetzt.
Tages-Neuigkeiten.
Deutsches Reich. j
Stuttgart, 6. Jan. Die heutige Landes-' Versammlung der Bolkspartei war von 230 Mitgliedern aus allen Landesteilen besucht. Rechtsanwalt Payer II. war durch Krankheit verhindert, an der ! Versammlung teilznnehmen. In sehr eingehender Weise wurde zuerst von Rechtsanwalt Schickler! über den Stand der Partei-Agitation und über die Preßprozesse des „Beobachter" im letzten Jahre Bericht erstattet, insbesondere über den Fall Pfahlbach (Konsistorium) und Fall Troeltsch. Nachdem sodann einige interne Partei-Angelegenheiten zur Sprache gekommen, erstattete Redakteur Dr. Lipp Bericht über die Thätigkeit des Reichstags. Im Anschluß wurden Resolutionen gegen die Verlängerung der Legislaturperioden , gegen das Egpatriierungsgesetz und gegen die beabsichtigte Beschränkung der Oeffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen bq'chlossen. — Weiter wurden noch die Schritte zur Einleitung der Agitation für die im Herbst d. I. stattsmdendeu Landtagswahlcn festgestellt und zu diesem Behufe die Stimmungsberichte aus den einzelnen Bezirken entgegengenommen.
Brandfälle: In Schömberg (Neuenbürg) am 3. Jan. das Wohnhaus des Bauern Burkhardt.
Augsburg, 5. Im. Die von mehr als 2000 Angehörigen hiesiger Femrwehren, Gesang- u. Turnvereine dem Bürgermeister v. Fischer zum ^jährigen Jubiläum dargebrachte Ovation ist unter Anteilnahme der Bevölkerung großartig verlaufen.
Köln, 7. Jan. Die „Kölnische Zeitung" meldet aus Petersburg vom 6. Jan.: Soeben ist Befehl eingetroffen, das beim Gardekorps der älteste Mannschaftsjahrgang am 30. Dez. alten Styls zu entlassen ist. Sonst pflege die Entlassung erst anfang März zu erfolgen.
Der Kaiser hat auf die ihm anläßlich des Jahreswechsels dargebrachte Glückwunsch - Adresse des Berliner Magistrats eine Antwort erlassen, in welcher es heißt: „Nicht oft genug kann ich Gottes Gnade dankend rühmen, welche mir in der Erhaltung meiner Kräfte zugleich den Willen der Vorsehung kundgiebt, auch noch in meinem hohen Alter meines fürstlichen Amtes zu wallen. In der Erfüllung dieser mir obliegenden Pflicht liegt die höchste Befriedigung meines Lebens. Gestüzt aus festes Gottvertrauen gehört mein ganzes Streben, meine unablässige Sorge allein dem Wohle meines geliebten Volkes. Ich gebe mich vertrauensvoll der Hoffnung hin, daß unter dem Schutze dauernden Friedens, welchen Gott unserem Vaterlande erhalten wolle, infolge der auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiete getroffenen gesetzlichen Maßnahmen die Wohlfahrt der Nation sich ferner kräftig entwickeln und daß durch eine billige und angemessene Vermittelung der in den gesellschaftlichen Klassen bestehenden Verschie
denheiten eine ausgleichende Zufriedenheit gefördert werde. Wenn ich mit solchem Bewußtsein die Schwelle des neuen Jahres beruhigt überschreiten durfte, so ist doch mein Gemüt von ernster Sorge erfüllt und mein Vaterherz schwer bedrückt durch die betrübende Heimsuchung meines Herrn Sohnes. In der allgemeinen Teilnahme, welche sich für den Erkrankten aller Orten zu erkennen giebt und welche auch der Magistrat zum Ausdruck bringt, finde ich Trost für die mir und meiner Gemahlin auferlegte harte Prüfung. Möge Gott balü Wandel schaffen.
Die allgemeine Lage ist, wie die Nordd. Allg. Ztg. schreibt, unverändert. Die Nat. Ztg. meint, nach den vorliegenden Mitteilungen dürfe man den durch die russischen Truppcnansammlungen und die österreichischen Gegenmaßregeln veranlaßten diplomatischen Zwischenfall als erledigt erachten.
Die Kreuzztg. meint hingegen, auch die Veröffentlichung der diplomatischen Aktenfälschungen werde der russischen Balkanpolitik keinen Abbruch thun, und es sei abzuwarten, ob der Zar nicht ein Exekutionsmandat gegen den Fürsten Ferdinand begehren werde. Mehrfache aus polnischen Quellen stammende Meldungen wollen von einer Rückverlegung der an der galizischen Grenze ausgestellten russischen Truppen wissen.
In dem Neujahrs-Telegramm des Kaisers Franz Joseph von Oesterreich an den deutschen Kaiser befindet sich folgende Stelle: „Möge Gott geben, daß die verworrene politische Situation sich baldigst kläre, damit unsere Völker beruhigt werden und die Segnungen des Friedens erhalten bleiben." Hoffentlich geht dieser Wunsch in vollem Maße in Erfüllung.
Die ultram ontanen Mitglieder des deutschen Reichstages, die dem Tragstuhl des Papstes bei seinem Jubiläum voranschritten, hatten sich in große Uniform geworfen. Sie trugen eine rote Tunika mit breitem schwarzen Sammtkragen, goldene Epauletten, golddurchwirkte Gürtel und prachtvolle Schleppsäbel. Alles, setzt der phantasievolle Berichterstatter des Pariser „Figaro" hinzu, der — wer weiß wen —' für deutsche Abgeordnete angesehen hat, ist bei den Deutschen militärisch, sogar der Reichstag.
Berlin, 6. Jan. Frankreich und Rußland haben ihre Botschafter bei den europäischen Höfen zur Abgabe von Friedensversicherungen ermächtigt.
Der herrschende Lehrermangel an den öf- j fentlichen preußischen Volksschulen in Berbin- ^ düng mit der Steigerung der Pensionszahlungen hat den Kultusminister veranlaßt, den Provinzialregierungen nachdrücklich zur Pflicht zu machen, die Versetzung der Lehrer in den Ruhestand nur bei zwingender Notwendigkeit eintreten zu lassen.
In Hannover ist die welfische Partei bei der Neuwahl eines Bürgerworthalters unterlegen. An Stelle des bisherigen Inhabers, des welfischen Geh. Rats Brüel, wurde der nationalliberale Kandidat, Rechtsanwalt Roscher, gewählt.
Als zuverlässig verlautet, der Kaiser von Rußland habe der Veröffentlichung der gefälschten Aktenstücke nur unter der Voraussetzung zugestimmt, daß es dabei sein Bewenden habe. Offiziell werden demnach die Urheber der Fälschung nicht bekannt und also auch nicht weiter behelligt werden. Die auf diese Angelegenheit bezüglichen Verhandlungen wurden hier durch den Grafen geführt.
Wie nachträglich bekannt wird, hat der Kaiser von Rußland bei seiner Anwesenheit in Ber
lin (18. Nov.) Geh. Kommerzienrat v. Bleichröder in längerer Audienz empfangen. Es soll sich um eine neue Anleihe gehandelt haben, aus der aber nichts geworden ist.
Oesterreich-Uoqarn.
Von allen Seiten her erschallt Friedensgeläute. Es heißt, in maßgebenden Kreisen lebe man durchweg der Ueberzeugung, daß die durch russische Truppenansammlungen herbeigeführte Gefahr jetzt fast vollständig geschwunden und die Wiederherstellung freundlicher Beziehungen zu Rußland angebahnt sei. Inzwischen begegnet man in den Zeitungen verschie- dentlichen Mitteilungen aus Warschau, wonach der Bau der strategischen Eisenbahnen, welche zur Preußischen und österreichischen Grenze führen, mit fieberhafter Hast fortgesetzt und an den Befestigungen der russischen Westgrenze mit gleichem Eifer gearbeitet wird. Hier und da hat man bereits begonnen, die Werke zu armieren. Man wird doch gut thun, sich mehr an die thatsächlichen Vorgänge, als an Redensarten zu halten, hinter denen kaum mehr stecken wird, als der Wunsch, Zeit zu gewinnen.
Wien, 5. Jan. In Czernowitz wurde ein russischer Spion verhaftet, bei welchem verschiedene Pläne und Schriftstücke vorgefunden wurden.
Auffallend sind die Gerüchte, daß Rußland Oesterreich von dem Dreibund zu trennen versuche. Erklärlich, daß Oesterreich den Versucher zurückweist.
Wien, 7. Jan. Fürst Lobanoff wurde von Kaiser Franz Joseph beim Diner besonders ausgezeichnet, da er der Ueberbringer der friedlichsten Versicherungen vom Zaren war. Der Ministerpräsident Tisza ist sehr befriedigt abgereist.
Wien, 7. Janr. Die „Wiener Allg. Ztg." erfährt, es seien diplomatische Erörterungen mit Rußland im Zuge, welche auf die Klärung der Situation auch zwischen Oesterreich und Rußland abzielen. Obgleich die Schwierigkeiten lange nicht überwunden seien, hofft man auf einen günstigen Verlauf. Dasselbe Blatt bestätigt, daß Lobanoff dem Kaiser beim Hofdiner sehr friedliche Erklärungen machte.
Budapest, 5. Jan. Fürst Ferdinand von Bulgarien richtete am 31. Dez. eine telegraphische Neujahrsgratulation an Kaiser Franz Jpsef mit der Unterschrift: „Poräiuaiich priuoo äe Lulgaris«. Der Kaiser ließ durch den Oberhofmeister Fürsten Hohenlohe danken, jedoch unter der Adresse: „Seiner Hoheit dem Prinzen Ferdinand von Sachsen-Coburg". Frankreich.
Paris, 7. Januar. Einem Telegramm der „Agence Havas" aus Sofia zufolge machten etwa 50 Montenegriner einen Landungsversuch südlich von Burgas. Von den Bauern verhindert, suchten sie in den Fluß bei Burgas einzulaufen, wobei sie auf die Truppen der Garnison stießen. In dem sich nun entwickelnden Gefechte wurden 12 Montenegriner und 8 Soldaten getötet und verwundet; die übrigen Montenegriner ergriffen die Flucht. Wie es heißt, wurden die Insurgenten von Nabokoff kvmandieri. Belgien.
Aus Lissabon ist in Brüssel die Kunde ein- , gegangen, daß mehrere Reisende, welche mit dem letz- j ten Dampfer vom Kongo dort eingetroffen sind, aus sicherer Quelle zu wissen behaupten, daß Stanley i zwischen Jambouya und Wadelai von Eingeborenen niedergemetzelt sei. Das Organ der Kongoregierung Schuwaloff erklärt die Todesnachricht zwar für unglaubwürdig, Thatsache aber ist, daß man sich in beteiligten Krei- ^ sen zu beunruhigen anfängt und Personen, die aus langjähriger Erfahrung die Verhältnisse Afrikas zu