61. Jahrgang.

Aro. 93.

Amts- unä IntMgenzbkatt für äen Kezir^.

Erscheint Dienstag, Donnerstag L Samstag. !

Die Einrückungsgebühr beträgt S p. Zettes in Bezirk, sonst 12 H. ^

Donnerstag, äen 12. August 1886,

Abonnementspreis halbjährlich 1 -6 80 durch i die Post bezogen im Bezirk 2 30 H, sonst in

!! ganz Württemberg 2 70 H.

Arnttiche WekanrrLrnachungen.

Pekamümachung der K. Centralstelle für die Landwirthschast, betreffend die Aussetzung von Preisen für Leistungen im Kschereiniesen für das Jahr 1887.

Zur Förderung der künstlichen Fischzucht und eines rationellen Betriebs der Fischerei werden als Anerkennung für hervorragendere Leistungen auf diesem Gebiete, insbesondere für Ausstellung und Anwendung geeigneter kleiner Fischbrutapparate, für Errichtung zweckmäßiger Fischbrutanstalten, für zweck­entsprechende Einrichtung und rationellen Betrieb der Teichfischerei (in Setz- und Streckteichen), für Vereinigung kleiner Fischwasserbezirke zu einem ratio­nellen Gesamtbetrieb rc. Preise von 25100 im Gesammtbetrag von 500 ausgesetzt.

Die Preisbewerbungen, welche eine Darlegung der Leistung beziehungs­weise eine nähere, unter Umständen mit Zeichnungen belegte Beschreibung der Anlage enthalten müssen, sind bis 1. April k. I. an die Central­stelle für die Landwirtschaft in Stuttgart einzusenden.

Diejenigen Fischzüchter, welche in den Jahren von 188l ab Preise er­halten haben, können für das Jahr 1887 nicht wieder für die gleiche Leistung als Bewerber auftreten.

Stuttgart, den 23. Juli 1886. Für den Präsidenten:

S ch i t t e n h e l m.

^Dotitifche Wachrichten.

Deutsches Reich.

Gastein, 9. Aug. Kaiser Franz Joseph ist gestern abend sieben Uhr bier eingetroffen und wurde vom Prinzen Wilhelm von Preußen, dem Fürsten Bismarck, dem Prinzen Reuß und dem Gefolge des Kaisers Wilhelm vor dem Badeschlosse empfangen. Der Kaiser umarmte und küßte den Prinzen Wilhelm, drückte wärmstens dem Fürsten Bismarck die Hand und sprach mit dem Gefolge. Darauf begab sich der Kaiser ins Badeschloß, wo ihn Kaiser Wilhelm und die Kaiserin Elisabeth am Fuße der Treppe erwarteten. Beide Monarchen umarmten und küßten sich wiederholt, zogen sich dann in die Gemächer des Kaisers Wilhelm zurück, wo sie mit der Kaiserin und dem Prinzen Wilhelm etwa 20 Minuten verweilten. Die Kaiserin fuhr demnächst nach der Villa Meran zurück. Kaiser Franz Joseph begab sich zu Fuß nach seinem Absteigequartier imHotel Straubinger." Hier wie bei der Ankunft wurde der Monarch von einer dichtgedrängten Menge mit enthusiastischen Hochrufen begrüßt.

Gastein. 9. Aug. Als Kaiser Franz Joseph gestern abend von der ersten Begegnung mit dem Kaiser Wilhelm sich nach seinem Hotel begab, war der deutsche Kaiser auf den Balkon des Badeschlosses getreten, von der versammelten Menge mit Hochs und Hurrahrufen begrüßt. Der österreichische Kaiser wandte sich rasch herum und salutierte lächelnd vor Kaiser Wilhelm, welcher seinerseits dem Kaiser Franz Joseph herzlichst zu­winkte. Das Publikum begleitete den Vorgang mit langanhaltenden Jubelrufen.

^ 2-^-" Gagss-Weuigkeiten.

* Neuweiler, 10. Aug. Mehr als in sonstigen Jahren verdienen Heuer die Leute mit Heidelbeersammeln. Jede Woche 3 mal kommt ein Händler aus Stuttgart hieher u. faßt immerhin ca. 80 Sri. s 1,50 ^ Demnächst beginnt auch die Preiselbeerernte, die jedenfalls noch lohnender, weil der Preis höher, ausfallen wird. Es regt sich aber auch alt und jung,

Wildbad, 7. Aug. Gestern abend hatten wir Gelegenheit das ent­zückende Schauspiel der Enzpromenadebeleuchtung zu ge­nießen, welche jedes Jahr um die Zeit der Saisonhöhe zur großen Freude der Kurgäste und vieler Anderer, umdeswillen aus der Umgegend hierher Kommender veranstaltet wird. Dem diesjährigen Nachtfest wurde ein beson­derer Reiz verliehen durch das Hinzufügen einer scenischen Darstellung: Ver­mählung der Erdgeister Granit, Bundsandstein und des Waldgeistes Holländer Michel mit den Wassergeistern der Enz, Klein-Enz und Eyach. Eine Unzahl von bunten Papierlampen erleuchte die langen Alleen der einzig schönen Pro­menade, während der Hauptschauplatz, die wildromantische Schlucht, wo die Enz zwischen Granitfelsen und unter hochragenden Waldbäumen sich Bahn gebrochen hat, und welche, nun mittelst bengalischer Flammen erhellt, einen märchen­haften Anblick darbot. Gnomen und Zwerge zwischen Fels und Busch erst schlafend hingestreckt, dann erwachend und emsig arbeitend, belebten den zauber­haften Ort, als sich von der nächsten Brücke her auf den leuchtenden Fluten der Enz ein niedliches Floß näherte, gelenkt vom Holländer Michel in malerischer Flößertracht. Als Fracht führte dasselbe die drei Flußgeister mit sich, drei reizende Nixen in weißem, mit grünen Wasserpflanzen geschmückten Gewände. Sie stiegen ans Ufer und werden dort von den ihrer harrenden Erdgeistern (Gestalten in Kavaliertracht des 17. Jahrhunderts) empfangen; die Schar der Gnomen zieht huldigend an ihnen vorüber. Da beginnt zu Ehren der versammelten Hochzeitspaare ein glänzendes Feuerwerk: Raketen schwirren zwischen den Kronen mächtiger Bäume in die Höhe und lassen ein Heer leuchtender Funken in die dunkeln Wipfel niederfallen, feuersprühende Sonnen streuen in weitem Umkreis dichte, glänzende Glutmassen aus; Springbrunnen ergießen in unerschöpflicher Fülle Funken und Sterne hinab auf den klaren,

l Nachdruck verboten.)

Die Falschmünzer.

Kriminal-Roman von Gustav Lössel.

(Fortsetzung.)

Kaum war ich um die Ecke, so mackte ichKehrt", und schlich mich nun im Lchatten der Mauer bis wieder an das Haus heran, in welchem Derjenige, den ich für den roten Matthies hielt, verschwunden war.

Ich drückte mich in eine Thürvertiefung und ivartete, daß er jeden Augenblick wieder hervortreten werde. Dann aber brachte ich ihn zum Stehen, denn ich hatte meinen Revolver bei mir, und war entschlossen, einen Kampf um die Habhaftwerdung dieses Menschen zu wagen, selbst gegen eine Uebermacht.

Wer aber nicht kam, war mein Verfolgter.

^ch stand da die ganze Nacht bis zum Morgen. Immer wollte ich Weggehen, und immer blieb ich wieder, in dem Gedanken:Nun wird er gleich kommen." Ich wurde darin noch bestärkt durch den Wächter, welcher mir auf's Bestimmteste erklärte, daß ein Jndividium von meiner Beschreibung in dem Hause nicht wohne.

Mit Tagesgrauen ließ ich mir das Haus erschließen und verbarg mich unter der Treppe. Umsonst. Der rote Matthies kam nicht wieder zum Vorschein.

.Ich besichtigte nun die Baulichkeiten und fand, daß es einen anderen Ausweg nach der Straße nicht gab. Plötzlich fiel mir ein, daß es ein regnerisches, schmutziges Wetter am Abend vorher gewesen und daß auf den Dielen die Fußspuren des Mannes zu sehen sein müßten, da nach ihm Niemand mehr das Haus betreten hatte. Es war lehr alt und baufällig und scheinbar wenig bewohnt.

Im Flur finde ich die Spuren auch, aber sie führen nicht die Treppe hinan, sondern nach dem Hof und zu einem zertrümmerten Kellersenster, durch welches man

allerhand Unrat, Steine, Scherben und dergleichen in den längst nicht mehr bewohn­ten Keller hinabgeworfen.

Es gehörte Mut dazu, um hier hinabzukriechen und meinen Mann da unten zu stellen; aber ich besaß diesen Mut, den Mut der Verzweiflung.

Unten angekommen, spähte ich vergebens nach dem Gesuchten umher; aber wieder führten mich die Fußspuren zu einer Fallthür. Ich hob dieselbe und sah beim Schein meiner stets bei mir getragenen und rasch entzündeten Blendlaterne den Ein­gang zu einem noch tieferen Kellergelaß. Stufen führten hinab und ich folgte diesen.

So kam ich in die Katakomben!

Von den Schrecknissen der unterirdischen Todtenstadt schweige ich. Fast wäre ich selbst daraus entflohen. Rur der Gedanke, daß hier der rote Matthies Hause und mit ihm vielleicht eine ganze Bande von Anarchisten, hielt mich dort.

Ich legte mich dicht am Eingänge zu den Katakomben in einen Hinterhalt und verbarg ineine Laterne, mit aller möglichen Geduld die Rückkehr des Verfolgten er­wartend.

Der Tag verging, die Nacht kam; es wurde noch schauriger und oder in der finsteren Stadt der Todten. Aber ich hielt aus, nach jedem leisesten Geräusch lau­schend, welches daraus hervordrang.

Meine Beharrlichkeit wurde belohnt. Gegen Mitternacht vernahm ich sich nähernde Tritte. Kein Zweifel das mar mein Mann. Und er ivar es auch."

Der rote Matthies?" rief Soltmann, der diesen Ausführungen mit Spannung gelauscht hatte.

Er selbst", entgegnete stolz der kleine Neubett.Es fand eilt Rencontre statt. Ich legte wenige Schritt von ihm auf ihn an und eitthüllte dann incine Laterne. Das war genug, um ihn zum Stehen und Gehorsam zu bringen.

In dieser Situation, und ihn jeden Augenblick mit Erschießen bedrohend, hielt ich ihn über eine Viertelstunde. 'Natürlich waren wir dabei nicht stumm. Er hatte mich ungestüm gefragt, was ich von ihm wollte, und ich fragte ihn ausweichend, wo er an jenem Ballabcnd gewesen. So erfuhr ich denn, daß er heimlich von einem