Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für de« Oberamts-Bezirk Nagold.

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2! ö'.L LlichsS.

Nagold.

An die gemeinschaftlichen Aemter.

Abhaltung von Winter-Abendschulen betreffend.

Die gemeinschaftlichen Aemter werden hiemit veranlaßt, binnen 10 Tagen hieher zu berichten, was bezüglich der Abhaltung von Winter-Abendschulen für das Jahr 1887/88 in ihren Gemeinden beschlossen und ungeordnet worden ist, auch zugleich den Namen derjenigen Persönlichkeit, an welche das Württem- berg'sche Wochenblatt für Landwirtschaft gesendet werden soll, benennen. Das gemeinsch. Oberamt ver­traut, wie bisher, zu der Einsicht der Gemeindebehör­den,' daß nicht nur die im vorigen Jahr bestandenen Abendschulen erhalte», sondern auch daß diese gemein­nützige Einrichtung, wo immer die Verhältnisse es zulassen, neu eingeführt wird, denn bei dem gegen­wärtigen Stand des Erwerbslebens ist eine bessere Ausbildung der Einzelnen und eine gesteigerte Ein­sicht in allen Beziehungen auch für die ländliche Be­völkerung unumgängliches Bedürfnis.

Diese Ausbildung herbcizuführen, ist der Zweck der ländlichen Fortbildungs-Anstalten, oie Errichtung, beziehungsweise Fortführung solcher ist daher im we­sentlichen Interesse der ländlichen Bevölkerung.

Zugleich wird darauf aufmerksam gemacht, daß die k. Zentralstelle für Landwirtschaft auch Heuer gerne bereit ist, die Gründung oder weitere Ausstat­tung von Ortsbibliothcken durch unentgeltliche Ueber- lassung von Schriften zu fördern.

Den 23. Oktober 1887.

K. Gemeikffch. Oberamt in Schulsachen:

_ Güntner. Sch ott.

K. Amtsgericht Nagold.

Die Ortsvorsteher

werden beauftragt, den Pflegern die Bekanntmachung der Staatsschuldcnzahlungskasse Stuttgart vom 14. Oktober 1887, Staatsanzeiger Nro. 244, betreffend die Ausgabe neuer Couponsbögen zu den Schuld­verschreibungen des 4prozentigen Staatsanlehens vom Jahre 1857 alsbald zu eröffnen.

Den 19. Oktober 1887.

_ Obermntsrich ter Daser.

Gestorben: Den 17. Okt. zu Gimdringcn pensio­

nierter Pfarrer Earl, geboren zn Steinbach-Kombnrg am 31. Okt. 1806, seit 7. Juni 1848 in Gündringen, 16. Mai 1876 pensioniert, 1883 Jubilar. _

Vom 6. deutsch-evangelischen Kirchen-

gefangvereinstag in Berlin.

Wer hätte vor 10 Jahren, als in Württem­berg durch den damaligen Pfarrer Dr. H. A. Köst- lin von Maulbronn im Verein mit gleichgesinnten Männern der Württemberg. Landesverein organisiert wurde, gedacht, daß unsere Kirchengesangvereinssache so rasch und herrlich wachse und gedeihe! Schon im Jahre 1881 schloffen sich in Durlach die Landes­vereine von Baden, Hessen, Pfalz und /Frankfurt zum südwestdeutschcn Bund zusammen, und im Sept.

1883, am Festtage am Niederwald, wurde in Frank­furt der deutsche evangelische Kirchengesangverein ge­gründet. 600 Kirchenchöre mit etwa 2100 aktiven Sängern und Sängerinnen gehören demselben an, und wir hoffen, daß die noch fehlenden deutschen Lande, wie Hannover, Königreich Sachsen, Olden­burg und beide Mecklenburg bald auch mithelfen an dem schönen Werke. Nachdem der Verein in Stutt­gart, Frankfurt, Halle, Nürnberg und Bonn seine Jahresfeste gefeiert, folgte er Heuer einer freundlichen Einladung in die Reichshauptstadt.

Am Dienstag den 11. Okt fand im kl. Saale des Architektenhauses eine Sitzung des Zentralaus­schusses statt, dem außer den Delegierten der Lan- dcsvereine Ministerialrat v. Greifs, der ehemal. Bot­schafter v. Keudell, Dir. von Hacke uud verschiedene Notabilitäten anwohnteu. (Württemberg war durch den Vorstand unseres Landesvereins Stadtpf.Abel von Gmünd und den Sekretär Seminaroberlehrer Hegele von Nagold vertreten.)

Der vom Vorsitzenden, Geh. Staatsrat Hall­wachs erstattete Bericht über das abgelaufene Ver- einssahr zeigte ein erfreuliches Bild des stetigen Wachstums des Vereins. Die Hauptdebatte drehte sich um das Korrespondenzblatt. Allgemeiner Wunsch war, dasselbe zu erweitern, was aber nur möglich sei, wenn die einzelnen Vereine fleißigere Abonnen­ten und Korrespondenden zu werden willens seien. Bei der statutarisch alle 3 Jahre vorzunehmenden Vorstandswahl wurden einstimmig gewühlt als 1. Vorsitzender Geh. Staatsrat Hallwachs in Darm- stadt; als ^Vorsitzender Prof. Dr. Köstlin in Fried­berg, als L-chriftführer Realghmnasiallehrer Becker in Darmstadt. Abends von 7 Uhr an fand eine feierliche Begrüßung im großen Saale des Archi­tektenhauses statt. Der Krauße'sche Männerchor, die Berliner Liedertafel (Dirig. Zander) und die Pots­damer Liedertafel (Dirig. Gebhard) boten in 12 Nummern prächtige Leistungen auf dem Gebiete des ! Männerchors. Konsistorialrat Prof. Dr. Kleinert ! hielt in warmen, herzgewinnenden Worten die Be- ! grüßungsrede. Der Vorstand antwortete in seiner ! so recht aus dem Herzen kommenden Art. Hofpre- ; diger Dr. Frommel begrüßt in seiner geistvollen ! Weise insbesondere uns Süddeutsche, für welche Pf. i Herold aus Schwabach die Grüße erwidert. Noch / länger blieb man in den untern Räumen des Hau- / ses gemütlich zusammen, erfreut durch manch schönes ! Lied und Wort.

1 Am Mittwoch von vormittags 10 Uhr an fand ! in der Dreifaltigkeitskirche die Hauptversammlung statt. Die Kirche war sehr schön geschmückt und dicht gefüllt von Zuhörern. Ein Ekkard'scher Cho- / ralsatz, fein vom Nikolaichor unter Krause's Leitung ! vorgetragen und das von H. Pf. Hübner gespro- > chene Gebet eröffneten die Verhandlungen. Nachdem ! Geh.-Rat Hallwachs durch Zuruf zum Präsidenten ! erwählt war, redete derselbe in kurzen Worten von / der Geschichte, den Aufgaben und dem Ziele des Vereins. Einzelne Begrüßungstelegramme werden verlesen. Nun betritt Kultminister v. Goßler die ^ Tribüne und heißt den Verein, diesen besten Freund der Kirche, von Herzen willkommen, billigt aus vol­lem Herzen seine Bestrebungen und wünscht fröhli- , ches Gedeihen. Ihm folgt Probst von d. Goltz na­mens des Oberkirchenrats, Konsistorialpräsident He­gel als Vertreter des Brandenburger Konsistoriums, und namens des Magistrats der Stadt der Bür­germeister Fürstenau. Der Vorsitzende dankt kurz für die herzlichen Begrüßungsworte. Unter allge­

meinem Jubel wird ein Begrüßungstelegramm an S. M. den Kaiser beschlossen. Eine wunderschöne Motette von I. S. BachIch lasse Dich nicht, Du segnest mich denn" beschloß diesen Teil der Feier. Hierauf wurde in die eigentliche Tagesordnung ein- getrcten. Der Vorstand hatte mit wohlerwogenem Bedacht die Frage zur Erörterung gestellt: Wie kann ein einheitlicher deutsch-evangel. Gemeinde-Gesang hergestellt werden, oder wie kommen wir zur Her­stellung eines einheitlichen deutsch-ev ingel. Cboral- buchs? Der Vorsitzende beleuchtet, daß diese Frage schon lange eine brennende sei, aber auf große Schwierigkeiten stoße, sda jeder Deutsche seine eigene Kirche, sein eigenes Choralbuch, seine besonderen Melodieen und an diesen wieder seine besonderen Schnörkel haben wolle). Dennoch verlangt unsere Zeit, welche mehr und mehr die trennenden Schran­ken wegreißt, wenigstens das, daß nicht neue Schran­ken aufgerichtet, neue Unterschiede offiziell befestigt werden, sondern daß auf dem Gebiete des Kirchen­lieds unter möglichster Schonung, der örtlichen Ei­gentümlichkeiten , ein gemeinsamer Boden geschaffen werde, auf dem sich alle evangel. Christen finden , können. Ein Notstand ist da. Wie kann nun ge­holfen werden? Referent Hofprediger Dr. Helbing aus Karlsruhe führt in echt patriotischem, aber ebenso ! kirchlich-evangelischem Sinn die Gründe aus, die zur / Abhilfe nötigen und bezeichnet als den Weg, der am / ehesten zur Einigung führe, die Rückkehr zu der ur- / sprünglichen Form der Melodie, wie sie vom Kom­ponisten stamme. In Bezug auf die Singweise / stellt er sich entschieden auf die Seite der Vertreter des sogen, rythmischen Gesangs. Eine anregende / Debatte schloß sich an den nach Form und Inhalt ! vorzüglichen Vortrag des Referenten. die in der Thatsache, daß Einigung nötig sei, vollkommen über­einstimmt, bei sonst oft ganz entgegengesetzten Ansich­ten. Es wurde einstimmig beschlossen, sich zunächst auf das dringendste Bedürfnis zu beschränken und / folgende 2 Resolutionen formuliert. 1) Der zu Ber­lin versammelte 6. deutsch-evangel. Kirchengesangver­einstag richtet an die deutsch-evangelischen Kirchen­behörden das ehrerbietige Ersuchen. der weiteren Zersplitterung unseres deutschen Kirchengesangs bei jeder Gelegenheit möglichst Einhalt zu thun und die Herstellung eines Grundstocks von einheitlich redigier- > ten Melodieen zunächst zum Gebrauch für die gemein­samen Feste der deutsch-evangel. Kirche durch Vermitt­lung der Eisenacher Kirchenkonferenz, beziehungsweise durch eine von dieser zu bestellenden Kommission von / Sachverständigen möglichst bald in Angriff zu nehmen. ^ 2) Er erlaubt sich, hiezu den Vortrag seines Refe­renten, des Hofpredigers Dr. Helbing aus Karls- / ruhe sowie die Denkschrift über die Verhandlungen ' zu eingehender Erwägung vorzulegen.

, Abends 7 Uhr begann in der überfüllten Gar­nisonskirche der Festgottesdienst, bei welchem Hof­prediger Dr. Frommel die Liturgie, Generralsuperin- tendent Dr. Brückner die Predigt hielt. Eine Reihe ! der herrlichsten 516stimmigen Chöre wurden von den vereinigten 11 Kirchenchörea Berlins unter Prof. Sücco's Meisterdirektion in selten gehörter Vorzüg- / lichkeit ausgeführt. Der Vormittag des Donnerstag galt der Besichtigung der Sehenswürdigkeiten Ber- ^ lins unter liebenswürdiger Führung. Abends 6 Uhr fand zu Ehren des Kirchengesangvereinstags eine festliche Aufführung in der Singakademie statt. Es war eine Aufführung, so vollendet und von so herrlicher Wirkung, wie sie wohl selten zu hören ist. Chor, Orchester, Orgel und Solisten boten un