ger Münster und die Stadt zu schonen. Nein, Werder wollte Straßburg nehmen, Werder wollte berühmt werden. Dies zu erreichen, wurde er roher Zerstörer; dies zu erreichen, mordete er Weiber. Greise und Kinder. Und die Deutschen, sie bereiteten ihm eine Ovation, und Kaiser Wilhelm heftete den preußischen Schwarzen Adlerorden an die barbarische Brust. In den Vogesen und in der Cote d'Or, auch da befolgte v. Werder die gleiche Politik der Einschüchterung, welche ihm den Haß von Frankreich einbrachte. Es ist gut, daß die Zeit kommt, wo wir sterben müssen. Lassen wir dieses Grab sich schließen.
Paris, 23. Sept. Dem Ternps zufolge soll Graf Kalnoky sich sehr befriedigt über seine Besprechung mit dem Fürsten Bismarck einer politischen Persönlichkeit gegenüber geäußert haben, Deutschland und Oesterreich gingen in vollständigem Einvernehmen vor und nähmen der bulgarischen Frage gegenüber eine abwartenoe Haltung ein. Kalnoky habe bemerkt, wir können nur gewinnen, wenn wir die Ereignisse ihren Gang nehmen lassen, statt diese zu überstürzen.
Paris, 24. Sept. Der Wiener Korrespondent des „Temps" bestätigt die Nachricht des „Frankfurter Journals," daß Kalnoky sich hochbefriedigt über die Entrevue mit Bismarck äußerte. Betreffs Bulgariens sei die vollste Konkordanz beider Reiche erzielt worden.
Albareda, der spanische Gesandte in Paris, soll seine Regierung ersucht haben, ihn von seinem Posten zu entheben, weil die französische Regierung ihn nicht davon benachrichtigt habe, daß sie gewillt sei, Don Carlos das Betreten des französischen Bodens zu gestatten. Darauf ist ihm von der spanischen Regierung die Bitte zugegangen, sein Gesuch zurückzuziehen, zugleich aber wurde er beauftragt, der französischen Regierung mitzuteilen, man bedaure in Madrid die Nachsicht, mit der Frankreich gegen den Thronbewerber verfahren sei.
Crouzon, seit Jahren Kassierer des Pariser Journalistenvereins, ist mit dem ganzen Bereinsver- mögen von 280000 Franken durchgegangen.
Belgien.
Brüssel, 23. Sept- Gefahrdrohende Unruhen werden aus Zentralafrika gemeldet. Arabische Sklavenhändler erkennen den Vertrag mit dem Kongostaat und Tippo Tlp nicht an; sie verwüsten das Land in der Nähe der Stanleyfälle und töten die Eingeborenen.
Brüssel, 24. Sept. Der russisch-offiziöse „Nord" erklärt, Rußland erwarte als die erste Folge der Entrevue von Friedrichsruh, daß Deutschland und Oesterreich gemeinsam mit Rußland für die Wiederherstellung des Berliner Vertrages, welcher durch die illegale Thronbesteigung des Prinzen von Koburg verletzt wurde, sorgen werden, andernfalls wäre der europäische Friede bedroht.
Italien.
Die außerordentlichen Witterungsverhält- nisse, unter denen Italien leidet, arten allmälig zu einem Landesunglück aus. In ganz Italien, besonders im Süden des Landes, herrscht seit lange eine ungewöhnliche Hitze. Seit 4 Monaten ist mit Ausnahme ganz kleiner Regenschauer kein erfrischender Regen gefallen, und das hat natürlich auf die Landwirtschaft einen schädlichen Einfluß geübt; namentlich macht sich ein großer Futtermangel bemerkbar. Wenn nicht bald Regen eintritt, so ist zu befürchten, daß auch die Weinlese sehr traurig ausfällt, da die Trauben an den Weinstöcken austrocknen und beinahe jeder Flüssigkeit entbehren.
England
London, 24. L>ept. Die „Times" widmet dem 25jährigen Ministcrjubiläum des Fürsten Bismarck einen lymphatischen Leitartikel, worin sie sagt: „Unsere Glückwünsche sind um so aufrichtiger, weil Niemand zweifeln kann, daß die Stärke und Einigkeit Deutschlands, welche die großen Errungenschaften des Fürsten Bismarck sind, die sicherste und solideste Bürgschaft für die Aufrechterhaltung des europäischen Friedens bilden und stets gebildet haben. In dieser Hinsicht war die Dauer der ministeriellen Stellung j des Fürsten Bismarck sicherlich von unermeßlichem! Vorteil für Europa. Nichts in der jüngsten Ge- j schichte der europäischen Politik läßt sich mit der ein- ! zigen Stellung vergleichen, welche der deutsche Reichskanzlers einnimmt. Am 25. Jahrestage seines Ein- tritts in das Ministerium steht er stärker und fester! als je vorher da. Nur Fürst Bismarck konnte die,
deutsche Nation durch die Schwierigkeiten und Gefab- ren, welche il>rc Pfade umlagerten, führen; die Schö- ^ pfung deS Deutschen Reiches ist sicherlich die größte staatsmännische Leistung unserer Zeit, j Mitchelstown, 24. Sept. (Prozeß O'Brien.) Nach Vernehmung der Belastungszeugen warf der j Verteidiger O'Briens, der Deputierte Harrington. ! der Negierung absichtliche Unterdrückung des wahren j Wortlauts der inkriminierteu Rede O'Briens vor. ! Der Staatsanwalt- wies diesen Vorwurf als Erfindung zurück. Als Harrington erwiderte, der Staatsanwalt lüge, erklärte der Vorsitzende des Gerichts, er werde Harrington bei Weiterführung einer derartigen Sprache aus dem Saal entfernen lassen. Harrington legte darauf sofort die Verteidigung nieder und verließ den Saal. Die Zugänge des Gerichtsgebäudes sind von Polizei und Militär besetzt.
Der Sultan in Berlin? Nach dem „Gau- lois" zirkuliert in London das Gerücht, der Sultan beabsichtige dem Kaiser Wilhelm in Berlin einen Besuch abzustatten.
Die Untersuchung über den großen Theaterbrand in Exeter ist jetzt geschlossen worden. Die Jury sprach in ihrem Verdikt aus, daß der Tod der beim Brande Umgekommenen durch einen zufälligen Unglücksfall herbeigeführt sei; gleichzeitig wird aber ein strenger Tadel über die Behörden und den Baumeister des Theaters ausgesprochen, da dieselben die ihnen obliegenden Pflichten vernachlässigt hätten.
Bei der Probefahrt eines Dampfers im Hafen von Southampton in England fand eine Kessel- Explosion statt. Acht Personen, darunter der Obermaschinist, wurden getötet.
Englische Blätter klagen heftig über die unwiderstehliche Konkurrenz, die der deutsche Handel in Chile den Engländern bereitet. Dem Konsularbericht des britischen Generalkonsuls in Valparaiso,
! Newman, zufolge, sind 60 pCt. aller in Chile einge- ! führten Wollwaren deutsches Fabrikat. Der britische Konsul in Santos teilt mit, daß der Handel in irdenen und Glasmaren völlig in deutsche Hände über- gegangeu ist und den englischen Stahlwaren das gleiche Schicksal droht. Der Konsul in San Jose, Costa Rica, muß zugebeu, daß das deutsche Fabrikat i zum Mindesten ebenso gut ist, wie das Birmingha- ! mer, und dabei ebenso billig. Laut Nachrichten aus Asunzion ist dort ein Meistbegünstigungsvertrag zwischen Paraguay und dem deutschen Reiche zustande gekommen.
Kleinere Mitteilungen.
Nürnberg, 20. Sept. Am Sonntag ist in der Klarakirche der Geistliche bei der Predigt, da er sich zu weit über die Kanzelbrüstung hinausbog, mit den Füßen ausgeglitten und über die Kanzel hinunter auf den Erdboden gefallen zum größten Schrecken der andächtigen Zuhörerschaar. Der Geistliche raffte sich wohl auf, um seine Predigt zu vollenden, er mußte sich aber doch mehr verletzt haben, als es anfangs schien und so wurde er in einer Chaise in seine Behausung gebracht.
Aus Dessau wird geschrieben: Seit einigen Tagen erhalten verschiedene Leute hier Brandbriefe, in denen ihnen - mitgeteilt wird, daß ihr Besitztum in Flammen anfgehen solle. Die Drohungen werden auch verwirklicht, denn ein Schaden- ! feuer folgt dem anderen. Auch in der Umgegend scheint der Brandstifter sein Unwesen zu treiben, denn in dem Orte Köt-" nitz sind ebenfalls 6 Häuser durch Brandstiftung eingeäschert. i
Aus der Kasse im Zentralbahnhof in Köln sind 5000 . Mark gestohlen worden, aus der Stationskasse in Labes 5000 E Mark mit dem Geldschrank. Im letzteren Falle ist ein Per- ^ dächtiger verhaftet. Einem Berliner Juwelier sind Schmuck- sachen im Betrage von 2l000 Mark gestohlen worden. !
Auf dem Zentralviehhofe in Berlin sind 20 Frauen,! junge Mädchen und Witwen, als städtische Fleischbeschauerin- ! neu angestellt und verpflichtet worden. !
In Borsigs Maschinenbauanstalt arbeitete in den j 50er Jahren ein Schmied, der starke August, ein Hüne von j Gestalt und Kraft, der von seinen Kameraden oft gehänselt! wurde. Der gutmütige Mann rächte sich auf seine Weise, j Eines Morgens vermißten seine Kameraden den Ambos; alles l Suchen schien vergeblich und doch konnte den Ambos, der 7*/, ! Zentner wog, Niemand gestohlen haben, endlich fand ihn der Portier am Eingang der Straße vor seiner Hausthür. Der! starke August hatte ihn in der Nacht dahin getragen. Der ' alte Borsig befahl den Schmieden, ihn zur Werkstatt zurück- j zutragen, zur Strafe, weil sie den August gehänselt; 6 Mann I hatten daran zu schleppen. Eine Statue aus Bronce hat das ! Kraftstück verewigt. Nichts fürchteten die Freunde mehr, als einen Händedruck Augusts. Den riescnstarken Mann hat zuletzt nur einer überwältigt, der Alkohol.
Als Kaiser Wilhelm vor 25 Jahren als Prinzregent Stettin besucht hatte, hat sich ein Festredner vor ! lauter Loyalität arg verhauen. Er hatte ein Festessen ange- ' nommcn und einem der höchsten Beamten war die Aufgabe ^ zugefallen, den Regenten zu begrüßen. Bei der Festtafel er- > hob er sich zum Toaste und feierte den Höchen Besuch. „ . . . Und wenn Euere königliche Hoheit erst als König zu uns kommen werden — —" Hier unterbrach ihn das heftige Zupfen seines Nachbarn. „Um Gottes willen . . ." flüsterte
; er ibm zu. Schnell ward cs dem Redner klar, welche Takt- ! losigkcit er zu begehen im Begriffe war, und sich fassend, um den Fehler gut zu machen, fügte er hinzu: „Was Gott ver- ! hüten möge." Die Tafelrunde schickrc sich a», zn Eis zu cr- i starren, aber der Prinzregcnt löste den Bann, indem er heiter , lachte. Es hat dem Redner nichts geschadet. Aehnlichcs ist ! auch anderswo passiert, wie mancher in der Nähe sich xrm- ! nern wird.
Im DorfHorka im Rothenburger Kreis hatte sich ! der Gemeindevorsteher entleibt. Er wurde zwar in die Reihe ' der Gerechten beerdigt, der Kirchenrat verlangte aber von der ^ Witwe die Anschaffung neuer Kirchcnposaunen, da die seithe- ^ rigcn bei dem Begräbnis entweiht worden wären. Da die i Witwe sich weigerte, so wurde die Leiche wieder aüsgegraben und an dem Zaun beerdigt.
Ein „teurer" Ehemann. Bor einigen Monaten
- starb ein Berliner Großschlächtermeister und ward mit über- ! großem Pomp bestattet. Seine Witwe beabsichtigt, demnächst
aufs Neue in den heiligen Ehestand zu treten. Da der Mann ihrer Wahl aber zufällig verheiratet ist, so hat sie der Gattin des Begehrten als Abstandssumme. 0000 geboten — so wird wenigstens von der Allgemeinen Flcischerzeitung versichert und gleichzeitig hinzugcfügt, daß um diesen Preis Wohl die Scheidung de§ geliebten Mannes von seiner jetzigen Gattin und die Ehe mit jener Wittib zu Stande kommen dürfte.
Die Frauen und der Pinsel. Wieder ist es die Statistik, die alle Freuden zergliedert. Die Statistik ist es auch, die ausgetüftelt hat, daß von den jungen Damen, die eine Malerschule besuchen, keine einzige es zu einer eigentli- i chen Künstlerschaft bringt. Sie mögen noch so viel Talent haben und noch so viel Eifer anwcnden - wenn ihnen auf ! ihrem Wege zum Ruhme ein halbwegs brauchbarer Bräuti- ! gam eutgegenkommt, so werfen sie den Pinsel weg und wen- ! den sich dem schöneren Laufe der Ehe zu. j Das Pferd des Erzherzogs. Erzherzog Albrecht von Oesterreich hat bei den siebcnbürgischcn Manövern ein ' Pferd eingebüßt und zwar auf ganz unkriegerische Weise. Der Erzherzog sendete nemlich ein vollständig ausgerüstetes Reitpferd nach einem Dorfe Mühlbach, von wo aus er einen ! Jnspektionsritt antreten wollte. Der Reitknecht bekam auf . der staubigen Landstraße Durst und band deshalb den edlen ^ Renner vor einer Schänke an einen Baum. Während er aber ^ in der Schankstube sein Gläschen trank, kam ein illoyaler ! Pferdedieb des Weges, der sich ohne Weiteres auf das kostbare Pferd schwang und mit demselben davonjagte.
Der ungarische Justizminister Fabinyi langte i jüngst in einer oberungarischen Stadt an und begab sich be- l scheiden in das Bureau des Bezirksgerichts. Anwesend war der Protokollist, der auf das freundliche „Guten Morgen" i des Ministers harsch antwortete: „Was wollen Sie?" — „Ich ' suche den Herrn Bezirksrichter." — „Ist nicht da." — „Die Amtsstunde ist ja noch nicht vorüber." — „Was geht Sie das an?" — „Doch ein wenig." — „Sie geht das an? Wer ist denn der Herr eigentlich?" — „Ich bin eigentlich der Ju-
- stizminister."
Sie treiben mit Entsetzen Scherz, j Man sollte dem in Geschmackssachen noch immer ton- ! angebend sein wollenden Paris, die Rohheit kaum j zutrauen, von welcher die folgende Nachricht Zeugnis
- gibt: Bei einem Portefeuille-Fabrikanten erschien vor einigen Tagen ein Herr und bestellte die Anfertigung von zwei Bisitenkarten-Täschchen aus einem Stück der Haut des Mörders Pranzini, welches er in gegerbtem Zustande mitbrachte. Der Herr lieferte den Nachweis, daß er auf rechtmäßigem Wege in den Besitz des Hautstückes gelangt sei, und der Fabrikant übernahm dann auch die Arbeit.
Dr. Schweninger in Harem. Dr. Schwcninger gelangt doch in den Harem des Sultans! Wie dem „Figaro" aus Konstantinopel gemeldet wird, hat der Sultan Herrn Dr. Schweninger kommen lassen, damit derselbe einige Favoritinnen von der Last des Fettes befreie.
Handel Berkehr.
Tübingen, 24. Sept. Von dem gestrigen Wochenmarkt notieren wir folgende Preise: 1 Pfd. Butter 86 — 90 4, 1 Liter Milch 12 4, 1 Pfd. Rindschmalz 4L 1.10. Schweineschmalz 60 4, 2 Stück Eier 11 — 12 4,1 Bund Kornstroh 654, 1 Ztr. Heu 3 4L Auf dem Kartoffelmarkt waren 80 Säcke zugeführt, welche zu 6 — 7 4L per Sack verkauft wurden. Auf dem Obstmarkt waren 30 Säcke Aepfel, L 12 — 13 4L per Sack, sowie 20 Säcke Birnen, welche zu 15 — 16 4L per Sack verkauft wurden.
Stuttgart, 24. Sept. (Kartoffel-, Kraut- und Obstmarkt.) 1200 Ztr. Kartoffeln, 3 „LL 20 4 — 3 4L 50 4 per Ztr. 5000 Stück Kraut, 16 — 20 per 100 Stück. Wilhelmsplatz: 400 Ztr. ausländisches Mostobst 6 4L 50 4 per Ztr. Güterbahnhof: 3200 Ztr. ausländisches Mostobst, waggonweise 5 4L 80 4 per Ztr.
Konkurseröffnungen. Nachlaß deschTaglöhners Karl Knrfeß von Stetten a. H. (Brackcnheim). Johannes Schaiblc, Fuhrmann in Altburg (Calw) entwichen. Nachlaß des ch Albert Neff, Gemeindcpflegers in Jhlingen (Horb). Karl Friedr. Hermann Roll, Schäfer in Höfingen (Leonbcrg). Immanuel Gotthilf Krauß, Weingärtner von Tübingen, in Amerika befindlich. Karl Hopp, Hammerschmied in Waldsec. Friedrich Schwinger, Rotgerber in Mainhardt (Weinsberg).
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Verantwortlicher Redakteur Steinwandelin Nagold. — Druck und Verlag der G. W. Zais e r'schen Buchhandlung Ln Nagold.