61. Jahrgang.

Uro. 84.

Amts- unä Antelklgenzbkatt für äen Aezirü.

Erscheint Dienstag, Donnerstag L Samstag.

Die Einrückungsgebühr beträgt 9 H p. Zeile in Bezirk, sonst 12 H.

Donnerstag, äen 22. Juki 1886

Abonnementspreis halbjährlich 1 80 durch

,! die Post bezogen im Bezirk 2 30 H, sonst in

s ganz Württemberg 2 70 H.

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AmMcHe Bekanntmachungen.

Zekanntmachttttg.

Unter den Schafen des Benjamin Bauer und I. F. Kugele in Altburg ist die Schafräude erloschen, was hiemit zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird.

Calw, den 19. Juh 1886. K. Oöeramkt

Flaxland.

Gagss-Weuigkeiten.

Calw, 21. Juli, Wir wollen nicht unterlassen, auf den musikalischen Genuß aufmerksam zu machen, der der Einwohnerschaft von Calw, Hirsau und Umgebung am nächsten Montag geboten ist, indem Hr. Organist und Orgelrevident I. Graf aus Heilbronn, dessen Leistungen bekannt und in den öffentlichen Blättern schon mehrfach rühmend hervorgehoben worden sind, ein Kirchenkonzert in Hirsau zu veranstalten gedenkt. Die Orgel in der Hirsauer Kirche ist bekanntlich ein noch fast neues Instrument und wurde vor ca. l'/s Jahren von Orgelbauer Schäfer in Heilbronn aufgestellt. Herr H. Menzel ist ein sehr tüchtiger, geschulter Sänger mit wohlklingender Baßstimme. Im Uebrigen verweisen wir auf die diesbezügliche Annonce in heutiger Nummer.

Lud wig sbur g, 19. Juli. Die A us stell un g erfreut sich seit ihrer Eröffnung eines sehr lebhaften Beffuchs,,auch, an. den Werktagen. Am gestrigen Sonntag war die Ausstellung von über 2500 Personen besucht; es waren namentlich auch viele Stuttgarter da. Die Ausstellung gefällt allgemein, insbesondere haben sich Sachverständige im Ausstellungswesen sehr zum Lobe derselben geäußert. Seitens der Königl. Staatsregierung ist auch die Genehmigung zu einer Lotterie erteilt worden. Es werden 15,000 Lose ä 1 Mark ausgegeben und auf je 25 Lose fällt ein Gewinn. Angekauft werden ausschließlich Gegenstände der Ausstellung. Die Lose sind bereits im Vertrieb.

Tuttlingen, 18. Juli. Der Sarg Mox Schneckenburgers ist aus seiner Fahrt von Burgdorf hieher vielfach von Krieger- und Gesang­vereinen begrüßt und beehrt worden, so in Engen, Jmmendingen, Möhringen. Hier kam der Sarg abends 7 Uhr an. Zum feierlichen Empfang hatten sich der Veteranenverein, der Militär- und Exkapitulantenverein mit Fahnen und Standarden aufgestellt und viele Zuschauer angesammelt. Während der

Einfahrt des Zuges ertönten Böllersalven und Trommelwirbel. Sodann spielte die Musik dieWacht am Rhein". Der geschloffene bekränzte Wagen mit dem Sarge wurde auf ein anderes Geleise verbracht, wo er über Nacht stehen blieb. Der Veteranenverein stellte eine Ehrenwache. Die heutige eigentliche Feier hatte eine ungeheure Menschenmenge in der festlich geschmückten Stadt versammelt, darunter viele Teilnehmer aus den Nachbarstädten Spai- chingen, Rottweil rc. Von höheren Militärs waren anwesend Oberst von Günther und Major Schüttle. Gegen 8 Uhr morgens zog ein statt- licher Zug vom Marktplatz aus bis zum Bahnhof. 8 Veteranen trugen dort den bekränzten Metallsarg auf einer mit den deutschen Farben drapierten Bahre vor die Mitte des Bahnhofportals, wo Diakonus Knapp die Rede hielt. Landgerichtsrat Göz aus Rottweil' legte im Namen des Deutschen Vereins in Rottweil einen Palmenkranz auf den Sarg. Hierauf sang der Liederkranz das Lied:Des Sängers Heimat", mit einem besonders für die Feier ge­dichteten Text, und sämtliche Gesangvereine:Stumm schläft der Sänger". Dann wurde der Sarg in feierlichem Zuge unter Glockengeläuts, Böllersalven, Musik und patriotischen Gesängen der Kinder in die Stadt gebracht. In dem Zuge befanden sich der Sohn und sonstige Verwandte des Dichters. Thalheimer Mädchen in ihrer Tracht waren die Ehrenjungfrauen. Auf dem Marktplatz wurde nach dem von sämtlichen Vereinen vorgetragenenRichte Dich auf, Germania" gemeinsamDie Wacht am Rhein" gesungen. Bis zu der Straße, die nach Thalheim führt, geleitete der Festzug noch den Sarg, der in würdige,« Schritt durch das stille Thal geführt wurde, unterwegs bei Wurmlingen durch eine Ehrenpforte und vom Militärverein des badischen Dorfes Eßlingen begrüßt. An der Markungsgrenze Thalheim empfingen die bürgerlichen Kollegien und die Komitemitglieder den Sarg, die Schüler begrüßten ihn mit einem Gesang und Schultheiß Voßeler hielt eine Ansp*ache. Unter Glockengeläuts begab sich der Festzug auf den stillen, mit Tannen­bäumen bewachsenen Friedhof. Mitglieder des Thalheimer Militärvereins trugen dort den Sarg zur neuerbauten Gruft, in welche auch die Gebeine des Vaters Max Schneckenburgers gelegt wurden. Pfarrer Weigls weihte die Gruft ein.

Ulm, 19. Juli. Das 11. württembergische Landesschießen nimmt bei herrlichem Wetter den besten Verlauf. Die Stadt ist seit gestern früh reich beflaggt und geziert. Kurz nach 10 Uhr vormittags traf mit dem Zug von Friedrichshafen Se. Hoheit Prinz Hermann von Sachsen-Weimar als Vertreter Sr. Majestät des Königs auf dem Bahnhof ein, empfangen von dem Oberbürgermeister, dem Landes-Oberschützenmeister Föhr und den Mitgliedern des hiesigen Schützenkomites, Oberschützenmeister Gagstätter I an der Spitze. Auch der den Namen Sr. Hoheit tragende Veteranenverein

IkUkttklüN < Nachdruck verboten.»

Die Falschmünzer.

Knmin«l-Roniail von Gustav Lössel.

(Fortsetzung)

Dieser bemerkte einen fast blödsinnigen Ausdruck in dein Antlitz des Alten welcher zu einem Skelett zusammengeschrumpft war, ein mit Pergament überzogenes Knochengerüst. Seine Augen leuchteten wie die eines Raubtieres, wenn es die Beute erspäht, seine Haare klebten in wirren Strähnen an der feuchten Stirn. Er schien von Furcht vor Eduard erfüllt, und doch machte es wieder den Eindruck als wenn Jener ihm nur den Rücken zu wenden brauche, um von ihm angefallen und vernichtet zu werden.

Der Alte beivegte die Lippen, als wenn er spreche. Er schien offenbar Eduards Anwesenheit und Absicht nicht zu begreifen. Dieser streckte den Kops vor, um eines der nur geflüsterten Worte zu erhaschen, aber es gelang ihm nicht.

Ich verstehe Nichts," sagte er dann.Wer that Euch das? Wer brachte Euch hierher?"

Ich darf es nicht sagen," entgegnete der Andere zögernd und mit einem scheuen Blick nach der halb offenen Thür.Ein Schwur, den ich nicht brechen darf, bindet mich; ich bin verloren, wenn ich ihn breche."

Ihr seid verloren, wenn Ihr es nicht thut," sagte Eduard.Ich meine es gut mit Euch. Also sprecht^ganz offen. Und wenn mein Vater es gewesen, will ich ihm selbst noch in dieser Ltuicke entgegentreten und Rechenschaft von ihm fordern für eine so ruchlose That, für ein so himmelschreiendes Unrecht."

Förster lauschte staunend den Worten seines angeblichen Befreiers aus dumpfer Äerkernacht. Dann schüttelte er ivie in stummer Verneinung den Kopf.

Mich befreit Niemand mehr," sagte er,als Ter, der mich hier hinabgestoßen, hier zu vermodern. Er würde sonst mich tödten. Gesteht es nur, Ihr seid sein

Sendbote, sein Spion, und sollt mich ausforschen oder mich zur Selbstbefreiung bereden, um mich dann mit einigem Recht nicht nur meiner Freiheit, sondern auch meines Lebens berauben zu können."

Und ist Euer Leben hier denn nicht schlimmer als der Tod?" fragte Eduard teilnahmsvoll.

Ein zaghaftes Lächeln auf den Lippen des Alten und das sanfte Wiegen seines Hauptes waren schüchterne Verneinung.

Ihr antwortet unter einem Banne, den ich nicht kenne," sagte Eduard;und auch nicht anerkenne," fügte er hinzu.Gleichviel, wir werden uns schon noch kennen und verstehen lernen. Kommt jetzt und folgt mir. Hier kann, nach dem, was ich gesehen, unseres Bleibens nicht sein. Ich weiß aber ein Versteck, in dem »vir vor allen Nachstellungen verborgen sein werden, auch vor denen Eures mächtigen, inir unbekannte»! Feindes. Das Boot, mit dem ich heimlich hergekommen, liegt noch unten an der Landungstreppe. Ich habe die Kellerschlüssel und finde uns auch einen Weg aus dem Hause; die Nacht ist finster, wir kehren in dein Boote nach dein Landungsplatz zurück, wo ich es löste und von dort fliehen wir weiter."

Förster vemeinte auch jetzt.

Ihr werdets nicht durchführen," sagte er,und eher selbst dem Mann zum Opfer fallen, der mich hier eingekerkert."

Wer ist es?" drängte Eduard.

Ich darf ihn nicht nennen," entgegnete Förster, mit einem scheuen Blick nach der halb offenen Thür.

Unsinn! Wer sollte es hier hören außer mir. Aber ivie Ihr wollt. Habt Ihr zu essen und zu trinken hier?"

O, daran genug für ganze acht Tage."

Eure hohlen Wangen besagen das Gegenteil. Aber auch das soll mich nicht beunruhigen. Nur noch wenige Stunden und die Polizei ivird kommen, um Euch init Gewalt zu entführen. Ich selbst gehe jetzt, um dieses Schreckliche ihr anzuzeigen."

Förster streckte beschwörend die zitternden Hände empor.