Der Gesellschafter.

Amts- «nd Intelligenz-Blatt für den Oderamts-Bezirk Nagold.

Erscheint wöchentlich 3 mal: Dienstag, Donners- > ^ ^ tag und Samstag, und kostet vierteljährlich hier!

/Vo ' (ohne Trägcrlohn) 80 -1, in dem Bezirk 1 ^ -ch

außerhalb des Bezirks 1 ^ 20 <->. Monats- abonnemcnt nach Verhältnis.

Dienstag den 10. Mai

! Jnsertionsgebühr für die Ispaltige Zeile aus ge- ! wohnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 4, .

bei mehrmaliger je 6 4. Die Inserate müssen 1 ! spätestens morgens 8 Uhr am Tage vor der KDO ß « Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.

Amtliches.

Nagold.

An die evangelifchen Ortsschulbehörden.

Unter Bezugnahme auf den Konsistorial-Erlaß vom 16. April 1887 Ziff. 6 522 (Konsist.-Amtbl. S. 3 608),

betr. die Staatsbeitrsgs-Gcsuche für Arbeitsschulen pro 1887/88

erhalten die Ortsschulbehörden, wie bisher, die ge­druckten Formulare zu den Jahresberichten über die Arbeitsschulen, um dieselben pünktlich auszufüllen und längstens 1. Juli 1887 hieher vorzulegen.

Ten 5. Mai 1887.

Kgl. gemeinsch. Oberamt in Schulsachen:

Güntner. Finckh, A.-B.

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Gestorben: Den 4. Mai zu Mergentheims

Kameralverwalter Oberer, früher in Altensteig, 54 I. alt.

Tages Neuigkeiten.

Deutsches Reich. >

Stuttgart, 5. Mai. Gestern hat die Kammer ihre Sitzungen bis zum 10. Mai vertagt, damit die Finanz­kommission die nächsten Tage zur Feststellung ihres Berichts! über die neue S t c u e r v e r t c i l u n g benutzen kann. Wir ^ haben schon früher berichtet, daß diese Verteilung ans dem neuen Kataster beruht und den Gewerben und Häuser- ; besitzen: die unangenehme Uebcrraschung bringt, daß sic eine Million Mark jährlich mehr als seither zu den direkten > Stenern beitragen sollen. Um dieselbe Summe wird der! Beitrag der Landwirtschaft herabgesetzt. Man kann sich ^ denken, daß der Gewerbsmann über diese Aussicht sehr wenig ^ erbaut ist. In der Kommission sind die Geister schon stark ^ auf einander geplatzt und die Berichterstatter Beutter und i Haug haben es vergebens versucht, sich zu verständige». Am ^ übelsten sind diejenigen Abgeordneten daran, welche Bezirke mit halb städtischem, halb ländlichem Charakter vertreten; sie > möchten cs beiden Elementen recht machen, und doch sind die ^ Bauern der Ansicht, daß, was die Regierung ihnen bietet, auch voll und ganz ihnen werden solle. Vermittelnde Anträge > haben sonach wenig Aussicht auf Erfolg, und es fehlt ihnen ^ auch eigentlich der Boden, da die Grundlage des neuen! Steuermaßes, das Kataster, eine ständisch verabschiedete, ge- ! setzgeberische Maßnahme ist, bei welcher cs nicht recht angeht, nachträglich zu sagen: so war's nicht gemeint. Hat man sei­ner Zeit dem Kataster zngcstimmt, so muß man auch seine Folgen annchmen; wer A gesagt hat, muß auch B sagen. ^ Auf diesem Standpunkt dürfte die Mehrheit der zweiten Kammer stehen, und in der ersten, welche ohnehin eine über­wiegende Vertretung der adeligen Großgrundbesitzer ist, wird diese Auffassung wohl noch schärfer zum Ausdruck gelangen. Gleichwohl möchte man wünschen, daß den Bitten der Ge­werbe nicht alle Berücksichtigung versagt werde. Man darf der nächsten Woche, in der die Kammer die Sache vornehmen wird, mit Spannung entgcgenschen. Nach dem seitherigen Stande der Arbeiten läßt sich der Schluß der Tagung An­fang Juni erwarten, unter der Voraussetzung, daß sich nicht tiefer greifende Abweichungen zwischen beiden Kammern über die noch schwebenden Fragen ergeben.

Stuttgart, 6. Mai. Kommenden Monat feiert der württ. Staatsminister der Finanzen, Dr. v. Renner, sein 50jähriges Beamtenjnbiläum, das in den betreffenden Kreisen des Landes festlich be­gangen werden soll. Andreas v. Renner stammt aus Ditzingen, v. Renner ist einer der ältesten Mi­nister Deutschlands, ja Europas. Nur Fürst Bis­marck verwaltet sein Amt als Minister etwas länger, da er bereits am 23. Sept. 1862 in das preußische Ministerium trat. v. Renner ist lebenslängliches Mitglied der Kammer der Standesherren und Mit­glied der Zentralstelle für Landwirtschaft. Der Ju­bilar hat übrigens gebeten, ihn nicht zum Gegen­stand einer Ovation zu machen.

Stuttgart, 6. Mai. (Kammer der Standesherren 1 Die Erörterungen über den Eiscnbahnetat waren fast durch­weg der Fürsorge für die Unterbediensteten gewidmet, deren sich insbesondere Fürst v. Hohenlohc-Jagstbcrg und Graf v. Pückler-Limburg warm annahmen. Ministerpräsident v. Mitt­nacht konstatierte, daß die Verwaltung bereits allen berechtig­ten Wünschen entgegengekommen und daß, wenn nicht mehr

geschehen, dies lediglich auf Rechnung der finanziellen Lage des Landes zu schreiben sei. Dabei vergaß der Minister aber nicht beiznfügen, daß, obwohl der Landtag stets nur für die niederen angestellten sorgen wolle, die höher besoldeten Be­amten ebenso viel Recht hätten, sich über zu niedrige Dotie­rung ihrer Stellen zu beklagen. Dem Gesetzentwurf, betr. die fernere Wirksamkeit des Sportelgesetzcs vom 24. März 1881 stimmte die erste Kammer mit unwesentlichen Abände­rungen ganz in der Form zu, wie er aus den Beschlüssen des anderen Hauses hervorgegangen ist. Morgen steht der Kul­turetat auf der Tagesordnung.

Wie Landtagsabgeordneter Hartmann einem Parteifreunde mitgeteilt hat, haben jetzt schon 50 Abgeordnete unserer Kammer ihre Bereitwilligkeit erklärt, in Sachen der Gewerbesteuer-Erhöhung die Regierungsvorlage anzunehmen.

In Ludwigs bürg wurde ein 17jähriger Dieb zur Haft gebracht, der systematisch Bienenstände geplündert und mehrfach wertvolle ganze Völker ge­stohlen hat.

Die Deputatton, welche sich in Sachen der Kocherthalbahn zum Herrn Minister Dr. v. Mitt- nacht begab, erhielt von demselben einen Bescheid, l der nicht darauf hoffe» läßt, daß der Vertrag mit ^ dem Reiche wegen des Legens von zweiten Geleisen ^ auf württembergischen Bahnen zu Gunsten der pro- j jektierten Kocherthalbahn abgeändert werden wird.' Dagegen ließ sich die Antwort des Herrn Ministers. dahin deuten, daß das Kocherthalbahnprvjekt nicht ohne Aussicht auf selbständige Ausführung sei, sofern die Agitation in den beteiligten Bezirken energisch fortgesetzt werde. Was das Projekt einer Eyach­thalbahn betrifft, das jetzt ebenfalls wieder viel be­sprochen wird, so bezweckt dasselbe die kürzeste direkte Verbindung der Schwarzwaldbahn mit den oberschwä­bischen Bahnen resp. mit der (bayer.) Allgäu- und Arlbergbahn, mittelst einer Bahn von Balingen nach dem oberen Neckar bei Horb. Im Hinblick auf den großen Nutzen für den Transitverkehr, den diese Eyachthalbahn verspricht, hat der Gewerbe- und Handelsverein des industriereichen Ebingen die Sache in die Hand genommen und eine Agitation begon­nen, welche nicht ohne Chancen des Gelingens ist.

Ulm. 5. Mai. Die Strafkammer des K. Landgerichts verurteilte gestern den Bierbrauer und Kronenwirt Fülle von Ennabeuren OA. Münsingen wegen Verkaufs gesundheits­schädlichen Biers zu 3 Wochen Gefängnis. Durch den Genuß des bei warmem Wetter ohne Anwendung von Eis eingesotte­nen, deshalb sauer gewordenen Bieres waren 13 Personen erkrankt und teilweise bis zu 4 Wochen arbeitsunfähig ge­worden.

Frankfurt a. M., 8. Mai. Der Fr. Ztg. wird aus Paris gemeldet: Das Gericht verurteilte 6 Ruhestörer bei der Lohengrin-AuMhrung, darunter den Sohn eines der er­sten Architekten, zu 14 Wochen Gefängnis.

Bad Ems, 5. Mai. Der hiesige Kuraufent­halt bekommt dem deutschen Kronprinzen gut. Der­selbe erklärte vor einigen Tag, daß er bereits Lin­derung infolge des Gebrauchs der Emser Thermen verspüre.

Kiel, 7. Mai. Der Kaiser und Fürst Bis­marck treffen zur Grundsteinlegung des Nordostsee- Kanals am 5. Juni Abends in Kiel ein.

Berlin, 4. Mai. Wie aus Madrid be­richtet wird, hat der Kaiser an die Königin Christine von Spanien ein Telegramm gerichtet, um ihr im Namen der deutschen Armee für das Porträt des verstorbenen Königs Alfons zu danken, welches die Königin dem in Straßburg garnisonierenden 15. Ulanen-Regiment geschenkt hat.

Berlin, 4. Mai. Der Ausschuß des Kon­gresses deutscher Landwirte regt einen Petittonssturm beim Reichstage behufs Erhöhung der Getreide- und Viehzölle. Einführung eines Wollzolles rc. an. Der Hauptzweck ist, eine darauf bezügliche Debatte des

Reichstages wie des preußischen Abgeordnetenhauses herbeizuführen.

Berlin, 5. Mai. Der Reichstag geneh­migte die Errichtung des orientalischen Seminars, ferner den Gesetzentwurf über den Servistarif und die Klasseneinteilung der Orte nach unerheblicher Debatte unverändert in dritter Lesung. Bei der Beratung des Nachtragsetats wurden alle Positio­nen , soweit sie die fortdauernden Ausgaben für Heeresverwaltung betreffen, unverändert genebmigt.

Berlin, 5. Mai. Im Reichstag wurde ein Schreiben des Reichskanzlers verlesen, welches die Zustimmung des Reichstages zur strafrechtlichen Ver­folgung des reichsländischen Abgeordneten Grad auf den Antrag der Staatsanwaltschaft in Colmar nachsucht.

Berlin, 5. Mai. Der neue Branntweinsteuer- Eutwurf ist heute dem Rnchstag zugcgangen. Derselbeist zunächst für das Gebiet der norddeutschen Branntweinsteuer- gemeinschast berechnet und hält den süddeutschen Staaten den Eintritt offen. Er behält die norddeutsche Maischbottich­steuer bei den landwirtschaftlichen Brennereien im engsten Sinne des Wortes, also solchen, welche alle Rückstände selber verfüttern und den Dünger auf den eigenen Ländereien ver­brauchen, bei. Die gewerblichen Brennereien, die also nicht eigentliche Gutsbrennereien sind, entrichten statt der Maisch­raumsteuer eine sogen. Zuschlagsteuer. Die Treber-, He­fen- und Obstbrennereien haben eine Materialstcuer zu be­zahlen. Zu dieser Abgabe, welche die Hersteller des Branntweins zu entrichten haben, tritt nun noch eine Ver­brauchsabgabe, die beim Uebergang des Branntweins aus der Stenerkontrolle in den freien Verkehr bezahlt wird, und zwar vom Käufer. Diese Verbrauchsabgabe hat einen niedrigeren und einen höheren Satz, mit dem Zweck, die Branntweinproduktion einzuschränken. Das Gesetz nimmt für die norddeutsche Branntweinsteuergemeinschaft eine jährliche Produktion von 4yz Liter pro Kopf, für die neu hinzutreten­den Staaten von 3 Liter pro Kopf an; was nicht über die­ses Quantum hinausgeht, wird mit 50 4 pro Liter Verbrauchs­abgabe besteuert, was darüber hinausgeht, mit 70 4. Die verschiedene Bemessung der Produktion in den Staaten der norddeutschen Branntweinsteuergemeinschaft und in den even­tuell neu hinzutretendcn Staaten bezweckt einen der geringeren Branntweinkonsumtion in Süddeutschland entsprechenden Aus­gleich.

Berlin, 5. Mai. Der Ertrag der Brannt­weinsteuer wird insgesamt auf 143 400 000 ver­anschlagt, was nach Abzug des bisherigen Nettoer­trags der Branntweinsteuer eine künftige Mehrein­nahme von 96 400 000 cIL abgeben würde.

Berlin, 4. Mai. Die Berufung des Grafen Solms in Madrid als Nachfolger v. Kendels in Rom hat sich bestätigt.

Berlin, 6. Mai. Der Reichstag lehnte in der 2. Beratung der Nachtragsetats die für den Neubau des Ka- sernemcnts der Feld-Artillerie-Abteiluug in Münster als erste Rate geforderten 47000 nach kurzer Debatte ab. Die Forderung von 45619190 4L für die Steigerung der Ope- rations- und Schlag-Fertigkeit des Heeres wurde mit allen ! gegen die Stimmen der Sozialdemokraten bewilligt. Ferner ! genehmigte der Reichstag den Rest des Etats nach unerhebli- ! cher Debatte, ebenso das Anleihegesetz und den Gesetzentwurf, j betr. die Rechtsverhältnisse der kaiserlichen Beamten in den ! Schutzgebieten.

Ein interessanter Versuch für Zwecke > der Heeresverpflegung wurde letzter Tage in Berlin in einer mit der Militärverwaltung in Verbindung stehenden Großschlächterei gemacht. 30 ^ zu diesem Zwecke eingestellte Fleischergesellen richteten ! während 3 Tage und 3 Nächte wechselweise bestes Ochsenfleisch durch Auslösen der Sehnen, Knochen rc. zu, dasselbe wurde dann an anderen. Orte aufs ! feinste zerkleinert und mit Mehl vermischt, aus wel- I cher Masse dann eine Art Zwieback gebacken worden , ist, mit dem jetzt Versuche bezüglich der Haltbarkeit ! rc. angestellt werden sollen. Die Zwieback sind in ! kleine Abteilungen wie Bonbons eingeschnitten, so - daß sie leicht gebrochen werden können, und sollen