-er Ausstellung, von der man, wie von einem treuen Freunde, wehmütig scheide und sprach dem Kaiser, der Kaiserin und dem Kronprinzen den Dank aus, teilte die von dem Kaiser verliehenen Ordensaus­zeichnungen mit. Er schloß die Ausstellung mit einem enthusiastisch aufgcnommenen Hoch auf den Kaiser.

Berlin, 1. Nov. Im Etat der Reichspost- und Telegraphenverwaltung ist die Gesamt-Einnahme für 1887/88 auf 187 480 350 (um 7189130 höher als im Vorjahr) veranschlagt. Die fortlaufen­den Ausgaben sind auf 158027 567 (um ^ 6299 353 höher), die einmaligen Ausgaben auf »kL 4 512 270 veranschlagt. Die Einnahme aus Porto- und Telegrammgebühren werden auf ^ 168500000 (um 4500000 höher als im Vorjahr) geschätzt. Demnach scheint die Postvcrwaltung keinen Ausfall erheblicher Art durch die Privatkonkurrenz anzu­nehmen.

Nach demFrankfurter Journal" ist im Etat des Reichsamts des Innern für 1887/88 eine For­derung für eine physikalisch-technische Reichsanstalt von 100432 ^ neu eingestellt. Die Hochseefischerei soll mit 200 000 statt bisher 100 000 ^ unterstützt werden. Zum Neubau des Patentamts wird als erste Rate 200 000 ^ gefordert, für den Reichs­tagsbau belaufen sich die Bedürfnisse im Etatsjahr 1887/88 aus 3 400 000 wozu noch 2 900 000 vorhanden sind, so daß nur 500 000 ^ im Etat eingestellt sind. Von Mark 19 000 000 für den Nordostseekanal entfallen 9 Millionen für Grund­erwerb, 5 für Erd und Baggerarbeiten, 2*/, für Ar­beiterwohnungen, da für 810 000 Arbeiter Unter­kunft zu schaffen ist :c.

Geheimrat Lothar Bücher ist, der Köln. Ztg. zufolge, wegen eines zunehmenden rheumatischen Lei­dens aus dem Dienste geschieden, und nicht, weil er wegen der raschen Beförderung des Grafen Herbert Bismarck unmutig gewesen sei.

Die freikonservative Partei wird in der nächsten preußischen Landtagssession, wie der Abg. Herlich in einer Wählerversammlung mitgeteilt hat, eine Ge­setzesvorlage einbringen, welche den böswilligen Kon­traktbruch des Gesindes schärfer bestraft.

Fürst Bismarck und die lateinischen Lettern. ! Die vom Magistrat der Stadt Berlin der 59. Versanimlung! deutscher Naturforscher und Aerzte übergebene Festschrift batte derselbe mit Rücksicht auf die zahlreichen ausländischen Teil- nchmer an der Versammlung mit lateinischen Lettern drucken j lassen und sämtlichen Ministern, sowie auch dem Fürsten > Bismarck je ein Exemplar überschickt. Letzterer hat nun dem! Magistrat in einem besonderen Schreiben seinen Dank für die Uebersendung der Festschrift ausgesprochen, zugleich aber auch sein Bedauern, daß er von dem Inhalt derselben nicht Kennt­nis nehmen könne, da er grundsätzlich in deutscher Sprache verfaßte Werke, wenn dieselben mit lateinischen Lettern ge­druckt seien, nicht lese.

Oesterreich Ungarn.

Ju Thcresiopol (Ungarn) wurde einem dor­tigen Banquier durch Einbruch eine Viertelmillion an Geld und Wertpapieren gestohlen.

Bei der Staatsanwaltschaft des Landgerichtes in Passan stellte sich der Dienstknecht Waldhör von Eichet mit der Anzeige, er habe seinen Ncbenknecht in Fürstenzell! im Zorn mit dem Dreschflegel erschlagen. In die Frohnfcste ! verbracht, verweigerte er dort unter dem Bemerken, in der § Untersuchungshaft brauche man sein Messer nicht abzugebcn, ^ die Herausgabe des Messers und stieß sich dasselbe selbst ^ zweimal in die Brust. Der visitierende Gcfängniswärterge- ^ Hilfe Eder, ein schon bejahrter Mann, wollte ihm das Messer > entreißen, allein nun versetzte der wütende Bursche dem Eder! 2 Stiche, von welchen einer eine Rippe brach, und dann stieß ! er sich das Messer selbst noch zweimal mit aller Kraft in die > Brust, so daß er sofort tot niedcrsank. !

Frankreich. I

Paris, 1. Nov. DerSoleil" erwähnt und ! bestätigt die Meldung , auf den Grafen von Paris ^ sei ein Anschlag gemacht worden. !

Paris. Es verlautet, der Herzog von Au­ma l e werde wieder in seinen Rang eingesetzt und! die über ihn verhängte Verbannung aufgehoben wer­den.

Fastensport in Paris. Aus Paris, 29. Okt. wird uns geschrieben: Der Mailänder Merlatti, Konkurrent Succi's, hat am Dienstag, 26. Oktober, abends seine 50tägige Fastenzeit angetreten. Um sich i auf die lange Entbehrung würdig vorzuberciten, ver­zehrte er zu seinem Diner eine ganze Gans mitsamt dem Knochengerüste, ein Kilo Rindsbraten, eine be­trächtliche Schüssel Gemüse und zum 'Dessert n. a. an 20 Nüsse mit den Schalen. Denen, die sich dar- über wunderten, gab er die Versicherung, nur so schmeckten sic gut. Merlatti will während seiner Probezeit die Portraits der Mitglieder der Kommission

malen, welche ihn keinen Augenblick allein lassen wer­den. Gestern ist auch der italienische Faster Succi hier eingetroffen, etwas ärgerlich, wie es scheust, dar­über, daß ein Landsmann es ihm, und obendrein noch unentgeltlich, zuvorthun will. Von den Mahl­zeiten , die er gestern stütz in der Schweiz, mittags in Besoul, um die Vssperstunde in Lougueville und des abends in Paris hielt, wird auch Großes er­zählt, aber seine Größe scheint nicht sowohl im Ver­schlingen ganzer Knochengerüste und Nüsse mit den Schalen, als in einem unglaublichen Genuß von Wermut, vor und nach den Mahlzeiten, zu bestehen. Succi will erst am 10. November sein Probefasten antreten.

Die Schauspielerin Gravier in Paris ließ sich von ihrer Wäscherin wegen rückständigen Waschlohnes verklagen. Das sei zu viel, sagte sie. Der Gerichtshof ließ sich den Berg voll Wäsche vorlegen, prüfte sachverständig und entschied, 2400 Fr. sind nicht zu viel für diese Berge und Wolken von ! Röcken und Hemden rc. Die Künstlerin trägt seitdem den ! Namen Wäschington.

! Die Rhone und ihre Zuflüsse beginnen zu fal- > len. Die Bevölkerung atmet wieder auf, die Berhee- ! rungen, welche das Hochwasser angestellt hat, sind ! ungeheuer.

Spanien.

Der Marsch all Bazaine, der jetzt in Ma­drid lebt, hat dort bei einem Falle ein Bein ge­brochen.

Belgien.

Brüssel, 2. Nov. Nach der radicalenRe- forme" sollen anläßlich der Charleroier Kundgebung die Soldaten mit den Sozialisten fraternisiert und dieselben nach dem Bahuhof unter Absingung der Marseillaise begleitet haben. Ein Unteroffizier soll sogar geäußert haben, die Armee habe, als sie auf die Arbeiter schoß, nur dem Zwange gehorcht. Rußland.

Petersburg, 2. Nov. DerRegierungsan­zeiger" theilt mit, daß General Kaulbars mit Ge­nehmigung des Kaisers der bulgarischen Regierung eröffnet habe, er werde bei der ersten Vergewalti­gung russischer Unterthanen mit allen seinen Agen­ten Bulgarien verlassen.

Selbstmord in der Kirche. Im Altarraum der Archangclski-Kathedrale im Kreml ermordete sich während der Liturgie mittels eines Federmessers der Moskauer Kauf­mann Lsolodownikow, 60 Jahre alt. In der einen sestgeballten Hand fand man ein Abendmahlsbrot, in der anderen ein Stück Papier, welche die mit Tinte geschriebenen Worte enthielt:Mein Herr und Heiland! Erbarme Dich meiner und nimm meine Seele in Frieden zu Dir."

Bulgarien.

Es scheint fast, als wolle Rußland gewaltsam einen Bruch mit Bulgarien herbciführeu. Jeder Tag bringt eine neue Drohnote des General Kaul­bars gegen die bulgarische Regierung, und in immer schärferem Tone. Seine Forderung, den über Sofia verhängten Belagerungszustand wieder aufzuheben, hat die Regierung höflich, aber entschieden abgelehut; ohne Belagerungszustand könne sic die Ruhe in der Stadt nicht aufrecht halten! Weiter hat General Kaulbars für den russischen Konsul in Varna völlig freie Hand gefordert, im Weigerungsfälle ziemlich deutlich ein Bombardement der Stadt durch die beiden im Hafen liegenden russischen Kriegsschiffe angedroht. Um ein Zeichen ihrer Versöhnlichkeit zu geben, soll die bulgarische Regierung die Freilassung der meute­rischen Offiziere beschlossen haben, aber auch das hat augenscheinlich nicht gewirkt, denn General Kaul­bars hat nunmehr eine Art von Ultimatum gestellt. Er sagt in seiner neuesten Note, es sei unmöglich, die Behandlung, welche russischen Unterthanen und bulgarischen Staatsangehörigen, welche der Opposition angehörten, seitens der Regierungspartei zu Teil werde, zu ertragen. Wenn er, der General, nicht binnen drei Tagen eine befriedigende Antwort erhalte, so werde er mit seinem Personal abreisen und der Regierung die Verantwortung für die Folgen über­lassen. Wie es heißt, antwortete die bulgarische Re­gierung , daß sie allen Präfekten anempfohlen habe, mit Strenge über die Sicherheit der russischen Unter­thanen zu wachen, und ersuchte den General wieder­holt. ihr die Namen und Adressen aller russischen Unterthanen in Bulgarien, welche belästigt worden seien, mitznteilen, um die Urheber solcher Belästi­gungen bestrafen zu können.

Der Ernst der politischen Lage wird nirgend­wo mehr verkannt; die bulgarische Frage hat sich derart zugespitzt, daß eine Wendung nach der einen oder nach der anderen Seite in den allernächsten Tagen eintreten muß. Selbst bei denjenigen Berli­

ner Blättern, welche bisher einer sehr kühlen Auf­fassung der Dinge huldigten, geht in Folge des jüng­sten Auftretens des Generals Kaulbars der Glaube zur Neige, daß Rußland überhaupt den Willen habe, auf friedlichem Wege zu einer Verständigung mit -er bulgarischen Regierung zu kommen.

Tirnogva, 1. Nov. Die Sobranje wurde mit folgender Botschaft eröffnet: Mach der Abdan­kung des Fürsten hat die Regierung die Leitung der Geschäfte übernommen und ihre Kräfte daran gesetzt, den Frieden, die Ruhe und Sicherheit des Landes aufrecht zu erhalten, sowie das Leben, das Wohl und die Ehre der bulgarischen Bürger zu schützen. Ihr Ziel war, das Vaterland aus der Krisis zu ziehen, die aus dem Staatsstreiche vom 21. Aug. folgte. Die Regierung betrachtete es als den wichtigsten Akt, der ihr obliege, die Sobranje zur Wahl eines Fürsten für den erledigten Thron zu berufen. Trotz den mit dem provisorischen Charakter der Regierung zusammenhängenden Schwierigkeiten haben sich die Wahlen ohne erhebliche Zwischenfälle vollzogen. Die Regierung sieht mit Befriedigung heute die Ver­treter der Bevölkerung in der alten Hauptstadt Bul­gariens vereinigt. In der festen Ueberzeugung, daß sie einen Fürsten wählen wird, welcher sein Leben der Aufgabe widmen wird, die Freiheit und die Interes­sen des Vaterlandes zu schützen und welcher die Na­tion auf dem Wege des Fortschritts, der Größe, des Ruhmes und der historischen Bestimmungen Bulga­riens führen wird, erklären wir die große Sobranje für eröffnet und erbitten den Segen Gottes für ihre Arbeiten. Es lebe das unabhängige freie Bulgarien. Die Botschaft ist von Stambulosi, Karaweloff und Mutkuroff unterzeichnet. Karaweloff, welcher in Sofia geblieben war, genehmigte telegraphisch seine Unter­schrift. Die Sobranje nahm sodann die Bureau­wahl vor.

Griechenlano.

Athen, 25. Okt. Genaue Untersuchungen ha­ben nun ergeben, daß sich der durch das Erdbeben am 27. Aug. in Griechenland angerichtete Schaden, welcher sich auf 115 Ortschaften vcrtheilt, mehr als 13 Mill. Fr. beträgt und daß dabei 350 Menschen getötet, 900 beschädigt wurden.

Amerika.

Die Hinrichtung der 7 Anarchisten ist be­schlossene Sache. Die Apellatiou an den höchsten Gerichtshof ist ohne Erfolg geblieben. Die Hinrich­tung erfolgt am 3. Dezember, Erwähnenswert ist hierbei, daß einer der wegen Mordes zum Gal­gen Verurteilten, Engel, erklärte, er habe seine Be­kehrung zum Anarchismus dem BucheFortschritt und Armut" von Henry George, dem großen, auch in einem Teile von Europa bekannten Agitator, zu verdanken. Und dieser selbe Henry George ist ge­genwärtig von den Arbeitern Newyorks zum Major der Stadt Newyork ausgestellt! Einer der Tollsten, der deutsche Spies, rief in seiner stundenlangen Ver­teidigungsrede:Ich werde für die Sache der Ge­rechtigkeit stolz, unerschrocken in den Tot gehen. Wir werden in die Fußstapfen treten von Sokrates, von Galilei, von Giordano Bruno, von Jesus Christus!" Alle warfen dem Gerichte vor, daß es einenJustiz­mord" begehe. Die Leute halten es nämlich für ihr gutes Recht, die Diener der öffentlichen Ordnung zu töten; werden sie dafür vom Gerichte zur Ver­antwortung gezogen, dann thut dieses großes Unrecht. Da hilft nur äußerste Strenge.

Handel L Verkehr.

Stuttgart, 1. Nov. (Landesprodnktcnbörse.) Wei­zen fränkischer 19.50,, norddeutscher.« 18.12., russischer alt sax. .«19.70., Dinkel .« 12.20., Gerste württ. .«16.65., Haber württ. alt 12.50., prima neu ^ 11.50. Kohlrcps ^ 21 bis .« 21yz, Rübenrcps .« 19-20.

Stuttgart, 1. Nov. (Mehlbörsc). An heutiger Börse sind von inländischen Mehlen 1330 Sack als verkauft zur Anzeige gekommen zu folgenden Preisen: Nr. 0 .« 29.50 bis .« 30.50., Nr. 1 27.50 bis .« 29.., Nr. 2 .« 25.50 bis ^ 27.., Nr. 3 ^5 23.50 bis 25.., Nr. 4 .« 20. bis ^5 21.50.

Infolge der Eröffnung der Freudenstad t-S chilta- cher Eisenbahn sind folgende Personenpostfahrten Angeführt worden. Zwischen Dornstetten und Pfalzgrafenweilcr: aus Dornstetten 8.25, in Pfalzgrafenweilcr 9.", aus Pfalzgrafen­weiler 6.»5, in Dornstetten 7.2»; Aenderungen finden statt zwischen Altcnstcig und Pfalzgrafenweilcr: aus Alte,-steig 4.ss, in Pfalzgrafenweilcr 6.«», aus Pfalzgrafenweilcr 2.«o, in Altensteig 3"».

(Frequenz der 5k. Württ. Staatsbahnen). Im Monat September d. Js. wurden auf den K. württemb. Staatscisen- bahncn befördert 1366951 Personen (gegen das Vor­jahr 205,638), 324,397 Tonnen Güter (Z- 32 932). Die Geld- cinnahmen betrugen imPcrsonenvcrkehrl 718078 > (-4-45033.«),