Schäfer schwer hsimzesucht, der durch das Wasser gegen 40 Stück Schafe eingebüßt hat. Ein Bauer verlor mehrere Schweine. Dem Müller wurden drei zum Heumachen gerichtetete Wagen mit fortgerissen und ca. 30 Zentner zum Versandt verladenes Mehl verdorben. Groß ist auch der Schaoen in Hsrmuthausen, Bittelbronn, Bodenhof, Berndshofen und vor allem in Buchenbach, wo das Wilvwasser u. a. dem Kronenwirt Hack seine bedeckte Kegelbahn fortgerissen hat. Der Schaden an Aeckern, Gärten und Wiesen ist groß.
Großbottwar, 28. Juni. Gestern hatten wir mehrere Gewitter, welche mit wolkenbruchartigen Niederschlägen verbunden waren. Noch ehe die Bottwar aus ihrem Bette getreten war, standen die Wiesen, Gärten und andere Feldstücke schon unter Wasser und bildeten weithin einen förmlichen See. In den Kellern schwammen die Fässer umher und Scheunen und Ställe standen unter Wasser. Leute, welche im ersten Stocke wohnten und durch das Geräusch des Masters aus dem Schlafe erweckt aufstanden, wurden durch das nahezu schuhhohe Wasser in ihren Wohngelaffen auf höchst unangenehme Weise überrascht. Baumstämme, Bretter und eine Masse anderer Gegenstände, insbesondere das Halbdürre Heu von den im Thals gelegenen Wiesen wurden haufenweise fortgeschwemmt.
Ravensburg, 27. Juni. Selbstmord. Der am 27. d. M. vom Schwurgericht hier wegen Ermordung seiner Ehefrau zum Tode verurteilte Hutmacher Heinrich Isaak von Wangen wurde heute abend 6 Uhr in seiner von ihm selbst von innen verbarrikadierten Arrestzelle am Fsnster- gitter mittels eines abgerissenen Stückes seines Leintuchs erhängt gefunden. Neben einem Hinweis auf die Bibelstelle Buch Baruch Kap. 3 Vers 8 hinterließ er zwei Schriftstücke, worin er in unflätigen Ausdrücken den Staatsanwalt und die Geschworenen verflucht.
Friedrichshafen, 28. Juni. Von hier wird dem Ob. Anz. geschrieben: Für das gute Befinden S. M. des Königs spricht ganz besonders der Umstand, daß unter dem Gefolge ein Arzt sich nicht befindet; dank der mit Verlegung des K. Hoflagers eingetretenen wärmeren Witterung sieht man auch Se. Maj. zu Fuß und im Wagen im Freien. Die Königin wird in Begleitung der Prinzessinnen Olga und Elsa am 1. Juli hier erwartet. Vorher hofft man auf der Villa Berg den zur Zeit in Berlin befindlichen Großfürsten Michael, Bruder Ihrer Maj., begrüßen zu dürfen.
Berlin, 28. Juni. Der Reichskanzler wird sich Ende dieser Woche, begleitet von dem Chef der Reichskanzlei Dr. Rottenburg nach Kissingen und von dort zur Nachkur nach Gastein begeben.
— An dem Zustandekommen einer überseeischen Bank wird seit einiger Zeit wieder in Berlin gearbeitet, die zur Unterstützung der deutschen Kolonial-Unternehmungen ins Leben gerufen werden soll. In den letzten Tagen hat der Staatssekretär v. Bötticher an diejenigen Firmen und Institute, auf deren Mitwirkung man bei der Ausführung des Planes rechnet, eine Einladung zu einer Konferenz ergehen lassen, welche bei der Seehandlung abgehalten werden soll. Der Konferenz wird eine von der Regierung genehmigte Denkschrift nebst dem Statut der in Aussicht genommenen Bank vorgelegt werden.
WevnrischLes.
— Aus einem statist. Aufsatz des Frkf. Journals über „die Zunahme der Geisteskranken im Deutschen Reiche" entnehmen wir bezüglich des Prozentsatzes, den einzelne Staaten aufweisen, folgendes: Zm ganzen Deutschen Reiche kommt 1 verpflegter Irrer auf 859 Einwohner, in Preußen auf 886, in Bayern auf 1130, in Sachsen auf 666, in Württemberg auf 872, in Baden auf 862, in Hessen auf 924, in Mecklenburg- Schwerin auf 720, in Sachsen-Weimar auf 672, in Mecklenburg-Strelitz auf 1090, in Oldenburg auf 883, in Braunschweig auf 714. In 6 kleinen
Staaten sind Irrenanstalten gar nicht vorhanden, die ihre Irren in die Anstalten der genannten Staaten überführen und daselbst mitgezählt sind.
— Vogelfeinde. In Frankfurt hat das städtische Polizei- und Verkehrsamt eine Anordnung getroffen, wonach die in den Promenaden um- herstreifenden, den Singvögeln nachstellenden Katzen in Fallen gefangen und eventuell weggeschoffen werden sollen.
— Die goldene Tugendrose, welche der Papst der Königin von Spanien geschenkt hat, ruht in einer massiven, vergoldeten Vase, die auf der einen Seite das B.ld der heiligen Christine zeigt, während auf der anderen Seite folgende, vom Papst verfaßte Widmung zu lesen ist: klarise OKristinsk Xlpllousi XIU. Uispaniorum Us§is Natri kosam Xuresm l.so Xll!.?«nti- ksx Naximus 11. 0. 0. Xnno ÄVOOOllXXXVl. (Der Maria Christine, Alfonso's Xill., des Königs der Spanier, Mutter, widmet die goldene Rose Leo X>Il., Papst. Im Jahr 1886.) Zwei gleichfalls vergoldete Engel bilden die Henkel dieser Vase. Die Rose, welche einer alten Sitte gemäß vom Papst Königinnen gewidmet wird, besteht aus einem längeren Zweig, auf dem neun Rosen und vierzehn Knospen mit etwa hundert Blättern sitzen. Die oberste Rose ist zum Oeffnen und nach einem alten Gebrauch mit Balsam und Moschus gefüllt.
— Anonyme Briefe. Eine wegen ihrer geheimnisvollen Schmähbriefschreiberei verhaftete junge Dame in Hamburg ist im Untersuchungsgefängnis auf ihren Geisteszustand untersucht worden. Derselbe wurde als vollständig regelmäßig bezeichnet, wie es kaum anders wegen der an den Tag gelegten Schlauheit und Vorausberechnung erwartet werden konnte. Die von dem Vater angebotene Bürgschaft für die vorläufige Freilassung seiner Tochter ist von der Behörde zurückgewiesen worden. Die Thätigkeit des Untersuchungsrichters in dem beregten Falle ist noch keineswegs abgeschlossen. Es wird namentlich nach der Mitschuldigen gefahndet; denn da an einzelnen Tagen 30—40 Briefe täuschenden Inhalts abgeschickt wurden, so läßt sich kaum annehmen, daß die Angeschuldigte die Arbeit allein bewältigt hat.
— Wette«- Einer jener unsinnigen Wetten, die schon manches Menschenleben gefordert haben, ist kürzlich in Bremerhaven ein Mann zum Opfer gefallen. Ein Arbeiter Meyer, verheiratet, wettete in einer Wirtschaft mit anderen Personen, daß er eine Flasche Rum auf einmal austrinken werde. Der Wirt wollte den Rum anfangs nicht hergeben, goß schließlich drei Weingläser davon voll, die Meyer auch leerte. Derselbe war infolgedessen rasch sinnlos betrunken und wurde in seine Wohnung gebracht, wo er bald darauf starb.
— Ueber ein raffiniertes Gaunerstück wird aus Berlin berichtet: Vor einigen Tagen hatte die Ehefrau eines hiesigen Rentners an der Kouponkasse der Reichsbank in der Jägerstraße einen Betrag von 450 vkL erhoben. Sie hatte das Bankgebäude nach der Jägerstraße zu verlassen, als ein etwa 30 Jahre alter Mann ohne Kopfbedeckung aus dem Bankgebäude schnell heraustrat und ihr die Mitteilung machte, daß ihr beim Aufzählen des Geldes durch ein Versehen des Kassierers zu wenig ausbezahlt worden sei. Der Fremde, welchen die Frau für einen Bankoiener hielt, forderte sie auf, nach dem Bankgebäude zum Empfang des zu wenig gezahlten Betrages zurückzukehren. Auf dem Vorflur nahm er ihr den ganzen soeben empfangenen Geldbetrag aus der Hand, versprach den fehlenden Betrag an der Kasse zulegen zu lassen, und forderte die Frau auf, in dem Vorflur seine Rückkehr abzuwarten. Nachdem eine geraume Zeit verstrichen war, ohne daß der Fremde mit dem Gelds zurückkehrte, begab sich die Frau selbst nach der Zahlstelle, um nun zu erfahren, daß sie das Opfer eines Gauners geworden war.
— Der höfliche Fürst er. Fürst: „Nun, Herr Förster, ist das Wild schon in Sicht?" — Förster: „Unterthänigst aufzuwarten, Durchlaucht, es macht sich eben schuß fertig."
— Ordnungliebende Hausfrau mit Befriedigung sich beim Mittagessen über die Schüssel beugend: „Jetzt haben wir den ganzen Vormittag den Schuh von unserm Pepi gesucht — da steckt er mitten in unserm Sauerkraut. Ich wußte ja, daß bei mir nichts verloren geht?"
„Das werden Sie gleich erfahren."
„O, mein Gott!"
Hedwig schlug die Hände vor's Gesicht und wiegte ihr hübsches Köpfchen in einem leidenschaftlichen Schmerz.
„Von der Wahrheit Ihrer Aussagen wird es abhängen," fuhr Soltmann fort, ob mein Verdacht begründet ist oder nicht."
Hedwig erhob das thränenfeuchte Antlitz.
„Fragen Sie," sagte sie mit einer gewissen verzweifelten Entschlossenheit. „Ich werde antworten."
„Sie bestreiten also nicht ein innigeres Verhältnis zu Herrn Eduard Etwold? Schon Ihr leidenschaftlicher Schmerz, den Sie soeben äußerten, wäre Zeugnis dafür."
„Nein, nein, ich leugne nicht, worauf ich alle Ursache habe, stolz zu sein," entlegnere Hedwig. „Ich liebe Eduard, er liebt mich, und mit Gottes Hilfe werden wir uns auch trotz aller Hindernisse noch einmal angehören fürs Leben."
Soltmann verneigte sich mit einem feinen Lächeln.
„Und Ihr Verhältnis zu Herrn Etwold datiert seit wann?"
„Das heißt, muß ich das Alles beantworten?"
„Wenn Ihnen das Leben Herrn Etwold's lieb ist — ja."
„Lieb? Ich bin bereit, das meine für das seine hinzugeben."
„Seit wann?" fragte sarkastisch Soltmann.
Hedwigs eben noch bleiches Antlitz erglühte in holder Scham.
„Ach so," sagte sie, absichtlich mißverstehend. „Sie meinen, seit wann unsere Bekanntschaft datiert?"
Soltmann nickte.
Sie nannte die Zeit.
„Sie gehören der Bühne an, Fräulein König?"
„Ja."
,Hn welcher Stellung?"
„Als zweite Liebhaberin mit dem gesanglichen kleinen SoliS."
„Bescheiden — wenigstens, was die materielle Ausbeute anbetrifft. Aber bei Ihrer Jugend wohl nicht mehr zu verlangen."
„Man spricht von Meinem Talent."
„Und jedenfalls mit Recht."
„Sie belieben sarkastisch zu sein."
„Ich bin wah r. Wie ich wünsche, daß Sie eS gegen mich und sich auch sein mögen. Also vieles Verdienst für die Kunst, aber geringer Verdienst für's Leben. Natürlich reicht Ihre Gage noch nicht einmal zur Deckung des äußeren Aufwandes den Sie für die Bühne machen müssen, um Ihren Rollen gerecht zu werden." '
„O, bitte, ich gebe meine Gage an meine hilfsbedürftigen Eltern; denn ein Nachtwächtersgehalt, das wissen Sie ja, reicht nicht viel weiter als das eines — Assessors." Sie hatte sich nicht enthalten können, dem unbescheidenen Frager diesen Hieb zu versetzen.
Eine Wolke legte sich auf Soltmann's Stirn. Das war der wunde Punkt in seinem Leben — seine Mittellosigkeit, und die unzarte Berührung desselben that ihm von einer Freundin Fräulein Etwolds, der reichen Kommerzienratstochter, doppelt weh. Er antwortete darum nicht minder schneidend: „Und das Uebrige bezahlt Herr Etwold."
„Bezahlt, wie meinen Sie das?" flammte Hedwig auf. „Wollen Sie ein anständiges Mädchen, das sich und ihre Eltern redlich ernährt, beschimpfen? Ich weiß, daß man im Allgemeinen von den Theaterdamen wenig hält und ihre Moral um so geringer achtet, je weniger Anspruch sie auf den Namen Künstlerin" haben. Aber ich versichere Sie, Herr Assessor, so urteilen nur die, welche die bunte Well der Bühne ihrem Wesen nach nicht kennen. Wer einmal einen Blick hinter die Coulissen und die geschminkten Gesichter gethan, dem erzählen die dargestellten Paläste manche traurige Geschichte von Hütten, in denen das Elend lauert, wie die lachenden Gesichter von gebrochenen Herzen. Wenn ich schlecht sein wollte, Herr Assessor, was sie mir, so scheint es, zuzutrauen scheinen, dann brauchte ich hier nicht zu wohnen und meine kleine Wirtschaft nicht selbst zu besorgen. Sie müssen doch auch noch wenig vom Leben kennen, wenn Sie aus meinen bescheidenen Verhältnissen die Mittel einer verwerflichen Selbstbereicherung konstruiren wollten. (Fortsetzung folgt.)